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1.512. satır: | 1.512. satır: | ||
Der Kommandant: | Der Kommandant: | ||
"In diesem Fall hat er die russische Armee beleidigt und damit den Zaren von Russland." | |||
Bediuzzaman: | |||
"Ich habe ihn nicht beleidigt. Ich bin ein islamischer Gelehrter. Ein Gläubiger steht über einem Mann, der Gott den Gerechten nicht kennt. Aus diesem Grunde werde ich nicht vor Ihnen aufstehen." | |||
Daraufhin stellte man Bediuzzaman vor das Kriegsgericht. Einige der Offiziere unter seinen Kameraden baten ihn, sich darum zu bemühen, die fürchterlichen Folgen abzuwenden und sich zu entschuldigen. | |||
Aber Bediuzzaman antwortete: | |||
"Ihr Todesurteil ist für mich gleich einem Pass für die Reise in die Ewigkeit." Mit vollkommener Würde (kemal-i izzet) und Tapferkeit maß er ihm keinen Wert bei. | |||
Schließlich wurde er zum Tode verurteilt. Vor seiner Hinrichtung bat er um die Erlaubnis, vorher noch das Gebet (namaz) verrichten zu dürfen. Er sagte, dass er seine Brust den Kugeln zum Erschießen bieten werde, nachdem er seine religiöse Pflicht erfüllt habe. Genau zur gleichen Zeit, während er noch das Gebet verrichtete, kam der russische Kommandant, entschuldigte sich bei Bediuzzaman und sagte: | |||
"Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass diese Ihre Haltung aus Ihrer Verbundenheit erwachsen ist mit dem, was Ihnen heilig ist. Ich bitte Sie, mir zur verzeihen." sagte er und nahm das Todesurteil zurück. | |||
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Bediuzzaman blieb zweieinhalb Jahre in sibirischer Gefangenschaft. Der, welcher sein ganzes Leben um Gottes willen dem Qur'an, dem Islam und der Wiederbelebung der Tradition des Propheten geweiht und gewidmet hatte, blieb auch hier als Mitstreiter für den Islam nicht völlig untätig. In der Gegend, in der er sich befand, arbeitete er für die Unterweisung und rechte Beratung (tenvir ve irshad). In dieser Zeit erteilte er auch den Offizieren, die sich wie er selbst mit ihm in Gefangenschaft befanden, Unterricht. | |||
Eines Tages, als er gerade 90 Kameraden aus dem Offizierscorps Unterricht gab, kam einer der russischen Kommandanten und sagte: "Der erteilt politischen Unterricht" und verbot den Unterricht. Danach aber erfuhr er, dass es sich bei seinen Aktivitäten um Religion, Wissenschaft und Gemeinschaftskunde handelte. Und so erlaubte er den Unterricht wieder. | |||
Schließlich rettete er sich durch die Flucht aus der Gefangenschaft und es gelang ihm auf dem Weg über St. Petersburg nach Warschau durchzukommen. Von da aus nahm er seinen Weg über Wien und reiste weiter zurück nach Istanbul. (etwa 1916). | |||
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1.568. satır: | 1.544. satır: | ||
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Bediuzzaman Said Nursi, der im ersten Weltkrieg Kommandant eines Freiwilligencorps gewesen war, berichtet in einem seiner Werke über sein Leben in der Gefangenschaft Folgendes:(*<ref>*{Als nach seiner Gefangenschaft (in Russland!) schon eine lange Zeit verstrichen war, wurde der Meister (in der Türkei erneut) gefangen genommen und nach Barla überführt, wo er einen Teil der Abenteuer seines früheren Lebens in der "Dreizehnten Hoffnung" des "Sechsundzwanzigsten Blitzes" der Feder anvertraut. Interessenten mögen in dieser Risalah (Abhandlung) nachschlagen.}</ref>) | |||
< | <span id="Yirmi_Altıncı_Lem’a’nın_Dokuzuncu_Rica’sından_Bir_Kısım"></span> | ||
==Ein Abschnitt aus der "Neunten Hoffnung" des "Sechsundzwanzigsten Blitzes"== | |||
Während des Ersten Weltkrieges befand ich mich weit weg im nordöstlichen Russland in der Stadt Kostroma in Gefangenschaft. Es befand sich da am Ufer des bekannten Wolgastromes eine kleine Moschee der Tataren. Ich langweilte mich unter den Offizieren, die dort als meine Kameraden mit mir gefangen waren. Es verlangte in mir nach Einsamkeit. Draußen konnte ich nicht ohne Erlaubnis spazieren gehen. Die Tataren leisteten für mich eine Bürgschaft und nahmen mich in diese kleine Moschee am Ufer der Wolga mit. Ich schlief allein in der Moschee. Der Frühling war nahe. In diesen langen und tiefen Nächten im Norden des weiten Landes lag ich sehr lange wach. In diesen dunklen Nächten, in dieser düsteren Fremde, bei dem melancholischen Rauschen der Wolga, in dem klagenden Rinnen des Regens, in dem sehnsuchtsvollen Wehen des Windes wurde ich zumindest vorübergehend aus meinem tiefen, sorglosen Schlaf aufgeweckt. | |||
Ich wusste mich überhaupt noch nicht alt. Aber wer den Weltkrieg gesehen hat, der ist alt. Es war, als sei mir das Geheimnis von يَوْمًا يَجْعَلُ الْوِلْدَانَ شِيبًا {"Der Tag, an dem sich Kinder als Greise wiederfinden." (Sure 73, 17)} | |||
offenbar geworden. In solchen Tagen, da Kinder zu Greisen werden, war ich 40 Jahre alt; aber ich befand mich in einem solchen Zustand, als sei ich schon 80 Jahre alt. | |||
Während dieser dunklen langen Nacht, in dieser betrüblichen Fremde, in diesem betrüblichen Zustand überkam mich eine Art Verzweiflung am Leben. Ich betrachtete meine Schwäche, meine Einsamkeit, gab meine Hoffnung auf. Während ich mich noch in diesem Zustand befand, kam mir die Hilfe aus dem Weisen Qur'an. Mein Mund sprach: حَسْبُنَا اللّٰهُ وَ نِعْمَ الْوَكِيلُ {"Gott ist mein Genügen und Er ist der vortrefflichste Anwalt." (Sure 3, 173)} | |||
Und auch mein Herz (qalb) sagte weinend: | |||
غَرٖيبَم۟ بٖى كَسَم۟ ضَعٖيفَم۟ نَاتُوَانَم۟ اَل۟اَمَان۟ گُويَم۟ عَفُو۟ جُويَم۟ مَدَد۟ خٰواهَم۟ زِدَر۟گَاهَت۟ اِلٰهٖى | غَرٖيبَم۟ بٖى كَسَم۟ ضَعٖيفَم۟ نَاتُوَانَم۟ اَل۟اَمَان۟ گُويَم۟ عَفُو۟ جُويَم۟ مَدَد۟ خٰواهَم۟ زِدَر۟گَاهَت۟ اِلٰهٖى | ||
"Ich bin in der Fremde, ohne Verwandte, schwach, kraftlos. Ich flehe um Schutz. Ich bitte um Verzeihung. Ich rufe um Hilfe an Deiner Schwelle, oh Allah!" | |||
Mein Geist (ruh) dachte auch an die alten Freunde in der Heimat und stellte sich meinen Tod in der Fremde vor und wie Niyazi Misri sagte ich: | |||
"Ich habe die Sorge um weltliche Dinge aufgegeben und | |||
meine Flügel im Nichts gebreitet und | |||
Begeisterung mit jedem Atemzug! - | |||
fliege ich und rufe aus: Freund! Freund!" | |||
So sagte ich und suchte Freunde. Wie dem auch sei, in dieser langen Nacht in der Fremde, die so voll der Sehnsucht, von Traurigkeit und Klage erfüllt das Herz rührte, wurde meine Hilflosigkeit und Schwäche an der Schwelle des Hauses Gottes zu einem so großen Fürsprecher und Mittler, dass ich noch jetzt darüber erstaunt bin. Denn einige Tage später brach ich völlig unerwarteter Weise und - obwohl ich kein russisch konnte - ganz allein zu einer Flucht über eine Entfernung von einem Jahr Fußmarsch auf. Meine Schwäche und Hilflosigkeit rief die Gnade Gottes (inayet-i Ilahiye) herbei und so habe ich mich auf wunderbare Weise gerettet. Auf dem Wege über Warschau gelangte ich nach Österreich, kam in Istanbul an. Es ist ein großes Wunder, auf was für eine leichte Art ich mich zu retten vermochte. Obwohl auch die klügsten und tapfersten Männer, selbst wenn sie russisch konnten, nicht ans Ziel gelangten, habe ich doch auf eine ganz leichte und einfache Weise diese meine Reise auf der Flucht zu Ende geführt. | |||
Aber der Charakter jener oben erwähnten Nacht in der Moschee am Ufer der Wolga hat in mir den folgenden Entschluss reifen lassen: "Ich werde den Rest meines Lebens in Höhlen verbringen! Ich habe mich um das soziale Leben der Menschen gekümmert und jetzt ist es genug. Da ich nun einmal am Ende einsam ins Grab steigen werde, will ich die Einsamkeit wählen, mich ab heute an die Einsamkeit gewöhnen." Aber in Istanbul ließen mich meine vielen bedeutenden und wichtigen Freunde und das glanzvolle irdische Leben dort in Istanbul und besonders so nutzlose Dinge wie Ruhm und Ehre, die man mir im Übermaß erwies, diesen meinen Vorsatz vorübergehend vergessen. Als ob diese Nacht in der Fremde das lichtempfindliche Schwarz im Auge meines Lebens gewesen wäre und der weiße, glanzvolle Tag von Istanbul das lichtunempfindliche Weiß im Auge meines Lebens, sodass ich nicht nach vorne schauen konnte, und wieder einschlief, bis dass mir zwei Jahre später Abdulqadir Geylanis Buch "Futuhu'l-Ghayb" (Durchbruch durch das Unsichtbare) erneut die Augen öffnete. | |||
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Seine Rückkehr nach Istanbul machte die Wissenschaftler und die Bevölkerung überaus glücklich und froh. Das "Meschihat" (Amt für religiöse Angelegenheiten) hatte ihn, ohne dass er etwas davon wusste, zum Mitglied der "Darul'Hikmetu-l'Islamia" (Haus der Weisheit des Islam: Oberste Religionsbehörde im Osmanischen Reiches) ernannt. Das Daru-l'Hikmet hatte damals den Charakter einer islamischen Akademie, zu deren Lehrkörper Wissenschaftler wie Mehmet Akif, Izmirli Ismail Hakki und Elmalili Hamdi gehörten. | |||
Abdurrahman (Rahmetullahi Aleyh = er ruhe in Frieden), sein Adoptivsohn und Neffe, ein hoch intelligenter, mutiger und begeisterter Gelehrter erzählt folgendes: | |||
Im Jahre 1334 (etwa 1918) wurde mein Onkel nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft gegen seinen Willen zum Mitglied des Daru'l-Hikmetu'l-Islamiya ernannt. Weil aber die Gefangenschaft ihn stark in Mitleidenschaft gezogen hatte, wurde er für eine Zeitlang vom Dienst freigestellt. Mehrmals hat er seinen Rücktritt eingereicht, aber seine Freunde wollten ihn nicht entlassen. Darum nahm er schließlich seine Tätigkeit am Daru'l-Hikmet auf. Ich habe sein Verhalten beobachtet (und bemerkt), dass er für seine Bedürfnisse nicht mehr ausgab, als er wirklich benötigte. Wurde er gefragt, warum er mit seinem Lebensunterhalt derart sparsam umgehe, antwortete er: | |||
"Ich möchte einem großen Teil der Menschheit gleich sein. Ein großer Teil der Menschheit aber kann sich nicht mehr leisten. Ich möchte jedoch nicht zur Minderheit der Verschwender gehören." | |||
Nachdem er sich von dem Gehalt, das er von der Daru'l-Hikmet empfangen hatte, einen Teil für seinen Lebensunterhalt genommen hatte, gab er mir den Rest und sagte: "Bewahre das auf!" Ich aber habe das Geld, das mir mein Onkel in seiner Liebe (shefqat) während mehr als einem Jahr anvertraut hatte, ohne sein Wissen vollständig ausgegeben, weil er auf Besitz keinen Wert legte. Später sagte er mir dann: | |||
"Dieses Geld war für uns nicht erlaubt (helal), weil es dem Volke gehörte. Warum hast du es ausgegeben? Wenn das so ist, werde ich dich als meinen Verwalter ab- und mich selbst statt deiner einsetzen!" | |||
Einige Zeit war vergangen... Da kam es ihm in den Sinn, zwölf seiner Abhandlungen über die Wahrheit (haqaiq) in Druck zu geben. So gab er, was er von seinem Gehalt erspart hatte, für die Drucklegung aus. Von den Büchern behielt er nun ein, zwei kleine Restposten zurück. Die übrigen verteilte er umsonst. Als ich ihn fragte, warum er sie denn nicht verkaufen lasse, antwortete er: | |||
"Mein Gehalt ist für meinen Lebensunterhalt bestimmt. Was darüber hinaus ist, gehört dem Volk. Ihm gebe ich es auf diese Weise zurück..." | |||
Sein Dienst an der Daru'l-Hikmet war immer von solchen individuellen Unternehmungen begleitet. Denn dort erkannte er einige Hindernisse hinsichtlich der gemeinsamen Arbeit. Wer ihn kennt, weiß, dass der Bediuzzaman schon sein Totenkleid angelegt und den Tod bereits ins Auge gefasst hat. Darum war sein Standpunkt an der Daru'l-Hikmetu'l-Islamiya eisern und fest. Die ausländischen Mächte konnten die Daru'l-Hikmet nicht für ihre Zwecke missbrauchen. Gegen eine irrige Auslegung (fetva) der Sheriah kämpfte er ohne Furcht. Entstand eine dem Islam schädliche Strömung, verfasste er ein Buch, um diese Strömung aufzuhalten. | |||
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'''Auszug aus dem, was er über das Leben, das er nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft in Istanbul führt, der Feder anvertraut hat:''' | |||
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< | <span id="Yirmi_Altıncı_Lem’a’dan_Onuncu_Rica"></span> | ||
==("Zehnte Hoffnung" aus dem "Sechsundzwanzigsten Blitz")== | |||
Einmal aus der Gefangenschaft zurückgekehrt, übermannte mich in Istanbul für ein, zwei Jahre wieder die Sorglosigkeit (ghaflet). Das politische Klima hatte mir den Blick von mir selbst hinweg gehoben und in alle Winde zerstreut. So saß ich eines Tages in Istanbul an hoher Stelle im Eyyub Sultan Friedhof und blickte hinunter in den Bach. Ich ließ meine Blicke über Istanbul hinweg bis zum Horizont schweifen. Plötzlich sah ich, wie mir meine persönliche Welt starb. Es kam mir eine Phantasievorstellung, so als zöge sich gewissermaßen mein Geist hinweg. Ich sagte mir: "Bringen mir etwa die Inschriften auf den Grabsteinen dieses Friedhofes solche Phantasievorstellungen?" Ich zog meinen Blick wieder zurück, ließ ihn nicht in die Ferne schweifen, sondern richtete ihn auf den Friedhof. Mein Herz wurde gemahnt: "In diesem Friedhof um dich herum ist hundertmal Istanbul. Denn hundertmal wurde Istanbul hierher entleert. Du kannst dich nicht vor dem Urteil des Allmächtigen Königs (Hâkim-i Qadîr) retten, der die Einwohner von ganz Istanbul hierher entleert hat, und eine Ausnahme bilden. Auch du wirst gehen!" | |||
Ich verließ den Friedhof und trat in dieser fürchterlichen Vorstellung in ein kleines Zimmer der Eyyub Sultan Moschee ein, wie ich das schon oft getan hatte. Ich dachte mir, dass ich in dreifacher Hinsicht ein Gast bin: So wie ich in diesem Zimmer hier ein Gast bin, so bin ich ein Gast auch in Istanbul, ein Gast auch in dieser Welt. Ein Gast muss auf den Weg achten. Wie ich aus diesem Zimmer weggehen werde, so werde ich eines Tages auch aus Istanbul weggehen, eines Tages auch aus der Welt weggehen. | |||
In diesem Zustand beschlich Schmerz, Kummer und Sorge mir Herz und Verstand, ein Gefühl des Mitleidens in der Stunde der Trennung. Denn ich verliere nicht nur ein, zwei Freunde, nein, so wie ich mich von Tausenden mir liebgewordenen Freunden in Istanbul trennen muss, so werde ich auch mein so geliebtes Istanbul verlassen müssen. So wie ich mich in dieser Welt von Hunderttausenden Freuden trennen muss, so muss ich auch diese schöne Welt verlassen, die ich so liebe und der ich verhaftet bin. So dachte ich und begab mich wieder an jenen hohen Platz auf dem Friedhof. Ich ging damals gelegentlich ins Kino, weil mich diese neue Technik interessierte. In diesem Augenblick kamen mir die Menschen wie Schatten vor, die im Kino von der Vergangenheit in die Gegenwart hineinprojiziert werden, wobei man längst Verstorbene wieder umherwandeln sieht. In gleicher Weise erschienen mir die Menschen, die ich in diesem Augenblick sah, wie wandelnde Leichname. Mein Phantasiebild sprach zu mir: Da man nun einmal einen Teil derer, die hier auf dem Friedhof liegen, im Kino umherwandeln sehen kann, betrachte auch diejenigen, welche ganz bestimmt einmal auf diesen Friedhof getragen werden, so, als habe man sie bereits hierher gebracht. | |||
Auch sie sind wandelnde Leichname... Plötzlich wandelte sich im Lichte des Weisen Qur'an und unter der Rechtleitung von Gauth-u 'Adham Scheich Geylani (Allah heilige seine Geheimnisse) Hazretleri diese betrübliche Verfassung in einen fröhlichen und glücklichen Zustand um. Und zwar so: | |||
In dieser trübseligen Verfassung gemahnte mich das Licht, das aus dem Qur'an hervorgeht: Du hattest im Nordosten, in Kostroma, in der Fremde, ein, zwei mitgefangene Offiziere zu Freunden. Du wusstest, dass diese Freunde auf jeden Fall nach Istanbul zurückkehren würden. Hätte jemand zu dir gesagt: "Willst du nach Istanbul zurückkehren oder hier bleiben?" und hättest du auch nur einen Funken Verstand gehabt, wärest du damit einverstanden gewesen, froh und heiter nach Istanbul zurückzukehren. Denn von tausend und einem Freund sind 999 in Istanbul. Ein oder zwei sind hier geblieben. Auch sie werden dorthin zurückkehren. Nach Istanbul zu reisen bedeutet für dich keine bedauerliche Trennung, keinen schmerzlichen Abschied. Und nun, da du angekommen bist, bist du etwa nicht zufrieden? Du hast dich vor den so düsteren, langen Nächten und den so kalten stürmischen Wintern in diesem feindlichen Land gerettet. Du bist in dieses schöne Istanbul gekommen, das in dieser schönen Welt wie ein Paradies ist. | |||
In gleicher Weise gilt: "Von deinen Lieben sind seit deiner Kindheit bis zum heutigen Tage 99 von 100 in dieses dir Furcht einflößende Gräberfeld umgesiedelt worden. Du hast noch ein oder zwei Freunde, die in dieser Welt zurückgeblieben sind. Auch sie werden dorthin umgesiedelt werden. Dein Tod in dieser Welt ist keine Trennung, sondern eine Begegnung. Du wirst deine Freunde wiedersehen. Sie, das heißt die ewigen Geister (ervah-i baqiye), verlassen ihr alt gewordenes Nest unter der Erde, ein Teil wandelt zwischen den Sternen, ein Teil wandert über die Stufen der Schattenwelt (alem-i berzah)." So wurde ich ermahnt. | |||
Ja, Qur'an und Glaube haben diese Wahrheit in einem solchen Grade und mit so absoluter Sicherheit bewiesen, dass, wer nicht ganz und gar ohne Herz und Verstand ist, oder wessen Herz nicht auf einem Irrweg versunken ist, sie im Glauben annehmen muss, als sähe er sie vor Augen. Denn der freigiebige und barmherzige Meister (Sani-i Kerim ve Rahîm), der diese Welt mit so zahllosen Arten Seiner Huld und Güte (lutuf ve ihsan) geschmückt hat und über ihr Seine Herrschaft mit solcher Gast- und Menschenfreundlichkeit (mukrimane ve shefiqane rububiyet) walten lässt, der auch so winzige und bedeutungslose Dinge wie ein Samenkorn schützt, wird sicherlich und gewiss den Menschen, dieses vollkommenste und vielseitigste, dieses bedeutendste und geliebteste unter all Seinen Geschöpfen, nicht so ganz ohne Sinn und Erbarmen (merhametsiz) verurteilen, zerstören, vernichten, wie es nach außen hin den Anschein hat. Nein, der Barmherzige Schöpfer (Khaliq-i Rahîm) begräbt Seine geliebten Geschöpfe (sevgi masnu) für eine Zeitlang unter der Erde, damit sie ihnen ein Tor zur Barmherzigkeit (rahmet) werde, so wie ein Bauer den Samen in die Erde streut, damit er in einem neuen Leben erblühe.(*<ref>*{Diese Wahrheit wurde in anderen Abhandlungen so klar, wie zwei mal zwei vier ist, bewiesen, besonders im "Zehnten" und "Neunundzwanzigsten Wort".}</ref>) | |||
So also erschien mir dieses Gräberfeld lieblicher als Istanbul, nachdem ich einmal diese Ermahnung aus dem Qur'an empfangen hatte. Das Leben wie ein Eremit in der Einsamkeit wurde mir willkommener als gesellschaftlichen Umgang zu pflegen. So fand ich denn auch in Sariyer ein abgelegenes Haus für mich nahe am Bosporus. So wie mir der Ghauthu'l-A'dham (Allah heilige seine Geheimnisse) durch sein "Futuhu'l-Ghayb" zum Meister, Arzt und Lehrer geworden war, so wurde mir nun Imam Rabbani (Allah möge mit ihm zufrieden sein) mit seinem "Mektubat" (Briefe) zu einem Freund, Vater und Lehrer. Um diese Zeit begann ich schon älter zu werden und von den Genüssen des Stadtlebens Abstand zu nehmen und mich vom gesellschaftlichen Leben abzusondern. Dadurch bin ich sehr froh geworden. Dank sei Allah... | |||
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== | ==Elfte Hoffnung== | ||
Nachdem ich aus der Gefangenschaft nach Istanbul zurückgekehrt war, wohnte ich mit meinem verstorbenen Neffen Abdurrahman (Rahmetullahi Aleyh = er ruhe in Frieden) zusammen in einer Villa auf dem Berg Tjamlidja. Dieses mein Leben konnte man vom Standpunkte des irdischen Lebens aus betrachtet für Menschen meines Standes als das glücklichste Leben bezeichnen. Denn ich hatte mich aus der Gefangenschaft gerettet. An der "Daru'l-Hikmet" hatte ich in meinem Beruf als Wissenschaftler entsprechend in höchstem Maße Erfolg mit meinen wissenschaftlichen Publikationen. Ich genoss ein hohes Ansehen und man hatte mich mit Ehren überhäuft. Verglichen mit anderen Wohnvierteln Istanbuls wohnte ich hier in Tjamlidja in der schönsten Gegend. Alle meine Angelegenheiten waren aufs Beste geordnet und es fehlte mir an nichts. Mein verstorbener Neffe Abdurrahman, ein hochintelligenter, idealgesinnter Schüler, wohnte bei mir und war zugleich mein Diener und Sekretär und mein Adoptivkind. Ich wusste, dass ich in dieser Welt mehr als andere glücklich war. Da schaute ich in den Spiegel: Ich erblickte weiße Haare auf meinem Kopf und in meinem Bart. Da wurde plötzlich mein Geist wieder so wach wie während meiner Gefangenschaft in der Moschee von Kostroma. Infolgedessen begann ich die Umstände und Ursachen kritisch zu betrachten, mit denen ich in meinem Herzen verbunden war, und die ich für den Angelpunkt meines irdischen Glückes hielt. Welche ich auch immer untersuchte, ich sah, dass sie faul, nicht des Interesses wert, und trügerisch waren. In der gleichen Zeit beobachtete ich bei einem Kollegen, den ich für absolut loyal (sadaqatli) gehalten hatte, eine Unkollegialität (sadaqatsizlik) und unvorstellbare Unzuverlässigkeit. Ein Widerwille gegenüber dem irdischen Leben überkam mich. | |||
Ich sagte mir in meinem Herzen: Habe ich mich denn so völlig geirrt? Ich sehe, dass uns sehr viele Menschen in unserer Situation beneiden, wo wir doch in Wirklichkeit zu bedauern wären... Sind alle diese Menschen verrückt geworden? Oder werde ich jetzt selbst verrückt, sodass ich die Menschen, welche diese Welt anbeten, für verrückt halte? Wie dem auch sei... | |||
erst jetzt erkannte ich mit dem Scharfsinn, den das Alter verleiht, die Vergänglichkeit der vergänglichen Dinge, für die ich mich interessiert hatte.Ich betrachtete mich selbst, erkannte schließlich meine Schwäche. Zu gleicher Zeit sagte mir mein Geist, der nach Ewigkeit verlangte und dem Vergänglichen verhaftet war, das er für beständig erachtete, mit aller Kraft: Da nun einmal mein Körper vergänglich ist, was soll mir da noch aus dem Vergänglichen an Gutem zuteil werden? Da ich nun einmal hilflos bin, was habe ich da noch von diesen Hilflosen zu erwarten? In meinem Kummer sagte ich mir: Es muss einen Unvergänglich-Unsterblichen (Baqi-i Sermedi), einen Allmächtig-Ewigen (Qadîr-i Ezeli) geben, der einen Ausweg findet. So begann ich Ihn zu suchen. | |||
Zu dieser Zeit begann ich vor allem bei der Wissenschaft, die ich seit langem studiert hatte, Tröstung und Hoffnung zu suchen. Leider hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt die philosophische und die islamische Wissenschaft zusammen in mich hinein gefüllt und irrtümlicher Weise angenommen, dass die philosophischen Wissenschaften ein Mittel zur Vervollkommnung und eine Quelle der Erleuchtung seien, während doch alle diese philosophischen Fragestellungen meinen Geist über alle Maßen besudelt und mein inneres Wachstum behindert haben. | |||
Da kam mir plötzlich die heilige Weisheit Gottes des Gerechten in Seiner Barmherzigkeit (rahmet) und in Seiner Freigiebigkeit (kerem) aus dem Weisen Qur'an zu Hilfe. Wie in vielen Abhandlungen erklärt wurde, hat sie alle Befleckung durch diese philosophischen Fragestellungen von mir abgewaschen und mich gereinigt. | |||
Mit einem Satz gesagt: Die Finsternis des Geistes, die die Weisheit der Philosophen ist, erstickte meinen Geist von allen Ecken des Alls. In welche Richtung ich auch immer schaute, nach Licht suchte, in ihren Fragestellungen konnte ich kein Licht finden, keinen Atem schöpfen. Da zerstreute die Lehre von der Einheit (Tauhid), die mit dem Satz: لاٰۤ اِلٰهَ اِلَّا هُوَ "La ilaha illa Hu (Es gibt keine Gottheit außer Ihm)" von dem Weisen Qur'an unterrichtet wird, alle diese Finsternisse durch ein überaus strahlendes Licht. Beruhigt atmete ich auf. Aber mein Ego und der Satan stützten sich auf den Unterricht, den sie von den Leuten des Irrweges und von den Leuten der Philosophie erhalten hatten, und griffen Herz und Verstand an. Der Angriff auf meine Seele und die Debatte mit ihr endete - Allah sei Dank! - mit einem Sieg des Herzens. | |||
Diese Debatten wurden in sehr vielen Abhandlungen teilweise aufgeschrieben. Ich begnüge mich damit, hier nur einen von tausend Siegen des Herzens darzustellen, nur ein einziges Zeugnis unter Tausenden Zeugnissen vorzulegen, um den Geist eines Teiles der alten Leute, die von Jugend an mit dem, was man die Weisheit der Fremden und die Wissenschaften ihrer Zivilisation nennt, und zum einen Teil ein Irrtum, zum anderen Teil sinnlose Problemsuche ist, ihren Geist befleckt, ihr Herz krank gemacht und ihr Ego aufgebläht hat, zu reinigen. Mögen sie vom Übel des Satans und vom Egoismus befreit werden und zur Wahrheit von der Einheit (tauhid) gelangen! Es geschah dies wie folgt: | |||
In Vertretung der philosophischen Wissenschaften sprach meine Seele zu mir: "Alle Dinge im Universum stehen natürlicher Weise in einer Wechselbeziehung zueinander. Jedes Ding hat seine Ursache. Früchte darf man von einem Baum, Getreide vom Feld erwarten. Warum soll man auch das unbedeutendste, kleinste Ding von Allah erwarten, von Allah erflehen?" | |||
In dieser Zeit enthüllte sich mir das Geheimnis der Einheit (sirr-i tauhid) im Lichte des Qur'an auf folgende Weise. Mein Herz sprach zu dieser meiner Philosophenseele: | |||
Das unbedeutendste und kleinste Ding wie auch das größte Ding kommt unmittelbar aus der Macht des Schöpfers (Khaliqinin qudretin) der Universen, geht aus Seiner Schatzkammer hervor. Auf andere Weise kann es nicht geschehen! Die Ursachen sind jedoch nur ein Schleier. Denn die Geschöpfe, die wir für die unbedeutendsten und kleinsten halten, werden manchmal - wenn man sie erst einmal so betrachtet, wie sie erschaffen und künstlerisch gestaltet wurden - noch größer als die größten unter ihnen. Wenn eine Mücke vom künstlerischen Standpunkt aus betrachtet ein Huhn zwar nicht zu übertreffen vermag, so steht sie doch auch nicht hinter ihm zurück. Und wenn dem so ist, gibt es auch keinen Unterschied zwischen groß und klein. Und entweder ist das ganze auf verschiedene materielle Ursachen zurückzuführen, oder alle Dinge gemeinsam sind einer einzigen Persönlichkeit zuzuschreiben. Wie aber der erste Fall unvorstellbar ist, so ist der zweite Fall notwendig und zwingend. | |||
Denn wenn alles einer einzigen Person, nämlich einem Allmächtig-Urewigen (Qadîr-i Ezeli) zuzuschreiben ist; da sich nun einmal aus der Weisheit (hikmet) und Ordnung (intizam) alles Seienden mit absoluter Sicherheit ergibt, dass Er ein Wissen (ilm) besitzt, das alle Dinge umfasst... und da nun einmal in Seinem Wissen (ilm) der Maßstab (miqdar) aller Dinge bestimmt ist... und da nun einmal - wie wir mit eigenen Augen sehen können - ständig aus dem Nichts mit unendlicher Leichtigkeit unendlich kunstvolle Werke entstehen... und da nun einmal dieser Allmächtig-Allwissende (Qadîr-i Alîm), was auch immer Er will durch Seinen Befehl: | |||
كُنْ فَيَكُونُ {"Sei und es ist!" (Sure 2, 117)} so wie man ein Streichholz entzündet - ins Dasein zu rufen (= idjad) vermag, so besitzt Er auch, wie wir anhand von zahllosen starken Beweisen erklärt haben, und zwar besonders im "Zwanzigsten Brief" und auch am Ende des "Dreiundzwanzigsten Blitzes" bewiesen haben - eine grenzenlose Macht (qudret)... Sicherlich beruht diese offensichtliche wunderbare spielerische Leichtigkeit auf diesem umfassenden Wissen und Seiner gewaltigen Macht. | |||
Zum Beispiel: Wenn man in einem Buch, das mit einer dem Auge unsichtbaren Tinte geschrieben wurde, ein Mittel aufträgt, das dafür bestimmt ist, diese Schrift sichtbar zu machen, so erweist dieses riesige Buch plötzlich für jedermanns Auge seine Existenz und macht sich selbst lesbar. Im allumfassenden Wissen des Allmächtig-Urewigen (Qadîr-i Ezeli) sind alle Dinge in ihrer eigenen Form und in ihrem vorgegebenen Maß (miqdar-i muayyen) entsprechend festgelegt. Diese unbeschränkte Allmacht, trägt mit Ihrem Befehl:كُنْ فَيَكُونُ{"Sei und es ist!" (Sure 2, 117)} mit dieser grenzenlosen Macht und einem alles durchdringenden Willen (irade), mit spielerischer Leichtigkeit Ihre Kraft (quvvet), die eine Manifestation ihrer Macht (qudret) ist, auf das Wesen des Wissens (mahiyet-i ilm) auf, so wie man ein Mittel auf diese Schrift aufträgt, um jedem Ding einen nach außen hin wahrnehmbaren Körper zu verleihen, ihn für das Auge sichtbar zu machen, um die Weisheit der Ornamente lesbar werden zu lassen. | |||
Wenn man nicht alle Dinge gemeinsam diesem Allmächtig-Urewigen zuschreibt, Ihm, der aller Dinge Wissen hat (= Qadîr-i Ezeli'ye ve Alîm-i Kulli Shey), dann ist es notwendig, den Körper auch des kleinsten Dinges, wie einer Mücke, aus den meisten Elementen der Welt in einem nur ihr eigentümlichen Maßstab (mizan) entsprechend zusammenzustellen. Zudem ist dies nur dann möglich, wenn die Zellen, die im Körper dieser winzigen Mücke arbeiten, das Geheimnis ihrer Erschaffung und ihre künstlerische Vollendung in allen Einzelheiten kennen. Denn auf Grund von Ursachen, die in der belebten oder unbelebten Natur liegen, kann offensichtlich und in Übereinstimmung mit allen Leuten von Verstand nichts aus dem Nichts entstehen. Also müssen sie in jedem Fall zu ihrer Hervorbringung zunächst erst einmal die Bestandteile zueinander bringen. Um welches Lebewesen es sich nun aber auch immer handeln mag, es enthält in sich von den meisten Elementen ein Exemplar und verkörpert in sich Muster der meisten Arten. Es ist so, als sei es eine Zusammenfassung des Weltalls gleich einem Samenkorn. Sicherlich ist es notwendig in diesem Fall mit den empfindlichsten Messinstrumenten die Bausteine eines Baumes festzustellen, um aus ihnen ein Samenkorn zu konstruieren, und die Bauelemente des Erdkreises zu ermitteln, um mit ihrer Hilfe ein Lebewesen zusammensetzen zu können. | |||
Es sind aber nun einmal die Ursachen, die in der unbelebten Natur liegen, unwissend und leblos und verfügen über kein Wissen, sodass sie einen Plan, eine Liste, einen Entwurf, ein Programm aufstellen könnten, um danach eine unsichtbare Gussform zu schaffen, damit die einzelnen Zellen nicht zerfallen, sodass die Funktionsfähigkeit des Zellverbandes gestört würde. Weil aber Bildung und Gestaltung eines Baumes oder einer Fliege auf zahllose Arten möglich ist, wird sie auf eine einzige Form und Größe innerhalb einer unübersehbar großen Anzahl von Möglichkeiten festgelegt. Dabei lösen sich die Zellen nicht aus ihrem Verband, obwohl ihre Atome sich gleich einem Sturzbach ständig erneuern. Vielmehr erfolgt der Austausch der Zellen geordnet, in einem nie abreißenden Strom, ohne Verwendung einer Gussform, unter Beibehaltung des Zellgefüges innerhalb eines geschlossenen Ganzen und allem, was lebt, wird seine vorgegebene Gestalt verliehen. Es ist offensichtlich, in welchem Grade dies unmöglich, unwahrscheinlich und weit davon entfernt ist, vernünftig zu sein. Sicherlich vermag dies jeder, der nicht blind ist in seinem Herzen, zu erkennen. | |||
Ja entsprechend der Wahrheit: اِنَّ الَّذِينَ تَدْعُونَ مِنْ دُونِ اللّٰهِ لَنْ يَخْلُقُوا ذُبَابًا وَ لَوِ اجْتَمَعُوا لَهُ (*<ref>*{"Setzten sich alle Dinge außer Allah, die ihr anruft und anbetet, zusammen, so könnten sie auch nicht einmal eine Fliege erschaffen." (Sure 22, 74)}</ref>) und nach dem Mysterium der großen Ayah könnten - selbst wenn alle die Ursachen, die in der unbelebten Natur liegen, sich zusammensetzten und einen freien Willen (ihtiyar) besäßen - diese auch nicht den Körper einer einzigen Fliege mit den dazu passenden Organen zusammensetzen. Und könnten sie ihn zusammensetzen, sie können dennoch nicht die in diesem Körper wirkende Ordnung aufrechterhalten. Und könnten sie sie aufrechterhalten, sie könnten dennoch nicht die Atome, die ständig ausgetauscht werden und in diesem Körper ihre Funktion beginnen, zu rechter Wirksamkeit veranlassen. Wenn also dies so ist, können die Ursachen zur Erschaffung von Baum und Fliege nicht diesen selbst zur Verfügung stehen. Das heißt also, dass deren tatsächliche Verfügung in Händen eines Anderen liegt. | |||
Ja es gibt tatsächlich Einen, der über sie verfügt. Entsprechend dem Mysterium (sirr) des Qur'anverses: | |||
مَا خَلْقُكُمْ وَ لاَ بَعْثُكُمْ اِلاَّ كَنَفْسٍ وَاحِدَةٍ {"Eure Erschaffung und Wiederauferstehung ist nicht anders als die einer einzigen Seele." (Sure 3, 27)} erschafft (ihya) Er alle Lebewesen auf dem Erdkreis mit der gleichen Leichtigkeit wie eine einzelne Mücke. Er erschafft (idjad) den Frühling mit gleicher Leichtigkeit wie eine einzelne Blume. Denn für Ihn ist es nicht notwendig erst vorher die Bestandteile beisammen zu haben. Von Ihm geht der Befehl aus: كُنْ فَيَكُونُ {"Sei und es ist!" (Sure 2, 117)} und Er ruft in jedem Frühling außer den Grundbausteinen zu unzähligen, gerade für den Frühling so typischen Pflanzen und Tieren, auch deren unzählige Formen, Farben, Gestalten und Bedingungen aus dem Nichts hervor. In Seinem Wissen sind die Pläne und Entwürfe, die Tabellen und Programme aller Dinge vorgegeben. Alle Atome bewegen sich Seiner Anweisung folgend in Seinem Wissen und Seiner Macht. Mit der spielerischen Leichtigkeit, wie man ein Streichholz entzündet, erschafft Er ein jedes Ding. Kein Ding weicht auch nur um Haaresbreite von Seiner Bahn ab. So wie die Gestirne Sein gehorsames Heer bilden, so sind auch die Atome einem wohlgeordneten Heere gleich. | |||
Da sie sich nun einmal in ihrer Bewegung auf die urewige Macht stützen (qudret-i ezeliyeye istinad) und nach den Grundsätzen des urewigen Wissens (ilm-i ezeli) tätig werden, gelangen Seine Werke mit Sicherheit Seiner Macht entsprechend ins Dasein. Sieht man hingegen diese Individuen als unbedeutend und klein an, werden Seine Werke dadurch nicht geringer. Mit Seiner Kraft (quvvet) und Macht (qudret) verbunden, lässt eine Mücke einen Nimrod elend zu Grunde gehen, zerstört eine Ameise den Palast des Pharao, trägt ein Tannensamen - klein wie ein Stäubchen - einen Tannenbaum - groß wie ein Berg - auf seinen Schultern. | |||
Wie wir diese Tatsache in vielen Abhandlungen bewiesen haben, vermag ein Soldat, versehen mit einem Soldbuch, betrachtet man seine Zugehörigkeit zum Kaiser, dergleichen Taten zu vollbringen, wie einen König gefangen zu nehmen, der hunderttausendmal mächtiger ist als er. So also vermag jedes Ding - verbunden mit der urewigen Macht - wundervolle Kunstwerke zu Stande zu bringen, die hunderttausendfach über die Naturgesetze hinausgehen. | |||
Kurzum, die Entstehung eines jeden Dinges, das in höchstem Grade kunstvoll ist und doch mit einer derartigen Leichtigkeit erschaffen wurde, zeigt, dass es ein Werk des Allmächtig-Urewigen (Qadîr-i Ezeli) ist, welcher ein allumfassendes Wissen (muhit bir ilim) besitzt. Anderenfalls wird es auf Grund hunderttausender Unmöglichkeiten nicht ins Dasein treten, im Gegenteil, es wird aus dem Bereich des Möglichen, der vorhandenen Umstände, austreten und in den Bereich des Unmöglichen, der nicht vorhandenen Umstände, eintreten, ja sogar aus der Betrachtung der notwendigen Voraussetzungen ausscheiden und sich in die nicht in Betracht kommenden einreihen, weil von Anfang an Grundvoraussetzungen fehlen. | |||
So schwieg denn meine Seele auf Grund dieser ins Einzelne gehenden, so starken und so tiefschürfenden und so offensichtlichen Beweisführung, nachdem sie vorübergehend ein Schüler des Satans und ein Anwalt der Leute des Irrweges und der Philosophie gewesen war. | |||
لِلّٰهِ الْحَمْدْ "Li'llahi'l-hamd! (Dank sei Allah)" Ich bin nun völlig zum Glauben gelangt. Und ich sprach: | |||
"Ja ich brauche einen solchen Schöpfer und Herrn (Khalinq ve Rabb), der auch die unscheinbarsten Dinge kennt, die mir am Herzen liegen, auch mein leisestes Flehen, so wie Er das geheimste Bedürfnis meines Herzens erfüllt und diese riesige Welt (dunya) in das Jenseits (akhiret) umwandelt, der diese Welt auflösen und statt ihrer das Jenseits errichten wird, um mir eine ewige Glückseligkeit zu verleihen. So wie Er in der Lage ist, sowohl eine Mücke zu erfinden (khalqettiği), als auch den Himmel zu erschaffen (idjad), so muss Er auch die Sonne gleich einem Auge am Firmament befestigen und auch die Macht haben, jede Zelle in meinem Auge zu gestalten. Kann Er aber eine Mücke nicht erschaffen, dann kann Er auch nicht tun, was mir am Herzen liegt, dem Flehen meines Geistes nicht lauschen. Kann Er die Himmel nicht erschaffen, dann kann Er mir auch die ewige Glückseligkeit nicht verleihen. So also ist mein Herr der, welcher in der Lage ist, sowohl das, was mir am Herzen liegt, zu veredeln, als auch den Wetterhimmel in einer Stunde mit Wolken zu erfüllen oder von ihnen zu entleeren, das Diesseits ins Jenseits zu verwandeln, das Paradies aufzubauen, mir dessen Türe zu öffnen, und zu sagen: "Los, komm herein!" | |||
Nun also ihr meine alten Brüder, die ihr so wie ich unglücklicher Weise einen Teil eures Lebens mit lichtloser Philosophie und fremdländischer Wissenschaft verbracht habt! Versteht ihr jetzt den heiligen Erlass, den der Qur'an unablässig verkündet: لاٰۤ اِلٰهَ اِلَّا هُوَ "La ilahe illa Hu (Es gibt keine Gottheit außer Ihm!)" Wie stark und voll Wahrheit Er doch ist! Er ist auf keine Weise zu erschüttern, zu verletzen oder zu verändern. Versteht, wie dieser Glaubenssatz alle innerliche Finsternis auflöst und alle innerlichen Wunden heilt. | |||
<nowiki>*</nowiki> * * | <nowiki>*</nowiki> * * | ||
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1.808. satır: | 1.675. satır: | ||
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Ein ganz besonders bemerkenswertes geistiges Erlebnis (vakia-i ruhaniye), das er geschaut hat, als er in Istanbul am Haus der Weisheit (Dar-ul hikmet) tätig war und als eine Eingebung in der nun folgenden Abhandlung (Sünuhat Risalah) beschrieben hat. | |||
< | <span id="Rüyada_Bir_Hitabe"></span> | ||
== | ==Eine Rede, gehalten im Traum== | ||
Im September des Jahres 1335 (etwa 1916) war ich durch die - infolge der Ereignisse der damaligen Zeit - entstandene Hoffnungslosigkeit sehr niedergeschlagen. In dieser tiefen Finsternis suchte ich nach einem Licht (Nur). Während meines Wachzustandes, der mit den Augen des Geistes betrachtet ein Traumzustand ist, konnte ich es nicht finden. Aber in einem Traumgesicht, das in Wahrheit und Wirklichkeit einem Wachzustand glich, schaute ich nun dieses Licht (Ziya). Ich übergehe hier die Einzelheiten und schreibe nur diejenigen Punkte auf, die mir eingegeben worden sind. Es waren die folgenden: | |||
In einer Freitagsnacht betrat ich im Traum in die Welt der Bilder.{Wir unterscheiden zwischen der wirklich erlebten Welt, in der wir Zeugnis ablegen für Gott, also die bezeugte Welt und der nur geträumten Welt, der Traumwelt, also der Welt der Bilder, die ausdeutbar sind. (A.d.Ü.)}Da kam jemand zu mir und sagte: "Eine erlauchte Versammlung, die einberufen wurde, um über die Geschicke des Islam zu beraten, wünscht dich zu sprechen." | |||
Da ging ich. Und ich sah: Es war da eine Versammlung von Erleuchteten, wie ich dergleichen in dieser Welt noch nie gesehen hatte: die Selef-i Salihin {Die ersten drei Generationen von Gläubigen (A.d.Ü.)} und die Abgeordneten eines jeden Jahrhunderts (a'sarin meb'uthlar), eine Versammlung von Abgeordneten für jedes Jahrhundert. Ich blieb verlegen an der Türe stehen. | |||
Eine dieser Persönlichkeiten sagte zu mir: "Oh du Mann eines Jahrhunderts der Katastrophen und der Verwüstungen! Auch du hast eine Stimme. Äußere deine Meinung." | |||
Ich blieb stehen und antwortete: "Fragen Sie mich... Ich werde Ihnen Antwort geben." | |||
Jemand sagte: "Was wird die Folge dieser Niederlage (= der verlorene Krieg) sein? Was wäre geschehen, hätten wir gesiegt?..." | |||
Ich antwortete: „Weil ein Übel nicht nur für sich allein schlecht ist, manchmal im Glück schon das Unglück enthalten ist, erwächst Glück auch aus Unglück. Das Unglück dieses islamischen Staates, der sich als Bannerträger des Kalifates betrachtet, und dazu ausersehen, sich für die Welt des Islam, die wie ein einziger Leib ist, als ein Opfer darzubringen, und der die allgemeine Verpflichtung zum Djihad auf sich genommen hat, um von Alters her das Wort Gottes hochzuhalten und den Islam für immer unabhängig zu machen, wird durch das zukünftige Glück der islamischen Welt wieder ausgeglichen. Denn dieses Unglück hat das Aufkeimen und den Beginn eines Aufschwungs islamischer Brüderlichkeit, welche die Hefe unseres Lebens und das Wasser unseres Lebens ist, auf wunderbare Weise beschleunigt. Wenn man uns kränkt, weint die islamische Welt. Kränkt Europa uns noch mehr, wird sie schreien. Sollten wir sterben müssen, werden 20 von uns sterben, aber 300 wieder auferstehen. Wir leben in einem Jahrhundert der Wunder (harikalar). Zwei, drei Jahre nach dem Tode werden die Auferstandenen vor aller Augen erscheinen. Wir haben durch unsere Niederlage ein vorübergehend aufgehobenes Glück ( سَعَادَتِ عَاجِلَهْ saadet-i âdjile-i) verloren; aber auf uns wartet ein aufgeschobenes beständiges Glück (سَعَادَتِ آجِلَهْ saadet-i edjile-i). Wer völlig unwichtige, ständig wechselnde, eng begrenzte Umstände gegen eine weite Zukunft eintauscht, der gewinnt.“ | |||
- Sogleich forderte man mich von Seiten der Versammlung auf: "Erkläre dies!" | |||
Da sprach ich: "Der Kampf zwischen den Staaten, zwischen den Völkern räumt den Platz einem Kampf zwischen den gesellschaftlichen Schichten. Denn so wie die Gesellschaft nicht versklavt werden will, so will sie auch nicht zu einem Lohnempfänger werden. Hätten wir gesiegt, hätten wir uns vielleicht in noch stärkerem Maße dazu verleiten lassen. Hätten wir gesiegt, wären wir auf die anarchistischen Tendenzen, wie sie von unseren Gegnern, unseren Feinden ausgehen, in noch stärkerem Maße hereingefallen. Doch diese Bewegung ist sowohl anarchistisch, als auch der Natur der islamischen Welt (tabiat-i alem-i Islam) entgegengesetzt. Sie widerspricht den Interessen der überwältigenden Mehrheit der Gläubigen und wird nur von kurzer Dauer sein. Sie ist schon im Begriff, sich zu zerspalten. Hätten wir uns dieser Strömung angeschlossen, hätten wir uns auf einen Weg gebracht, welcher der Beschaffenheit, der Natur der islamischen Welt (alem-i Islami fitrat, tabiat) entgegenläuft (mukhalif). Von dieser bösartigen Zivilisation haben wir nichts als Schaden gehabt. Wir würden die Vertretung einer Zivilisation in Asien auf uns nehmen, die in der Betrachtung der Sheriah verworfen ist, weil ihre Vorteile nicht ihre Nachteile überwiegen. Sie ist im Urteil des allgemeinen Wohls der Menschheit abgeschafft worden. Das Erwachen der Menschheit hat sie zum Scheitern verurteilt. Sie ist missraten, unbelehrbar, selbstsüchtig und innerlich unkultiviert." | |||
Jemand aus der Versammlung fragte: "Warum lehnt die Sheriah diese Zivilisation ab?"(*<ref>*{Unser Bestreben ist die Schönheit in der Zivilisation und das Gute zum Nutzen der Menschheit, nicht aber die Sünden und Bosheiten der Zivilisation, jene Bosheiten und Ausschweifungen, welche die Törichten (ahmaklar) für schön halten und nachahmen und damit unser Erbe zerstören. Weil die Sünden der Zivilisation über ihre guten Seiten gesiegt haben und die Schlechtigkeiten vor den Schönheiten bevorzugt werden, hat die Menschheit in zwei Weltkriegen zwei fürchterliche Ohrfeigen (tokat) erhalten und diese sündige Zivilisation zugrunde gerichtet, sodass sie sich erbrach und die Erde mit ihrem Blute besudelte. Aber insha-a'llah wird die Schönheit der Zivilisation durch die Kraft der Islamiyet in der Zukunft den Sieg davon tragen, das Antlitz der Erde vom Schmutz reinigen und der allgemeine Friede gesichert werden.}</ref>) | |||
Ich antwortete: "Sie ist auf fünf falschen Grundsätzen errichtet. Die Stütze dieser Zivilisation ist die Macht (= Nokta-i istinadi quvvettir). Daraus resultiert jedoch ihr aggressives Verhalten. Ihr Ziel (qasd) ist der Nutzen, der Gewinn (menfaat). Daraus resultiert jedoch die gegenseitige Ausbeutung. Ihr Prinzip im Leben ist der Kampf. Daraus resultiert jedoch der Konflikt. Die zwischenmenschlichen Beziehungen sind auf der Grundlage des Rassismus, und auf der Grundlage des Nationalsozialismus, der sich nur durch Einverleibung anderer Völker ernährt, aufgebaut. Daraus resultieren jedoch die furchtbaren Kollisionen. Verlockende Dienstleistungen steigern Gelüste und Neigungen, befriedigen, was Lust und Laune sich wünscht und erleichtern den Konsum. Diese Gelüste haben jedoch zur Folge, dass die Menschheit von der Stufe eines Engels auf die Stufe eines Hundes herabsinkt. Sie verursachen die innere Entwertung des Menschen. Viele zivilisierte Menschen müsste man sich in der Haut eines Wolfes oder Bären, einer Schlange, eines Schweins oder Affen vorstellen, würde ihr Inneres nach außen gekehrt. | |||
So hat die heutige Zivilisation 80/100 der Menschheit dazu gebracht, immer noch mehr zu arbeiten und sich darüber zu beklagen. 10/100 leben in einem imaginären (hayali) Glück. Die restlichen 10/100 verbleiben zwischen diesen beiden. Aber das Glück ist entweder das Glück aller oder doch wenigstens der Mehrheit. Ist aber nur eine Minderheit in einer Minderheit davon begünstigt, so kann hingegen der Qur'an, der ein Erbarmen (rahmet) ist für das Menschengeschlecht, nur eine solche Kultur (medeniyet) anerkennen, die das Glück aller, oder doch wenigstens der Mehrheit mit einschließt. | |||
Zudem ist unter der Herrschaft unbeherrschter Wünsche aus einem Bedürfnis nach Entbehrlichem ein Bedürfnis nach Unentbehrlichem geworden. Während in nomadischer Zeit ein Mann vier Dinge bedurfte, hat die Zivilisation sein Bedürfnis auf hundert gesteigert und ihn arm gemacht. Weil aber der Einsatz nicht die Ausgaben deckt, führte dies dazu, zu betrügen und Verbotenes (haram) zu tun; und an diesem Punkt begann die Sittenverderbnis an der Wurzel zu nagen. Im Unterschied zu dem Reichtum und Luxus, den sie der Gesellschaft und den Völkern brachte, hat sie den Einzelnen arm und ohne Moral (akhlaqsiz) gemacht." | |||
'''"Was alles es an Grausamkeiten im Altertum gegeben hat, spie diese Zivilisation auf einmal aus!"''' | |||
"Es verdient besondere Beachtung, dass die islamische Welt dieser Zivilisation gegenüber so zurückhaltend ist und ihr gleichsam die kalte Schulter zeigt und darunter leidet, wo sie sie annimmt. Denn die göttliche Rechtleitung (hidayet) durch die Sheriah, die als ihre besonderen Vorzüge Selbstgenügsamkeit und Selbstständigkeit verleiht, lässt sich mit der Wesensart römischer Philosophie weder okkulieren noch harmonisieren und kann sie weder absorbieren noch okkupieren! Die alten Römer und Griechen - wie Zwillinge der selben Wurzel entsprossen - haben ihren beiden verschiedenen Wesensarten gleich dem Wasser und dem Öl über Jahre und Jahrhunderte hinweg trotz aller Bemühungen von Christen und Humanisten die Selbständigkeit bewahrt und beide Geistesrichtungen leben auch heute noch, als hätten sie gleichsam eine Metamorphose durchgemacht, in anderer Gestalt fort. Diese beiden, obwohl sie Zwillinge sind und den Umständen nach miteinander harmonieren müssten, harmonieren dennoch nicht miteinander. Das Licht der Rechtleitung (hidayet), das der Geist der Sheriah ist, kann mit römischer Wesensart, die die Basis dieser finsteren und schmutzigen Zivilisation ist, zu gar keiner Zeit harmonieren oder sie in sich aufnehmen!" | |||
Sie fragten: "Welcher Art ist die Kultur (medeniyet) unter der Sheriaht-i Gharra?" | |||
Ich antwortete: "Die Kultur (medeniyet), welche die Sheriaht-i Ahmediye (= isl. Lebensweise) mit einschließt und sie anordnet, ist diejenige welche sich nach dem Zusammenbruch der heutigen Zivilisation entwickeln wird. Sie wird an Stelle der falschen Grundsätze die rechten Grundsätze durchsetzen. So also ist ihre Stütze (nokta-i istinad) nicht die Macht (quvvet) sondern das Recht (haq). Auf ihr fußt die ausgleichende Gerechtigkeit (adalet ve tevazun). Ihr Ziel ist also nicht der Verdienste im materiellen, sondern das Verdienst im ideellen Sinne (fadilet). Aus ihr entstehen die gegenseitige Zuneigung (muhabbet) und Verantwortlichkeit. Aus dem Blickwinkel der Einheit (vahdet) betrachtet tritt an die Stelle von Rassismus und Nationalismus die Verbundenheit im Glauben, die Liebe zur Heimat und die Kollegialität im Beruf. Aus ihr erwachsen wahrhafte Brüderlichkeit und Eintracht und die Verteidigung einzig für den Fall eines Angriffs von außen. Ihr Prinzip im Leben ist die gegenseitige Hilfeleistung. Ihre Folge ist Einheit (ittihad) und Solidarität. Das Lustprinzip wird durch Rechtleitung ersetzt; so entwickelt sich wahre Menschlichkeit und geistige Vollkommenheit. Das Lustprinzip wird unter Kontrolle gebracht. Statt die Erfüllung primitiver egoistischer Bedürfnisse zu erleichtern, bringt sie die Zufriedenheit einer erhabenen Geisteshaltung. | |||
Das heißt, wir schwimmen in der zweiten Strömung | |||
{die erste Strömung ist die anarchistische (A.d.Ü.)} | |||
mit, einer Strömung wie sie den Armen und Unterdrückten entspricht. Wer ärmer ist als 80/100 der Bevölkerung, ist auch vom Islam {Wer darunter leidet, arm und unterdrückt zu sein, leidet auch noch besonders dann, wenn er den Trost der Religion nicht finden kann. (A.d.Ü.)} zu 90/100, ja vielleicht 95/100 ausgeschlossen. Solange die islamische Welt dieser zweiten Strömung gegenüber gleichgültig bleibt, oder sich ihr widersetzt, wird sie sowohl ihrer Stütze beraubt werden (istinadsiz), als auch sinnlose Opfer bringen müssen, als auch - falls sie von ihr überflutet wird - dazu gezwungen sein, sich umzustellen und sich selber zu verwandeln, wenn sie nicht klug vorgehen und dieser Strömung eine islamische Form geben und sie so für sich nutzbar machen will. Denn der Feind des Feindes ist ein Freund solange er dessen Feind bleibt; desgleichen ist der Freund des Feindes ein Feind, solange er dessen Freund bleibt. Weil diese beiden Strömungen einander entgegenlaufen, ihre Ziele einander entgegengesetzt sind, ihre Interessen einander zuwiderlaufen, sagt die eine: "Stirb!", während die andere "Steh auf und lebe!" sagt. Während die eine zu ihrem Vorteil den Schaden, den Streit, den Verfall, die Schwäche und unseren Schlaf benötigt, braucht die andere hingegen zu ihrem Vorteil unsere Stärke (quvvet) und Einheit (ittihad). | |||
Die Feindschaft gegenüber dem Osten {Mit "Osten" ist hier der Islam, mit "Westen" ist die europäische sekularisierte Denkweise gemeint. (A.d.Ü.)} | |||
hat die Ausbreitung des Islam erstickt. Sie ist begraben worden und muss begraben werden... Die Feindschaft gegen den Westen war der wichtigste Grund für die islamische Einigung (ittihad) und die Entfaltung der Brüderlichkeit. | |||
Sie muss beibehalten werden...Die Versammlung gab spontan ihre Zeichen der Zustimmung. Sie sagten: | |||
"Ja, Sie sollten Hoffnung schöpfen! Die lauteste Stimme innerhalb einer zukünftigen Wandlung wird die Stimme des Islam sein!" | |||
Wiederum fragt jemand: Katastrophen sind die Folge kapitaler Verbrechen und der Beginn einer Belohnung. | |||
{Gott schenkt dem, der seine Strafe verbüßt hat, eine Belohnung. (A.d.Ü.)} Aufgrund welcher Handlungen hat das Schicksal {Schicksal: Qader, (ein Glaubensartikel) das, was Gott für die Menschen bestimmt hatte. (A.d.Ü.)} über die Menschen ein solches Urteil gefällt, sie zur Strafe einer solchen Katastrophe verurteilt? Eine allgemeine Katastrophe entsteht aus den Fehlern der Mehrheit. Was ist derzeit ihre Belohnung? | |||
Ich antwortete: "Das beginnt mit der Vernachlässigung der drei wichtigsten Säulen des Islam: Gebet, Fasten, Almosen. Nur eine von vierundzwanzig Stunden will der erhabene Schöpfer (Khaliq Teala) von uns für die fünf Gebete täglich. Wir waren nachlässig. Da ließ er uns fünf Jahre lang vierundzwanzig Stunden täglich exerzieren, strapazieren, marschieren. Dies sollte unser Gebet sein. So erwartete Er jährlich nur einen Monat zu fasten von uns. Wir haben uns selbst bedauert. Zur Buße (keffaret) ließ Er uns fünf Jahre fasten. Von den Gütern, die Seine Güte (ihsan) uns geschenkt hat, erwartete Er eines von zehn, ja nur eines von vierzig als Zekat. Wir waren geizig und ungerecht. Da hat Er von uns die aufgelaufenen Zekatsschulden eingesammelt. | |||
اَلْجَزَآءُ مِنْ جِنْسِ اَلْمَلِ | |||
{"Die Strafe richtet sich nach der Art des Verhaltens"} | |||
Unsere derzeitige Belohnung aber ist die, dass er ein Fünftel, das heißt 4.000.000 unseres sündigen (günahkar), frevelhaften (fasiq) Volkes in den Rang von Heiligen (velayet) erhob, sei es, dass sie als Ghazi (Kämpfer) heimkehrten, oder als Schehit (Zeugen) auf den Schlachtfeldern liegen blieben. Das gemeinsame Unglück, das aus den gemeinsamen Fehlern entstanden ist, löschte die Sünde der Vergangenheit aus. | |||
Wieder sagte jemand: "Wenn aber ein Befehlshaber (âmir) durch seine Schuld das Unglück heraufbeschworen hätte?" | |||
Ich antwortete: "Wer von der Katastrophe heimgesucht wurde, erwartet seinen Lohn. Ihm werden entweder die Verdienste des schuldigen Befehlshabers gutgeschrieben, was so gut wie nichts wäre, oder er erhält seinen Lohn aus dem unsichtbaren Schatz. Was aber diesen unsichtbaren Schatz betrifft, so ist er der Lohn für dergleichen Dinge und erhebt in den Rang eines Märtyrers oder Kämpfers (deredje-i shehadet ve ghazi). | |||
Ich merkte, dass die Versammlung dies gutgeheißen hatte. Ich befand mich in einer erhabenen Stimmung. Ich erwachte erregt und schwitzend und fand mich selbst, sitzend in meinem Bett, meine Hände gefaltet; und so verbrachte ich die Nacht. | |||
<nowiki>*</nowiki> * * | <nowiki>*</nowiki> * * | ||
Bei Bediuzzaman fanden sich keine anderen Bücher (als der Qur'an). | |||
Fragte man ihn: "Warum schlägst du nicht in anderen Büchern nach?", antwortete er: | |||
"Ich möchte alle Dinge aus dem Qur'an selbst entnehmen und meine eigene Meinung darüber zurückhalten." | |||
Zitierte er aus seinen Werken, entnahm er Textstellen, die er für erforderlich hielt, ohne sie zu ändern. | |||
Fragte man ihn: "Warum wiederholst du derart wörtlich?", so antwortete er: | |||
"Die Wahrheit verdrießt nicht. Ich möchte das Kleid nicht verändern." | |||
Es wurde oben bereits kurz erwähnt, dass Bediuzzaman zwölf Traktate über die Wahrheit(*<ref>*{Die Werke, die Üstad Bediuzzaman Said Nursi Hazretleri damals in Istanbul und danach zum Teil in Ankara drucken und veröffentlichen ließ, wurden vierzig Jahre später unter dem Titel "Arabische Mesnevi-i Nuriye" als Sammelband herausgegeben. In der Einführung zur Mesnevi-i Nuriye sagt er über dieses Werk: "Weil der 'Alte Said' vor 40, 50 Jahren sich sehr viel mit Philosophie und Geisteswissenschaften beschäftigte, suchte er um des Wesens der wahren Erkenntnis willen seine Berufung ähnlich den Ordensleuten (ehl-i tariqat) und Grundlagenforschern (ehl-i haqiqat). Aber es genügte ihm nicht, so wie die meisten Ordensleute, einzig den Eingebungen seines Herzens zu folgen. Denn sein Geist und Verstand waren bis zu einem gewissen Grade von der Weisheit der Philosophen her angekränkelt und Heilung tat not. Darum wollte er einigen Großen unter den Grundlagenforschern folgen, die sich auf der Suche nach der Wahrheit sowohl nach ihrem Herzen als auch nach ihrem Verstand richteten. Er schaute sich um und sah, dass jeder einzelne unter ihnen seine besonderen Eigenarten hatte, von denen er sich angezogen fühlte. So blieb er denn unschlüssig, welchem von ihnen er folgen solle. Da erhielt er durch Imam Rabbani den verborgenen Wink: "Tauhid sei deine Kible! (Tauhid-i Kible)", das heißt: "Folge nur einem einzigen Meister!" Da kam es dem alten Said in das weitwunde Herz: Der wahre Meister ist der Qur'an. Tauhid-i Kible geschieht durch diesen Meister. So begann er unter der Rechtleitung (irshad) nur dieses heiligen Meisters sowohl mit dem Herzen als auch mit dem Verstand auf eine recht bemerkenswerte Weise den "Weg" (suluk) zu gehen. Ein rastlos-ruheloser Geist (nefs-i emmare) zwang ihn dazu, sich innerlich wie wissenschaftlich durch Ungewissheit und Zweifel hindurchzukämpfen. Nicht mit geschlossenen Augen, sondern wie Imam Ghasali, Maulana Djelaleddin und Imam Rabbani die Augen des Herzens, Sinn und Verstand geöffnet, wandelte er dort, wo die Ekstatiker die Augen des Verstandes geschlossen haben, offenen Auges auf diesen Stufen. Gott der Gerechte sei unendlich gelobt, dass er durch die Belehrung und Rechtleitung (irshad) des Qur'an den Weg der Wahrheit gefunden hat. Denn der alte Said zeigte durch die Risale-i Nur des neuen, dass er zur Wahrheit des Wortes: وَ فِى كُلِّ شَيْءٍ لَهُ اٰيَةٌ تَدُلُّ عَلٰۤى اَنَّهُ وَاحِدٌ | |||
("Jedes Ding trägt ein Zeichen, das die Einheit Gott beweist.") gelangt war. Hatte er wie Maulana Djelaleddin, Imam Rabbani und Imam Ghasali versucht, Herz und Verstand miteinander in Einklang zu bringen, so versuchte er nun, vor allen Dingen Geist und Gemüt von den Wunden zu heilen und seiner Seele vor Irrtum und Einbildung Rettung zu verschaffen. Gott sei Lob, Preis und Dank (felillahilhamd), dass Er so den Alten Said in den Neuen Said verwandelt hat. Wie die Mesnevi, dessen Original persisch verfasst und später ins Türkische übersetzt wurde, so verfasste auch er gleich einer Art Mesnevi Abhandlungen "Qatre (Tropfen)", "Hubab (Schaum)", "Habbe (Korn)", "Zuhre (Morgenstern)", "Zerre (Stäubchen)", "Schemme (Spur)", „Shu'le (Flamme)“, „Lem'alar (Blitze)“, „Reshalar (Tropfen)“, „Lasiyyemalar (Besonderheiten)“, in arabischer sowie "Nokta (Punkt)", und "Lemaat (Blitze)" in türkischer Sprache, jede ganz kurz zusammengefasst. Fand er eine Möglichkeit dazu, ließ er sie auch drucken. Es war fast ein halbes Jahrhundert vergangen, seit seine Berufung in der Risale-i Nur ihren Niederschlag gefunden hatte. Aber statt nur innerlich einen Kampf gegen sich selbst und den Teufel zu führen, wurde ihm die Risale-i Nur zu umfangreichen und allgemeinen Arten von Mesnevi, nach außen gerichtet gegen die Philosophen, die auf Irrwegen gehen und zum Wohle für diejenigen, welche ihrer bedürfen und noch unschlüssig sind. | |||
Diese Mesnevi wurde zu einem Pflanzenbeet, das wie die Turuk-u hafiye (= stilles Gottesgedenken) ins Innere der eigenen Seele (enfusi) hineinwirkt. Ihr gelang es, im Inneren von Geist und Gemüt einen Weg aufzutun.Aus der Mesnevi wurde die Risale-i Nur, aus dem Pflanzenbeet ein Garten, mit dem Blick sowohl ins Reich der Seele, als auch, wie bei den meisten Richtungen der Turuk-u Djehriye (= lautes Gottesgedenken), zum Horizont (afaki) eines äußeren Kreises und öffnete überall einen breiten Weg zur Erkenntnis Allahs. Gleich Mosis, mit dem Friede sei, mit seinem Stabe schlug diese Mesnevi überall Wasser aus dem Felsen. | |||
Der Geist, den diese Risale-i Nur atmet, folgt nicht der Methode der Weisen und Gelehrten, sondern öffnet durch ein verborgenes Wunder des Qur'an in allen Dingen ein Fenster zur Erkenntnis. Er hat das Geheimnis, welches dem Qur'an zu eigen ist, so erfasst, dass er die Arbeit eines Jahres in einer Stunde bewältigen könnte. Deshalb wurde er auch in dieser fürchterlichen Zeit in zahllosen Angriffen der Unbelehrbaren niemals besiegt, sondern er hat gesiegt!}</ref>)im Qur'an hatte drucken lassen. Von ihnen waren drei, vier in türkischer, die übrigen in arabischer Sprache verfasst. Bis zu dieser Zeit gab es kein einziges Buch, das die Wahrheit in solch einer beispiellosen Art erklärt und beweist. | |||
Zu der Zeit, die er an der Daru'l-Hikmet verbrachte, vollzog sich in ihm eine geistige Wandlung, über die er in einem seiner später veröffentlichten Werke Folgendes berichtet: | |||
"Auf den Kopf des Alten Said in seiner Sorglosigkeit (ghafil) hagelte es fürchterliche Schläge herab. Er dachte an seinen Urteilsspruch اَلْمَوْتُ حَقٌ ('Der Tod ist wahr').Er sah sich selbst in Schlamm und Schmutz, erwartete Hilfe, suchte einen Weg, hielt Ausschau nach einem Retter, sah, wie verschieden die Wege waren, zögerte unentschlossen. Da wandte er sich an Scheich Geylani, der ein Gauth-ul A'dham ist, griff zu seinem Futuh-ul ghayb, schlug das Buch auf und der Satz sprang ihm die Augen: | |||
اَنْتَ فِي دَارِ الْحِكْمَةِ فَطْلُبْ طَبِيبًا يُدَاوِى قَلْبَكَ | |||
{'Du bist im Hause der Weisheit (Daru-l-Hikmet). Suche einen Arzt, der dein Herz heilen kann!'} | |||
Das war merkwürdig! Denn ich war damals Mitglied der Daru-l Hikmet-il'Islamiye. Es war, als sei ich ein Arzt, der sich darum bemüht, die Wunden der Muslime zu heilen. Aber die schwerste Krankheit hatte ich selbst. Ein Kranker muss sich zuerst um sich selbst kümmern, bevor er andere Kranke besuchen kann. | |||
So also sagte mir Hazret-i Scheich: "Du selbst bist krank. Suche einen Arzt für dich!" Ich antwortete: "Sei du mein Arzt!" Es war mir, als spräche er selbst zu mir; ich las das Buch so, als redete es mit mir. Aber sein Buch war fürchterlich. Und schrecklich war es, wie es meinen Stolz (gurur) zerbrach. Es vollzog in meiner Seele eine fürchterliche Wundoperation. Ich konnte dem nicht länger standhalten. Ich las es bis zur Hälfte und machte es zu meinem Gesprächspartener, jedoch hatte ich keine Ausdauer mehr, es zu Ende zu lesen. Ich legte das Buch in den Schrank. Aber danach vergingen die Schmerzen, die diese heilbringende Operation verursacht hatte. Ich bekam Geschmack an diesem Buche meines ersten Lehrers (Ustadh), las es jetzt ganz durch und zog einen großen Nutzen daraus. Ich lauschte seinen Hymnen und Gebeten und empfing viel Segen und Gewinn. | |||
Danach habe ich die 'Mektubat' vom Imam Rabbani gesehen. Ich nahm sie in meine Hand, bat in reiner Absicht um ein Zeichen und schlug sie auf. Seltsamer Weise gibt es in den ganzen Mektubat nur zwei Stellen, wo von einem 'Bediuzzaman' die Rede ist. Unerwartet öffneten sich mir diese beiden Briefe ('Mektub'). Meines Vaters Name war Mirza und ich sah, dass als Titel auf dem ersten dieser Briefe 'Brief an Mirza Bediuzzaman' geschrieben stand. 'Lobpreis und Dank sei | |||
Gott!' sagte ich: diese Rede gilt mir. Ein Beiname des Alten Said war damals 'Bediuzzaman'. Denn außer Bediuzzaman-i Hemedani, der im dritten Jahrhundert nach der Hidjra unter diesem Beinamen berühmt geworden war, kannte ich keine Persönlichkeiten mit diesem Titel. Das heißt, es hatte zu Imams Zeiten noch einen Mann gegeben, dem diese beiden Briefe geschrieben worden waren. | |||
Der Zustand dieses Mannes ähnelte meinem eigenen Zustand so, dass ich in diesen beiden Briefen ein Heilmittel für meinen Kummer fand. Der Imam empfiehlt in diesen beiden Briefen das, was er auch in vielen anderen Briefen empfohlen hat, nämlich: 'Tauhid sei deine Kible! (Tauhid-i kible)" das heißt: "Nimm dir nur einen einzigen Meister, folge ihm nach und kümmere dich um keinen anderen!' Dieser sein wichtigster Rat entsprach meiner Begabung und meinem Geisteszustand nicht. Ich dachte lange nach... sollte ich diesem folgen? oder sollte ich einem anderen folgen? Ich blieb unschlüssig. Jeder von ihnen hatte seine besonderen Eigenarten, von denen ich mich angezogen fühlte. Nur einer von ihnen genügte mir nicht. Während ich noch unschlüssig war, gab Gott der Gerechte meinem Herzen ein: Der Anfang dieser verschiedenen Wege (tariqat), die Sonne inmitten der Planeten und die Quelle, aus der die Bewässerungskanäle gespeist werden, ist der Weise Qur'an, die wahrhaftige Tauhid-i Kible findet sich in ihm. Wenn dem so ist, dann ist er auch der erhabenste Lehrer (murshid) und der heiligste Meister (Ustadh), an dem ich mich festhalte..."(*<ref>*{Am Ende dieser Schrift sagt er: "Meine mangelhafte, nicht gesammelte Veranlagung kann sicherlich nicht den Nutzen, den Segen, dem Wasser des Lebens gleich, von diesem wahrhaften Lehrer so aufsaugen wie es sich gebührt. Wir können diesen Segen aber dem Grade der Leute des Herzens (der Sufis) und der Besitzer des Zustandes (der Ekstatiker) entsprechend, dieses Wasser des Lebens, wiederum mit seinem Segen sichtbar machen. Das heißt: diese 'Sözler (Worte)' und 'Nurlar (Lichter)', die aus dem Qur'an entstanden, sind nicht nur wissenschaftliche Fragestellungen, sondern Fragestellungen des Herzens, des Geistes, des (ekstatischen) Zustandes nach dem Glauben und gelten als eine sehr hohe und wertvolle Gotteserkenntnis."}</ref>) | |||
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Hier eine Antwort für diejenigen, welche sagen: "Wir sehen, dass Sie wegen des verlorenen Weltkrieges so überaus traurig sind." | |||
"Ich habe mein eigenes Leid ertragen. Aber die Schmerzen wegen der Leiden der Muslime haben mich erdrückt. Doch spüre ich, wie die Schläge, die man der islamischen Welt versetzt, zuerst mein eigenes Herz treffen. Darum bin ich so sehr bedrückt. Doch ich sehe ein Licht, dass diese meine Schmerzen vergessen machen wird", sagte er und lächelte dabei. | |||
In Istanbul war sein Werk "Khutuvat-i Sitte (Sechs Schritte)" der größte, bedeutendste und wirkungsvollste Dienst an Volk und Vaterland. Damals tobte der Kampf um die Dardanellen. Man zeigte dem englischen Oberkommandierenden nach der Eroberung und Besetzung Istanbuls dieses Werk und informierte ihn darüber, dass Bediuzzaman ihm mit ganzer Kraft Widerstand leiste. Dieser Kommandant, der vor Gewaltanwendung nicht zurückschreckte, hatte zunächst die Absicht, ihn zum Tode zu verurteilen und ihn auf diese Weise aus dem Wege räumen zu lassen. Als man ihm jedoch Mitteilung machte, dies würde in Ost-Anatolien unter den Stämmen dort einen Aufstand um jeden Preis auslösen und ewige Feindschaft gegenüber den Engländern zur Folge haben, sah er sich gezwungen, davon Abstand zu nehmen. | |||
Während sich die Engländer darum bemühten, in Istanbul durch ihre Intrigen den Scheichu'l-Islam und einige der übrigen Gelehrten auf ihre Seite zu ziehen, machte Bediuzzaman im Gegensatz dazu überall die Kolonialpolitik der Engländer, ihre Intrigen, ihre historische Feindseligkeit gegenüber der islamischen Welt und den Türken bekannt.Dadurch unterstützte er die nationale Befreiungsbewegung in Anatolien und wurde für sie einer ihrer bedeutendsten Eckpfeiler. | |||
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2.030. satır: | 1.793. satır: | ||
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Die Regierung in Ankara, die beobachtet hatte, wie durch diese seine so bedeutsamen und erfolgreichen Dienste in Istanbul für das türkische Volk ein so außerordentlich großer Nutzen gewonnen werden konnte, maß Bediuzzaman so viel Wert und Wichtigkeit bei, dass sie ihn nach Ankara einlud. Aber obwohl Mustafa Kemal Pasha ihn durch verschlüsselte Botschaften eingeladen hatte, schrieb er ihm zur Antwort: | |||
"Ich will kämpfen, wo es für mich gefährlich ist. Es wäre mir unangenehm, aus sicherer Deckung heraus kämpfen zu müssen. Ich meine, dass es hier noch gefährlicher ist, als in Anatolien." | |||
Dreimal schickte man ihm verschlüsselt eine Einladung. Endlich - durch die Vermittlung des alten Gouverneurs von Van, seines Freundes und Abgeordneten Tahsin Bey, eingeladen - entschließt er sich, nach Ankara zu gehen. In Ankara wird er mit großer Begeisterung empfangen. Aber er fand nicht die Atmosphäre, die er erhofft hatte. Er nahm seinen Aufenthalt in der Gegend von Hadji Bayram. Er traf im Parlament eine Gleichgültigkeit gegenüber dem Glauben an und erkannte, dass die Verwestlichung zu einer Gleichgültigkeit gegenüber all den Dingen geführt hatte, die Kennzeichen des Islam (sheair-i Islamiye) sind und auf die das türkische Volk in seiner heiligen Geschichte so stolz ist. So verfasste er für die Abgeordneten eine Erklärung über die Notwendigkeit und die Bedeutung der Grundpfeiler des Islam (= ibadet) und besonders die beständige Verrichtung des täglichen Gebetes (namaz) und verteilte sie im Parlament. | |||
يَا اَيُّهَا ال۟مَب۟عُوثُونَ اِنَّكُم۟ لَمَب۟عُوثُونَ لِيَو۟مٍ عَظٖيمٍ | يَا اَيُّهَا ال۟مَب۟عُوثُونَ اِنَّكُم۟ لَمَب۟عُوثُونَ لِيَو۟مٍ عَظٖيمٍ | ||
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2.126. satır: | 1.879. satır: | ||
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حَس۟بُنَا اللّٰهُ وَ نِع۟مَ ال۟وَكٖيلُ | حَس۟بُنَا اللّٰهُ وَ نِع۟مَ ال۟وَكٖيلُ | ||
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Nach dieser Rede vor den Abgeordneten schlossen sich denen, die das Gebet verrichten, noch 60 weitere Abgeordnete an. An Stelle des kleinen Gebetsraumes (namazgâh) wurde ein größerer Saal zur Verfügung gestellt. | |||
Dieser Artikel, der den Abgeordneten, allen Kommandanten und den Gelehrten vorgelesen wurde, hatte eine heftige Diskussion mit dem Präsidenten zur Folge. Während einer Kabinettsitzung sagte Mustafa Kemal Pasha eines Tages bei einem Meinungsaustausch unter 50, 60 Abgeordneten zu Bediuzzaman: | |||
"Wir brauchen einen unerschrockenen (kahraman) Hodja wie Sie. Wir haben Sie hierher eingeladen, weil wir uns von Ihrer hohen Meinung einen Nutzen versprochen haben. Sie sind zwar gekommen, aber Sie haben uns zunächst über die Dinge geschrieben, die das Gebet betreffen und uns dadurch in Konflikt gebracht." | |||
Auf diese Bemerkung hin gab ihm Bediuzzaman zunächst einmal eine treffende Antwort und sagte dann, zwei Finger in heftiger Erregung ausgestreckt: | |||
"Pasha! Pasha! Im Islam ist das Gebet (namaz) die höchste Realität nach dem Glauben (iman). Wer das Gebet nicht verrichtet, ist nicht mehr vertrauenswürdig und verliert die bürgerlichen Ehrenrechte und wird nicht als Zeuge anerkannt." | |||
Da bat ihn der Pasha um Entschuldigung und drang nicht weiter in ihn. | |||
Während der Zeit, in der sich Bediuzzaman in Ankara aufhielt, ließ er keinen Augenblick davon ab, sich um den Aufbau einer Hochschule im Osten (Daru-l'Fünun) zu bemühen, was ja stets sein erstes Ziel gewesen war. | |||
Eines Tages sprach er zu der Versammlung der Abgeordneten: | |||
"Mein ganzes Leben lang folge ich der Idee dieses Daru-l'Fünun. Sultan Reschad und die Mitglieder der Ittihad haben mir 20.000 Goldlira dafür gegeben. Fügen Sie noch einmal so viel hinzu..." | |||
Daraufhin entschlossen sie sich, ihm 150.000 Lira in Banknoten zu bewilligen. Er sagte daraufhin: "Dies müssen die Abgeordneten unterzeichnen." | |||
Manche Abgeordneten sagten aber nun: | |||
"Du verfolgst die Linie der Medresse, der reinen Schule der Islamiyet. Heute jedoch muss man sich nach dem Westen richten." | |||
Bediuzzaman entgegnete: | |||
"Unsere östlichen Provinzen sind in gewisser Weise der Mittelpunkt der islamischen Welt. Deshalb ist an der Seite der neuen Wissenschaften auch die Religionswissenschaft notwendig, ja unerlässlich. Denn die Tatsache, dass die meisten Propheten im Osten und die meisten Philosophen im Westen Anklang gefunden haben, zeigt uns, dass der Aufstieg des Ostens an die Religion gebunden ist. Ihr mögt in anderen Provinzen nur die neuen Wissenschaften lehren; in den östlichen muss auf jeden Fall im Interesse des Volkes und des Landes die Religionswissenschaft die Grundlage sein. Anderenfalls können sich die Muslime, die keine Türken sind, nicht mehr in Wahrheit als Brüder der Türken empfinden. Wir brauchen heute gegenüber so vielen Feinden die gegenseitige Hilfe und Solidarität. Lassen Sie mich Ihnen in diesem Zusammenhang ein wahrheitsgemäßes Beispiel anführen: | |||
Ich hatte da einmal einen Schüler, der kein Türke war. Dieser tüchtige und hochintelligente Schüler sagte in seiner Begeisterung, die er mit dem Unterricht in den religiösen Wissenschaften an meiner alten Schule vermittelt bekam, immer: "Ein aufrechter Türke | |||
{Ein Mann, der sich an die Vorschriften des Islam hält. (A.d.Ü.)} ist mir mehr ein Bruder und Verwandter als mein sündiger (fasiq) {Einer, der zwischen helal (Erlaubtem) und haram (verwehrtem) nicht unterscheidet. (A.d.Ü.)} Bruder oder Vater." Später studierte der gleiche Schüler unglücklicher Weise nur noch die neuen materialistischen Wissenschaften. Als ich ihm vier Jahre danach - bei meiner Rückkehr aus der Gefangenschaft - wieder begegnete, kam unser Gespräch auch auf die nationale Begeisterung. Er sagte mir: "Ich bevorzuge heute einen Kurden, der ein Ketzer (Rafidi = einer, der die Wahrheit und Rechtschule verlässt...) ist, vor einem türkischen Hodja, der ein wahrer Muslim ist." | |||
Ich entgegnete ihm: "Oh weh! Ist es mit dir schon so weit gekommen!?" Eine Woche lang habe ich mir mit ihm Mühe gegeben und ihn auch schließlich von seiner falschen Einstellung überzeugt. Er kehrte zu einer alten, echten Begeisterung zurück. | |||
Sehen Sie, meine Herren Abgeordneten!... Wie wichtig ist doch der erste Zustand dieses Schülers für das türkische Volk! Ich überlasse es Ihren Überlegungen, wie wenig passend der zweite Zustand für das Wohl des Vaterlandes ist. Das heißt also - einmal angenommen den unmöglichen Fall - Ihr könntet an irgendeinem anderen Ort die weltlichen Dinge den religiösen vorziehen und der Politik einen größeren Wert beimessen als dem Glauben. Ihr müsstet dennoch in den Ostprovinzen der religiösen Bildung einen gewaltigen Wert beimessen.“ | |||
Da diese Darlegungen den Tatsachen entsprachen, setzten 163 Abgeordnete ihre Unterschrift unter diesen Beschluss, nachdem die Gegner den Saal verlassen hatten. | |||
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Bediuzzaman war in der Hoffnung nach Ankara gekommen, "es werde in der islamischen Welt ein großes Erwachen und einen neuen Frühling geben;" eine Hoffnung, die er schon als Kind gehegt hatte und für deren Wegbereitung er entschlossen war, sein Leben zu opfern und in deren Verwirklichung er das Ziel und die Frucht seines Lebens sah. Er hatte schon in Ost-Anatolien, noch bevor er nach Istanbul ging, und zu einer Zeit, da die Meshrutiyet noch nicht ausgerufen war, mit Hunderten von Gelehrten und anderen Persönlichkeiten diskutiert. Als er dann plötzlich in Istanbul auftauchte, versetzte er die Gelehrten in Erstaunen und die Politiker in Aufregung, was bezeigt, dass er aus dem gleichen Geiste derer war, denen es ein Herzensanliegen war, dem Islam den Weg zu bereiten. Und er hatte auch selbst schon seit langem die Verantwortung für diese Aufgabe und auch die Liebe und Freude dazu in sich verspürt. | |||
Gleich nach der Verkündigung der Hürriyet (Freiheit) veröffentlichte er - in der Hoffnung, die Meshrutiyet als Dienerin der Sheriah einsetzen und so in Anatolien und in der islamischen Welt eine große glückliche Zeit heraufführen zu können, Artikel in den Zeitungen und hielt Vorträge; was alles eine Folge dieser seiner oben erwähnten Absicht und Vorstellung war. Wie man aus "El-Hutbetush-Shamiye", "Sunuhat", "Lemaat" und manchen anderen Werken ersehen kann, verkündete er: "In dieser düsteren Zukunft mit all ihren Umwälzungen wird die Stimme des Qur'an einen Widerhall finden, der über alles mächtig und majestätisch ist." | |||
Nach dem Untergang des Reiches der Abbassiden nahmen die Türken die Regierung der islamischen Welt in die Hand. Nachdem sie tausend Jahre mit Macht regiert und das Kalifat verwaltet hatten, brach ein Weltkrieg aus, der die ganze Welt in Schrecken versetzte und das osmanische Reich zerstörte. Und nachdem die Feinde des Islam die Hauptstadt besetzt hatten, glaubten sie bereits, sie hätten den Islam zugrunde gerichtet. | |||
So also war das, als Bediuzzaman durch die Manifestation und mit einem Gnadenerweis der Allmacht Gottes (Ilahi qudretin tedjellisiyle ve ihsaniyla) geführt wurde. In einer außerordentlich bedeutsamen Zeit, da sich eine Bewegung zur Verbreitung des Glaubens anzukündigen schien, ging er nach Ankara, in der Hoffnung selbst dabei mitwirken zu können. In der neuen republikanischen Regierung, die mit der Hilfe Gottes und des Wunders des Propheten (= des Qur'ans) die Angriffe der Feinde zurückgeschlagen hatte und an die Spitze von Volk und Staat gelangt war, strebte er danach, das Parlament seine Absicht erklären möge, sich in all seinen Entscheidungen unmittelbar auf die Lehre des Qur'an zu stützen (istinad), mit dem Ziel, auf der Einheit der islamischen Welt als Basis aufbauend (Alem-i Islam'in vahdetini nokta-i istinad), eine Kultur im wissenschaftlich-praktischen wie ethisch-moralischen Sinne (= maddi ve manevi medeniyet) zu schaffen, wie sie mit Hilfe der erhabenen Kraft in der Wahrheit der Islamiyet gefunden wird. Aber besonders mächtige Hindernisse stellten sich ihm in den Weg. | |||
Er hatte bereits sehr wohl verstanden, dass es sich hier um jene Zeit handelte, vor der, was die Welt des Islam betrifft, die Umma seit dreizehn Jahrhunderten als vor einer fürchterlichen Gefahr zu Gott ihre Zuflucht genommen hatte. Und er wusste auch, wer diejenigen waren, die das Feuer der Zwietracht (fitna) schüren. | |||
Eines Tages konferierte er zwei Stunden lang mit Mustafa Kemal Pasha im Präsidiumssaal. Er gemahnte ihn daran, dass es für Volk und Vaterland und die islamische Welt großen Schaden bringen werde, wenn man die Kennzeichen des Islam (sheair-i Islamiye) abschaffen wolle, in der Hoffnung, sich unter den Feinden des Islam und der Türken einen Namen zu machen. Wenn es nun schon einmal notwendig sei, eine Revolution hervorzubringen, so müsse diese unmittelbar den Standpunkten der Islamiyet entsprechend ausgerichtet sein und auf dem heiligen Grundgesetz des Qur'an beruhen. Dazu gab er ihm das folgende Beispiel: | |||
"Zum Beispiel: Zu einer Zeit, da gesegnete und ehrenwerte Leute, Menschen von Tugend und Vollkommenheit (ehl-i fadl u kemal) die Ayasofya füllten und sich in den Gängen und an den Türen einige nichtsnutzige Kinder und ein paar ungesittete (akhlaqsiz) Schelme herumtrieben und vor den Fenstern und in deren Nähe ein paar neugierige Ausländer, Urlauber und Touristen zuguckten, die sich amüsieren wollten, betrat ein Mann diese Moschee, schloss sich der Gemeinde (der Gläubigen) an und begann mit einer wohllautenden Stimme und auf schöne und angenehme Weise einen Abschnitt aus dem Qur'an vorzutragen, worauf Tausende Kenner der Wahrheit auf ihn aufmerksam wurden und sich ihm voll Hochachtung und Bewunderung zuwandten. So empfing er durch sie und ihr stummes Gebet seinen (himmlischen) Lohn und nur ein paar nichtsnutzigen Kindern und gottlosen Schelmen und den wenigen Ausländern wird (seine Rezitation) nicht gefallen. | |||
Ginge der Mann aber in diese ehrwürdige Moschee, zu dieser gewaltigen Gemeinde und begönne nun lauthals gemeine, sittenlose, unzüchtige Liedchen zu grölen und dazu zu hopsen und zu tanzen, so würden diese nichtsnutzigen Kinder lachen und den sittenlosen Schelmen würde es gefallen, weil es sie zur Unzucht ermuntert, und er würde den Ausländern ein süffisantes Lächeln entlocken, wenn sie die Fehler im Islam entdeckte und sich darüber freuten. Aber er wird auch von jedem einzelnen dieser ganzen, großen, gesegneten Gemeinde Blicke des Abscheus und der Missbilligung auf sich lenken. Er wird in ihren Augen auf die Stufe der Niedrigsten aller Niedrigen (Esfel-i safilin) gefallen sein. | |||
Genau wie in diesem Beispiel ist auch Asien und die islamische Welt eine gewaltige große Moschee. Und in ihr sind die Leute des Glaubens und der Wahrheit die ehrenwerte Gemeinde dieser Moschee (in unserem Beispiel). Was die nichtsnutzigen Kinder betrifft, so sind es die Speichellecker mit dem Verstand eines Kindes. Die sittenlosen Schelmen sind alle diese fränkisch (d.h. westlich) gesinnten Strolche, die ihr (türkisches) Vaterland und ihren (islamischen) Glauben nicht mehr kennen. Was die Touristen aus dem Ausland betrifft, so handelt es sich hier um Journalisten, die fremdländische Ideen verbreiten. Jeder Muslim aber, besonders wenn er einer von den tugendhaften und vollendeten (ehl-i fadl u kemal) ist, hat seinen Platz in der Moschee entsprechend seinem Grad und Rang, der allen sichtbar ist, sodass er die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Wenn die Taten und Handlungen (dieses Muslims) aus den heiligen Wahrheiten und den Gesetzen heraus entstehen, die der Weise Qur'an lehrt, und sie der Wahrhaftigkeit und dem Wohlwollen Gottes (ikhlas ve riza-yi Ilahi) entsprechen, die das grundlegende Geheimnis des Islam sind, so liest (er in dieser Weise gewissermaßen) innerlich und ohne Worte (lisan-i hal manen) die qur'anischen Ayat, dann schließt er sich damit innerlich (manen) auch in das immerwährende Gebet (vird-i zebani) eines jeden in der islamischen Welt mit ein اَللّٰهُمَّ اغْفِرْ لِلْمُؤْمِنِينَ وَالْمُؤْمِنَاتِ | |||
{"Oh Gott vergib allen gläubigen Männern und Frauen!" (Du'a)} und erhält seinen Anteil an ihm und wird so mit der ganzen Gemeinde (umma) brüderlich verbunden. Nur für die Augen einiger törichter Leute, die in die Irre gehen und von denen einige wilde Tieren, andere bärtigen Kindern gleichen, ist ein solcher Wert nicht erkennbar. | |||
Wenn einer von ihnen sich von seinen Vorvätern lossagt, dem Urgrund, aus dem seine Ehre und seine Geschichte erwächst, auf die er stolz ist, und in seinem Geist die leuchtende Straße seiner rechtschaffenen Vorgänger (= selef-i salihinin djadde-i nurani) verlässt, den sie doch für ihren Stützpunkt (nokta-i istinad) gehalten hatten, und dann Dinge tut, durch die er seiner eigenen Lust und Laune (hevest, heva) folgt und wie ein Heuchler (riyakar) nach Ruhm (shöhret) sucht und nach Neuerungen (bid'a) strebt, so wird er in den Augen der Leute der Wahrheit und des Glauben auf die allerunterste Stufe herabsinken. | |||
Nach dem Geheimnis اِتَّقُوا فِرَاسَةَ الْمُؤْمِنِ فَاِنَّهُ يَنْظُرُ بِنُورِ اللّٰهِ | |||
اِتَّقُوا فِرَاسَةَ | {"Achte die Einsicht (Scharfsicht, Blick) eines Gläubigen, denn er schaut im Lichte Gottes!" (Hadith)} | ||
schaut das Herz selbst noch eines einfachen und unwissenden Gläubigen, auch wenn sein Verstand es nicht bewusst wahrnimmt, mit Kälte und Abscheu, auf solche eigensinnige und selbstsüchtige Menschen. | |||
Und so steigt denn der Mann, der doch eigentlich fortgetrieben wird, von seinem Willen aufzusteigen (hubb-u djah) und besessen ist von der Gier nach Ruhm (shöhret), jener zweite Mann, in den Augen einer zahllosen Gemeinde hinab zu den Niedrigsten der Niedrigen (esfel-i safilin). Und gewinnt in den Augen einiger bedeutungsloser, spöttelnder, zuchtloser Schelmen einen vorübergehenden, unansehnlichen Platz. | |||
In dem Geheimnis اَ لْاَخِلَّآءُ يَوْمَئِذٍ بَعْضُهُمْ لِبَعْضٍ عَدُوٌّ اِلاَّ الْمُتَّقِينَ | |||
{"Freunde werden an jenem Tag einer des anderen Feind sein, außer den Aufrechten." (Sure 43, 67)} wird er nur einige wenige falsche Freunde finden, die ihm in dieser Welt ein Schaden (darar), in der Zwischenwelt (berzah) eine Qual (adhab) und in jener Welt seine Feinde sein werden. | |||
Der Mensch in unserem ersten Bild (= der erste Mann) wird, auch wenn er dieses Bestreben etwas besseres zu sein (hubb-u djah), nicht aus dem Herzen zu reißen vermag, doch unter der Bedingung, dass er ehrlich und aufrichtig (ikhlas) nach Gottes Wohlgefallen sucht und sich dieses Bestreben, stets ein Aufsteiger zu sein (hubb-u djah), nicht zur Richtschnur macht, doch eine Art geistlichen Rang (maqam) erlangen, der ihn, getrieben von seinem Wunsch, mehr zu sein (= hubb-u djah), als nur ein Emporkömmling, voll und ganz zufrieden stellt. Dieser Mensch wird wenige Dinge, ja eigentlich nur sehr wenige Dinge, nur etwas Bedeutungsloses verlieren und an seiner Stelle viele Dinge, und in der Tat sehr viele Dinge, etwas wirklich Wertvolles gewinnen, das keine Gefahr für ihn birgt. Er wird vielleicht einige Schlangen von sich fort jagen und an ihrer Stelle viele gesegnete Geschöpfe zu Freunden gewinnen und Vertrautheit mit ihnen erlangen. Er wird die Hornissen vertreiben, die ihn ja doch nur stechen können, und dafür die gesegneten Honigbienen, diese Serviererinnen süßer Getränke der göttlichen Barmherzigkeit, zu sich hin ziehen. Er wird Honig aus ihrer Hand essen und solche Freunde finden, dass seinem Geist (ruh) durch ihre ständigen Gebete aus allen Teilen der Islamischen Welt Segnungen (feyz) wie Kauthar-Wasser (aus dem Brunnen im Paradies) zu trinken gereicht wird, die ihm im Buch seiner Taten gutgeschrieben werden." (aus dem 29. Brief, 6. Kapitel) | |||
Mustafa Kemal Pasha widersprach ihm, verriet ihm auch noch seine wahren Absichten, brachte dabei seine innere Einstellung (hâlet-i ruhiye) zum Ausdruck und versuchte dabei dennoch, ihn auf seine Seite zu ziehen und von dessen Einfluss zu profitieren. Er bot Bediuzzaman unter anderem einen Abgeordnetensitz, die Fortsetzung seiner früheren Tätigkeit an der Daru-l'Hikmet, die Stellung eines Vaiz-i Umumi (des obersten Geistlichen)" an Stelle des Scheichs Sünusi im Osten an, sowie eine eigene Villa und dergleichen Dinge mehr. | |||
Bediuzzaman sah, dass ein bedeutender Teil der Berichte, die über Persönlichkeiten der Endzeit überliefert worden waren, zutraf und dass diese fürchterlichen Persönlichkeiten, deren in Erscheinung treten er noch vor der "Hürriyet" in Istanbul durch freie Auslegung der Hadithe vorherverkündigt hatte, innerhalb und außerhalb der islamischen Welt auftraten. Da er jedoch nun einer Empfehlung, die aus einer Überlieferung entstanden ist und die sich an die Anhänger des Qur'an, die sich gegen diese richten und ihnen Widerstand leisten, wendet, indem sie sagt: "Wenn diese Zeit gekommen ist, kann man diese Persönlichkeiten nicht durch die Politik besiegen, sondern ihnen nur mit dem Schwerte des Geistes Widerstand leisten, welches die Lichter des Wunders sind, das der Qur'an ist.", folgte, war er in Ankara zu einer Zusammenarbeit nicht bereit und nahm solche Angebote wie einen Abgeordnetensitz, eine Mitgliedschaft im "Diyanet" (Amt für religiöse Angelegenheiten), gleich dem Daru'l-Hikmeti'l-Islamiye, oder die Stellung eines obersten Geistlichen, Vaiz-i Umumi, in den Ostprovinzen, nicht an.Während ihn ein Teil der Abgeordneten noch bis zum Bahnhof begleitete und sich dabei darum bemühte, ihn von seinem Plan, Ankara zu verlassen, abzubringen, erklärte er ihnen, dass er ihrem Wunsche nicht entsprechen könne und verließ Ankara. Er fuhr nach Van. Und dort, - am Fuße des Erek, fern vom gesellschaftlichen Leben - an der Quelle des Zernebad begann er in einer kleinen Höhle sein Leben fortzusetzen. | |||
<nowiki>*</nowiki> * * | <nowiki>*</nowiki> * * | ||
<div lang="tr" dir="ltr" class="mw-content-ltr"> | <div lang="tr" dir="ltr" class="mw-content-ltr"> | ||
2.266. satır: | 1.960. satır: | ||
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< | <span id="Ankara’daki_hayatına_dair_Risale-i_Nur’dan_bir_parça"></span> | ||
== | ==Ein Abschnitt aus der Risale-i Nur über sein Leben in Ankara== | ||
(aus der "Abhandlung über die Natur", dem 23. Blitz) | |||
"...1338 (1920) bin ich nach Ankara gegangen. Ich sah, dass sich in die Überzeugung von Leuten des Glaubens, die sich des Sieges der islamischen Armee über die Griechen erfreuten, sehr schlimme atheistische Gedankengänge einzuschleichen begannen, die sie zerstören und vergiften könnten. 'Oh weh!', sagte ich, dieser Drache nagt ja an den Fundamenten unseres Glaubens. Weil diese Ayah ( قَالَتْ رُسُلُهُمْ اَفِى اللّٰهِ شَكٌّ فَاطِرِ السَّمٰوَاتِ وَالْاَرْضِ - s. entsprechende Abhandlung) ganz offensichtlich die Existenz und Einheit Gottes (vudjud ve vahdaniyet) verständlich macht, habe ich durch sie Hilfe erhalten (istimdad), aus dem weisen Qur'an ein starkes Zeugnis entnommen und eine arabische Abhandlung geschrieben, die geeignet ist, das Haupt des Atheismus zu spalten. Ich ließ sie in der Druckerei 'Yeni Gün' in Ankara drucken. Weil es aber nur wenige gab, die arabisch konnten und daher diesem Werk auch kaum eine Bedeutung beimaßen, zeigte dieses doch so kurz und treffend formulierte und starke Zeugnis leider keine Wirkung. Dieses atheistische Gedankengut aber entwickelte sich leider und gewann an Macht. ..." | |||
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2.290. satır: | 1.977. satır: | ||
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<center> [[Giriş]] ⇐ | [[Tarihçe-i Hayat]] | ⇒ [[Barla Hayatı]] </center> | <center> [[Giriş/de|Einleitung]] ⇐ | [[Tarihçe-i Hayat/de| Biografie]] | ⇒ [[Barla Hayatı/de|Das Leben in Barla]] </center> | ||
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