Erster Teil

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    10.20, 21 Mayıs 2024 tarihinde Ferhat (mesaj | katkılar) tarafından oluşturulmuş 113039 numaralı sürüm ("Er hatte bereits sehr wohl verstanden, dass es sich hier um jene Zeit handelte, vor der, was die Welt des Islam betrifft, die Umma seit dreizehn Jahrhunderten als vor einer fürchterlichen Gefahr zu Gott ihre Zuflucht genommen hatte. Und er wusste auch, wer diejenigen waren, die das Feuer der Zwietracht (fitna) schüren." içeriğiyle yeni sayfa oluşturdu)
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    Kindheit und Jugendzeit

    Erster Teil

    Bediuzzaman Said Nursi wurde im Jahre 1293 n.H. {n.H. = nach Hidjra; Islamische Zeitrechnung beginnend mit dem Jahre der Flucht des Propheten von Mekka nach Medina 622 (A.d.Ü.)} (1877) im Dorfe Nurs des Bezirks Isparit, des Landkreises Hizan, der zur Provinz Bitlis gehört, geboren.

    Bis zum neunten Lebensjahre blieb er bei seinen Eltern. Zu dieser Zeit trieb ihn sein Seelenzustand dazu an, genauer zu untersuchen, wie weit sein großer Bruder Molla Abdullah, Student, in der islamischen Wissenschaft fortgeschritten sei. Er reiste zu Molla Abdullah und war hingerissen und davon begeistert, in welchem Maße sich dieser durch das Studium entfaltet hatte, im Vergleich zu seinen Dorfgefährten, die nicht studiert hatten.

    Aus diesem Grunde fasste er mit einem wahren Feuereifer ein Studium ins Auge und in dieser Absicht begab er sich in das im Bezirk Isparit Ocak gelegene Dorf Tagh zur Schule des Molla Mehmed Emin Efendi. Er blieb aber nicht lange. Entsprechend seiner Veranlagung bemühte er sich immer darum, seine Würde (izzet)(*[1]) zu bewahren und er vermochte auch nicht, selbst ein kleines herrisch gesprochenes Wort zu ertragen. Dies war der Grund seiner Trennung von der Schule. Er kehrte wieder nach Nurs zurück. Weil es aber in Nurs keine eigene Schule gab, beschränkte man sich darauf, dass sein großer Bruder ihm einmal in der Woche Stunden gab, wenn er nach Hause kam.

    Ein wenig später besuchte er den Flecken Pirmis, dann einen Scheich {Das Wort Scheich würde auf Deutsch etwa "Lehrer, Älterer" bedeuten und wird für religiös gebildete Menschen und Lehrer von religiösen Bruderschaften (tariqat) gebraucht. (A.d.Ü.)} auf der Hochebene von Hisan. Auch dort verhinderte es seine Unduldsamkeit gegenüber Gewalt und Unterdrückung, mit vier Schülern in Eintracht zusammenzuleben. Da diese vier Schüler sich gegen ihn zusammentaten und ihn fortwährend belästigten, suchte er eines Tages Scheich Seyyid Nur Muhammed Hazretleri auf. Und da er sich wegen seiner offensichtlichen Unterlegenheit nicht über seine Mitschüler beschweren wollte, so sagte er:

    "Scheich Efendi, sagen Sie ihnen doch bitte, sie möchten mich doch nicht alle vier zur gleichen Zeit verprügeln, sondern nur zwei und zwei!"

    Scheich Nur Muhammed, dem die Tapferkeit des kleinen Said gefiel, antwortete:

    "Du bist mein Schüler und niemand darf dich anfassen!"

    Später wurde er in Erinnerung an die Anekdote "Schüler des Scheichs" genannt. Nachdem er dort eine Weile geblieben war, ging er mit seinem Bruder Molla Abdullah in das Dorf Nurshin. Da es Sommer war, zogen sie zusammen mit den Schülern und den Bewohnern auf die Hochebene Scheyhan. Dort stritt er sich eines Tages mit seinem Bruder Molla Abdullah. Mehmed Emin Efendi, der Direktor der Schule von Tagh, sagte zu dem kleinen Said:

    "Warum hörst du nicht auf die Weisung deines Bruders?!" Und er war über diesen Vorfall aufgebracht.

    Sie befanden sich aber auf einer Schule, welche dem berühmten und ehrwürdigen Scheich Abdurrahman gehörte. Darum gab er seinem Lehrer Folgendes zur Antwort:

    "Mein Herr, in Anbetracht des Umstandes, dass wir beide uns hier in dieser Tekke befinden, sind Sie ein Schüler genauso wie ich. Und deshalb haben Sie hier als Lehrer kein Recht." Und kehrte noch in der Nacht zurück nach Nurshin. Dabei musste er noch durch einen Wald hindurch, den zu durchqueren schon bei Tage für jeden schwierig war.

    Zum Organisatorischen einer Privatschule in Ostanatolien gehörte Folgendes: Ein Gelehrter mit Lehrberechtigung, eröffnete in einem Dorf, das ihn darum gebeten hatte, um Gotteslohn eine Schule. Für die Bedürfnisse der Studenten sorgte der Besitzer der Schule, oder - wenn er dazu nicht in der Lage war - die Bevölkerung. Der Lehrer gibt den Unterricht kostenlos. Die Bevölkerung nahm die Sorge für Unterkunft und Verpflegung der Studenten auf sich. Unter ihnen empfing nur Molla Said in keiner Form einen Zekat. Er nahm niemals Zekat oder sonst irgendwelche Geldgeschenke an, die ihn hätten zur Dankbarkeit verpflichten können.(*[2])

    Nachdem er in Nurshin eine Weile gewesen war, kehrte er nach Hisan zurück. Später kehrte er dem Schulleben den Rücken und lebte an der Seite seines Vaters bis zum Frühling zu Hause. Im Verlauf dieser Ereignisse träumt er folgendes:

    Der Jüngste Tag ist angebrochen. Das Weltall ist neu entstanden. Molla Said überlegt, wie er den Propheten, mit dem Friede und Segen sei, treffen könne. Endlich kommt ihm der Gedanke, zur Brücke des Paradieses zu gehen und dort zu warten: "Jeder kommt dort vorüber. Auch ich werde dort warten," sagt er und geht zur Brücke des Paradieses. Er begegnet all den ehrwürdigen Propheten, demütig, einem nach dem anderen. Als er gerade auch unserem Herrn, dem Propheten begegnet, da erwacht er.

    Die Segnung, welche ihm aus diesem Traum erwuchs, erweckte in ihm schließlich eine große Begeisterung für das wissenschaftliche Studium.(*[3])Nachdem er von seinem Vater dazu die Erlaubnis erhalten hatte, begab er sich in den Bezirk Arvas, um sein Studium aufzunehmen. Dort erteilte der berühmte Molla Mehmed Emin Efendi den Unterricht. Doch er ließ sich nicht dazu herab, die Stunden selbst zu geben, sondern beauftragte einen seiner Schüler, ihn zu unterrichten, was Saids Ehrgefühl missfiel. Als eines Tages der berühmte Lehrer in der Moschee eine Vorlesung hielt, erhob Molla Said den Einwand:

    "Nein mein Herr, so verhält es sich nicht!"

    Und er hielt eine Ansprache. Er rief ins Gedächtnis, dass es nicht erniedrigend sei, Stunden zu geben. Nachdem er eine Zeitlang dort geblieben war, ging er zur „Mir Hassan Veli Schule“. Als er bemerkte, dass man an dieser Schule gewöhnlich den neuangekommenen Schülern, die noch auf den unteren Stufen lasen, keine Beachtung schenkte, sagte er, dass er in der Reihenfolge der Bücher, welche zu lesen waren, das achte Unterrichtsbuch beendet habe; so hatte er die Lektüre von sieben Büchern unterlassen.

    Aber schon ein paar Tage später ging er nach Vastan, einer kleinen Stadt, und blieb dort knapp einen Monat, der Luftveränderung wegen. Endlich schloss er sich einer Persönlichkeit namens Molla Mehmed an und begab sich in seiner Begleitung nach Beyazid in der Provinz Erzurum. Und so begann nun zu diesem Zeitpunkt seine tatsächliche Ausbildung.

    Denn bis dahin hatte er sich immer nur mit Vorübungen, wie Formenlehre, Satzbau und Ausdruck, beschäftigt. Diese eigentliche und gediegene Ausbildung bei dem ehrwürdigen Scheich Mehmet Djelali in Beyazid setzte er etwa drei Monate lang fort. Aber es war dabei etwas recht Eigentümliches. Denn er hatte nach der Lehrmethode in Ost-Anatolien vom Lehrbuch "Molla Djami" an bis zum Ende den gesamten Unterrichtsstoff bewältigt. Er erreichte dies dadurch, dass er aus jedem Buch ein, zwei, höchstens zehn Lektionen auswählte und das Übrige vernachlässigte. Als der ehrwürdige Lehrer Scheich Mehmed Djelali ihn fragte, warum er das so mache, antwortete Molla Said:

    "Ich bin nicht dazu imstande, so viele Bücher zu lesen und zu verstehen. Indessen sind diese Bücher ein Schmuckkästlein, zu dem der Schlüssel bei Ihnen liegt. Ich bitte Sie nur ergebenst, mir zu zeigen, was sich in diesen Kästchen befindet, d.h. mir zu erklären, wovon diese Bücher handeln. Danach werde ich mir das erarbeiten, was meiner Veranlagung gemäß ist."

    Es war aber im Wesentlichen seine Absicht, Gedanken, Reformen, Pläne und Lehrmethoden, wie sie bereits fertig vor seinem geistigen Auge standen, in der Schule zu verwirklichen und eine existenzielle Erneuerung zuwege zu bringen, ohne seine Zeit mit einer Unzahl von Anmerkungen und Erläuterungen zu verlieren.(*[4])Auf diese Weise benötigte er statt der sonst notwendigen 20 Jahre Studium von Essenz und Quintessenz der theoretischen und praktischen Wissenschaften nur 3 Monate, um sich diese Kenntnisse anzueignen und sie zu vervollkommnen.

    Daraufhin fragten seine Lehrer: "Welche Wissenschaft würde denn Ihrer Veranlagung entsprechen?" Er antwortete ihnen:

    "Ich mache keinen Unterschied zwischen den einzelnen Zweigen der Wissenschaft. Ich möchte die ganze Wissenschaft umfassend verstehen können oder gar nicht."

    Welches Buch auch immer er in seine Hand nahm: er gewann seine Einsicht und Nutzanwendung daraus. Innerhalb von 24 Stunden erarbeitete er sich selbst Bücher von 20052 Seiten wie "Djem'ul-Djevami" (ein Buch über vier Rechtschulen), oder "Ibn'ul-Hadjer" (ein Hadith Kommentar), oder "Sherh'ul-Mevakif" (eine Abhandlung über die Länge der Vokale). In dem Maße, in dem er sich in die Wissenschaften hineinversenkte, entschwand die Außenwelt aus seinem Interessenbereich. Aus welchem Zweig der Wissenschaften auch immer man ihm eine Frage stellen mochte: er wusste ohne einen Zweifel sofort die Antwort zu geben.

    * * *

    Ein Kurzer Blick auf seine damalige Lebensweise

    Erstens: Er nahm den Weg derer auf sich, die dem Pfade iranischer Philosophen (ishrakiyyun) folgen und begann, sich in Askese und Selbstverleugnung zu üben und nach dem Gesetz der Stufenfolge dieser Philosophie seinen Körper an Entsagungen zu gewöhnen. Aber dieser Stufenfolge nicht achtend tauchte er mit einem einzigen Sprung hinein in die Selbstentäußerung. Von Tag zu Tag ließ die Leistungsfähigkeit seines Körpers nach und er begann immer schwächer zu werden. Drei Tage lang begnügte er sich mit einem Stückchen Brot. Nach den Regeln dieser Philosophie, die besagen: "Entsagung öffnet die innere Sichtweise", bemühte er sich, es diesen Philosophen gleich zu tun.

    Zweitens: Entsprechend dem Grundsatz, den der ehrwürdige Imam Ghasali in "Ihya-ul-ulum" (die Erneuerung der Wissenschaften) aus dem Blickwinkel eines Sufis betrachtet دَعْ مَا يُرِيبُكَ اِلٰى مَالاَ يُرِيبُكَ {"Lass ab von dem, was dir zweifelhaft erscheint und halte dich stattdessen an das, was ohne Zweifel ist!"} verzichtete er sogar eine Zeit lang auf Brot und begnügte sich mit Gras.

    Drittens: Er sprach selten. Er schloss sich im gesegneten Mausoleum des genialen ehrwürdigen kurdischen Dichters Molla Ahmed Hani ein und verbrachte gelegentlich auch die Nacht in diesem Gewölbe, das man selbst bei Tage mit Furcht betritt. Deshalb sagten die Leute über Bediuzzaman: "Er erfreut sich des Segens des ehrwürdigen Ahmed Hani." Und sie führten diese Umstände auf die Keramet (Wunder) der obenerwähnten Persönlichkeit zurück. Zu dieser Zeit war er dreizehn, vierzehn Jahre alt.

    Später beschloss er dann, führende Persönlichkeiten der Wissenschaft aufzusuchen. Und er bat seinen Lehrer um die Erlaubnis, Baghdad besuchen zu dürfen. Dann bekleidete er sich nach der Art der Derwische. {Ein Derwisch ist einer, der der Welt entsagt hat und dem in seinen unaufhörlichen Wanderungen nichts außer der Vertiefung seiner Beziehung zu Gott gehört. (A.d.Ü.)} Und in der Absicht, nach Baghdad zu gehen, nahm er seinen Weg, Tag und Nacht durch die Berge und Wälder wandernd und gelangte nach Bitlis. In Bitlis blieb er bei dem ehrwürdigen Scheich Mehmed Emin Efendi und fand sich an zwei Tagen zu dessen Vorlesungen ein. Der Scheich Mehmed Emin Efendi schlug ihm vor, sich nach Art der Gelehrten zu kleiden. Aber Molla Said antwortete ihm:

    "Ich bin noch kaum den Kinderschuhen entwachsen. Deshalb schickt sich die Kleidung eines ehrenwerten Professors nicht für mich. Wie kann ich denn ein Lehrer sein, wenn ich doch noch ein Kind bin?" Und er nahm den Vorschlag nicht an.

    Danach begab er sich zu seinem Bruder nach Schirwan. Als er dort seinen großen Bruder das erste Mal wieder zu Gesicht bekam, fand zwischen ihnen das folgende kleine Zwiegespräch statt:

    Molla Abdullah: "Nach deinem Weggang habe ich das Buch Sherh-i Shemsi zu Ende gebracht. Und was hast du gelesen?"

    Bediuzzaman: "Ich habe achtzig Bücher gelesen."

    Molla Abdullah: "Was sagst du da?"

    Bediuzzaman: "Ich habe sie alle vollständig durchgearbeitet und noch dazu eine ganze Reihe von Büchern gelesen, die du gewöhnlich nicht mit dazu rechnest."

    Molla Abdullah: "Und wenn dem so ist, darf ich das dann nachprüfen?"

    Bediuzzaman: "Ich bin bereit. Frag mich, was du willst!"

    Molla Abdullah prüfte seinen Bruder und erkannte seine wissenschaftlichen Fähigkeiten an. Er nahm Molla Said, der noch vor acht Monaten sein Schüler gewesen war als seinen Lehrer an. Und wenn er das auch noch vor seinen Schülern verheimlichte, so begann er doch, bei seinem kleinen Bruder Unterricht zu nehmen. Denn natürlich wollte er es sich nicht anmerken lassen, dass er seinen Bruder, den er doch zuvor noch selbst unterrichtet hatte, zu seinem eigenen Lehrer gemacht hatte. Schließlich guckten die Schüler heimlich durch das Schlüsselloch der Tür und bemerkten zu ihrem Erstaunen, dass Molla Said Molla Abdullah Stunden gab und befragten ihn darüber. Molla Abdullah antwortete:

      "Möge der böse Blick (nazar) ihn nicht treffen! Ich gebe ihm Unterricht!" Und er täuschte die Schüler.
    

    Nachdem er eine Zeit lang bei Molla Abdullah verweilt hatte, ging er nach Siirt. Dort fand er die Schule des Molla Fethullah Efendi. Molla Fethullah fragte Molla Said:

    "Im vergangenen Jahr haben Sie das Werk "Suyuti" gelesen. Haben Sie in diesem Jahr das Werk "Molla Djami" gelesen?"

    Bediuzzaman: "Ja, ich habe 'Djami' beendet."

    Nach welchem Buch auch Molla Fethullah fragte, er erhielt "beendet" zur Antwort und war erstaunt. Es wollte ihm nicht in den Kopf, dass er nicht nur so viele Bücher durchgearbeitet hatte, sondern auch, dass er sie in so kurzer Zeit durchgearbeitet hatte. Und er sagte:

    "Letztes Jahr warst du noch ganz vernarrt. Bist du auch in diesem Jahr noch so vernarrt?"

    Bediuzzaman: "Man kann die Wirklichkeit vor Fremden verheimlichen, aber nicht vor dem Meister, der von seinen Schülern mehr als ihr eigener Vater verehrt wird. Bitte verfügen Sie über mich und prüfen Sie mich aus den Büchern, die ich ihnen benannt habe!"

    Aus welchem Buch auch immer Molla Fethullah fragen mochte, er erhielt eine einwandfreie Antwort.

    Deshalb begann nun der berühmte Molla Ali Suran, welcher diesem Gespräch beigewohnt hatte und ein Jahr zuvor der Lehrer von Saids Lehrer gewesen war, selbst Unterricht zu nehmen.

    Molla Fethullah reichte ihm ein Buch und sagte: "Ganz hervorragend! Ihre Intelligenz ist außergewöhnlich. Aber wie steht es um Ihr Gedächtnis? Können Sie ein paar Zeilen aus der "Maqamat-i Haririye" auswendig wiederholen, nachdem Sie sie zwei Mal durchgelesen haben?"

    Molla Said nahm das Buch, las sich eine Seite ein Mal durch und wiederholte sie auswendig.

    Das versetzte Molla Fethullah in Erstaunen und er sagte: "Ein solches Übermaß an Intelligenz und Gedächtnis in einer einzigen Person vereint ist selten."

    Während Bediuzzaman dort war, beschäftigte er sich täglich ein, zwei Stunden etwa mit dem Buch "Djem'u-l'Djevami" und lernte es binnen einer Woche auswendig. Deshalb sprach Molla Fethullah die folgenden Worte und schrieb sie in das Buch:{Dies ist ein unwahrscheinlich schöner Satz. Dieselben drei Buchstaben djim-mim-ain werden in jedem Wort verwendet! (A.d.Ü.)}

    قَد۟ جَمَعَ فٖى حِف۟ظِهٖ جَم۟عُ ال۟جَوَامِعِ جَمٖيعَهُ فٖى جُم۟عَةٍ {"Er hat dieses Buch soeben von einem Freitag zum anderen in einer Woche auswendig gelernt."}

    Dies verbreitete sich in Siirt und Molla Fethullah sagte zu den Gelehrten:

    "In unsere Schule kam ein sehr junger Schüler. Welche Frage auch immer ich ihm stellte: er gab die Antwort ohne Stocken. Bei seinem Alter habe ich seine Intelligenz, sein Wissen und seine Begabung bewundert." Und er lobte ihn außerordentlich. Daraufhin versammelten sich die Gelehrten an einem Ort und luden Bediuzzaman dazu ein. Bediuzzaman blickte in Molla Fethullahs Gesicht und beantwortete, ohne zu zögern, alle Fragen, die ausgewählt worden waren. Er gab seine Antworten so, als schaue er in ein Buch hinein und lese daraus. Als die Gelehrten dies sahen, gelangten sie zu dem Urteil, dass Bediuzzaman ein junger Mann von einzigartiger Begabung sei und sprachen ihm ihre Anerkennung und Hochachtung aus. In der Umgebung des Fleckens hörte man davon. Die Bewohner verehrten ihn wie einen Heiligen und verfolgten ihn mit ihren Blicken.

    Dieser Umstand reizte einige zweitrangige Gelehrte und Schüler zur Eifersucht. Eine Schar junger, noch unerfahrener Schüler, die Bediuzzaman in den Wissenschaften nicht gewachsen waren, versuchte ihn in eine Schlägerei zu verwickeln und auf diesem Wege mundtot zu machen. Aber die Bewohner von Siirt erhielten Kenntnis von diesen Vorgängen und kamen, um ihn in Sicherheit zu bringen. Und da er nach Ansicht der Bewohner eine bedeutende Persönlichkeit war, befreiten sie ihn sofort aus der Hand seiner Gegner und wollten, dass er auf seinem Zimmer bleibe. Aber Bediuzzaman in seiner außerordentlichen Liebe zu seiner Berufung versicherte, dass jene Schüler und Wissenschaftler, die seine Gegner waren, nicht Zielscheibe von Laien werden dürfen, verließ das Zimmer, um die Sache der Wissenschaft gegenüber einer Einmischung von Laien zu verteidigen, auch wenn er dadurch bei seinen Gegnern verlieren sollte. Um diesen Streit aus der Welt zu schaffen, sagte er zu einem der Schüler:

    "Tötet mich; aber bewahrt das Ansehen der Wissenschaft" - Keiner der Schüler hätte ihn angegriffen, selbst wenn er ihnen jetzt den Rücken zugewandt hätte. So wurde der Streit endlich beigelegt. Der Bevollmächtigte von Siirt rief ihn um seiner Sicherheit willen zu sich und machte ihm die Mitteilung, dass er diese Schüler abtransportieren lassen wolle. Aber Bediuzzaman sagte ihm:

    "Wir sind alle Schüler. Wir kämpfen zwar gegeneinander, aber wir versöhnen uns auch wieder miteinander. Deshalb kann ich nicht zustimmen, wenn sich jemand von außerhalb unserer Schule mit uns befasst. Aber der Fehler liegt bei mir." Und mit dieser Antwort erklärte er, nicht mitkommen zu wollen und lehnte so den Polizeischutz ab.

    Inzwischen war er fünfzehn, sechzehn Jahre alt geworden. Aber seiner körperlichen Verfassung nach war er sehr gewandt und ausdauernd. Man nannte ihn "Saidu-l'Mesh'-hur" (der berühmten Said). Und er gab in Siirt bekannt, dass er zu einem Wettkampf gegen jeden Kollegen bereit sei, der es wünsche, und dass er dabei jede Frage, die man ihm stelle, beantworten werde, wer auch immer ihm eine Frage stellen wolle und dass er niemandem eine Frage stellen werde.

    Danach ging er wieder nach Bitlis. Dort erfuhr er, dass in einem der beiden Häuser der Scheichs Schüler und Lehrer in Unfrieden miteinander lebten. Er machte sie darauf aufmerksam, dass Worte, die Bosheit zur Folge haben, und insbesondere die üble Nachrede sich im Islam nicht geziemen. Sie beschwerten sich über Molla Said bei Scheich Emin Efendi. Scheich Emin Efendi aber sagte:

    "Der ist ja noch ein Kind! Der ist ja doch noch gar nicht in der Lage, an irgendjemanden das Wort zu richten."

    Als man Molla Said diesen Ausspruch mitteilte, bäumte sich dessen Inneres natürlicher Weise gegen diese Worte auf. Er fand sie einfach unerträglich, suchte um eine Audienz bei Scheich Emin Efendi nach, küsste seine Hand und sagte:

    "Mein Herr, bitte prüfen Sie mich. Ich will Ihnen beweisen, dass ich sehr wohl in der Lage bin, an jemanden mein Wort zu richten."
    

    Scheich Emin Efendi stellte ihm daraufhin sechzehn der schwierigsten Fragen aus verschiedenen Wissensbereichen zusammen und legte sie ihm vor. Nachdem Molla Said alle Fragen beantwortet hatte, ging er in die Quraish-Moschee und begann, dem Volk zu predigen und es zu ermahnen. Deshalb wollten nun einige der Bewohner von Bitlis den Molla Said, ein anderer Teil von ihnen aber Scheich Emin Efendi unterstützen.

    Aus diesem Grunde wies der Gouverneur Bediuzzaman aus. Denn er wollte vermeiden, dass diese ganze Angelegenheit noch eine weitere Steigerung erfahre. Dieses Mal ging er nach Shirwan. So finden Persönlichkeiten sehr viele Gegner, wenn sie sich nicht zurückziehen. Und mancher Hodja, der besonders auf Äußerlichkeiten bedacht, im Wettstreit der Wissenschaften aber geschlagen worden war, bemühte sich nach Kräften, Molla Said in den Augen der Leute verächtlich zu machen. Sie untersuchten sehr genau jede einzelne Angelegenheit. So hatte er eines Tages - wie auch immer die Umstände gewesen sein mögen - das Morgengebet versäumt.

    Seine Gegner, welche darüber genau unterrichtet waren, sagten:

    "Molla Said vernachlässigt das Gebet." Als das Gerücht unter den Leuten umging, fragten ihn diese: "Warum erzählt jeder so etwas?"

    Molla Said antwortete:

    "Ja, eine Sache kann sich nicht ohne Grund so schnell in der Welt verbreiten. Der Fehler liegt bei mir. Deswegen haben mich zwei Strafen getroffen. Nämlich: erstens eine Zurechtweisung von Gott und zum anderen das Gerede der Leute. Der Hauptgrund ist aber der, dass ich meine nächtliche Gewohnheit beständiger heiliger Rezitation (vird-i sherif) vernachlässigt habe. So ist das Gemüt der Leute von der Wahrheit angerührt worden. Doch da ihnen die Bezeichnung für das Ganze verborgen blieb, haben sie die Ursache der Verfehlung eben so bezeichnet."

    Während er sich in Shirwan befand, kam jemand aus der Umgebung von Siirt zu ihm und sagte:

    "Ach mein lieber Herr, nach Siirt ist ein Kind gekommen! Er ist etwa vierzehn, fünfzehn Jahre alt. Er hat schon alle Gelehrten dahin gebracht, dass sie nichts mehr zu sagen wussten. Ich lade Sie dazu ein, es mit ihm genau so zu machen!"

    Molla Said nahm diese Einladung an und bereitete sich darauf vor, nach Siirt zu gehen. Als sie sich bereits auf den Weg gemacht hatten und etwa zwei Stunden weit gegangen waren, fragte er nach Aussehen und Eigenschaften des kleinen Hodjas.

    "Mein Herr, ich weiß seinen Namen nicht," sagte der Mann, "aber als er das erste Mal kam, war er wie ein Derwisch gekleidet und trug ein Fell über der Schulter. Später kleidete er sich nach Art der Studenten und brachte alle Gelehrten dahin, dass sie nichts mehr zu sagen wussten."

    Als er dies hörte, verstand er, dass von ihm selbst die Rede war und dass sich jetzt die Kunde jener Vorfälle, die sich vor einem Jahr ereignet hatten, in den umliegenden Dörfern verbreitete. So kehrte er um und nahm die Einladung nicht an.

    Danach ging er nach Tillo, einer kleinen Stadt in der Nähe von Siirt. Er schloss sich in einem berühmten Mausoleum ein und lernte dort aus einem Exemplar des berühmten "Ozean (ein großes arabisches Wörterbuch)" bis zu dem Buchstaben "sin" auswendig. Gefragt, aufgrund welcher Vorstellung er das Buch auswendig lerne, gab er zur Antwort:

    "Das Wörterbuch gibt für jeden Ausdruck mehrere Bedeutungen an. Aber ich bin gerade im Gegenteil daran interessiert, ein Wörterbuch zusammenzustellen, das für jede Bedeutung den Gebrauch mehrerer Worte aufzeigt." Während der Zeit, die er in dem erwähnten Mausoleum verweilte, brachte ihm sein kleiner Bruder Mehmed das Essen. Er gab die Körner im Essen den Ameisen, die sich rund um die Kuppel einfanden, und begnügte sich selbst damit, das Brot in die Soße des Essens einzutauchen.

    Gefragt, warum er die Körner den Ameisen gäbe, gab er zur Antwort:

    "Ich habe sie bei ihrer Arbeit beobachten können und herausgefunden, dass sie ein Gemeinschaftsleben besitzen und außerordentliche Treue zur Pflichterfüllung und möchte sie zur Belohnung für ihre Liebe zur Republik(*[5])unterstützen.".

    In Tillo erschien ihm eines Nachts der Scheich Abdulqadir Geylani (Allah heilige sein Geheimnis!) im Traum. Der ehrwürdige Geylani (Allah heilige sein Geheimnis) sprach zu ihm:

    "Molla Said! Gehen Sie zu Mustafa Pasha, dem Oberhaupt des Stammes 'Miran' und laden Sie ihn ein, die Führung auf dem rechten Weg anzunehmen. Raten Sie ihm, sich von dem Unrecht, das er begangen hat, abzuwenden und beständig zu werden im Gebet (namaz) und in der Befolgung der vorgeschriebenen Weisungen. Widersetzt er sich dem göttlichen Ratschluss (taqdir), dann töten Sie ihn!"

    Molla Said, mochte er nun dieses Traumgesicht gehabt oder sogar gewollt haben, traf sofort seine Vorbereitungen, begab sich von Tillo zu dem Stamm "Miran" und trat direkt zu Mustafa Pasha ins Zelt. Und da der Pasha sich nicht darinnen befand, ruhte er sich ein wenig aus. Später trat auch Mustafa Pasha ein. Während alle Anwesenden aufstanden, rührte sich Molla Said nicht von der Stelle. Das lenkte die Aufmerksamkeit des Pashas auf ihn, und dieser fragte Fettah Bey, den Major des Stammes, wer das sei. Es sei der berühmte Molla Said, gab Fettah Bey zu wissen. Der Pasha konnte zwar Gelehrte nicht leiden, doch wenn er sich auch ohne Zweifel reichlich ärgerte, so zeigte er es nicht. Er fragte Molla Said, warum er denn hierher gekommen sei; und Molla Said gab zur Antwort:

    "Ich bin gekommen, dich auf den rechten Weg zu führen. Du wirst dem Unrecht entsagen und das Gebet (namaz) verrichten, oder ich werde dich töten!" Wütend ging der Pasha hinaus. Nachdem er etwas umhergegangen war, kehrte er wieder ins Zelt zurück und fragte Molla Said abermals, wozu er gekommen sei.

    "Ich habe es dir schon gesagt," sprach er, "Dazu bin ich gekommen." Mustafa Pasha deutete auf das Schwert, das an dem Mast des Zeltes aufgehängt war, und sagte:

    "Etwa mit diesem schmutzigen Schwert?"

    Bediuzzaman:

    "Nicht das Schwert schlägt. Es schlägt die Hand."

    Mustafa Pasha ging wieder hinaus und nachdem er etwas umhergegangen war, kam er wieder herein und sagte zu Bediuzzaman:

    "Ich habe in Djezire viele Gelehrte. Wenn du ihnen allen gegenüber das letzte Wort zu behalten vermagst, werde ich tun, was du gesagt hast. Wenn du das aber nicht vermagst, werde ich dich in den Euphrat werfen."

    Molla Said:

    "Es liegt weder in meiner Macht, allen Gelehrten gegenüber das letzte Wort zu behalten, noch liegt es in deiner Macht, mich in den Fluss zu werfen. Wenn ich aber den Gelehrten Antwort gegeben habe, werde ich dich um etwas bitten, nämlich, dass du mir das Mausergewehr gibst. Hältst du nicht Wort, werde ich dich mit ihm töten."

    Nach dieser Unterredung ritt er gemeinsam mit dem Pasha nach Djezire. Auf dem Wege sprach der Pasha mit Molla Said kein Wort. Als sie in dem Orte angekommen waren, der Bani Hani genannt wird, legte sich Molla Said vor Erschöpfung ein wenig nieder. Aber ob er nun vom Schlafe aufwachen wollte oder nicht: an seiner Seite erblickte er alle Gelehrten von Djezire, die mit Büchern in ihren Händen auf ihn warteten. Nachdem sie sich ein wenig miteinander unterhalten hatten, wurde der Tee zur Begrüßung gereicht. Molla Saids Ruf war ihm bereits zu den Gelehrten von Djezire vorausgegangen. Sie vergaßen vor Staunen und Verwunderung unter diesen Umständen sogar ihren Tee und erwarteten nur, dass Molla Said seine Fragen stelle. Molla Said jedoch trank seinen Tee aus und trank danach auch noch ein, zwei Gläser der Gelehrten, die völlig versunken vor ihm saßen. Sie bemerkten es noch nicht einmal. Dann sprach Mustafa Pasha zu den Gelehrten:

    "Meine Herren! Ich besitze zwar nicht Ihre Bildung. Aber ich sehe doch schon jetzt, dass Sie diesen Wettstreit mit Molla Said verlieren werden. Denn ich sehe, dass sie über Ihren Gedanken sogar Ihren Tee vergessen haben, während Molla Said außer seinem eigenen Glas auch noch ein, zwei Glas von Ihrem Tee ausgetrunken hat."

    Daraufhin scherzte Molla Said noch ein wenig mit den Gelehrten und sagte dann:

    "Meine Herren! Ich habe mir vorgenommen, niemandem eine Frage zu stellen und sehe deshalb meinerseits nun Ihren Fragen entgegen."

    Die Gelehrten stellten ihm etwa vierzig Fragen. Während er auf alle Fragen Antwort gab, geschah es, dass Molla Said eine Frage wie auch immer falsch beantwortete, während seine Partner die Antwort in der Diskussion als die richtige Auffassung bestätigten. Nach Beendigung der Sitzung erinnerte sich Molla Said wieder daran, lief den anderen sofort hinterher und sagte zu ihnen:

    "Entschuldigen Sie bitte! Ich habe auf eine Frage eine falsche Antwort gegeben, ohne dass Sie dahintergekommen wären." und gab nun die richtige Antwort.

    Da sagten die Gelehrten:

    "Da sehen Sie es nun in der Tat, dass Sie das letzte Wort behalten haben!"

    Danach kam ein Teil der Gelehrten zu Molla Said, um bei ihm Unterricht zu nehmen.

    Also vermachte Mustafa Pasha das versprochene Mausergewehr zum Geschenk und begann das Gebet zu verrichten.

    Molla Said war nicht nur in den Wissenschaften ein Genie mit einer Begabung ohne Beispiel, auch körperlich war er ungewöhnlich gut durchtrainiert und kräftig. Er liebte den Ringkampf sehr. Er kämpfte mit allen Studenten, die sich in der Schule befanden und selbst im Ringkampf vermochte niemand ihn zu besiegen.

    Eines Tages ritt er mit Mustafa Pasha zu einem Pferderennen hinaus. Aber Mustafa Pasha befahl absichtlich, ein sehr eigenwilliges und noch ungeschultes Pferd bereit zu halten, das man überhaupt nicht besteigen konnte. Man brachte es Molla Said, damit er es besteige. (Gott allein weiß (Allahu a'lem), ob man wünschte, er möge vom Pferd stürzen und sich den Hals brechen!) Mit seinen sechzehn Jahren hatte Molla Said sich gewünscht, dieses wilde Pferd traben zu lassen, nachdem er es ein wenig umhergeführt hatte. Das Pferd brach aus der ihm gegebenen Richtung aus und trabte geradeswegs in eine andere Richtung. Mit der Kraft, die er besaß wollte er es zum Stehen bringen. Es gelang ihm aber nicht. Schließlich lief es auf einen Platz zu, an dem sich Kinder befanden. Einer der Söhne eines angesehenen Herrn von Djezire wurde auf dem Wege von den beiden Vorderhufen des Tieres erfasst. Das Kind wurde zwischen den Schultern getroffen. Das Kind stürzte zur Erde und blieb zuckend unter den Hufen des Tieres liegen. Schließlich eilten die Leute von allen Seiten zur Hilfe herbei. Als sie das Kind erblickten - reglos wie tot - wollten sie Molla Said töten. Als die Diener des Herrn nach ihren Dolchen griffen, legte Molla Said seine Hand an den Revolver und sagte zu den Männern:

    "Wenn man es recht betrachtet, so hat Gott das Kind getötet. Wenn man oberflächlich betrachtet, hat das Pferd es getötet. Wenn man es von der Ursache her betrachtet, hat Kel Mustafa es getötet; denn er war es, der mir dieses Pferd gegeben hat. Aber wartet! Ich will mir das Kind anschauen, ob es tot ist. Danach können wir kämpfen." Dann schwang er sich vom Pferd und nahm das Kind auf den Arm. Als er sah, dass das Kind sich nicht bewegte, tauchte er es in kaltes Wasser, zog es wieder heraus. Das Kind öffnete seine Augen und lächelte. Das versetzte alle Bewohner in staunende Verwunderung.

    Nach diesem merkwürdigen Vorfall blieb er noch eine Weile in Djezire und zog dann mit seinem Schüler Molla Salih nach Biro im Wohngebiet der Beduinen weiter. Dort vernahm er nach einer Weile, dass Mustafa Pasha in seine alte Tyrannei zurückgefallen sei, ging zu ihm und setzte ihm mit Mahnungen und Drohungen zu. Eines Tages während einer hitzigen Debatte sagte er zu Mustafa Pasha:

    "Hast du schon wieder eine Ungerechtigkeit begangen? Im Namen der Gerechtigkeit werde ich dich töten!" Aber bei dieser Drohung warf sich der Sekretär des Pashas dazwischen.

    Nun hatte ihn Molla Said wegen dieser Ungerechtigkeit in diesem Augenblick schwer beleidigt.

    Der Pasha vermochte diese Drohungen nicht mehr zu ertragen, wollte sich auf ihn stürzen, um ihn zu töten. Aber die Edlen von Miran hielten ihn fest. Schließlich ging Abdulkerim, der Sohn des Mustafa Pasha auf Molla Said zu und sagte:

    „Seine Überzeugung ist falsch. Ich bitte Sie darum, sich vorläufig von hier fort zu begeben und einem anderen Ort die Ehre zu erweisen."

    Er folgte Abdulkerims Wort, und da er allein war, begab er sich direkt in die Wüste Biro zu den Wohngebieten der Beduinen. Unterwegs stieß er auf eine beduinische Räuberbande. Die Beduinen waren mit Lanzen, Molla Said aber mit seinem Mausergewehr bewaffnet. Und er begann sofort auf die Räuberbande zu schießen. Die Räuber flohen. Er setzte seinen Weg fort und begegnete einer anderen Räuberbande. Diesmal waren die Räuber in der Überzahl und kreisten ihn ein. Gerade als sie ihn töten wollten, erkannte ihn einer von ihnen.

    "Den habe ich beim Stamme von Miran gesehen," sagte er, "Das ist ein berühmter Mann!" Sofort gaben sie ihn frei und baten ihn, ihr Verhalten zu entschuldigen. Ja, sie wollten ihm sogar in diesem an Schrecken reichen Gebiet sicheres Geleit geben. Doch Molla Said lehnte ab und setzte seinen Weg alleine fort.

    Nach einigen Tagen kam er in Mardin an. Die Gelehrten von Mardin wagten es zunächst, sich auf ein Streitgespräch mit ihm einzulassen, hatten aber damit keinen Erfolg. Doch als sie in Said, dieser genialen Erscheinung eines jungen Mannes, der doch kaum den Kinderschuhen entwachsen war, einen großen Wissenschaftler gewahr wurden, erkannten sie ihn als ihren Lehrer an.

    In der Zwischenzeit begegnete er zwei Schülern, die auch nach Mardin kamen. Der eine war Anhänger des Djemal-ud-Din Afghani, der andere gehörte dem Sunusi-Orden an. Durch ihre Mithilfe erhielt er sowohl von der Lehre des Djemal-ud-Din Afghani als auch über den Sunusi-Orden Kenntnis und Vertrauen.

    Molla Said begann schon in sehr jungen Jahren, sich dem politischen Leben zu widmen, um Volk und Staat zu dienen. Die ersten Schritte auf der politischen Bühne unternahm er in Mardin. Deshalb wurde er von einem der verantwortlichen der obrigkeitlichen Gewalt in Gewahrsam genommen, gefesselt und unter Bewachung nach Bitlis in die Verbannung geleitet. Während er noch unter Polizeischutz auf dem Wege war, kam die Zeit zum Gebet. Er bat die Polizisten, ihm zum Gebet die Handschellen abzunehmen. Als die Polizisten ihm das verweigerten, öffnete er die eisernen Handschellen wie ein Tuch und warf sie ihnen vor die Füße. Nun betrachteten ihn die Polizisten als einen Wundertäter und standen starr vor Staunen still. Dann ergaben sie sich ihm, baten ihn und ersuchten ihn:

    "Bisher waren wir Ihre Bewacher. Von nun an werden wir Ihre Diener sein!"(*[6])

    In Bitlis hinterbrachte man ihm eines Tages, dass der Gouverneur mit einem Teil der Beamten alkoholische Getränke zu sich nahm. Außer sich vor Zorn sagte er:

    "Ich kann es einfach nicht billigen, dass in einer Provinz, die so vom Glauben geprägt ist, wie das von Bitlis, ein Repräsentant der Regierung ein derart strafwürdiges Verhalten an den Tag legt!" und begab sich zu dem Trinkgelage. Dort rezitierte er zunächst ein Hadith über alkoholische Getränke und fügte dann noch einige scharfe Worte an. Weil aber die Möglichkeit bestand, dass der Gouverneur ein Zeichen geben könne, ihn zu erschießen, behielt er eine Hand dort, wo sich sein Revolver befand. Aber der Gouverneur war ein außergewöhnlich geduldiger und verträglicher Mensch und sagte kein Wort. Als der junge Said wieder von dort weg ging, sagte der Adjutant des Gouverneurs zu ihm:

    "Was haben Sie getan? Für Ihre Rede haben Sie die Todesstrafe verdient."

    Der junge Said zur Antwort:

    "An Todesstrafe hätte ich nicht im Traum gedacht. Ich dachte an Gefängnis oder Verbannung. Aber wie dem auch sei: wenn ich auch sterben soll dafür, dass ich zurückgewiesen habe, was Gott verboten hat, was macht das schon?"

    Ein, zwei Stunden nachdem er von dort nach Hause zurückgekehrt war, ließ ihn der Gouverneur durch zwei Polizisten zu sich bitten. Als der junge Said den Salon des Gouverneurs betrat, trat ihm der Gouverneur mit Hochachtung und Ehrerbietung entgegen und wollte ihm die Hand küssen. Wohlwollend wies er ihm einen Platz an und sagte:

    "Jeder hat seinen Meister, und mein Meister, das bist Du."

    * * *

    Der junge Said schätzte es von Natur aus überhaupt nicht, unter einem Gesetz oder innerhalb festgelegter Verhaltensweisen leben zu müssen. Unter allen Umständen und in allen Verhaltensweisen suchte er die größtmögliche Freiheit und sagte immer: "Ich lasse mir meine Freiheit und meine Unabhängigkeit nicht durch irgendein willkürliches Gesetz einschränken." Deshalb bestand er bei seiner ersten Reise nach Istanbul darauf, dass man ihn doch ja von jeglicher Einengung fern halte. Und diese Einstellung hat er in allen Phasen seines Lebens beobachtet.

    Aufgrund dieser Liebe zu Freiheit und Unabhängigkeit wollte er in der zweiten Hälfte seines Lebens nicht seinen Nacken beugen vor dieser aus Europa herübergekommenen Irrlehre und den Angriffen der Ketzerei und keinen Gehorsam leisten gegenüber einem fürchterlichen Absolutheitsanspruch, welchen die Philosophie des Materialismus gebar und die im völligen Widerspruch steht zu den Grundlagen, die uns im Qur'an gegeben sind. Stattdessen wollte er lieber für jene Freiheit arbeiten und eine Kultur, wie sie gesetzmäßig aus dem Islam erwächst.

    Als Molla Said in Bitlis war, war er etwa fünfzehn, sechszehn Jahre alt. Er hatte bereits das Mannesalter erreicht. Weil er sich aber bis zu dieser Zeit ganz nach dem richtete, wie ihm die Gedanken in den Sinn kamen, hielt er ein umfassendes und gründliches Studium nicht für notwendig. Doch um diese Zeit - sei es nun, weil er das Mannesalter erreicht hatte, sei es, weil er nun begonnen hatte, sich mit der Politik zu befassen - wie immer dem auch sei: Die früheren Einfälle begannen nach und nach zu verschwinden. Darum begann er nun, Werke verschiedener Zweige der Wissenschaft einem genauen Studium zu unterziehen. Innerhalb von zwei Jahren lernte er an die vierzig Bücher auswendig, insbesondere solche, die in Bezug auf die Religion des Islam jeglichen Zweifel und jede Unsicherheit zurückzuweisen vermögen, bekannte Werke wie "Metali" und "Mevakif", Bücher über Satzbau und Formenlehre, Logik, theologische Werke und Kommentare. Ja, er stellte sich sogar die Aufgabe, täglich zu lesen und so gelang es ihm, im Verlaufe von jeweils drei Monaten diese Bücher auswendig zu wiederholen.Molla Said kannte zwei einander entgegengesetzte Zustände:

    Erstens: Eine Zeit des Ideenreichtums, in der es unmöglich war, dass er etwas nicht verstand, was auch immer er zur Hand nehmen mochte.

    Zweitens: Eine Zeit der gedanklichen Stille, in welcher er keine Freude am Studium, ja noch nicht einmal an einer Unterhaltung fand.

    Molla Said begann den Qur'an auswendig zu lernen und wollte jeden Tag ein, zwei Abschnitte (cüz; nämlich 20, 40 Seiten) lesen.Er lernte jeden Tag zwei Abschnitte (djuz) auswendig, rekapitulierte einen bedeutenden Teil des Qur'an, aber infolge zweier Ideen, die ihm dabei kamen, war es ihm nicht vergönnt, das ganze zu vollenden:

    Erstens: Das schnelle Lesen des Qur'an könne als eine Respektlosigkeit bezeichnet werden. Zweitens: Es sei in weit höherem Maße wichtig, dass die Wahrheiten des Qur'an in das Herz eindringen, als sie nur auswendig zu lernen. Darum lernte er in zwei Jahren vierzig Werke über die Weisheit und Wissenschaft des Islam auswendig, welche Schlüssel sind zu den Wahrheiten des Qur'an und Schutz und Antwort gegen Zweifel geben. Jeden Tag las er einen Teil davon auswendig. Und innerhalb dreier Jahre rekapitulierte er sie lediglich auf diese Weise.

    Er begann ein Buch namens "Mirkat" auswendig zu lernen, jedoch ohne die beigefügten Anmerkungen und Erläuterungen. Dann verglich er die Anmerkungen und Erläuterungen des Buches, das er in der Hand gehabt hatte, mit seinem eigenen Standpunkt. Sie stimmten in allen Beispielen überein und nur drei Ausdrücke stimmten nicht überein. Und diese drei Ausdrücke erngten auch die Bewunderung und Anerkennung der Lehrer.

    Eines Tages log ihm jemand vor, dass der Ehrwürdige Scheich Mehmed Küfrevi, einer der Scheiche von Bitlis, ihn verflucht habe. Aus diesem Grunde stattete er dem oben erwähnten einen Besuch ab. Der Ehrwürdige Scheich empfing Molla Said mit Wohlwollen und gewährte ihm den Vorzug seines Unterrichtes. Dies war der letzte Unterricht, den Molla Said empfangen hat.

    Eines Nachts träumte Molla Said, der Ehrwürdige Scheich Mehmed Küfrevi sei ihm erschienen und habe ihn folgendermaßen angesprochen:

    Molla Said, komm und besuche mich! Es ist dies, weil ich bald gehen muss, dass du sofort gehen sollst. - Und er besuchte ihn. Er sah, wie die Erscheinung sich auflöste und entschwand. Und er erwachte. Er sah auf die Uhr - es war die 7. Stunde der Nacht {nach der alten Zeitrechnung, wonach die Stunden des Tages ab Sonnenaufgang und die Stunden der Nacht ab Sonnenuntergang gezählt wurden, also etwa um 2 Uhr in der Nacht. (A.d.Ü.)} - und legte sich wieder nieder. Am Morgen hörte er, wie sich aus dem Hause des Scheichs Trauergesang erhob. Er begab sich dorthin und erhielt die Nachricht, dass der Ehrwürdige Scheich um die 7. Stunde verschieden war.

    اِنَّا لِلّٰهِ وَ اِنَّاۤ اِلَيْهِ رَاجِعُونَ * رَحْمَةُ اللّٰهِ عَلَيْهِ اٰمِينَ {"Denn von Gott kommen wir und zu Ihm kehren wir wieder zurück. Das Erbarmen Gottes sei mit ihm! Amin."}

    Traurig kehrte er zurück.

    Molla Said hatte schon von großen Gelehrten und Scheichen des Ostens, wie Seyyid Nur Mehmed, Scheich Abdurrahman-i Taghi, Scheich Fehim und Scheich Mehmed Küfrevi, hohen Persönlichkeiten, was ihr Wissen und ihre Bildung betrifft, Einzelunterricht genossen und liebte sie sehr. Auch zu den Herren Gelehrten Scheich Emin, Molla Fethullah und Scheich Fethullah Efendi hatte er eine außerordentliche Zuneigung.

    Weil sich aber in Van keine berühmten Gelehrten fanden, ging Molla Said auf Einladung von Hassan Pasha nach Van. Er blieb in Van fünfzehn Jahre und verbrachte sein Leben auf Reisen zwischen den einzelnen Stämmen, um sie auf dem rechten Wege zu unterweisen und widmete sich der Aufgabe des Lehrens und Lernens. Während jenes Zeitabschnittes, da er sich in Van befand, pflegte er Umgang mit dem Gouverneur und den Beamten und sah, dass die in jenem Jahrhundert veraltete Methode der Theologie jeglichen Zweifel am islamischen Glauben zurückzuweisen, keine befriedigenden Ergebnisse erbrachte und erkannte damit die Notwendigkeit der Naturwissenschaften und der Technologie.(*[7])

    Sobald er zu dieser Überzeugung gelangt war, begann er alle sogenannten positiven Wissenschaften zu studieren und eignete sich in sehr kurzer Zeit neben der Geschichte und der Philosophie nun auch noch die Grundlagen der Geographie, Mathematik, Geologie, Physik, Chemie und der Astronomie an. Er verstand diese Wissenschaften ohne den Unterricht eines Lehrers allein durch genaues und gründliches Lesen.

    Bevor er sich z.B. zu einem Lehrer zu einem Disput über Geographie begab, lernte er binnen vierundzwanzig Stunden ein Buch über Geographie, das er in die Hand bekommen hatte, auswendig und begab sich dann in das Regierungsgebäude des inzwischen dahingeschiedenen Gouverneurs Tahir Pasha, wo er ihm dann auf diese Weise das letzte Wort schuldig blieb. Und auf genau die gleiche Weise bekam er zur Vorbereitung auf einen Disput innerhalb fünf Tagen die Anorganische Chemie in den Griff, forderte einen Chemielehrer zum Streitgespräch heraus und blieb auch ihm keine Antwort schuldig.

    Die Vertreter der Wissenschaft legten Zeugnis dafür ab, dass er über ein Wissen verfügte, wie ein Wissenschaftler, dessen Gelehrsamkeit so tief war und so weit wie das Meer und gaben diesem jungen Mann schon in sehr frühen Jahren ob dieser oben angeführten Einzigartigkeit den Beinamen "Bediuzzaman" (der Unvergleichliche seiner Epoche). Während der Zeit, die sich Bediuzzaman in Van befand, unterzog er die bis zu dieser Zeit üblichen Ansichten und Meinungen und die Methoden des wissenschaftlichen und des religiösen Unterrichtes einer kritischen Betrachtung und entwickelte selber mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und Notwendigkeiten seiner Zeit eine eigene Unterrichtsmethode. Auf diese Weise wollte er die religiösen Wahrheiten dem Verständnis der neuen Zeit anpassen, sie mit den neuesten Erklärungen und Erläuterungen beweisen und so seine Schüler zur Erkenntnis führen.

    Molla Said befand sich zu der Zeit, die er in Van verbrachte, in manchen wesentlichen Punkten im Gegensatz zu den Gelehrten dieser Gegend. Er hatte folgende Eigenarten:(*[8])

    1 - Er lehnte es entschieden ab, von irgendjemandem Geldgeschenke oder auch nur sein Gehalt anzunehmen. Ja, er besaß nie im Leben ein Eigentum an materiellen Gütern. Und obwohl er sein ganzes Leben als ein Verbannter oder Gefangener arm und allein, in großer Bedrängnis und in furchtbarem Elend verbracht hat, war es doch allgemein bekannt, dass man ihn niemals Geld oder Geschenke ohne Gegenleistung annehmen sah.

    2 - Er befragte niemals einen Wissenschaftler. Aber während zwanzig Jahren gab er stets nur den Fragenden Antwort. Über diese Eigenart sagte er selbst: "Ich stelle das Wissen der Gelehrten nicht in Abrede. Deshalb ist es überflüssig, ihnen Fragen zu stellen. Wer aber an meinem Wissen Zweifel hegt, soll mich fragen und ich werde ihm Antwort geben."

    3 - Er gebot auch den Schülern, die bei ihm waren, gleich ihm selbst Zekat (Almosen) und Geschenke nicht anzunehmen. Sie sollten einzig für Gottes Wohlgefallen arbeiten. Überdies verpflegte er seine Schüler meistens selbst.

    4 - Er blieb unverheiratet und war offensichtlich mit nichts und niemandem in der Welt verbunden. Diesbezüglich sagte er: "Ich muss all meinen Besitz mit einer Hand aufnehmen und forttragen können." Als man ihn fragte, welchen Grund er dafür habe, antwortete er: "Es wird eine Zeit kommen, da wird mich jeder darum beneiden, dass ich so bin. Geld und Gut geben mir keine Befriedigung. Ich betrachte diese Welt so, als diene sie mir lediglich als Gasthaus."

    Während seines Aufenthaltes in Van stellte der inzwischen verstorbene Gouverneur Tahir Pasha ihm einige Themen zusammen, die er in europäischen Büchern studiert hatte, und befragte ihn darüber. Obwohl er diese Bücher nicht gesehen hatte und auch mit dem Türkischen erst vor kurzem begonnen hatte, zögerte er nicht mit der Antwort. Als er sie dann eines Tages bei Tahir Pasha sah und verstand, dass dieser seine Fragen aus ihnen entnahm, eignete er sich in kurzer Zeit den Inhalt dieser Bücher an.

    In dieser Zeit war es sein höchstes Ziel und Ideal, in Bitlis und Van ein Haus der Wissenschaften ähnlich der Djami'u-l'As'har in Ägypten mit Namen "Medressetu-z'Zehra" Gestalt werden zu lassen. Und wirklich hatte er damals die feste Absicht gehegt, einen solchen Plan in die Tat umzusetzen und zu verwirklichen.

    In Van verbrachte er die Sommerzeit auf den Hochebenen von Bashit und Beytush-Shebab. Eines Tages erzählte er Tahir Pasha, dass auf den Gipfeln der erwähnten Berge sogar noch im Juli der Schnee liege. Dem widersprach Tahir Pasha und beharrte darauf, dass "dort im Juli auf gar keinen Fall Schnee liegen" könne. Daran erinnerte er sich, als er sich eines Tages wieder einmal auf der Hochebene befand und schrieb an Tahir Pasha in seinem ersten türkisch verfassten Briefe:

    "Oh Pasha! Auf dem Gipfel von Bashit liegt Schnee. Leugne nicht, was du nicht gesehen hast! Die Existenz der Dinge ist nicht nur auf deine Kenntnisse beschränkt. Ves-Selam (: und Frieden)!"

    Molla Said schritt bei jeder Art Stammeszwistigkeiten ein, sobald er von ihnen hörte, wies beiden Seiten den rechten Weg und bemühte sich sofort darum, wieder Frieden zu stiften. Er stiftete auch Frieden zwischen Scheker Agha und Mustafa Pasha, dem Oberhaupt von Miran, zwischen denen wieder Frieden herzustellen sogar die Regierung nicht imstande gewesen war. Mustafa Pasha fragte er:

    "Hast du denn noch nicht Buße getan?" Dieser antwortete ihm:

    "Oh Said, was sagen Sie da? Ich werde Ihre Worte nicht in den Wind schlagen."

    Mustafa Pasha wollte ihm Geld und ein Pferd zum Geschenk machen. Aber Bediuzzaman wies es zurück und sagte:

    "Haben Sie noch nicht gehört, dass ich bis heute noch von keinem Geld angenommen habe? Und wie sollte ich denn auch Geld annehmen, noch dazu von einen Gewaltmenschen wie Sie? Sie haben wahrscheinlich Ihre Bekehrung schon verwirkt. In diesem Falle werden Sie Djezire nicht erreichen."

    Und tatsächlich erhielt er die Nachricht, dass jener auf dem Wege verstorben war, ohne nach Djezire gelangt zu sein.

    Bediuzzaman eignete sich die Mathematik in erstaunlich kurzer Zeit an und brachte es darin bis zur Meisterschaft. Selbst schwierige Aufgaben löste er sofort im Kopf. Er schrieb sogar eine Abhandlung über die Gleichungssysteme in der Algebra. Wenn bei Tahir Pasha Rechenaufgaben zur Diskussion gestellt wurden, löste sie Molla Said im Kopf, noch ehe bevor andere, selbst sehr geschickte Referendare die Lösung zu finden vermochten, ganz gleich, welche Frage dabei zur Erörterung stand. Oft forderte er sie so zum Wettkampf heraus und blieb in ihrer Gemeinschaft immer der Erste.

    — On beş müslim, on beş gayr-ı müslim farz edilerek birbiri ardına dizilince bunlara yapılacak her kurada gayr-ı müslime isabet etmesi matlubdur. Nasıl taksim edilir?

    Bu suale cevaben:

    — Bunların yüz yirmi dört vaziyet-i muhtemelesi vardır, diyerek yapar.

    Hem de der:

    — Bundan daha müşkülünü de kendim icad ederim. İki bin beş yüz vaziyet-i muhtemeleye göre yaparım.

    İki saat zarfında yüz adamdan elli adet gayr-ı müslimi o vaziyette taksim eder ki daima kurayı gayr-ı müslime düşürür. Ve hattâ beş yüz gayr-ı müslim olmakla iki yüz elli bin vaziyet-i muhtemele üzerine bir mesele çıkarttı ve Tahir Paşa’ya göstererek bir risale şeklinde yazdı (Hâşiye[9]).

    Bediuzzaman las während der Zeit, die er sich in Van befand, zusammen mit dem Gouverneur Tahir Pasha Berichte aus einigen Zeitungen. Dabei widmete er besonders den Themen, welche den Islam betrafen, seine besondere Aufmerksamkeit. So war er während seines Aufenthaltes in Van über die Lage in der islamischen Welt aufs Beste informiert. Eines Tages zeigte ihm Tahir Pasha in einer Zeitung folgenden unglaublichen Artikel. Der Artikel lautete:

    Ein Abgeordneter {Glodsten im Jahre 1910 (A.d.Ü.)} des englischen Kolonialmisteriums äußerte in einer Rede während einer Sitzung, indem er den Ehrwürdigen Qur'an hoch hielt:

    "Solange sich dieser Qur'an in der Hand der Muslime befindet, können wir sie nicht beherrschen. Ob wir es wollen oder nicht: Wir müssen ihnen den Qur'an aus der Hand nehmen, oder aber die Muslime dem Qur'an entfremden."

    Das war aber nun eine Nachricht, die ihn in ihrer Wirkung unbeschreiblich aufrüttelte. Er sagte: "Ich werde der Welt zeigen und beweisen, dass der Qur'an eine geistige Sonne ist, die nie verlischt und die man nicht auslöschen kann. Und ihre Herrschaft wird sich durchsetzen."(*[10])

    Bediuzzaman kam nach Istanbul, um in Ostanatolien, d.h. in Van oder Diyarbakir die Gründung eines Hauses der Wissenschaften (Daru-l'Fünun), bzw. einer Schule (Medresse) im Range einer Daru-l'Fünun mit dem Namen "Medressetu-z'Zehra" zu betreiben. Seine Ankunft in Istanbul beschreibt ein Journalist mit den Worten: "Von den schroffen Felsen des Ostens herauf erhob sich über den Horizont von Istanbul eine feuerflammende Intelligenz."

    Einen Tag vor seiner Abreise nach Istanbul sagte Tahir Pasha:

    "Die Gelehrten des Ostens hast du zum Verstummen gebracht. Wirst du aber auch nach Istanbul gehen und dort die großen Fische des Meeres herauszufordern wissen?"

    Er lud also gleich nachdem er in Istanbul angekommen war, die Gelehrten zu einer Disputation ein. Deshalb kamen alle bekannten Wissenschaftler von Istanbul und statteten ihm - oft zu mehreren gleichzeitig - ihren Besuch ab und stellten ihm ihre Fragen. Und er beantwortete sie alle richtig. Es war seine Absicht, damit den Blick und die Aufmerksamkeit auf die Wissens- und Bildungstätigkeit in Ostanatolien zu lenken. Ansonsten liebte es Molla Said durchaus nicht, sich zur Schau zu stellen. Er war stets darum bemüht, jeder Art von Prunk und Blendwerk aus dem Wege zu gehen, war jedoch bewundernswert hinsichtlich seines Wissens, seiner Unerschrockenheit, seines Gedächtnisses und seines Scharfsinnes. In gleichem oder vielleicht noch stärkerem Maße war er lauter und aufrichtig. Gekünsteltes Getue und Förmlichkeiten mochte er überhaupt nicht. An seiner Wohnungstüre war folgendes Schild aufgehängt: "Hier werden alle Probleme gelöst, alle Fragen beantwortet, aber keine Fragen gestellt."(*[11])

    In Istanbul beantwortete er die Fragen der Gelehrten, die in Scharen zu ihm kamen, kurz, knapp und korrekt, befand sich in bester Verfassung und sein Benehmen war ausgezeichnet, sodass die Gelehrten ihm gratulierten. Sie sahen, dass er den Titel "Bediuzzaman" (Wunder des Zeitalters) mit Recht verdiente und beschrieben diese außergewöhnliche Persönlichkeit als ein seltenes Wunder der Schöpfung.

    Als zu dieser Zeit der berühmte Scheich Bahid Efendi, einer der Rektoren der Djami'u-l'As'har in Ägypten auf seiner Reise nach Istanbul kam, baten ihn die Gelehrten von Istanbul Bediuzzaman Said Nursi, der von den steilen und kahlen Felsen Kurdistans gekommen war, sich in Istanbul befand und dem sie das letzte Wort hatten lassen müssen, diesem jungen Gelehrten doch nicht das letzte Wort zu überlassen. Scheich Bahid Efendi nahm dieses Angebot auch an und suchte einen Diskussionsgegenstand. Eines Tages, als sie nach dem Gebet aus der Moschee Ayasofya (Hagia Sophia) herauskamen und in einem Teehaus beieinander saßen und auch die Gelehrten anwesend waren, nahm der Scheich Bahid Efendi die Gelegenheit wahr und fragte Bediuzzaman:

    مَا تَقُولُ فِى حَقِّ الْاَوْرُبَائِيَّةِ وَ الْعُثْمَانِيَّةِ

    {"Wie denken Sie über Europa und die Osmanen und was ist Ihre Meinung darüber?"}

    Mit dieser Frage wollte der Scheich Bahid Efendi nicht das ohne Zweifel einem Ozean gleichende Wissen und das feuersprühende Genie des Bediuzzaman auf die Probe stellen, sondern die Schärfe seines Verständnisses der Zukunft und der Weltpolitik feststellen. Bediuzzaman beantwortete die ihm gestellte Frage folgendermaßen:

    اِنَّ ال۟اَو۟رُوبَا حَامِلَةٌ بِال۟اِس۟لَامِيَّةِ فَسَتَلِدُ يَو۟مًا مَا وَاِنَّ ال۟عُث۟مَانِيَّةَ حَامِلَةٌ بِال۟اَو۟رُوبَائِيَّةِ فَسَتَلِدُ يَو۟مًا مَا

    Yani “Avrupa, bir İslâm Devleti’ne hamiledir, günün birinde onu doğuracak. Osmanlılar da Avrupa ile hamiledir, o da onu doğuracak.”

    Bu cevaba karşı Şeyh Bahît Hazretleri:

    — Bu gençle münazara edilmez. Ben de aynı kanaatteyim. Fakat bu kadar veciz ve beliğane bir tarzda ifade etmek ancak Bediüzzaman’a hastır, (*[12]) demiştir.

    Bediüzzaman’ın İstanbul’da hayatı, bir derece siyasîdir. Siyaset yoluyla İslâmiyet’e hizmet edilecek diye kanaat besliyordu. Siyasî hayata karışması, İslâmiyet’e hizmet aşkının bir neticesi idi. Daima hürriyet taraftarı idi. Gördüğü haksızlıklardan dolayı Jön Türklere daima muhalefette bulunarak:

    — Siz dini incittiniz, gayretullaha dokundunuz, şeriatı tezyif ettiniz; neticesi vahim olacaktır, diye izhar-ı muhalefetten çekinmiyordu.

    Hürriyet’ten sonra mücahid arkadaşlarıyla beraber İttihad-ı Muhammedî (asm) Cemiyeti’ni kurmuşlar, cemiyet pek kısa bir zamanda inkişafa başlamış hattâ Bediüzzaman’ın bir makalesiyle Adapazarı ve İzmit havalisinde elli bin kişi cemiyete dâhil olmuştu.

    Er vertrat die Ansicht, dass es notwendig sei, den Begriff der "Freiheit" (Hürriyet, d.h. Konstitutionelle Monarchie) nicht falsch auszulegen, man vielmehr die Regierung (Meshrutiyet) als ein System der Regierung nach dem islamischen Gesetz (Sheriah) annehmen müsse. Darüber schrieb er Artikel in islamischen Zeitungen und hielt darüber Vorträge. Diese Vorträge und Abhandlungen sind beste Literatur, überzeugend und eindringlich, und beispiellos in ihrer Darstellung. Wissenschaftler und Politiker haben großen Nutzen aus seinen Abhandlungen und Vorträgen gezogen. Das nationale Erwachen seiner Zeit begrüßte er als wahre Morgenröte und eine gute Nachricht für das weltliche Glück von Anatolien und ganz Asien. Aber er betonte auch immer wieder, wie notwendig es sei, den Anordnungen der Sheriah unmittelbar Folge zu leisten, damit der heraufziehende Morgen nicht wieder verdämmere. Deswegen sein Hinweis: "Wenn wir das parlamentarische Regierungssystem (meshrutiyet) nicht mit der Freiheit im Rahmen der Sheriah vereinbaren und unter solcher Freiheit verwirklichen, wird es von uns weggenommen und durch eine despotische Regierung ersetzt werden."

    Aus diesen Schriften und Regeln Bediuzzamans werden wir hier einige Auszüge zitieren.

    Am dritten Tag nach der "Erklärung der Freiheit" im März 1909 hielt Bediuzzaman Said Nursi unvorbereitet die folgende Rede, die er dann auf dem Platz der Freiheit in Saloniki wiederholte und die damals in den Zeitungen veröffentlicht wurde:

    Rede an die Freiheit

    Oh Freiheit unter der Sheriah! Du rufst mich durch ein furchtbares, aber frohes, gute Botschaft verkündigendes Echo zu dir. Du weckst mich auf, wie einen Beduinen, der unter dem Deckbett seiner Gottvergessenheit (ghaflah) eingeschlafen war. Wenn du nicht da wärest, wären ich und das ganze Volk für immer gefangen geblieben. Ich gebe dir die frohe Botschaft, dass du das immerwährende Leben hast. Wenn du die Sheriah, die das wahre Leben ist, zur Quelle des Leben machst und wenn du dich paradiesisch voll entfaltest, dann verkündige ich die frohe Botschaft, dass diese unterdrückte Nation sich, treu zu ihrer Vergangenheit, tausendfach entwickeln wird - aber nur wenn die Nation dich zu Recht als Führerin annimmt. Und auch nur wenn wir dich nicht mit unseren Gedanken an Eigennutz und Rache beflecken...

    Oh mein Herr! Wie beglückend und schön der Auferstehungstag sein wird! Diese Zeit gibt uns ein kleines Beispiel der Wahrheit وَ الْبَعْثُ بَعْدَ الْمَوْتِ {"Die Auferstehung nach dem Tode ist wahr."}

    Die alte Zivilisation, die in den römischen wie in den asiatischen Provinzen begraben liegt, beginnt zu leben. Diejenigen, die ihren Gewinn zum Schaden der Allgemeinheit suchen und sich die Despotie wünschen, beginnen nun zu sagen: يَالَيْتَنِى كُنْتُ تُرَابًا {"Ach wäre ich doch Staub!"} Weil unsere neue Regierung wie ein Wunder zustande kam, werden wir - insha-a'llah - in einem Jahr zu dem Mysterium نُكَلِّمُ مَنْ كَانَ فِى الْمَهْدِ صَبِيًّا {"Wir sprechen obwohl wir noch Kinder in der Wiege sind."} gelangen. Als eine Belohnung dafür, dass wir dreißig Jahre lang vertrauensvoll und geduldig einen Ramadan des Schweigens gehalten haben, haben sich uns nun mühelos die Türen zum Paradiese der Entwicklung und Zivilisation geöffnet. Die Gesetzgebung der Sheriah, die ein guter und schöner Beginn zur nationalen Souveränität ist, lädt uns wie ein Führer des Paradieses zum Eintritt ein.

    Oh unterdrückte Brüder des Vaterlandes! Gehen wir und beteiligen wir uns!

    Die erste Türe ist die Vereinigung der Herzen nach Maßgabe der Sheriah.

    Die zweite Türe ist die Liebe zum Volk.

    Die dritte Türe ist die Bildung.

    Die vierte Türe ist die menschliche Bemühung.

    Die fünfte Türe ist die Aufgabe eines ausschweifenden Lebenswandels (terk-i sefahet).

    Die übrigen überlasse ich ihrem Verständnis.

    ...

    Oh Brüder des Vaterlandes! Tötet sie nicht wieder durch ausschweifenden Lebenswandel und Lauheit im Glauben! Gegen alle Verderben bringenden Meinungen, alle niedere Moral, satanische Hinterlist und Schmeicheleien gibt es jetzt das Verfassungsgesetz, das auf die Sheriaht-i Gharra {gharra: glänzend; medinensisch, weil zuerst in Medina erlassen. (A.d.Ü.)} gegründet worden ist und wie Azrail (der Todesengel) alle zum Verstummen gebracht hat. Oh Brüder des Vaterlandes! Lasst diese Dinge nicht durch Verschwendung, Ungesetzlichkeiten und unerlaubte Genüsse wieder über euch mächtig werden!

    Mit anderen Worten: Wir haben bis jetzt im Grabe gelegen - faul und verloren. Nun sind wir durch diese nationale Einigung und die parlamentarische Regierung in den Mutterleib eingegangen und werden aus ihm hervorkommen. Auf der Streck der Entwicklung, die wir erst seit Jahrhunderten versäumt haben, werden wir - insha-a'llah - durch ein Wunder des Propheten im Geist und in der Tat in den Zug des Verfassungsgesetzes unter der Sheriah und in das Fahrzeug der Entwicklung des Prinzips der gegenseitigen Beratung unter der Sheriah einsteigen. Wir werden in kurzer Zeit diese große furchterregende Wüste durchqueren und dann Schulter an Schulter in einen Wettbewerb mit den Industrienationen eintreten. Denn diese stiegen einst in einen Ochsenkarren ein, gingen auf die Reise. Wir aber werden bereits mit Vorkenntnissen ausgestattet wie in einen Zug oder ein Luftschiff einsteigen und sie hinter uns lassen. Auch werden wir mit Hilfe der Wahrheit des Islam, welche die Gesamtheit der guten Sitten in sich enthält und durch den Segen des Glaubens Meile um Meile zurücklegen.

    Aufgrund meiner mir gegebenen Verpflichtung als Schüler, versehen mit dem Abschlussdiplom der "Freiheit", ermahne ich euch:

    Oh Söhne des Vaterlandes! Missdeutet nicht den Begriff der "Freiheit", damit diese Freiheit nicht wieder aus unserer Hand entgleitet und unsere alte faule Gefangenschaft uns nicht im selben Topf {Jawohl, man hat uns bereits unter einer noch furchtbareren Despotie eine noch härtere und bitterere Gefangenschaft zu trinken gegeben.} zugleich zu trinken gibt und ertränkt. Denn die Freiheit kann sich nur verwirklichen und entwickeln unter Einhaltung der Gesetze und im Betragen gemäß der Sheriah und den guten Sitten.

    ...

    Bediüzzaman

    * * *

    Hochlebe die Sheriaht-i Ahmedi (ASM)

    {Das Gesetz Mohammeds (ASM: Friede sei mit ihm)}

    Religiöse Zeitschrift Nr.: 77 18. März 1909 Sheriaht-i Gharra:

    Sie ist aus dem Wort des Urewigen hervorgegangen und wird endlos weiterschreiten. Die Welt des Islam ist die Säule unserer Sicherheit vor der schamlosen Despotie der fleischlichen Gelüste und unser starkes Seil. Von der gerechten Freiheit macht man nur dann berechtigter maßen Gebrauch, wenn man aus dem Glauben um Hilfe bittet. Und wer in Wahrheit der Anbeter und Diener des Weltenschöpfers ist, soll sich nicht dazu herabwürdigen, seine Geschöpfe anzubeten. Jeder ist ein Kommandant in seiner persönlichen Welt und als solcher zum Großen Djihad {Kampf gegen sein Ego. (A.d.Ü.)} verpflichtet und hat die Aufgabe, sich nach der Sitte Mohammeds (ASM) entsprechend zu verhalten und die Gebräuche aus der Zeit des Propheten (Sunna) lebendig zu erhalten.

    Oh ihr leitenden Staatsmänner! Wenn Sie Erfolg zu haben wünschen, dann handeln Sie in Übereinstimmung mit den göttlich-kosmischen Gesetzen. {Die von Gott geschaffenen Naturgesetze. (A.d.Ü.)} Wenn Sie sich aber nicht in Übereinstimmung mit ihnen verhalten, dann werden Sie scheitern. Denn alle bekannten Propheten sind aus den heutigen islamischen und osmanischen Ländern hervorgegangen, was Hinweis und Zeichen dafür ist, dass kraft göttlicher Allmacht und Führung der Treibstoff für die Maschine der wunderbaren Erfolge der Bewohner dieses Landes der Glaube ist. Und die Blumen auf den Feldern Asiens und Afrikas und in den Gärten von Rumeli (: den römischen Provinzen) werden im Lichte des Islam gedeihen. Man darf den Glauben nicht um weltlicher Dinge willen opfern. Um den Kadaver einer Gewaltherrschaft in seiner Existenz zu erhalten, hat man sich schon ein Mal in den Angelegenheiten der Sheriah bestechen lassen. Hat man erst einmal die Dinge des Glaubens aufgegeben und im Stich gelassen, was hat man dann noch davon außer Schaden? Die Krankheit am Herzen der Nation ist die Schwäche seines Glaubens. Sie kann nur geheilt werden durch dessen Stärkung.

    Der Charakter unserer Gemeinschaft besteht in der Liebe zur Freundschaft und dem Widerstand gegen die Feindschaft. Mit anderen Worten: Wir müssen die Freundschaft unter den Muslimen stärken und die Kräfte der Feindseligkeit zerstören. Es ist unsere Berufung, uns den Sitten Mohammeds, mit dem Friede und Segen sei, entsprechend zu verhalten und die Gebräuche aus der Zeit des Propheten (Sunnah) wieder zu beleben. Unser Führer ist das islamische Gesetz (schariat), unser Schwert sind unwiderlegbare Beweise und unser Ziel ist die Erhöhung des Wortes Gottes!...

    Bediüzzaman

    * * *

    Wahrheit

    Religiöse Zeitschrift Nr.: 70 März 1909

    Wir sind seit dem Augenblick von "Qalu bela" {"Qalu bela": "sie haben gesagt: ja, doch!" - die Antwort der Seelen bei ihrer Erschaffung auf die Frage Gottes: "Bin ich nicht euer Herr?" (Sure 7, 172) - Dieses Erlebnis wird "Qalu bela" genannt. (A.d.Ü.)}

    in der Vereinigung mit Mohammed, mit dem Friede und Segen sei. Der Hintergrund unserer Einheit (ittihad) ist Tauhid (die Einheit Gottes). Der Glaube ist unser Eid und Schwur. Vereinigt im gemeinsamen Glauben an Gott (Tauhid), sind wir eins.Jeder Gläubige ist zur Erhöhung des Wortes Gottes verpflichtet. In heutiger Zeit ist die erste Veranlassung dazu die materielle Entwicklung. Denn das Ausland unterdrückt uns mit den Waffen der Naturwissenschaften und der Industrie in seiner geistigen Zwangsherrschaft. Auch wir werden mit Waffen von Kunst (san'at = auch Technik) und Wissenschaft gegen Unwissenheit, Armut und Widerstreit der Meinungen, welche die furchtbaren Feinde der Erhöhung des Wortes Gottes sind, kämpfen. Den Kampf nach außen aber werden wir dem diamantenen Schwert, der unwiderlegbaren Beweise, der Sheriaht-i Gharra überlassen. Denn ein Sieg über zivilisierte Menschen ist nur dadurch möglich, dass man sie überzeugt, und nicht dadurch, dass man sie wie Wilde, die kein Wort verstehen, dazu zu zwingen versucht. Wir sind dazu bereit, für die Freundschaft Opfer zu bringen. Für Feindschaft haben wir keine Zeit!...

    Das parlamentarische Regierungssystem besteht in der Gerechtigkeit, der gegenseitigen Beratung und der Begrenzung der Macht durch das Gesetz. Schon vor dreizehn (heute vierzehn) Jahrhunderten wurde die Sheriaht-i Gharra begründet. Um das europäische Gesetzessystem zu betteln ist ein großes Verbrechen gegenüber dem Islam, vergleichbar einem rituellen Gebet, das man nach Norden verrichtet (anstatt gen Mekka).

    Die Macht muss unter dem Gesetz bleiben. Sonst verbreitet sich eine allgemeine Anarchie.

    اِنَّ اللّٰهَ هُوَ الْقَوِىُّ الْمَتِينُ {"Fürwahr, Gott ist der mächtige Sieger, der niemals besiegt worden ist."} muss Richter und Leiter des Gewissens (hâkim ve âmir-i vidjdan) sein. Sie muss auch im Namen vollkommener Erkenntnis und allgemeiner Kultur, bzw. im Namen des Islam wirken. Sonst wird immer Anarchie herrschen. Übereinstimmung kommt nur unter rechter Leitung zu Stande, nicht nach Lust und Laune. Die Menschen sind zwar frei geworden, bleiben aber immer noch Diener und Anbeter Gottes.

    Zwar wurde alles liberalisiert, jedoch können die Fehler des einen Menschen weder Rechtfertigung noch Entschuldigung für die Fehler eines anderen Menschen sein. Verzweiflung (ye's) verhindert jede Art der Vervollkommnung. "Mir ist das gleichgültig. Soll sich ein anderer darum kümmern.", ist der Leitgedanke in der Anarchie.

    Bediüzzaman

    * * *

    Ein Gespräch mit Karasso In Saloniki hatte Bediuzzaman ein Gespräch mit Karasso, dem Oberrabiner von Istanbul. Karasso unterbrach das Gespräch, lief nach draußen und sagte zu seinen Freunden: "Wenn ich noch länger bei ihm geblieben wäre, hätte er mich beinahe zum Islam bekehrt." Er beschrieb seine Niederlage voll Aufregung und Erstaunen. Aber in Wirklichkeit war Karasso Mitglied einer Geheimorganisation, die entschlossen und systematisch an der Zerstückelung des osmanischen Reiches arbeitete. Er spielte darin eine bedeutende Rolle. Karasso beabsichtigte, bei seinem Besuch Bediuzzaman für sich zu gewinnen und ihn für seine eigenen Ziele zu gebrauchen. Aber leider...

    * * *

    Das Geschehnis vom 31. März Schließlich ereignete sich das katastrophale Geschehnis vom 31.März (1909). Fünfzehn Religionslehrer, die die Sheriah befürworteten und die im Zusammenhang mit diesen Geschehnissen genannt werden, wurden zum Tode verurteilt und gehängt. Als Bediuzzaman durch ein Fenster die Leiber der Erhängten im Garten des Gerichtsgebäudes sah, wurde er Hurshit Pasha, dem Vorsitzenden des Gerichtes vorgeführt, der ihn befragte:

    "Du hast wohl auch die Sheriah befürwortet?"

    Bediuzzaman antwortete:

    "Auch wenn ich tausend Seelen hätte, wäre ich doch bereit, sie für eine einzige Wahrheit der Sheriah zu opfern. Denn die Sheriah ist die Ursache der Glückseligkeit, die lautere Gerechtigkeit und Tugend, aber nicht so wie die Revolutionäre sie haben wollen!"

    Diese heroische Verteidigung Bediuzzamans vor dem Kriegsgericht wurde damals zwei Mal gedruckt und veröffentlicht. Er erwartete von diesem furchtbaren Gericht die Todesstrafe, wurde aber freigesprochen! Ohne dem Gericht zu danken, ging er zu Fuß von Beyazid bis Sultan Ahmed - eine riesige Menschenmenge hinter sich. Er schrie unterwegs: "Hochlebe die Hölle für die Tyrannen! Hochlebe die Hölle für die Tyrannen!"

    Ein Teil dieser Verteidigung vor dem Kriegsgericht ist in seiner Biographie wiedergegeben worden, damit der innere Aspekt des Geschehens vom 31. März und die heroische Verteidigung Bediuzzamans noch einleuchtender werden können.

    * * *

    Auszüge aus dem Werk "Die Zeugnisse aus zwei Schulen des Unglücks" oder "Das außerordentliche Kriegsgericht und Said Nursi"

    بِاس۟مِهٖ سُب۟حَانَهُ Im Namen des Hochgelobten,

    وَ اِن۟ مِن۟ شَى۟ءٍ اِلَّا يُسَبِّحُ بِحَم۟دِهٖ vor dem es kein Ding gibt, das Ihn nicht in Dankbarkeit lobpreist.

    Einführung:

    Als die Freiheit zur Verrücktheit erklärt wurde, machte der Despotismus in seiner Schwäche das Irrenhaus zur Schule für mich.

    Als eine maßvolle und geradlinige Haltung mit einer fortschrittsfeindlichen verwechselt wurde, machte der furchtbare Despotismus unter der parlamentarischen Regierung das Gefängnis zur Schule für mich.

    Oh Ihr Menschen, die Ihr meine Zeugnisse prüft! Bitte schicken Sie Ihre Seele und Ihre Vorstellungskraft in den revolutionären Körper und das Gehirn eines nervösen Beduinenschülers, dessen Leben mit der neuen Zivilisation verknüpft worden ist, damit Sie in Ihrer Kritik nicht in einen Fehler verfallen. Ich hatte während des Geschehnisses von 31. März vor dem außerordentlichen Kriegsgericht gesagt:

    "Ich bin ein Schüler. Deswegen wäge ich alles mit der Waage der Sheriah. Ich kenne nur den Islam als unsere Nationalität. Deswegen beurteile ich alles aus islamischer Sicht.

    Ich stehe vor der Tür der Zwischenwelt (zwischen Diesseits und Jenseits), welche man ein Gefängnis nennt und warte auf den Bahnhof, der Galgen heißt, auf den Zug, der ins Jenseits fährt. Diese Rede halte ich als Kritik an den aufrührerischen Zuständen der menschlichen Gesellschaft und richte sie nicht nur an sie, sondern auch an die ganze Menschheit in dieser Zeit. Deswegen ist die Wahrheit entsprechend dem Mysterium يَوْمَ تُبْلَى السَّرَآئِرُ {"An jenem Tage werden alle Geheimnisse enträtselt." (Sure 86, 9)} nackt aus dem Grabe des Herzens hervorgekommen. Die unzugelassenen (namahrem) {Dies ist ein Ausdruck aus der Sheriah, ein Terminus technicus. Z.B.: Die Sheriah verbietet das leichtlebige, nicht überwachte Zusammensein junger Leute beider Geschlechter, wenn sie nicht nahe miteinander verwandt sind, also, wenn sie nicht mahrem sind. Bediuzzamans Gebrauch des Ausdrucks ist allegorisch. Versteckt in diesem Satz ist eine Kritik an denen, die über islamische Gläubige zu Gericht sitzen, ohne selbst vom Islam eine Ahnung zu haben. (A.d.Ü.)} sollen sie nicht sehen. Ich bin voller Sehnsucht nach dem Jenseits. Ich bin bereit, mit diesen Gehängten dahin zu gehen. Wie ein Beduine, dem die Schönheiten Istanbuls zu Gehör, aber nie zu Gesicht gekommen sind, voll Bewunderung danach verlangt und sich in höchster Sehnsucht danach verzehrt, sie zu sehen, so verlange auch ich voll Sehnsucht, die jenseitige Welt, diesen Ort der Merkwürdigkeiten und Wunder zu schauen. Und diese Sehnsucht habe ich noch immer. Meine Verbannung dahin ist für mich keine Strafe! Wenn Sie es können, quälen sie mich in meinem Gewissen! Eine andere Art, mich zu quälen ist für mich keine Strafe, sondern Ruhm!

    Diese Regierung war während der Zeit des Despotismus feindselig gegen das Denken eingestellt. Und jetzt gegen das Leben! Wenn die Regierung so ist, dann: Hochlebe der Wahnsinn! Hochlebe der Tod! Hochlebe die Hölle für die Tyrannen! Ich hatte mir schon einen Anlass gewünscht, damit ich dazu meine Meinung äußern kann. Jetzt ist dieses außerordentliche Kriegsgericht ein geeigneter Anlass dafür."

    Zu Anfang wurde auch ich wie alle anderen vor dem Kriegsgericht gefragt: "Du hast auch die Sheriah für erforderlich erachtet?"

    Ich sagte: "Auch wenn ich tausend Seelen hätte, wäre ich bereit, sie alle für eine einzige Wahrheit der Sheriah zu opfern. Denn die Sheriah ist die Quelle der Glückseligkeit, der lauteren Gerechtigkeit und Tugend; aber nicht so wie die Revolutionäre sie haben wollen!"

    Dann fragte man mich: "Bist Du von der Ittihad-i Muhammediye (Vereinigung der Anhänger Mohammeds - Friede sei mit ihm)?"

    Ich sagte: "Mit berechtigtem Stolz (Maal'iftikhar!)... Ich bin der geringste unter ihnen. Aber nach meiner Auffassung... Zeigen Sie mir, wer schon nicht von dieser Vereinigung ist - außer (natürlich) den Atheisten?"

    Ich veröffentliche hier diese Rede, um das parlamentarische Regierungssystem von Befleckungen, die Mitglieder der Sheriah vor Verzweiflung, die Zeitgenossen vor Ignoranz und Wahnsinn in den Augen der Geschichte und die Wahrheit vor Verdacht und Zweifel zu retten.Ich beginne also:

    Ich sagte: Oh Pashas! Oh Offiziere! Die kurzgefasste Darstellung der Verbrechen, die die Gefangenschaft für mich brachten, ist:

    اِذَا مَحَاسِنِى اللَّاتٖى اَدِلُّ بِهَا كَانَت۟ ذُنُوبٖى فَقُل۟ لٖى كَي۟فَ اَع۟تَذِرُ

    Das heißt: Meine guten Taten, auf die ich stolz war, werden jetzt als Sünden betrachtet. Wie kann ich nun um Entschuldigung bitten? Ich bin ratlos!

    Zur Einführung sage ich: Ein Mann kann sich nicht zu einem Verbrechen herabwürdigen. Falls ihm die Verbrechen zugeschrieben werden, braucht er keine Angst vor der Strafe zu haben. Wenn ich zu Unrecht hingerichtet werde, bekomme ich die Belohnung von zwei Märtyrern. Falls ich ins Gefängnis geworfen werde unter einer solchen rebellischen Regierung, die nur ein Lippenbekenntnis zur Freiheit hat, dann ist gewiss das Gefängnis der angenehmste Ort. Sterben als ein Unterdrückter ist besser als leben als ein Gewaltmensch.

    Ich sage hierbei auch: Manche Menschen, welche die Politik für ihre atheistischen Ziele instrumentalisieren, beschuldigen die anderen fortschrittsfeindlich zu sein und nun angeblichen ihrerseits die Politik für ihre religiösen Ziele zu instrumentalisieren. Dies tun sie aber, um ihre eigene Schuld zu bemänteln. Heute sind die Spitzel {Es gehört zu der absoluten Vollkommenheit und Schönheit des Islam, dass der Qur'an (Sure 49, 12) die Bespitzelung ausdrücklich verbietet. (A.d.Ü.)} schlechter als früher. Wie kann auf ihre Treue vertraut werden? Wie kann die Gerechtigkeit auf ihrer Aussage aufgebaut werden? Man tyrannisiert, wenn man Gerechtigkeit schaffen will durch Demagogie (politische Hetze, Volksverführung). Denn der Mensch ist nicht unfehlbar. Aber die verschiedenen Fehler, die in einer langen Zeit bei vielen Menschen vorkommen, werden durch ihre Wohltaten neutralisiert. Sie werden aber durch die Demagogie gehäuft, so als ob sie auf ein Mal von einer einzigen Person begangen worden wären. Diese irrige Vorstellung lässt folglich auch eine strenge Strafe für angemessen erscheinen. Doch diese Denkweise ist eine furchtbare Tyrannei.

    Nun zählen wir die elfeinhalb Verbrechen auf.(*[13])

    Erstes Verbrechen:

    Im vergangenen Jahr habe ich am Anfang der "Freiheit" etwa sechzig Telegramme durch das Amt des Ministerpräsidenten zu den Stämmen im Osten geschickt, deren Inhalt lautete:

    "In der Sache der parlamentarischen Regierung und der Verfassung, wovon Sie bereits gehört haben, geht es um lautere Gerechtigkeit und gegenseitige Beratung über die Probleme der Sheriah. Bemühen Sie sich, diese Dinge in rechtem Verständnis aufzunehmen und sie zu schützen! In dieser Despotie sind wir diejenigen, welche am meisten geschädigt werden. Denn unser weltliches Glück liegt im parlamentarischen Regierungssystem."

    Von allen Seiten war die Reaktion auf dieses Telegramm voll und ganz zustimmend.

    Ich habe also die östlichen Provinzen informiert. Ich ließ sie nicht unwissend, damit keine neue Despotie Nutzen aus ihrer Unwissenheit ziehen könne. Weil ich damals nicht gesagt habe: "Es geht mich nichts an", habe ich ein Verbrechen begangen und wurde vor Gericht gestellt.

    Zweites Verbrechen:

    In verschiedenen Reden - in der Ayasofya, in Bayezid, in Fatih, in Süleymaniye - habe ich allen Gelehrten und Schülern die wahre Beziehung zwischen der Sheriah und dem parlamentarischen Regierungssystem erklärt. Ich erklärte, dass die herrschende Despotie keine Beziehung mehr zur Sheriah habe. Mit dem Mysterium (sirr) der Hadith: سَيِّدُ الْقَوْمِ خَادِمُهُمْ {"Die Führer des Volkes sind seine Diener."} ist die Sheriah uns gegeben worden, um die Despotie und die Tyrannei zu vernichten.

    Bei jeder einzelnen Rede, die ich gehalten habe, war ich dazu bereit, wenn jemand Einspruch gegen irgendeines meiner Worte erhoben hätte, den Beweis dafür zu erbringen und zu belegen. Ich habe gesagt: "Aus der Wurzel der Sheriah erhebt sich als ihre wahrhaftige Berufung das Wesen des parlamentarischen Regierungssystems entsprechend der Sheriah."

    Ich habe also das parlamentarische Regierungssystem von seiner Wurzel (delail-i sheriye) her angenommen und es weder, wie die anderen, welche eine Kultur befürworten, die aus Europa kommt, lediglich nachgeahmt, noch als bloßes Gegenstück zur Sheriah betrachtet. Hinsichtlich der Sheriah habe ich mich nicht bestechen lassen. Weil ich bemüht war, die Gelehrten und die Sheriah - so gut ich konnte - vor den verderbenbringenden Vorurteilen Europas zu retten, habe ich ein Verbrechen begangen, sodass ich nun diese Art Ihrer Behandlung erfahre.

    Drittes Verbrechen:

    Es gibt in Istanbul etwa 20.000 Lastträger, die meine Landsleute sind. Weil sie ahnungslos und leichtgläubig sind, fürchtete ich, dass einige unter den Politikern sie verführen könnten und damit Schande über die östlichen Provinzen bringen könnten. Ich habe dann alle Tee-Häuser und Plätze der Lastträger besucht. Ich habe ihnen dann wie schon im vergangenen Jahr das parlamentarische Regierungssystem ihrem Verständnis entsprechend auf folgende Weise nahe gebracht:

    "Eine absolutistische Regierung ist eine Regierung mit Grausamkeit und Gewalt. Eine parlamentarische Regierung aber ist eine gerechte und gesetzliche islamische Regierung. Wenn der Padischah (Kaiser) den Weisungen des Propheten gehorcht und seinem Wege folgt, dann ist er der Kalif (Nachfolger des Propheten) und auch wir werden ihm gehorchen. Wenn nicht, d.h. wenn er sich dem Propheten nicht unterwirft und Ungerechtigkeiten begeht, ist er ein Strauchdieb, auch wenn er ein Padischah sein sollte. Unsere Feinde sind die Unwissenheit, die Not und die Zwietracht. Gegen diese drei Feinde werden wir mit den Waffen eines geschulten Wissens, der Gotteserkenntnis und der Eintracht zu Felde ziehen. Wir werden mit den Türken, die unsere Brüder sind und uns in gewisser Hinsicht zur Wachsamkeit angeleitet und zu unserer Entwicklung beigetragen haben, Freundschaft schließen, wie auch mit anderen Nachbarn. Und wir werden uns, einander helfend, die Hände reichen. Denn in der Feindschaft liegt die Bosheit und wir haben für Feindschaft keine Zeit. Wir werden uns nicht in die Angelegenheiten der Regierung einmischen, weil wir die Kunst des Regierens nicht verstehen..."

    Auf meinen Rat hin boykotierten also die Lastträger Österreich (so wie ich ganz Europa)(*[14])und verhielten sich in diesen äußerst verworrenen und unruhigen Zeiten vernünftig.

    Weil ich sie also dazu veranlasste, sich gegenüber dem Padischah gemäßigt zu verhalten und durch den Boykott gegenüber Europa einen Wirtschaftskrieg ausgelöst habe, sagt man mir nun nach, ich hätte ein Verbrechen begangen und mich damit ins Unglück gestürzt!

    Viertes Verbrechen:

    Es tut mir aus tiefster Seele leid, dass Europa aufgrund unserer rückständigen und fanatischen Haltung der Ansicht ist, die Sheriah - Aber nein! Davor bewahre uns Gott! - sei ein geeignetes Instrument, (um die Menschen auf diese Weise) unterdrücken zu können. Um diese Ansicht zu widerlegen, begrüße ich mehr als jeder andere die parlamentarische Monarchie. Denn ich hatte schon wieder Angst, eine neue Unterdrückung könne ihre Ansicht bestätigen. Darum habe ich damals in der Ayasofya die Abgeordneten mit all meiner Kraft beschworen und gesagt:

    "Prägen Sie es sich als Grundsatz ein, dass die parlamentarische Monarchie sich an der Sheriah orientieren muss. So soll eine neue, heimliche atheistische Diktatur nicht mit ihren schmutzigen Händen die gesegnete Sheriah beflecken und ihren Hass dahinter zu verstecken suchen. Beschränken Sie die Freiheit durch das islamische Sittengesetz! Denn entlässt man unwissende Menschen und einfache Leute in eine Freiheit ohne Grenzen und eine Unabhängigkeit ohne Gesetz, dann verfallen sie der Zuchtlosigkeit und der Unbotmäßigkeit. Das Gebet der Gerechtigkeit sollte gemäß den vier Rechtsschulen ausgerichtet werden. So wird dann das Gebet korrekt verrichtet." Denn ich habe die Behauptung aufgestellt, dass es möglich sei, die Grundelemente einer Parlamentarischen Monarchie klar ersichtlich, sinngemäß oder frei interpretiert auf den vier Rechtsschulen (mesheb) aufzubauen.

    Aber ich bin ja nur ein einfacher Schüler. Ich habe eine Aufgabe auf meine Schultern geladen, die eigentlich Pflicht der Gelehrten ist. So habe ich also ein Verbrechen begangen und eine Ohrfeige bekommen!

    Fünftes Verbrechen:

    Die Zeitungen haben mit zwei fehlerhaften Vergleichen und ihren entwürdigenden Veröffentlichungen die islamische Moral (akhlaq) erschüttert und die Gedanken der Allgemeinheit verwirrt. Daraufhin habe ich in den Zeitungen Artikel veröffentlicht, die all dies zurückweisen und gesagt:

    "Meine Herren Redakteure! Die Verfasser Ihrer Artikel müssen anständige Leute sein, ja sie müssen der islamischen Moral entsprechend gesittet sein. Und ihre Artikel müssen von der öffentlichen Meinung und den Stimmungen der Massen unabhängig sein. Und die Statuten der Presse müssen Ihrem Gewissen entsprechend aufgestellt werden, nach dem religiösen Empfinden und in reiner Absicht. Denn Sie haben mit zwei fehlerhaften Vergleichen, nämlich dem Vergleich der Provinz mit Istanbul und Istanbuls mit Europa, das Denken der Allgemeinheit in den Sumpf hinabgezogen. Einem ABC-Schützen, der noch nicht lesen kann, hält man keine Vorlesungen in Naturphilosophie! Und einem Manne steht die Garderobe einer Schauspielerin nicht gut an! Und so wie ein Europäer empfindet, kann man in Istanbul nicht auftreten! Die Unterschiede zwischen den Völkern, die Verschiedenheiten zwischen Ortschaften und Landschaften gleichen den Unterschieden zwischen den Jahren und Jahrhunderten. Was dem einen steht, kleidet den anderen gar nicht. Das heißt, die große französische Revolution war eine Bewegung, deren Gründe absolut kein Leitmotiv für uns sein können! Der Fehler entsteht immer daraus, dass man eine Theorie in die Praxis umsetzen will, ohne die Erfordernisse der jeweiligen Lage zu überdenken."

    Aber ich bin ja nur ein ungebildeter Bauer. Ich habe dennoch diesen zungenfertigen, spitzfindigen und eigennützigen Redakteuren gute Ratschläge erteilt. D.h. also, ich habe ein Verbrechen begangen(!)...

    Sechstes Verbrechen:

    Wie oft habe ich in großen Versammlungen die Erregung verspürt und befürchtet, dass sich einfache Leute in die Politik einmischen und dadurch Ruhe und Ordnung stören könnten. Ich habe mit Ausdrücken, wie sie ein Schüler vom Lande so gebraucht, der gerade erst türkisch gelernt hat, die Wogen der Erregung wieder geglättet. In so eine aufgebrachte Menge geriet ich z.B. unter Studenten von Bayezid oder bei einer Maulid in der Ayasofya, oder im Ferah-Theater. Ich konnte die Leute zu einem gewissen Grade beruhigen. Sonst wäre die Hölle ausgebrochen.

    Aber ich bin ja nur ein unkultivierter Mensch. Und obwohl ich die Intrigen zivilisierter Menschen kannte, habe ich mich in ihre Angelegenheiten eingemischt. Das heißt also, ich habe ein Verbrechen begangen(!)...

    Siebentes Verbrechen:

    Ich habe davon gehört, dass eine Gemeinschaft mit dem Namen "Mohammedanische Vereinigung (Ittihad-i Muhammedi)" gegründet worden sei. Ich befürchtete auf das Äußerste, dass einige unter diesem gesegneten Namen eine falsch verstandene Bewegung ins Leben rufen werde. Später hörte ich dann, dass einige ehrenwerte Herren wie Süheyl Pasha und Scheich sadiq diesen ehrenwerten Namen schlicht und einfach verwandt haben, um ihn lediglich für Ibadet und Sünnet-i Seniye (anbetenden Dienst und Pflege der Tradition) zu gebrauchen. Und sie haben ihre Beziehungen zu politischen Vereinigungen abgebrochen. Sie werden sich nicht mehr mit Politik beschäftigen. Aufgrund neuerlicher Befürchtungen sagte ich: Die Allgemeinheit hat ein Anrecht auf diesen Namen. Es geht nicht an, ihn abzugrenzen und einzuschränken. Ich gehöre aber auch in gewisser Hinsicht verschiedenen religiös orientierten Vereinigungen an. Denn ich habe gesehen, dass sie alle nur ein gemeinsames Ziel haben. Auf solche Weise bin ich mit diesem ehrenwerten Namen verbunden. Darum möchte ich die Mohammedanische Vereinigung, der ich beigetreten bin, nach meinem Verständnis folgendermaßen beschreiben:

    Sie ist ein Kreis von Menschen, die von Ost nach West, von Süd bis Nord durch eine leuchtende Kette miteinander verbunden sind. Die Zahl ihrer Mitglieder beziffert sich heute auf über 300.000.000 Mitglieder. Was sie alle zu einem Bund miteinander vereinigt und verbindet ist die Einheit Gottes (tauhid). Ihr Eid und Gelöbnis ist der Glaube. Ihre Mitglieder sind alle Gläubigen, die ihr seit "Qalu bela" {"Qalu bela": "sie haben 'Ja' gesagt". Dies war die Antwort der Seelen auf die Frage Gottes: "Bin ich nicht euer Herr?" (A.d.Ü.)} beigetreten sind. Und ihre Namen sind auf der wohlverwahrten Tafel (lauh-i mahfudh) eingeschrieben. Das Sprachrohr dieser Vereinigung sind alle Bücher des Islam. Zu ihrer Tagespresse gehören all die Zeitungen religösen Inhalts, deren Ziel und Zweck die Erhöhung und Verherrlichung des Wortes Gottes (also des Qur'an) ist. Ihre Club- und Versammlungslokale sind all die großen und kleinen Moscheen mit ihren Schulen (medresse) und Ordenshäusern (dhikirhane). Ihre Zentren sind die Heiligen Stätten von Mekka und Medina (Harameyn-i Sherifeyn). Der Vorsitzende einer solchen Vereinigung ist der Stolz der Welt, mit dem der Friede sei. Ihre Berufung ist der Kampf gegen den Egoismus, d.h. sich mit der Ethik Mohammeds, mit dem der Friede sei, um die Gute Sitte bemühen, das Vorbild des Propheten, ihre Verfassung die Ge- und Verbote der Sheriah; ihr Schwert aber sind die unwiderlegbaren Beweise. Denn unsere Überlegenheit beweist man Menschen westlicher Zivilisation nur dadurch, dass man sie überzeugt und nicht mit Gewalt! Was die Wahrheit ist, das erforscht man nur dann, wenn man sich dafür interessiert. Unser Kampf aber richtet sich gegen Grausamkeit und Fanatismus. Ziel und Zweck bleibt die Erhöhung und Verherrlichung des Wortes Gottes (also des Qur'an). Neunundneunzig Prozent der Sheriah befassen sich mit der Ethik (Akhlaq), dem anbetenden Dienst (Ibadet), dem Ewigen Leben (Akhiret) und der Charakterbildung (Fadilet). Und nur ein Prozent beschäftigt sich mit der Politik. Um diese sollte sich unsere Regierung kümmern!

    Unsere jetzige Absicht ist, diese leuchtende Kette in den Herzen aller zum Schwingen zu bringen und jeden durch diese Sehnsucht und Begeisterung seines Herzens auf den Weg zu führen, auf dem er zur Kaaba der Vollkommenheit voranschreiten wird. Denn in unserer Zeit ist ein wichtiger Grund, das Wort Gottes zu erhöhen und zu verherrlichen, die sichtbare Erstarkung (der Gläubigen)!

    So bin ich also ein Mitglied dieser Vereinigung und einer von denen, die darum bemüht sind, diese Vereinigung ins Licht der Öffentlichkeit zu führen. In dieser Weise gehöre ich nicht einer Partei an, die Spaltung und Zersetzung beabsichtigt...

    Kurz gesagt: Ich schloss mit Sultan Selim einen Bund. Ich habe mich seiner Auffassung von einer vereinigten islamischen Gemeinschaft angeschlossen. Er hatte auch die Provinzen des Ostens ermahnt und sie hatten mit ihm den Bund geschlossen. Und die Bewohner dieser Gebiete sind noch heute wie die Bewohner von damals. In dieser Angelegenheit sind meine Vorbilder: Scheich Djemalu-d'din Afghani, der hochgeehrte Mufti von Ägypten, der verstorbene Mohammed Abduh, der radikale Gelehrte Ali Suavi, der Hodja Tahsin, Namik Kemal, der sich die Einigung des Islam zum Ziel gesetzt hat und Sultan Selim, der gesagt hat:

    Der Gedanke an Zwist und Hader

    verfolgt mich bis ins Grab, raubt mir die Ruhe.

    Einheit heißt der Ausweg, zurückzuweisen der Feinde Ungestüm.

    Wenn sich das Volk nicht einigt, muss ich leiden.

    Yavuz Sultan Selim

    Wenn ich mich in der Öffentlichkeit um diese Dinge bemüht habe, so verfolgte ich damit zwei bedeutende Ziele:

    Erstens: Diesen Namen von Abgrenzungen und Einengungen zu befreien und öffentlich zu verkünden, dass dieser Name alle Gläubigen umfasst, damit kein Gedanke an Zwietracht aufkomme und kein Verdacht entstehe.

    Zweitens: Einen Wall der Einheit gegen die Spaltung der Parteien aufzuwerfen, ehe bevor sie das inzwischen bereits geschehene Unglück verursachen konnten. Aber leider ließ mir die Zeit keine Gelegenheit mehr dazu. Ein Sturzbach kam und riss auch mich mit um. Ich sagte immer: Bricht ein Feuer aus, werde ich einen Teil davon löschen. Aber leider ist auch das Gewand verbrannt, das ich als Hodja getragen habe. Und eigentlich sollte ich auch ganz froh darüber sein, dass jene trügerische Berühmtheit von mir gewichen ist, der zu entsprechen mir ohnehin nicht möglich war.

    Ich bin nur ein einfacher Mensch. Trotzdem habe ich dergleichen Dinge auf mich genommen, wie sie zum Aufgabenbereich der Abgeordneten, Senatoren und Minister gehören. Das heißt also: Ich habe ein Verbrechen begangen(!)...

    Achtes Verbrechen:

    Ich habe gehört, dass die Soldaten sich verschiedenen Vereinigungen angeschlossen haben. Dabei kommt mir auch jenes schreckliche Ereignis aus der Geschichte der Janitscharen (ihr Aufstand und ihr Ende) wieder in Erinnerung. Und das alles hat mich in eine sehr große Aufregung versetzt. In einer Zeitung habe ich dann geschrieben:

    "Heute ist die heilige Vereinigung, die Vereinigung gläubiger Soldaten. Und zu ihr gehören all diejenigen, welche dem Berufsstand der gläubigen und zu einem Opfer bereiten Soldaten beigetreten sind - vom einfachen Soldaten angefangen bis zum obersten Befehlshaber. Denn Einheit (ittihad), Brüderlichkeit, Gehorsam, Freundschaft, Erhöhung und Verherrlichung des Wortes Gottes ist das Ziel dieser heiligen Vereinigung der Welt. Alle gläubigen Soldaten setzen sich voll und ganz für diese Ziele ein. Die Soldaten bilden den Kern. Das Volk mit allen Vereinigungen sollte ihnen folgen. Die übrigen Gemeinschaften sollen das Volk gleich den Soldaten zu Brüderlichkeit und Freundschaft führen. Aber die "Mohammedanische Vereinigung (Ittihad-i Muhammadi)" schließt alle Gläubigen mit ein, sie ist kein eingetragener Verein, keine Partei. Ihre Mitte und erste Reihe bilden die Soldaten (gaziler), die Zeugen (shehidler), die Gelehrten, die Meister (murshidler). Aber kein Gläubiger und kein Soldat in seiner Bereitschaft zum Opfer (sei es ein Offizier oder ein einfacher Soldat) steht noch außerhalb, sodass er erst eintreten musste. Von mir aus können sich einige Wohlfahrtsverbände "Mohammedanische Vereinigung" nennen. Ich halte mich da raus."

    Aber ich bin ja ein einfacher Schüler. Die Aufgaben der großen Gelehrten habe ich mir eigenmächtig angemaßt. Das heißt also: Ich habe ein Verbrechen begangen(!)...

    Neuntes Verbrechen:

    Ich habe am "31. März"-Tag die abscheulichen Vorgänge zwei, drei Minuten von weitem beobachtet. Ich habe unterschiedliche Forderungen vernommen. Aber so wie man auf einem Farbkreisel nur mehr weiß erkennt, sobald man ihn in rasche Umdrehung versetzt, so kam auch hier nur das Wort "Sheriah" zum Vorschein, was alle diese verschiedenen Forderungen der revoltierenden Massen von tausend zu eins verringert, sie vor der Anarchie rettete und die ganze Politik wie ein Wunder bewahrte, obwohl jeder einzelne sich für sich darin versuchte.

    Ich begriff das Übel der Lage, die chaotischen Befehlsverhältnisse, die Wirkungslosigkeit von Ratschlägen. Ich hätte sonst - wie immer - versucht, das Feuer zu löschen. Aber die Masse besteht nur aus einfachen Leuten und meine Landsleute sind unvorsichtig und leichtgläubig. Und ich erscheine noch dazu in einem trügerischen Ruhm. Darum habe ich mich schon nach drei Minuten wieder zurückgezogen und bin nach Bakirköy gegangen. Und ich habe dort allen Bekannten und allen denen, die ich getroffen habe, geraten, da nicht mitzumachen. Hätte ich mich auch nur im geringsten daran beteiligt, wäre ich schon durch meine Kleidung überall aufgefallen. Auch meine Berühmtheit, die ich gar nicht angestrebt habe, hätte mich überall bekannt gemacht und ich wäre bei dieser Angelegenheit ganz groß herausgekommen. Und hätte ich mich den zu Hilfe gerufenen Truppen gezeigt, mich ihnen entgegengeworfen, ihnen vielleicht ganz allein bis nach Ayastafenos Widerstand geleistet: Ich wäre gefallen wie ein Mann. Meine Beteiligung wäre dann so klar und offensichtlich gewesen, dass eine Untersuchung unnötig gewesen wäre.

    Tags darauf erkundige ich mich nach der Loyalität der Soldaten, die eine Säule unseres Lebens ist und man sagte mir: - Die Offiziere der Soldaten gehen wie einfache Soldaten gekleidet und ihre Disziplin ist nicht besonders angegriffen.

    Ich fragte noch einmal: - Wie viele Offiziere sind gefallen? Man hat mich belogen und gesagt: - Nur vier. Die waren auch grausam gewesen. Das Sittengesetz der Sheriah wird ohne Ausnahme angewandt werden.

    Ich schaute auch in die Zeitungen. Auch sie beschrieben diesen Aufstand als legal. Darüber habe ich mich einerseits gefreut. Denn mein heiligstes Ziel ist es, die Vorschriften der Sheriah vollständig einzuhalten und auszuführen. Weil aber die Disziplin der Soldaten nachgelassen hatte, wurde ich so verzweifelt und traurig, dass ich in allen Zeitungen eine Ansprache an die Soldaten richtete:

    "Soldaten! Wenn Eure Offiziere sündigen, dann verüben sie Ungerechtigkeiten gegenüber ihren eigenen Seelen. Wenn Ihr aber keine Disziplin mehr habt, dann verübt Ihr eine Ungerechtigkeit gegenüber 30.000.000 Osmanen und 300.000.000 Muslimen. Denn die Würde, das Glück und die Fahne der Einheit aller Muslime und aller Osmanen steht und fällt zur Zeit in gewisser Hinsicht mit Eurer Disziplin. Außerdem ruft Ihr nach der Sheriah. Aber mit Eurer Disziplinlosigkeit handelt Ihr gegen die Sheriah."

    Ich habe ihren Aufstand gutgeheißen, ihren Mut gelobt. Denn die Zeitungen, welche die öffentliche Meinung falsch wiedergegeben hatten, stellten ihren Aufstand so hin, dass er in unseren Augen legal erscheinen musste. Auch ich habe mich durch ihre anerkennenden Worte gewissermaßen dazu beeinflussen lassen, den Aufständischen anzuraten, sich zu beruhigen, was anderenfalls nicht so leicht gewesen wäre.

    Ich aber bin nur ein Mann, der in der Tat aus dem Irrenhaus kommt. Weil ich nicht gesagt habe: "Das geht mich nichts an. Über diese Dinge sollen die Verständigen nachdenken.", habe ich ein Verbrechen begangen(!)...

    Zehntes Verbrechen:

    Ich bin an einem Freitag mit den Gelehrten zusammen in das Militärgefängnis gegangen. Ich habe acht Bataillone an ihre Disziplin gemahnt und sie sind - sehr beeindruckt durch meine Ansprache - zum Gehorsam zurückgekehrt. Der Erfolg meiner Predigt wurde hinterher sichtbar. Hier nun eine Wiedergabe meiner Ansprache:

    "Soldaten der Muvahhidin (= derer, die sich zur Einheit Gottes bekennen)! Ehre, Würde, Glück und die Fahne der Einheit von 30.000.000 Osmanen und 300.000.000 Muslimen steht und fällt in gewisser Hinsicht mit Eurer Disziplin. Wenn Eure Offiziere eine Ungerechtigkeit gegenüber ihrer eigenen Seele verüben, so verübt Ihr durch Eure Disziplinlosigkeit eine Ungerechtigkeit gegenüber 300.000.000 Muslimen. Denn durch Eure Disziplinlosigkeit beschwört Ihr eine Gefahr für die islamische Bruderschaft herauf.

    Denn Ihr müsst wissen, dass die Gesamtheit militärischer Fokolare (= Lager) einer riesigen Fabrik von großer Bedeutung gleicht. Gerät ein Zahnrad darin aus der Funktion, entsteht in der ganzen Fabrik ein Tohuwabohu. Ein einfacher Soldat sollte sich nicht in die Politik einmischen. Ein Beispiel dafür sind die Janitscharen. Ihr sprecht von "Sheriah", aber Euer Verhalten ist das Gegenteil davon. Ihr befleckt sie. Sheriah, Qur'an, Hadith, Weisheit und Erfahrung legen fest, dass es Gottes Gebot ist, einem verlässlichen, glaubenstreuen und rechtschaffenen Vorgesetzten zu gehorchen. Eure Vorgesetzten und Lehrmeister sind die Offiziere.

    Wenn ein geschickter Ingenieur, ein kluger Arzt in gewisser Hinsicht sündig wird, hindert das nicht seine technische oder medizinische Tätigkeit. So begeht also keine Ungerechtigkeit gegenüber den Muslimen und Osmanen, dadurch, dass Ihr Euch Euren Offizieren gegenüber, mit ihrem hellen klaren Verstand, ihrer Kenntnis der Kriegswissenschaften, ihrem Studium, ihrem Eifer, ihrem Glauben ungehorsam zeigt, weil sie in ihrem persönlichen Leben etwas Verbotenes getan haben! Denn der Ungehorsam ist nicht allein eine Ungerechtigkeit, sondern bedeutet auch eine Verletzung der Rechte von Millionen Menschen. Und Ihr wisst ja auch, dass heute die Fahne der Einheit Gottes (tauhid) in Eure tapferen Hände gegeben ist. Die Kraft dieser Hände aber erwächst aus der Ordnung und aus der Disziplin. Denn tausend Soldaten in Ordnung und Disziplin sind besser als hunderttausend ohne einen Kommandeur. Ja, wäre es denn nicht jetzt endlich an der Zeit, dass Ihr im Gehorsam und ohne Blut zu vergießen zu Stande bringt, was 30.000.000 Menschen in hundert Jahren durch einen Umsturz mit sehr viel Blutvergießen nicht bewirken konnten?

    Und auch das sage ich Euch noch: Schadet Ihr einem tüchtigen Offizier mit einem hellen und klaren Kopf, dann beraubt Ihr Euch Eurer eigenen geistigen Führungskräfte.Denn das Gebot der Stunde ist die Furchtlosigkeit aufgrund des Glaubens, des Wissens und der Bildung. Manchmal ist ein Mensch mit einem hellen und klaren Kopf mehr wert als hundert andere. Die Fremden wollen Euch in dieser Furchtlosigkeit besiegen. Gegen sie reicht eine bloß natürliche Furchtlosigkeit nicht aus!...

    Kurzum: Ich verkündige Euch den Erlass des Stolzes der Welt, mit dem der Friede sei: Gehorsam ist Gottesgebot (fardh). Empört Euch nicht gegen Eure Offiziere! Die Soldaten sollen hochleben! Hochlebe die Sheriah!..." {meshruta-i meshrua: die Monarchie entsprechend dem isl. Gesetz.}

    Das heißt: Weil ich so wichtige Aufgaben auf mich genommen habe, obwohl es doch so viele Gelehrte gab, habe ich ein Verbrechen begangen(!)...

    Elftes Verbrechen:

    Ich habe immer erlebt, in was für einem verwahrlosten Zustande sich die Völker und die Stammesverbände in den östlichen Provinzen befinden. Und ich habe begriffen, dass dieses unser irdisches Wohlergehen an die moderne naturwissenschaftliche Lehre gebunden ist. Und diese Wissenschaft sollte aus der Quelle der Medresse gespeist und durch die noch unverdorbenen Kanäle der Gelehrten verteilt werden. Das heißt, die Religionswissenschaftler sollten mit diesen neuen Wissenschaften vertraut gemacht werden, weil in diesen Provinzen die Führung unserer Landsleute, die ja noch halbe Nomaden sind, in den Händen der Gelehrten liegt.

    Aus diesem Grunde bin ich an diese "Stätte der Zuversicht (Istanbul)" gekommen. Jener Sultan, der inzwischen abgesetzt wurde und verstorben ist und dem man heute Unterdrückung nachsagt (eine Unterdrückung, die sich jetzt noch mehr ausbreitet und verstärkt hat) und nun glaubt, jetzt wieder "zuversichtlich" sein zu können, hat mir durch seinen Polizeipräsidenten ein monatliches Gehalt und ein persönliches Geschenk überreichen lassen. Ich habe beides abgelehnt, zurückgewiesen und so einen Fehler begangen. Aber mein Fehler hat dennoch etwas Gutes gebracht, weil er gezeigt hat, dass es falsch ist, wenn man nach weltlichen Gütern strebt, nachdem man doch in der Medresse das entsprechende Wissen erworben hat. Ich habe meinen Verstand geopfert, aber meine Freiheit nicht aufgegeben. Ich habe vor dem barmherzigen Sultan meinen Nacken nicht gebeugt. Ich habe auf meinen persönlichen Vorteil verzichtet.

    Aber die Mücken von heute können mich nicht durch Gewalt dazu zwingen, mit ihnen übereinzustimmen, sondern nur durch gütliches miteinander Reden. Schon seit anderthalb Jahren arbeite ich hier für die Verbreitung des Wissens in meinem Heimatland. In Istanbul wissen das die meisten.

    Doch bin ich nur der Sohn eines Lastträgers. Und obwohl mir diese Welt so viele Vergünstigungen angeboten hat, bin ich doch in meiner Seele der Sohn eines Lastträgers geblieben und habe den Stand der Armen nicht aufgegeben, in dieser Welt keine Wurzeln geschlagen, sondern meinen geliebten Platz inmitten der steilen Berge der östlichen Provinzen verlassen. Weil ich mich für die Gemeinschaft der Gläubigen mit dergleichen Angelegenheiten befasst habe, die mich ins Irrenhaus, ins Untersuchungsgefängnis und in der Zeit der Meshrutiyet (d.h. nach der Einberufung eines Parlaments) in ein schreckliches Strafgefängnis gebracht haben, habe ich ein großes Verbrechen begangen, sodass man mich vor dieses fürchterliche Gericht gestellt hat(!)...

    Ein halbes Verbrechen:

    Ich habe damals, als der inzwischen verstorbene Sultan Abdulhamid Han Hazretleri seine Fehler auf sozialem Gebiet eingesehen und bereut hatte, gedacht, dass der Sultan jetzt in der Lage sein werde, einen Rat anzunehmen, weil ich nicht will, dass die Position des Kalifats, welche Mittelpunkt und Tangente des islamischen Kreises ist, seiner Hand entgleite und habe nach dem Motto "Der sicherste Weg führt zum Frieden" und weil ich mir das Gesicht des Extremismus, der inzwischen entstanden war und der Anfang und Kern fast jeder Selbstsucht und Empörung heute ist, besser vorgestellt habe, als es ist, dem inzwischen verstorbenen Sultan in einem offenen Brief folgendes mitgeteilt:

    "Wandle Deinen verlöschenden Stern (Yildiz) {Ein Stadtteil von Istanbul, in dem sich der Sultan ein Schloss hatte bauen lassen. (A.d.Ü)} in ein wissenschaftliches Institut um, damit er zum Siebengestirn erhoben werde! Dort setze dann die Sachwalter der Wahrheit (ehl-i haqiqat) an Stelle der Touristen und Höllenwächter, als Engel der Barmherzigkeit ein, damit Dein Schloss zum Paradies werde! Gib das Vermögen das Du in Yildiz von Deinem Volke zum Geschenk erhalten hast, wieder zurück, um es für die großen religionswissenschaftlichen Institute auszugeben und so die Unwissenheit zu behandeln, welche die Hauptkrankheit Deines Volkes ist, und vertraue auf die Freigiebigkeit und Liebe des Volkes! Denn das Volk bürgt für Deine königliche Regierung. Ein Mann Deines Alters sollte nur noch an das Jenseits denken. Bevor die Welt Dich verlässt, verlass Du die Welt! Gib die Zekat Deines Lebens aus für das Leben danach.

    Vergleichen wir also jetzt: Soll Yildiz eine Vergnügungsstätte werden oder ein wissenschaftliches Institut? Sollen die Touristen darin spazieren gehen, oder die Gelehrten darin Vorlesungen halten? Soll man es als eine Raubritter-Burg betrachten oder als eine Schenkung? Was ist das Bessere? Wer ein Gewissen hat, möge entscheiden."

    Ich bin aber bloß ein armer Mann. Und ich habe den großen Sultan beraten. Das heißt also, ich habe ein halbes Verbrechen begangen.

    Die Zeit über die andere Hälfte des Verbrechens zu reden, ist noch nicht gekommen.(*[15])

    Ach! und oh! und weh! und pfui der Schande! Obwohl unser Volk so sehnsüchtig und durstig nach der parlamentarischen Monarchie verlangt, welche unser Glück ist, die Quelle des sozialen Lebens und eine neue Bildung im Sinne des Islam, haben die Extremisten bei diesen Vorgängen und im Parlament ihre Eigensüchteleien mit zur Geltung gebracht und bedauerlicherweise gegenüber dem Willen des Volkes und seiner Intelligenz durch ihr religiös gleichgültiges Verhalten eine Mauer errichtet. Wir bitten diejenigen, welche diese Mauer errichtet haben im Namen der Heimat, sie wieder abzureißen.

    Generäle und Offiziere! Es gibt Tausende von Männern, die Zeugen dieser elf-einhalb Verbrechen sind. Vielleicht ist halb Istanbul Zeuge einiger davon. Wenn ich auch mit einer Strafe für diese elf-einhalb Verbrechen einverstanden bin, so bitte ich doch, mir auf diese elf-einhalb Fragen eine Antwort zu geben. Zudem habe ich bei all meiner Sünde doch auch etwas Gutes getan. So möchte ich sagen:

    Ich habe mich der Unterdrückung durch die Partei hier widersetzt, die sich parlamentarisch nennt und den Absolutismus praktiziert und ihren Namen "für Einheit und Fortschritt" in den Schmutz zieht, die Begeisterung aller lähmt und bewirkt, dass ihnen die Freude vergeht, die Gefühle der Selbstsucht und Parteilichkeit erweckt, Rassismus und verschiedene Vereinigungen einfacher Leute hervorbringt und somit Ursache zu Streitigkeiten wird.

    Es hat jeder seine Meinung. Zur Zusammenarbeit sind deshalb ein Landfriede, eine Generalamnestie und die Abschaffung der Privilegien notwendig. So soll niemand den anderen aufgrund seiner Privilegien wie Ungeziefer betrachten und so das gute Einvernehmen stören. Ich will mich nicht selbst rühmen!

    Aber ich sage: Wir sind aufrechte Muslime. Wir betrügen nicht, wenn man uns betrügt. Unser Leben zu retten, lassen wir uns nicht zu einer Lüge herabwürdigen" Denn wir wissen:

    اِنَّمَا الْحِيلَةُ فِى تَرْكِ الْحِيَلِ {"Der größte Betrug liegt in der Aufgabe des Betrugs.", d.h. darin, dass ich das aufgebe, was man mir als "Betrug" vorwirft.}

    Weil ich mich aber dem Namen einer wahren und gerechten (meshru) Parlamentarischen Monarchie (meshrutiyet) versprochen und verschworen habe, werde ich dem Absolutismus, gleich in welcher Form er auftritt - und sollte er selbst im Namen und Gewand der Meshrutiyet erscheinen - eine Ohrfeige erteilen, wo immer ich ihm begegne.

    Nach meiner Meinung tragen die Gegner der Meshrutiyet dadurch, dass sie die Meshrutiyet als bösartig, hässlich und gegen die Sheriah gerichtet bezeichnen, dazu bei, dass auch noch die Zahl der Gegner des Beirates weiter wächst. "Durch eine Änderung des Etiketts ändern sich keine Tatsachen".

    Weil aber nun der größte Fehler darin besteht, dass der Mensch sich selbst für fehlerfrei hält, gestehe ich meinen Fehler ein, dass ich ohne den Rat der Menschen anzunehmen, die Menschen dazu bringen wollte, von mir einen Rat anzunehmen. Ich habe die اَمْرِ بِالْمَعْرُوفْ „Emr-i bilma'ruf (Lehre von Gottes Gebot)“ nicht zur Wirkung kommen lassen und sie entwürdigt, weil ich ohne eigene Rechtleitung danach strebte, andere recht zu leiten.

    Aufgrund von Erfahrung steht fest, dass Strafe Folge eines Fehlers ist. Aber manchmal zeigt sich ein Fehler in Form eines anderen Fehlers, den man gar nicht begangen hat und verdient seine Strafe, obwohl man unschuldig ist. Gott schickt ein Unglück, wirft einen ins Gefängnis und übt somit Gerechtigkeit. Doch der irdische Richter bestraft ihn und begeht somit eine Ungerechtigkeit.

    Meine Herren von der Regierung! Ich hatte eine Ehre, mit der ich der Islamischen Nationalität dienen wollte. Aber Ihr habt sie zerstört. Ich hatte ungewollt einen trügerischen Ruhm, der von selbst entstanden war und durch den ich auf das Volk einwirkte, wenn ich es belehrte. Und ich bin sehr froh darüber, dass Ihr ihn vernichtet habt. Nun hängt mein Leben nur noch an einem Faden und ich bin seiner überdrüssig geworden. Pfui über mich, wollte ich meine Hinrichtung verhindern. Ich wäre kein Mann, ginge ich nicht lachend in den Tod.

    Meine formelle Verurteilung wird zur Folge haben, dass nun ihr eigenes Gewissen sie verurteilt. Diese Lage ist nicht mein Schaden, sondern mein Ruhm. Doch dem Volk habt Ihr geschadet. Denn Ihr habt zerstört, was meine Beratung (nasihat) wirksam machte. Zum zweiten ist es Euer eigener Schade. Denn ich werde in der Hand Eurer Gegner ein unwiderlegbares Beweisstück sein. Sie haben mich mit Ihrem Prüfstein erprobt. Hättet Ihr die Männer, die Ihr als aufrecht bezeichnet mit diesem Prüfstein erprobt, wie viele von ihnen hätten sich als zuverlässig erwiesen?

    Ginge das Parlament (meshrutiyet) aus der Diktatur einer Partei hervor und verhielte es sich der Sheriah entgegengesetzt, فَلْيَشْهَدِ الثَّقَلاَنِ اَنِّى مُرْتَجِعٌ (*[16]) Denn eine Einheit durch Lüge ist trügerisch und wenn die Bezeichnung "Parlamentarische Monarchie (meshrutiyet)" Subversion bedeutet, dann ist sie irreführend. Sie kann nur dann aufrechterhalten werden, wenn sie Recht, Aufrichtigkeit und die Abschaffung der Privilegien beinhaltet.

    ...

    Dieser fürchterliche Blitz- und Donnerschlag eines Gewittersturms, der "die Ereignisse um den 31. März" genannt wird, bereitete unter den gegebenen Umständen natürlicher Weise einer Diktatur den Weg, in deren Folge sich aus dem totalen Durcheinander mit Gottes Hilfe aus dem Munde der Aufständischen der Schrei nach der allzeit wunderbaren Sheriah erhob. Und weil sie dazu verhalf, diesen Sturm ungewöhnlich leicht zu überstehen, klagte sie die Zeitungen ab Mitte April bei Gott an. Die Wahrheit wird offensichtlich, wenn man die sieben Probleme, die dieses Ereignis zur Folge hatte, und in diesem Zusammenhang die folgenden sieben Umstände betrachtet. Es sind die folgenden:

    1- Dieser Aufstand war zu neunundneunzig Prozent eine Bewegung, die sich gegen die "Partei für Einheit und Fortschritt" richtete, gegen ihr Regime und ihre Despotie.

    2- Der Parteien Zank und Hader in der Frage der Umbesetzung der Ministersessel.

    3- Der Versuch, die Absetzung des in Bedrängnis geratenen Sultans zu verhindern.

    4- Der Versuch eine Mauer des Widerstandes gegenüber den Grundsätzen aufzubauen, die soldatischem Empfinden und den im Glauben verwurzelten Sitten widersprechen.

    5- Der Versuch, den Mörder des Hassan Fehmi Bey zu finden, dessen Fall außerordentlich aufgebauscht worden war.

    6- Diejenigen, welche sich außerhalb des revolutionären Kerns befanden und die Offiziere vor einer ungerechten Behandlung zu bewahren.

    7- Die Beschränkung der Freiheit durch das Verbot der Zuchtlosigkeit (sefehat) und durch die von der Sheriah geprägte Sitte und die Durchführung der Vergeltung und des Abhackens der Hände ohne jede Ausnahme, worunter das einfache Volk eine Politik im Sinne der Sheriah versteht.

    Doch der Grund war Morast... Falle und Plan waren schon aufgestellt. Die Disziplin, die den Soldaten heilig ist, wurde ihnen zum Opfer gebracht. Die Hauptgründe dafür waren einerseits bei den Parteien zu suchen, die nur für ihre eigenen Zwecke arbeiteten und sich zerstritten, andererseits die Zeitungen, die an Stelle nüchterner und sachlicher Berichte Übertreibungen, Lügen und wilde Gerüchte druckten. Und so wie man auf einem siebenfarbigen Kreisel nur noch weiß erkennt, so trat von den sieben Forderungen nur noch der weiße Strahl der Sheriah hervor und bildete eine Mauer vor dem Verderben.

    ...

    Ich betone ausdrücklich: Bei uns ist eine Entwicklung nur dann möglich, wenn sich die Islamiyet, die unsere Nationalität ist, bei uns entwickelt und die Sheriah zur Realität wird. Anderenfalls wird das Sprichwort durch uns seine Bestätigungen finden: "Er hat seine Gangart aufgegeben, ohne eine andere Gangart angenommen zu haben."

    Ja, wir müssen uns mit einem Gefühl für Ruhm und Ehre der Islamiyet, für den Lohn im Jenseits, für die nationale Gemeinschaft, für islamische Begeisterung, für die Liebe zum Vaterland und für die Liebe zum Glauben wappnen.

    Meine Herren Generäle und Offiziere! Ich wünsche eine Strafe für meine Verbrechen und jetzt auch eine Antwort auf meine Fragen. Weil der Islam zur Blüte des Humanismus und die Sheriah zur Blüte von Tugend und Zivilisation empor führt, ist die Islamische Welt würdig, eine Stadt platonischer Tugenden zu werden.

    Erste Frage: (*[17]) Welches ist die Strafe derer, welche - betrogen von den Zeitungen - die Teilnahme an dem Aufstand leichtgläubig für legal gehalten haben und einer allgemeinen Gewohnheit folgend vom Strom der Massen mit fortgerissen wurden?

    Zweite Frage: Was ist die Strafe für diejenigen, die einen Menschen angegriffen haben, der in die Haut einer Schlange geschlüpft ist, für einen Heiligen, der in der Gestalt eines Räubers daher kommt, oder für diejenigen, welche die Meshrutiyet angreifen, nachdem sie die Form einer Tyrannei angenommen hat? Denn in der Tat sind es doch Schlangen, Räuber und Tyrannen.

    Dritte Frage: Kann etwa nur eine einzelne Person ein Gewaltmensch sein? Können denn nicht auch mehrere Personen Gewaltmenschen sein? Nach meiner Meinung gehört zu einem Gesetz auch die Macht, es durchzusetzen. Sonst bereitet sich Gewaltherrschaft aus und wird von den Mitgliedern der Komiteen noch verstärkt.

    Vierte Frage: Was ist schlimmer: einen Unschuldigen hinzurichten oder zehn Verbrecher laufen zu lassen?

    Fünfte Frage: Werden Anhänger einer Überzeugung oder einer Idee, wenn man sie durch äußeren Druck in die Knie zu zwingen versucht, nicht stattdessen zu noch mehr Zank und Streit beitragen?

    Sechste Frage: Wie kann die Einheit der Nation, welche die Quelle unseres sozialen Lebens ist, anders zustande gebracht werden, wenn nicht durch die Abschaffung der Privilegien?

    Siebente Frage: Wenn die Gleichheit aller aufgehoben und auf wenige beschränkt wird, sodass es nach außen so aussieht, als würden die Gesetze voll und ganz eingehalten, werden dann nicht durch diese Ungleichheit in gewisser Hinsicht Gewalt und Selbstsüchteleien gefördert? Wenn es sich schon durch Freisprüche und Entlassungen herausstellt, dass die meisten der Verhafteten, d.h. achtzig Prozent von ihnen, unschuldig waren, wird dann nicht etwa dieser Zustand vom Standpunkte der Mehrheit aus betrachtet, schließlich zu Gedanken des Hasses und der Rache führen? Ich spreche hier nicht über das Kriegsgericht. Vielmehr sollen deren Ankläger darüber nachdenken.

    Achte Frage: Wenn eine Partei ein Privileg für sich in Anspruch nimmt und wenn sie jedermann an seiner empfindlichsten Stelle angreift, verletzt, in die Enge treibt, bis dass sich schließlich jedermann als gegen die Meshrutiyet eingestellt erzeigt und jedermann diese gnadenlose Tyrannei bekämpft, die sie unter dem Deckmäntelchen der Meshrutiyet betreibt, dass sie selbst sich angezogen hat, wer trägt dann wohl die Schuld dafür?

    Neunte Frage: Wenn zuerst der Gärtner selbst die Türe zu seinem Garten offen ließe, so dass jedermann hineingehen kann, und danach ein Unglück geschähe: wer trüge dann die Schuld daran?

    Zehnte Frage: Wenn man erst Rede- und Gedankenfreiheit gewährt, danach aber daran Kritik übt, steckt dann wohl nicht ein Plan dahinter, das arme Volk ins Feuer zu werfen? Und wenn das nicht so wäre, käme einem dann nicht der Gedanke, eine andere Ausrede dafür zu erfinden?

    Elfte Frage: Jeder schwört einen Eid auf die Meshrutiyet. Wenn aber nun jemand sich in Widerspruch zu dem setzt, was der Name "Meshrutiyet" besagt, oder aber dazu schweigt, wenn andere ihr entgegengesetzt handeln, müsste der nicht um seines Eides willen Buße tun? Und würde das Volk dann nicht zum Lügner? Und würde nicht die öffentliche Meinung, die daran doch gar nicht schuld ist, zur Lüge werden, kindisch und unfähig, zwischen gut und böse zu unterscheiden?

    Zusammenfassung: Jetzt ist eine grausame Tyrannei, Unterdrückung und Unwissenheit an der Regierung. Es ist als ob die Tyrannen sich mit den Spitzeln gegenseitig beraten. Also war es gar nicht ihre Absicht, bei Sultan Abdulhamid die Freiheit zu erzwingen, sondern an die Stelle von ein wenig leichter Tyrannei eine noch vielfältigere und grausamere zu setzen!

    Eine halbe Frage: Wenn jemand über einen Menschen, dessen zarter und schwacher Körper die Stiche der Mücken und Wespen nicht zu ertragen vermag und sich nun verzweifelt abmüht und plagt, sie zu verscheuchen, sagte: "Der will nicht etwa die Mücken und Wespen vertreiben, sondern vielmehr den großen Löwen wecken, damit dieser ihn angreifen soll." - welch einen Dummkopf könnte der mit so einem Gerede überzeugen?

    Aber es steht mir jetzt nicht zu, hier nun die andere Hälfte dieser Frage zu stellen!

    Meine Herren Generäle und Offiziere! Ich betone mit allem Nachdruck:

    Ich stehe voll und ganz zu jeglicher Wahrheit, die ich in allen meinen Zeitungsartikeln zur Veröffentlichung gebracht habe. Wäre ich in längst vergangener Zeit im Namen der Rechtsvorschriften der Sheriah vor das Gericht jenes "Glücklichen Zeitalters" gestellt worden, ich hätte dieselbe Wahrheit vertreten, so wie ich sie veröffentlich habe. Ich hätte sie besten Falls den Erfordernissen der Auffassung jener Zeit entsprechend gekleidet.

    Und würde ich in der Zukunft - nach 300 Jahren - von der Geschichte vor das Gericht kritischen Denkens gestellt werden, ich würde wiederum dort dieselbe Wahrheit aufzeigen, nachdem ich einige Stellen nachgebessert hätte, dort wo durch Wachstum und Fortschritt Risse und Löcher entstanden sind.

    Das heißt also: die Wahrheit verändert sich nicht. Die Wahrheit bleibt wahr.

    اَلحَقُّ يَعْلُوا وَلاَ يُعْلٰى عَلَيْهِ {"Sie (= die Wahrheit) ist hoch und erhaben und nichts reicht über sie hinaus (= sie wird nicht überragt)."}

    Das Volk ist erwacht. Man kann es nicht weiterhin durch Sophistereien und leeres Gerede betrügen. Ein Traum, den man für wahr hält, hat nur ein kurzes Leben. Und wo das Volk mündig geworden ist, wird die öffentliche Meinung wie ein Quell alle Betrügereien und Sophistereien hinwegspülen und die Wahrheit wird ans Licht kommen, insha-a'llah.

    Der quälende Zustand Eurer Gefängnisse: die fürchterliche Zeit, der schreckliche Ort, die eingeschüchterten Gefangenen, die verlogenen Zeitungen, das verworrene Denken, die Melancholie der Herzen, die Traurigkeit und die Verzweiflung im Gewissen, die anfängliche Schadenfreude der Beamten, dazu noch die Aufdringlichkeit der Wärter: dieser ganze Zustand war für mich wie ein Vergnügen, weil mich mein Gewissen nicht quälte. Alle die verschiedenen Arten von Unglück drangen wie verschiedene Arten von Musik an mein Ohr.

    Und auch die Lektion, die ich vergangenes Jahr im Irrenhaus gelernt habe, habe ich jetzt in dieser Schule zu Ende geführt. Und weil die Zeit des Unglücks eine lange ist, ist auch meine Lektion eine lange. Die kindliche Trauer und der Kummer des unschuldig Gefangenen, - die der Seelenzustand in dieser Welt sind, haben mich die Lektion gelehrt: "Liebe (shefqat) da wo Schwäche (daif), und heftiger Abscheu, wo Unbarmherzigkeit ist".

    Ich habe eine große Hoffnung, dass die "Ach!" und "Oh!" und "Weh!" Schreie aus den Herzen vieler Unschuldiger durch die Hitze der Trauer verdampft werden und die Gestalt segenspendender Wolken annehmen. Und mit der Bildung ganz neuer islamischer Staaten in der Islamischen Welt beginnen sich diese segenspendenden Wolken zu bilden.

    Wenn aber die Zivilisation den Boden für solche Ausschreitungen bereitet, die der Ehre Abbruch tun, für Verleumdungen, aus denen die Zwietracht erwächst, für Gedanken an gnadenlose Rache, für teuflische Sophistereien, für Handlungen, wie sie aus der Gleichgültigkeit gegenüber dem Glauben entstehen, dann möge ein jeder dessen Zeuge sein, dass ich an Stelle dieser Stätte des Zornes, die man "das glückliche Schloss der Zivilisation" nennt, die Zelte der Nomaden in den hohen, wilden und rauhen Bergen, in der vollkommenen Freiheit der östlichen Provinzen bevorzuge. Denn die Freiheit der Gedanken und der Rede, die Geradheit und Eintracht der Herzen herrschen noch im wahren Sinne des Wortes in den Bergen von Ost-Anatolien so, wie ich es in den Städten der mehr ärgerlichen als bürgerlichen (mimsiz medeniyet) nicht gefunden habe.

    Soweit ich das weiß, sind die Redakteure redliche Leute (edinlrt efebli). Ich sehe, dass manche unredliche unter ihnen mit ihren Zeitungen Rachsucht verbreiten. Sollte es mit der Redlichkeit so weit gekommen sein und die öffentliche Meinung so verwirrt sein, dann seid Ihr die Zeugen dafür, dass ich mich von solcher Art "Redlichkeit" distanziert habe. Ich habe dergleichen auch nie geschrieben. Ich werde auf den hohen Bergen meiner Heimat, nämlich auf dem Baschid, die großen Dinge, die Himmelskörper und die Tafeln der Welt (= die Natur) an Stelle der Zeitungen studieren.

    Frei die Quelle unseres Segens der nutzlosen Dinge Begehr, Frei die urewige Gnadengabe durch aller Höhen und Tiefen Verzicht,

    Frei auch wir von ständig neuem Erhoffen und Wünschen ohne Schranken,

    So sehr schon Medjnun (wahnsinnig) geworden,

    dass wir verzichten, Leyla (Nacht) zu begegnen...

    Ermahnung: Meine Ablehnung der Zivilisation wird Euch nachdenklich machen. An Stelle einer Zivilisation, die Unterdrückung, Zuchtlosigkeit und Würdelosigkeit mit sich bringt, bevorzuge ich das Nomadentum. Diese Zivilisation macht den Einzelnen arm, zuchtlos und unsittlich. Weil aber die wahre Zivilisation der Entwicklung und Vervollkommnung des Menschengeschlechtes und der Entfaltung der in ihr vorhandenen Anlagen dient, heißt Zivilisation anzustreben, d.h. unter diesem Blickpunkt betrachtet, Menschlichkeit zu erstreben.

    Und auch der Grund meiner Liebe und Leidenschaft für das Verständnis der Meshrutiyet ist folgender:

    die erste Türe zur künftigen Entwicklung Asiens und der Islamischen Welt ist die parlamentarische Monarchie auf der Grundlage der Sheriah und die Freiheit im Rahmen der Sheriah! Und der Schlüssel zu Schicksal, Thron und Glück des Islam ist die gegenseitige Beratung innerhalb eben dieser Meshrutiyet. Denn bis heute stehen 370.000.000 Muslime unter der geistigen Bevormundung der Fremden. Wenn aber jetzt die Herrschaft des Islam in der Welt und von nun an, besonders aber in Asien zur Souveränität gelangt, wird jeder einzelne Muslim auch wirklich ein Stückchen dieser Souveränität besitzen. Und Freiheit ist der einzige Weg, 370.000.000 Muslime aus der Gefangenschaft zu erretten. Und auch wenn wir davon ausgehen, dass 20.000.000 Seelen für die Aufrichtung der Freiheit großen Schaden erleiden müssten, selbst dann noch wäre das ein Opfer, zu dem wir 20 geben für 300, die wir bekommen.

    Ach, wie schade ist das doch! Bei uns sind die Rassen- und Völkerverhältnisse so komplex wie die Luft, deren chemische Elemente nicht so miteinander verbunden sind wie im Wasser. Insha-a'llah werden die Völker durch die Elektrizität der Wahrheit des Islam miteinander verbunden werden, ihre Kräfte sich in den wärmenden Strahlen der Erkenntnis des Islam vereinigen und in Gerechtigkeit einen gemeinsamen maßvollen Charakter formen!

    Hochlebe die parlamentarische Monarchie auf der Grundlage der Sheriah! Möge es denen wohl ergehen, die - erzogen durch die Wahrheit der Sheriah - und nachdem sie einen vollkommenen Unterricht erhalten haben, das Licht der Freiheit tragen!

    {Nun folgt ein dreifaches Wortspiel um den Namen "Bediuzzaman", welcher in der Mitte erscheint. (A.d.Ü.)}

    Said Nursî

    * * *

    Begegnung mit einem russischen Polizisten Danach blieb er nicht mehr lange in Istanbul, verließ Istanbul, um nach Van zu gehen, nahm seinen Weg nach Van über Batum und unterbrach seine Reise in Tiflis. In Tiflis bestieg er den Scheich-San'an-Berg. Als er sich aufmerksam umsah, trat ein russischer Polizist zu ihm und fragte: - Warum sehen Sie sich so aufmerksam um?

    Beduizzaman: - Ich entwerfe einen Plan für meine Medresse.

    Polizist: - Wo wohnen Sie?

    Beduizzaman: - Ich stamme aus Bitlis.

    Polizist: - Das hier ist Tiflis!

    Beduizzaman:- Bitlis und Tiflis sind einander Brüder.

    Polizist: - Was soll das heißen?

    Beduizzaman: - In Asien und der Islamischen Welt erstrahlen nacheinander drei Lichter. Bei Ihnen entstehen übereinander drei Finsternisse. Der Vorhang des Tyrannen wird zerrissen werden und fallen. Dann werde auch ich wieder hierher kommen und meine Medresse erbauen.

    Polizist: - Oho! Was Sie nicht sagen!... Ihre Zuversicht versetzt mich in Erstaunen.

    Beduizzaman: - Und was mich in Erstaunen versetzt ist Ihr Verständnis! Können Sie diesem Winter Dauer und Beständigkeit verleihen? Jedem Winter folgt sein Frühling und jede Nacht hat ihren Tag.

    Polizist: - Die Lande des Islam, haben sie sich nicht gespalten und getrennt?

    Beduizzaman: - Sie sind zum Studium gegangen. Sehen Sie, da ist z.B. Indien, ein begabter Sohn des Islam. Er besucht das Gymnasium der Engländer. Ägypten ist ein intelligentes Kind des Islam. Es nimmt Unterricht in den politischen Wissenschaften der Engländer. Kaukasien und Turkestan sind zwei tapfere Nachfahren des Islam. Sie studieren auf der russischen Militärakademie. Usw...

    Ya Hu (= Oh Er)! Nachdem diese edlen Söhne ihre Zeugnisse erhalten haben, wird jeder einzelne von ihnen an der Spitze seiner Truppe die Fahne des Islam, der ihr ruhmreicher und gerechter Vater ist, den Horizonten der Vollendung entgegentragen, um ihrer urewigen Bestimmung gemäß und allen Umständen zum Trotz das Geheimnis urewiger Weisheit, wie sie in der Erschaffung des Menschengeschlechtes begründet liegt, zu verkünden.

    * * *

    Sobald sich seine Ankunft in Van vollzogen hatte, begann er die verschiedenen Sippen- und Stammesverbände zu besuchen und bemühte sich, ihnen auf sozialem, kulturellem und wissenschaftlichem Gebiet Rechtleitung zu geben. Zu diesem Zweck gab er auch ein "Münazarat" (Diskussionen) genanntes Buch in Frage-und-Antwort-Form heraus.

    Die Dialoge Bediuzzamans mit den Politikern einerseits, den Sippen- und Stammesverbänden andererseits, rufen ohne Zweifel Teilnahme und Interesse wach. Aus all dem wird ersichtlich, dass einzig die Ausbreitung des Lichtes des Islam und der Wahrheit des Qur'an in der Welt Ziel und Zweck dieses Mannes waren und er selbst diese seine Aufgabe als Verkünder des Qur'an ein Leben lang erfüllt hat.

    Einige Beispiele für die Dialoge und Diskussionen Bediuzzamans mit den Stämmen in den östlichen Provinzen.

    Frage: Für den Glauben darf kein Schaden entstehen, was immer auch geschehen mag(?!)

    Antwort: Der Islam gleicht der Sonne. Man kann sie nicht ausblasen. Er gleicht dem Tag und verwandelt sich nicht in Nacht, wenn man die Augen schließt. Wer seine Augen schließt, hat allein für sich selbst die Nacht. Ist es besser, die Verteidigung des Glaubens einem armseligen abgesetzten Präsidenten, oder den kriecherischen Beamten, oder jenem Teil der Offiziere zu überlassen und anzuvertrauen, die zu logischem Denken kaum in der Lage sind? Oder ist es besser, sie jenem leuchtenden Stützpfeiler und jener Begeisterung zu überlassen, die einem diamantenen Schwerte gleicht, das gebildet wird aus dem Brennpunkt der Strahlen der göttlichen Lichter, welche die Liebe im Herzen eines jeden Menschen sind, die aus dem Glauben erwächst und aus der Sammlung sprühender Funken islamischer Begeisterung und welcher jene islamische Haltung trägt, welche den Hintergrund der öffentlichen Meinung des Volkes darstellt? Urteilen Sie selbst!

    Ja, dieser leuchtende Stützpeiler gleicht, mit einem Kopf voll Kühnheit und einem Auge, das alles überwacht, einer geistigen Gestalt, die sich den Schutz des Glaubens auf ihre Schultern geladen hat. Sie sehen ja, dass diese verschiedenen voneinander getrennten Funken sich ganz langsam und allmählich zueinander hingezogen fühlen, und beginnen sich zu Strahlen zu vereinigen und Strahlenbündel miteinander zu bilden. Es ist zu einem Grundsatz der Philosophie geworden, dass ein Wort noch eindringlicher, ein Urteil noch erhabener und ein Eindruck noch nachhaltiger wirkt, wenn er aus der Haltung des Glaubens, insbesondere des wahren, der Natur entsprechenden Glaubens (din-i haqq-i fitrinin) erwächst.

    Ja, in der Tat... wenn die Mücke aufhört mit ihrem Sirren und die Biene einhält in ihrem Summen, lasst euch durch nichts eure Begeisterung zerstören und bedauert nichts. Denn die Göttliche Kapelle, durch deren Klang das All ertanzt und die Geheimnisse der Wahrheit in ein Erschwingen geraten, spielt nie zu Ende, tönt und dröhnt immer fort.

    Der König der Könige, der urewige Sultan (Sultan-i Ezeli) erfüllt die ganze Welt mit Seiner Göttlichen Musik, die der Qur'an genannt wird und im Himmelsgewölbe gewaltig widerhallt. Sie wird von den Hirnen, Herzen und Mündern der Gelehrten, der Scheiche und Prediger wie von den Wänden einer Höhle zurückgeworfen, entströmt ihren Lippen gleich einem Echo. Von all diesen verschiedenen Widerklängen tönt und dröhnt die Erde und wird von ihnen in Schwingung versetzt.

    In all den islamischen Büchern verkörpert sich dieses Echo, schlägt sich nieder in ihrem Druck, wird in ihnen zur Trommel, zur Saite einer Zither, gleicht ihrer Bespannung. Und jede einzelne Saite verkündet Ihn auf ihre Art. Vermag aber nun der, welcher diesen Klang des Himmels und des Geistes nicht hört und ihm nicht lauscht, die Stimme seines Emirs (= Fürsten oder Vorgesetzten) zu vernehmen, welche im Vergleich mit diesem Donnerklang dem Sirren einer Mücke ähnelt, oder die der Regierungsbeamten, welche dem Brummen einer Fliege gleich kommt?

    ...

    Frage: Man hat die Freiheit als etwas Verwerfliches hingestellt. Ja, man hat uns sogar erklärt, dass man gegen eine Freiheit nichts einwenden könne, gleich welcher Ausschweifung oder Schamlosigkeit ein Mensch sich überlassen möge, unter der Bedingung, dass er keinem anderem damit einen Schaden zufüge. Ist das etwa so?

    Antwort: Die so etwas behaupten, sprechen nicht über die Freiheit, sondern decken damit nur ihre Ausschweifungen und Schamlosigkeiten auf und fördern mit ihrem Geschwätz nur kindische Ausreden zu Tage. Denn die so empfindsame Pflanze der Freiheit macht es notwendig, sie durch ein untadeliges und hochanständiges Benehmen zu veredeln, wie es die Sheriah fordert. Denn eine Freiheit in Ausschweifung und Schamlosigkeit ist gar keine Freiheit, sondern rohe Ungeschliffenheit, nicht menschlich, sondern tierisch, eine Tyrannei des Teufels, Knechtschaft der triebverhafteten Seele.

    Freiheit heißt das Gesamtergebnis aller Körnchen Freiheit jedes einzelnen Individuums. Und freiheitlich nennt man eine Handlungsweise, die weder der eigenen noch einer fremden Menschenseele Schaden zufügt.

    Aber, Ihr Nomaden! Die Freiheit, die Ihr habt, ist nur ihre Hälfte, deren andere ist, die Freiheit des anderen nicht zu verletzen. Zudem findet sich eine Freiheit, die sich zusammensetzt, aus der Unabhängigkeit von der Sorge um den täglichen Lebensunterhalt und einem Leben in freier Wildbahn auch bei Euren Nachbarn, den Tieren auf den Bergen. Insoweit wie diese armen wildlebenden Tiere froh und zufrieden sind, haben auch sie ihre Freiheit.

    Jene Freiheit aber, welche die Geliebte der Seele, und wahrer Menschlichkeit ebenbürtig ist, strahlt wie die Sonne. Und das ist jene Freiheit, welche veredelt durch die Erziehung (terbiye) zur Erkenntnis (marifet), zur Tugend (fadilet) und zum Islam, gewandet in das Ehrenkleid des Paradieses, das Schloss der Kultur und froher Zufriedenheit bewohnt.

    ...

    Frage: Auf welche Weise kann diese Freiheit eine Eigenschaft des Glaubens sein?

    Antwort: Ein Mann, der durch das Band des Glaubens ein Diener des Königs des Alls geworden ist, entwürdigt sich nicht und lässt sich nicht dazu herab, sich unter die Gewaltherrschaft und Unterdrückung eines anderen zu begeben, weil dieser Mann aus seinem Glauben heraus in Ehrenhaftigkeit und Tapferkeit verharrt; in gleicher Weise lässt dieser Mann aus seinem Glauben heraus nicht von der Liebe ab, sondern vielmehr verletzt er nicht das Recht und die Freiheit eines anderen!

    Ja, ein aufrechter Diener eines großen Königs erniedrigt sich nicht unter die Herrschaft eines Hirten. Ein solcher Diener entwürdigt sich auch nicht dazu, Herrschaft über einen Hilflosen auszuüben. Das heißt, in dem Maße, in dem der Glaube vollkommen ist, in gleichem Grade erstrahlt auch die Freiheit. So war es in dem "Glücklichen Zeitalter"!...

    Frage:

      Wie wäre es denn möglich, sich einem großen Manne, einem Heiligen, einem Scheich, einem großen Gelehrten gegenüber noch frei zu fühlen! Es ist ihr Recht, uns aufgrund ihrer besonderen Vorzüge zu beherrschen. Wir sind in ihrem hervorragenden Charakter befangen.
    

    Antwort: Ein Heiliger, ein Scheich, ein Großer zu sein, bedeutet Schlichtheit und Bescheidenheit (tevazu ve mahviye), nicht Stolz und Überlegenheit (tekebbur ve tahakkum)! Das heißt, wer sich als stolz gebärdet wie ein Kind, das den Scheich spielt, den sollte man nicht als groß ansehen!

    ...

    Frage: Ach was sollen wir nur über diese abscheulichen Schlangen sagen, die unsere erhabene Hoffnung, welche uns Trost gibt, in Verzweiflung verwandeln und schon ihre Mäuler geöffnet haben, das Leben um uns herum zu vergiften und das Reich zu zerteilen.

    Antwort: Fürchtet sie nicht! Kultur (medeniyet), Charakterfestigkeit (fadilet) und Freiheit beginnen in unserer Welt und ihren Menschen das Übergewicht zu erlangen; damit beginnt auch zwangsläufig die andere Waagschale langsam und allmählich leichter zu werden. Nehmen wir einmal den unmöglichen Fall an, man würde von uns einen nach dem anderen töten - was Gott verhüten möge! - so dürfen wir doch sicher sein: töten sie 20 von uns, werden wir zu 300 wieder auferstehen. Haben wir erst einmal den Staub der Schmach und der Zwietracht von unseren Köpfen abgewischt, werden wir als wahrhaft erleuchtete und vereinigte die Vorhut in der Karawane der Söhne des Menschengeschlechtes bilden. Wir fürchten uns nicht vor dem Tod, der uns nur in ein noch intensiveres, stärkeres Leben führen wird, das uns dann für immer und ewig bleibt. Auch wenn wir sterben, wird doch der Islam weiterleben. Es blühe die heilige Nation!...

    Frage: Wie können wir mit Nicht-Muslimen gleichgestellt werden?

    Antwort: Die Gleichstellung erfolgt nicht unter Berücksichtigung von Charakterfestigkeit und Ehrenhaftigkeit (fadilet ve sheref), sondern vor dem Gesetz (hukuk). Denn vor dem Gesetz gibt es keinen Unterschied zwischen arm und reich. Könnte denn die Sheriah, die sagt: "Zertretet keine Ameise mit Absicht!" und verbietet, sie zu quälen, die Menschenrechte verachten? Keineswegs... nur haben wir uns nicht daran gehalten. Ja, ich glaube, dass die Verhandlung zwischen Imam Ali (RA) und einem einfachen Juden, der Prozess eines armen Christen gegen Salahaddin Eyyubi, auf den Ihr so stolz seid, diesen Fehler wieder zurecht rückt.(*[18])

    Denn in einer parlamentarischen Monarchie liegt die Herrschaft in den Händen des Volkes, während die Regierung Ihr Diener ist. In der Meshrutiyet sind, wenn sie recht und wahr ist, die Bürgermeister und die Präsidenten keine Anführer, sondern ihre bezahlten Diener.

    (Eine Antwort bezüglich der Ereignisse um den 31. März)

    Die Ereignisse um den 31. März habe ich etwa folgendermaßen erlebt: Islamische Idealisten und Patrioten in ihrer Begeisterung für die Meshrutiyet haben, um die Gnadengabe der Meshrutiyet, deren Bedeutung als Essenz des Lebens sie erkannt hatten, im Sinne der Sheriah zu nutzen, und um die Inhaber der Regierung in der rechten Richtung (qible) zu einem Gebet (namaz) anzuleiten, das "Gerechtigkeit" heißt, und um der heiligen Sheriah durch die Kraft der Sheriah eine bleibende Stätte zu bereiten, und um die Gegner der Sheriah für die schlimmen Folgen ihrer Taten zur Verantwortung zu ziehen, einige Grundsätze aufgestellt und verschiedene Einzelheiten dementsprechend durchgeführt. Danach aber dachten diejenigen, welche rechts von links nicht unterscheiden können, dass man - was Gott verhüten möge - die Sheriah zu diktatorischen Zwecken missbrauchen könne und sagten: "Wir wollen die Sheriah!" nur noch so, wie das die Papageien nachplappern, wodurch die wahren Ziele der Bewegung in Verwirrung gerieten. Und damit waren alle Pläne ohnehin schon zunichte geworden. So haben in damaliger Zeit ein paar Schurken, welche ihre Verlogenheit hinter einer Maske von Begeisterung versteckten, diesen heiligen Namen in Misskredit gebracht. Und so wäre nun hier der geeignete Platz aus diesem schwarzen Fleck (in der Geschichte) seine Lehren zu ziehen!(*[19])

    ...

    Ein Mensch von Einsicht und Verstand (aqil ve fikr) kann, nach meiner Meinung, seiner Natur (fitrat) und seinem Gewissen (vidjdan) nach in der Tat niemals den Islam aufgeben, wenn er einem islamischen Hause entstammt, auch dann nicht, wenn er dem Islam bereits gleichgültig gegenüber stünde. Auch der dümmste und missratenste unter ihnen wird sich mit ganzem Herzen für den Islam als seine feste Stützmauer einsetzen. Und besonders diejenigen, welche eine Ahnung von Politik haben...

    Außerdem lehrt uns die Geschichte, dass seit der "Glücklichen Zeit" bis heute niemals ein Muslim nach dem Urteil seines Verstandes eine andere Religion dem Islam vorgezogen habe und aufgrund von Beweisen zu einer anderen übergetreten sei. Zwar gibt es Menschen, die ihren Glauben aufgeben. Doch das ist eine andere Frage. Dabei ist die Nachahmung nicht von Wichtigkeit. Denn die Angehörigen anderer Religionen treten gewiss scharenweise in den Kreis der Muslime ein und werden es auch weiterhin tun, weil sie dem Urteil ihres Verstandes und absolut sicheren Beweisen folgen. Sie werden in Zukunft scharenweise übertreten, wenn nun auch wir ihnen den wahren Islam und eine Aufrichtigkeit und Rechtschaffenheit zeigen können, die des Islam würdig ist.

    Zudem lehrt uns die Geschichte: der kulturelle Aufschwung der Anhänger des Islam ist davon abhängig, inwieweit diese den Islam in die Realität umsetzen, während der zivilisatorische Fortschritt aller anderen im umgekehrten Verhältnis zu ihren religiösen Bindungen steht.

    Zudem lehrt uns die Realität, dass ein Mensch, der sich seiner Notlage bewusst geworden ist, nicht ohne religiöse Führung bleiben kann. Wenn der Mensch, der Zeitlichkeit verlobt und der Ewigkeit versprochen, zu sich selbst gekommen ist und Menschlichkeit erfahren hat, kann er nicht mehr ohne religiöse Führung leben. Denn der erwachte Mensch kann nicht leben, wenn er nicht einen Stützpunkt findet, der ihm Rückendeckung gegen die Angriffe aller Welt verleiht, von dem aus er seine Hoffnungen verwirklichen und Hilfe erhalten kann, also ein Samenkorn der Wahrheit, welches der wahre Glaube ist. Aus diesem Grunde erwacht in jedem das Interesse, den wahren Glauben zu suchen und zu finden. Es gilt also für die Zukunft des Menschengeschlechtes als ein gutes Zeichen, dass der Islam seine natürliche Religion (din-i fitri) sein wird.

    Oh Ihr Ungerechten! Wie eng seht Ihr doch die Wahrheit des Islam, die doch geeignet ist, die Welt in sich aufzunehmen, zu vereinigen, zu erleuchten. Ihr habt den Islam auf die Armen und einen Teil fanatischer Hodjas beschränkt und wollt so die Hälfte seiner Anhänger aus seiner Gemeinschaft hinauswerfen! Der Islam ist ein leuchtendes Schloss, das alle Vollkommenheit in sich gesammelt hat und alle erhabenen Gefühle der Menschheit in sich nährt. Wie könnt Ihr es wagen, es als ein schwarzes Zelt, gleich einem Trauerkleid zu betrachten, bestimmt für einige Arme, Nomaden und Feinde des Fortschritts! Ja, ein jeder ist von seinem Spiegelbild abhängig. Das heißt, Euer schwarzes, verlogenes Spiegelbild zeigt es Euch so.

    Frage: Du übertreibst. Du hältst eine Utopie für die Realität. Und du beleidigst uns auch, indem du uns als ungebildet hinstellst. Diese Zeit ist die Endzeit. Und mit der Zeit wird alles noch schlimmer werden?

    Antwort: Warum sollte diese Welt, die doch für jedermann Fortschritt bedeutet, nur für uns allein eine rückschrittliche Welt sein?! Ja, wirklich? Ich werde nicht mehr mit ihnen reden, mich von ihnen abwenden und zu Menschen in der Zukunft sprechen.

    Oh Ihr, verborgen im Schoße jener großen Zeit, die in 300 Jahren kommen wird, die Ihr das Wort des Lichts (Nur) schweigend hört und uns aus dem Unsichtbaren herüber anblickt, Ihr Said, Hamza, Ömer, Osman, Tahir, Yusuf, Ahmed usw. Ich richte mein Wort an Euch. Erhebt Eure Häupter und sagt: "Sadaqte" (Es stimmt!). Und so zu sprechen sei Eure Pflicht. Diese meine Zeitgenossen wollen mich nun einmal nicht hören. Ich spreche zu Euch aus den Bächen der Vergangenheit, die Geschichte genannt wird, über das drahtlose Telefon hinüber in Eure große Zukunft hinein. Was soll ich machen? Ich habe mich so sehr beeilt, dass ich erst im Winter angekommen bin, während Ihr schon in einem paradieses-gleichen Frühling ankommen werdet. Die Samen des "Nur", die wir jetzt aussäen, werden auf Eurem Boden aufgehen und blühen. Wir erwarten von Euch als Lohn das folgende:

    Ihr sollt unsere Gräber besuchen, wenn Ihr kommt, um das Land Eurer Vergangenheit zu besuchen. Und dann hängt bitte einige Geschenke Eures Frühlings an das Tor der Festung, die der Grabstein meiner Schule genannt wird und unsere Gebeine zu Gästen aufgenommen hat und das Grundstück von Horhor(*[20]) hütet. Wir werden dem Torhüter einschärfen, uns zu rufen. Aus unserem Grab werdet Ihr den Ruf: هَنِيئًلَكُمْ {"Willkommen"} hören.

    Diese Kinder, welche zusammen mit uns die Milch an der Brust der Zeit gesogen haben und deren Augen zurückschauen in die Vergangenheit und deren Vorstellungen ebenso irreal und verworren sind wie sie selbst, halten nun einmal die in diesem Buche(*[21]) dargelegten Realitäten für Utopie. Doch ich weiß, dass Ihr einmal bestätigen werdet, dass der Inhalt dieses Buches der Wahrheit gerecht wird.

    Oh Ihr, die Ihr mich jetzt hört! Vom Minarett des dreizehnten Jahrhunderts herab, auf seinem Kranze stehend, rufe ich alle, die nach außen hin zivilisiert erscheinen, innerlich aber religiös anständig geworden und den tiefsten Tiefen der Vergangenheit verhaftet sind, und lade sie ein, in die Moschee zu kommen.

    Oh Ihr unglückseligen auf zwei Beinen umherwandelnden Gräber, die Ihr den Islam aufgegeben habt, welcher doch der Geist beider Leben genannt werden kann! Versperrt nicht einer kommenden Generation die Tür. Auf Euch wartet das Grab. Geht fort! Lasst die neue Generation kommen, sodass die Wogen der Wahrheit des Islam in der Welt wahrhaftig hoch gehen!

    Frage: Waren unsere Altvorderen besser oder genauso wie wir? Und werden unsere Nachfahren schlechter sein als wir?...

    Antwort: Ihr Türken und Kurden! Sollte ich jetzt vielleicht ein Meeting veranstalten? Ich würde dann Eure Vorväter, die 1000 Jahre vor Euch gelebt haben, und Eure Nachfahren, die zwei Jahrhunderte nach euch leben werden, einladen, hier in dieses Tollhaus unseres Jahrhunderts zu kommen. Würden dann nicht vielleicht eure Ur- und Vorväter, die auf der rechten Seite in Reihen stehen, sagen:

    "Oh Ihr missratenen Kinder, die Ihr Euer Erbe verprasst habet! Seid Ihr die Frucht und der Erfolg unseres Lebens? Ihr habt uns wie unfruchtbare Greise werden lassen und gleich wie ohne Erben geblieben!"

    Und würden nicht Eure Nachfahren aus dem Lande der Zukunft herbeikommen und Euren Vorvätern auf der rechten Seite beipflichten, wenn sie auf der linken Seite stehen und sagen:

    "Oh Ihr unsere Vorväter, die Ihr Euch niemals bemüht habt! Sollen wir in Euch die keimhafte Anlage und die verkörperte Entfaltung unseres Lebens sehen? Seid Ihr der Mittelbegriff, der uns mit unseren ehrwürdigen Vätern zugleich verbindet und von ihnen abgrenzt?

    Oh! Und ach! was für eine unwahre und verwirrende und in sich zerstrittene Schlussfolgerung seid ihr doch geworden."(*[22])So also, Ihr Wandernomaden,(*[23])habt Ihr nun in der oben dar- und vorgestellten Szene(*[24])sehen können, wie die beiden Seiten auf diesem Meeting gegen Euch protestiert haben?

    (Kurzer Auszug weiterer Antworten)

    Wenn das so ist, dann sage ich: Ihr habt doch wirklich die wunderbare Gabe (istidad) der Tapferkeit (shedjaat). Denn würde etwa nicht einer, der, um eines Vorteils willen, oder um seiner persönlichen Ehre willen, oder um seines guten Rufes willen, oder um die Worte: "Herr So-und-so ist ein Held" zu hören, und ähnlicher unbedeutender Dinge willen sein Leben gering schätzt, oder sich selbst aufopfert, um der Ehre seines Fürsten willen, würde nicht ein solcher, wenn er zu sich selbst erwacht ist, für die Islamische Nation, die einem Schatze gleich wert ist, das heißt für 300.000.000 muslimische Brüder und für eine Islamische Nation,(*[25])durch die er selbst geistige Hilfe gewinnt, sein Leben gering schätzen, selbst wenn er tausend Tode sterben müsste? Ja, wer sein Leben für zehn Pfennig verkauft, der verkauft es sicherlich auch gerne für zehn Mark...

    So wie unsere schönen Dinge leider in die Hände der Nicht-Muslime geraten sind, so haben die Nicht-Muslime auch hin- und wiederum unsere guten Sitten (akhlaq) gestohlen. Es ist, als ob ein Teil unserer guten Sitten, die hohe Moral (= akhlaq) unserer Gemeinschaft, uns böse geworden und zu ihnen hinübergewechselt sei, weil sie bei uns keinen Anklang gefunden haben, und ein Teil ihrer Gemeinheiten auf unseren Marktplatz gebracht worden sei, weil sie bei ihnen selbst keinen großen Anklang gefunden hatten...

    Ja habt Ihr denn nicht mit großem Erstaunen wahrgenommen, dass die Nicht-Muslime uns die roten Charakteranlagen und die weißen Worte (entsprechend den roten und weißen Blutkörperchen), wie: "Möge ich auch sterben, so wird doch mein Staat, mein Volk, werden doch meine Freunde leben." gestohlen haben, Worte, wie sie die Grundprinzipien der gegenwärtigen Entwicklung, ja sogar Erfordernis einer wahren Religion sind. Denn einer ihrer ideal Gesinnten sagt: "Möge ich auch sterben, so wird doch mein Volk leben. Und in ihm wird auch meine Seele weiter leben." Denn das Grundübel allen Elends und aller Ichbezogenheit besteht darin, dass derart dumme Redensarten wie: "Wenn ich erst einmal gestorben bin, mag über die Welt kommen, was will, meinetwegen die Sintflut.", oder auch: وَ اِنْ مِتُّ عَطْشًا فَلاَ نَزَلَ الْقَطْرُ {"Wenn ich wegen Verdurstung sterbe, soll kein Regentropfen mehr fallen!"} so wie ein unsteter und wenig begeisterungsfähiger Charakter unsere Begeisterung an der Hand genommen und weggeführt haben.

    So also ist ein hoher und edler Charakter (haslet) die Grundforderung unserer Religion. Wir müssen mit Leib und Seele, mit Herz und Verstand und aus allen unseren Kräften sagen: "Mögen wir auch sterben, so lebt doch unsere Nation, welche die Islamiyet ist, in Ewigkeit fort. Es blühe meine Nation! Mir genügt die Belohnung im Jenseits. Meine Seele lebt in meiner Nation weiter und wird von ihr belebt, empfängt ihre Freude in einer hohen Welt. وَالْمَوْتُ يَوْمُ نَوْرُوزِنَا(*[26])Wir müssen diejenigen, welche das Licht (Nur) und die Begeisterung zu erleuchteten Führern gemacht hat, zu unseren eigenen Führern machen.

    ...

    F - Was brauchen wir vor allen anderen Dingen?

    A – Rechtschaffenheit (Doğruluk = Ehrlichkeit).

    F - und weiter?

    A - nicht zu lügen.

    F - und danach?

    A – Geradheit (sidq), Treue (sadaqat), Aufrichtigkeit (ikhlas), Standhaftigkeit (sebat), Gemeinsinn (Solidarität).

    F - Warum?

    A - Das Wesen des Unglaubens ist die Lüge. Das Wesen des Glaubens ist Geradheit (sidq). Und genügt es nicht als Beweis, dass die Beständigkeit unseres Lebens von der Erhaltung des Glaubens, der Geradheit und dem Sinn für Gemeinschaft abhängig ist?

    F - Müssen nicht aber erst unsere Vorgesetzten auf den richtigen Weg gebracht werden?

    A - Nun, Eure Vorgesetzen haben sich das, was Ihr besessen habt, in die Taschen gesteckt und es eingeschlossen. Und so haben sie auch Euren Verstand von Euch genommen, oder in Euren Gehirnskästen eingeschlossen. So will ich denn jetzt mit Eurem Verstand reden, der bei ihnen ist:

    Ihr Führer und Vorgesetzten! Vernachlässigt nicht Eure Sorgfaltspflicht infolge eines falsch verstandenen Gottvertrauens (tevekkul)! Schiebt nicht einander Eure Aufgaben zu! Dient uns mit unserem Gut, das in Euren Händen ist und mit dem Verstand, den ihr von uns habt. Denn Ihr habt Euren Lohn bereits dadurch empfangen, dass Ihr die Bewohner Eures Landes in ihre Bürgerpflicht genommen habt.

    فَعَلَيْكُمْ بِالتَّدَارُكِ لِمَاضَيَّعْتُمْ فِى الصَّيْفِ {"Ihr müsst jetzt die Sachen wieder beschaffen, die Ihr im Winter verloren habt."}

    Jetzt ist es Zeit zu dienen...

    ...

    Kurzum, das Erwachen des Islam hat bereits begonnen und pflanzt sich noch weiter fort. Die Menschen haben erkannt, dass Bosheit böse und Güte gut ist. Ja und darin liegt auch das Geheimnis der Bekehrung der Stämme jener Täler. Und diese Gabe erlangen und erhalten langsam und allmählich alle Muslime. Ihr aber, weil Ihr noch Nomaden seid und weil Ihr in Eurer natürlichen Substanz noch unverdorben geblieben seid, deswegen steht Ihr auch der Heiligen Nation der Islamiyet noch näher.(*[27])

    ...

    Auf meiner Reise fragten mich diejenigen, die mich nicht kannten, mich aber aufgrund meiner Kleidung für einen Kaufmann hielten:

    - Sie sind Kaufmann?

    - Ja, ich bin sowohl Kaufmann als auch Chemiker.

    - Wie das?

    - Ich vermische zwei Materialien miteinander. Aus dem einen entsteht eine Heilung spendende Arznei, aus dem anderen Licht spendende Elektrizität.

    - Wo findet man sie?

    - Auf dem Marktplatz des Segens und der Kultur, in einer auf zwei Füßen wandelnden Kiste mit der Aufschrift "Mensch", darinnen ein Kästchen, das schwarz sein kann, oder aber auch strahlend wie ein Diamant; darauf steht "Herz" geschrieben.

    - Und wie heißen sie?

    - Glaube (iman), Liebe (muhabbet), Treue (sadaqat), Begeisterung (hamiyet)!

    Ceride-i seyyare, Ebu lâşey, İbnü’z-zaman, Ehu’l-acayip, İbnü ammi’l-garaib

    Said Nursî

    * * *

    Danach reiste er von Van nach Damaskus. Auf die dringenden und inständigen Bitten der Gelehrten hielt er in der Omayyaden-Moschee vor einer gewaltigen, etwa 10.000 Köpfe zählenden Menschenmenge, darunter 100 Wissenschaftlern eine Freitagspredigt (hutbe). Diese Hutbe fand starke Beachtung und wurde mit großer Begeisterung aufgenommen. Diese Hutbe, welche er dort gehalten hatte, wurde später mit dem Titel "Die Hutbe von Damaskus" in Druck gegeben.

    Diese "Hutbe von Damaskus", welche die Psycho-Somatik der Krankheiten nachweist, die in der Welt des Islam auftreten, erklärt, aufgrund welcher Ursachen sie in dieser katastrophalen Situation gefangen bleiben und weist, von da ausgehend, den Weg zu ihrer Heilung, zeigt sodann die überragende Entwicklung auf, die der Islam über die Erde hin nehmen und wie die islamische Kultur sich in majestätischer Vollkommenheit entfalten und vom Schmutz und Unrat das Antlitz der Erde reinigen wird. Es ist eine Hutbe, die mit klar verständlichen Beweisen eine besonders kostbare Belehrung, eine frohe Nachricht bringt für alle Muslime, ja sogar für die ganze Menschheit.

    In dieser "Hutbe von Damaskus" sagt er auf den ersten Seiten:

    Ich habe in dieser Zeit und in diesem Raum in der Schule des menschlichen Gemeinschaftslebens Unterricht genommen und erkannt, dass es sechs Krankheiten gibt, die uns in materieller Hinsicht im Mittelalter festhalten und unseren Fortschritt behindern, während die Ausländer, die Europäer, in ihre zukünftige Entwicklung hineinfliegen. Diese Krankheiten sind folgende:

    1. Die Verzweiflung (Hoffnungslosigkeit = ye's), die sich unter uns ausbreitet und zu neuem Leben Nahrung findet.

    2. Das Aussterben der Geradheit (sidq) im öffentlichen und politischen Leben.

    3. Die Neigung zur Feindschaft. (Adavet muhabbet)

    4. Die leuchtenden Bande nicht zu kennen, die die Gläubigen miteinander verbinden (gemeint sind die Weisungen des Qur'an).

    5. Die Herrschsucht, die sich gleich den unterschiedlichen ansteckenden Krankheiten verbreitet.

    6. Den Einsatz seiner Kräfte auf den persönlichen Vorteil zu beschränken.

    Als ein Heilmittel gegen diese sechs furchtbaren Krankheiten verkündige ich eine Lektion von sechs Worten, die ich in der Apotheke des Qur'an für unser soziales Leben, das eine Hochschule der Medizin ist, erhalten habe. Ich habe erkannt, dass diese die Grundlage für eine Behandlung sind.

    Erstes Wort:

    "El Emel" (die Hoffnung), d.h. die Hoffnung mit göttlicher Barmherzigkeit (rahmet-i Ilahi) kräftig nähren.

    Ja, ich sage Ihnen anhand der Lektion, die ich auf eigene Rechnung genommen habe: Oh islamische Gemeinschaft! Ich bringe Euch die frohe Kunde, dass sich jetzt für die Araber die Anzeichen einer wirklichen Morgendämmerung des Glücks zu zeigen beginnen. Von ihrem Erwachen hängt das irdische Glück der islamischen Welt von heute, besonders aber das Glück der Osmanen und ganz besonders die Entwicklung des Islam ab. Und die Stunde, da die Sonne des Glücks aufgehen wird, ist nahe herbeigekommen. Der Verzweiflung zum Trotz sage ich aus meiner tiefsten Überzeugung und alle Welt soll es hören:(*[28])

    Die Zukunft gehört dem Islam - und nur ihm allein. Und die Wahrheit des Qur'an und des Glaubens wird König sein. Ich bin zu dieser Schlussfolgerung aufgrund vieler Belege gelangt. Ich werde jetzt zu diesen Belegen eine Einführung geben und anderthalb Belege anführen. Wir beginnen mit der Einführung zu diesem Beleg:

    In der Wahrheit des Islam liegen einerseits die äußeren Voraussetzungen zu einer Entwicklung sowohl in ethisch-moralischer (= manen) als auch in wissenschaftlich-praktischer (= maddeten) Hinsicht und sie ist andererseits auch von ihrem Wesen her aufs Beste dafür geeignet.

    Was den ersten Aspekt, nämlich die Entfaltung in der ethisch-moralischen (= manen) Hinsicht anbelangt, so wissen Sie, dass die Geschichte, welche die tatsächlichen Ereignisse aufzeichnet, eine unbestechliche Zeugin der Wahrheit ist. So zeigt uns die Geschichte, dass sogar der japanische Oberkommandierende, der die Russen besiegte, über die Wahrhaftigkeit des Islam das folgende Zeugnis abgelegt hat:

    "Die Geschichte zeigt, dass es unter den Anhängern des Islam Kultur und Fortschritt gab je nachdem in welchem Grade die Muslime sich entsprechend der Macht der Wahrheit des Islam und gemäß dieser Kraft verhielten. Und die Geschichte zeigt, je nachdem in welchem Grade sie sich der Wahrheit des Islam gegenüber schwach verhielten und vor ihr zurückschreckten, wie sie der Barbarei und dem Rückschritt verfielen, einem Tohuwabohu, einer Niederlage anheim fielen. Bei den übrigen Religionen geschah jedoch das Gegenteil."

    ...

    Wenn wir die islamischen Sitten und die vollkommene Wahrheit unseres Glaubens in unseren Taten zeigen würden, dann würden auch die Anhänger der übrigen Religionen sicherlich in Scharen den Islam annehmen. Ja vielleicht würden sogar ganze Staaten und Kontinente der islamischen Gemeinschaft beitreten.

    ...

    Oh meine Brüder in der Moschee der Omayyaden wie auch Ihr alle meine Brüder in der großen Moschee der Islamischen Welt! Zieht auch Ihr Eure Lehre daraus! Zieht Eure Lehre aus diesen schrecklichen Ereignissen dieser 45 Jahre! Nehmt Euren ganzen Verstand zusammen und nehmt wieder Vernunft an! Oh Ihr Denker, Ihr Vernünftigen und Ihr Verständigen und Ihr, die Ihr Euch selbst für intelligent und gebildet haltet!

    Kurz gesagt: Weil wir Muslime Schüler des Qur'an sind, so sind auch wir von den Beweismitteln abhängig. Wir treten mit Herz und Verstand und mit unserer ganzen Überzeugung (fikir) für die Wahrheit des Glaubens ein. Wir verzichten nicht auf Beweismittel, wie dies einige Angehörige anderer Religionen tun, die nur ihre Geistlichen nachahmen. Deswegen werden in Zukunft Verstand, Wissenschaft und Technik (ilim ve fen) vorherrschen. Und sicherlich wird auch der Qur'an, der sich auf vernunftgemäße Beweismittel stützt (burhan-i aqliye istinad) und dessen Schlussfolgerungen alle an die Logik geknüpft sind, die Zukunft beherrschen!

    Die Vorhänge, die verhinderten, dass die Sonne des Islam sich zeigen und die Menschheit erleuchten kann, öffnen sich und was ein Hindernis war, wird beiseite geräumt. Bereits vor 45 Jahren konnte man erkennen, dass ein solcher Morgen heraufdämmert. Im Jahre 71 begann die wahre Morgendämmerung, oder wird sie noch beginnen. Sollte diese Morgendämmerung noch nicht die wahre sein, wird der wahre Morgen 30-40 Jahre später heraufdämmern.

    Ja, acht schreckliche Barrieren haben verhindert, dass die Wahrheit des Islam in der Vergangenheit von der Welt besser verstanden werden konnte.

    Erste, zweite und dritte Barriere: Die Unwissenheit der Außenstehenden, ihre Grausamkeit in jener Zeit und ihr religiöser Fanatismus. Diese drei Barrieren wurden dank der Erkenntnis und der Kultur (marifet ve medeniyet) abgerissen und beginnen zu zerbröckeln.

    Vierte und fünfte Barriere: Die Beherrschung und Bevormundung durch die Priester und die geistlichen Fürsten und die blinde, sinnlose Gefolgschaft der Fremden. Auch für diese beiden Barrieren ist die Zeit ihres Verfalles bereits gekommen, weil in der Menschheit freiheitliches Denken und eine Tendenz zur Erforschung der Wahrheit zu wachsen beginnen.

    Sechste und siebente Barriere: Die bei uns herrschende Diktatur und der aus der Ablehnung der Sheriah resultierende Sittenverfall (su-i akhlaq) haben Barrieren aufgerichtet. Heute setzt der Zerfall der despotischen Macht einer einzelnen Person ein Zeichen dafür, dass auch die schreckliche Diktatur der Organisationen und Kommiteen nach 30, 40 Jahren in sich zusammenfallen wird und auch für diese beiden Barrieren die Zeit ihres Verfalls gekommen ist und sie zerfallen werden, weil die islamische Begeisterung gewaltig anwächst und sich die üblen Folgen des Sittenverfalls (su-i akhlaq) zeigen werden. Und dieser Zusammenbruch wird - insha-a'llah ein totaler sein.

    Achte Barriere: Man hat geglaubt, dass manche Problemstellungen der neuen Naturwissenschaften einem oberflächlichen Verständnis der Wahrheit des Islam entgegengesetzt seien und ihm widersprechen müssen.

    Zum Beispiel: Die Naturwissenschaftler und die Philosophen stellten sich die beiden "Sevr" (Ochse) und "Hut" (Fisch) genannten Geister, zwei Engel, die von Gott als Wächter über die Erde gesetzt worden sind, als riesengroße Tiere, also einen Ochsen und einen Fisch, vor. Weil sie also die Wahrheit nicht kannten, stellten sie sich in Widerspruch zum Islam.

    So wie dieses Beispiel gibt es hundert Beispiele, wo auch der verbohrteste Wissenschaftler die Wahrheit zugeben muss, sobald er sie erst einmal erkannt hat. (Auch die Risale-i Nur zeigt in ihrem Buche "Der Qur'an als Wunder", mit jedem einzelnen Funken eines Wunders aus dem Qur'an, dass alle die Ayat, an denen die Wissenschaftler sich gestoßen haben und welche man vom Standpunkt der Wissenschaft aus betrachtet für einen Ansatzpunkt zur Kritik gehalten hatte, mit jedem Satz und mit jedem Wort die hohe Wahrheit des ehrwürdigen Qur'an erweisen, welche der Wissenschaft unzugänglich bleibt. Das muss auch der verbohrteste Wissenschaftler zugeben. Das liegt offen zu Tage und wer will, kann es sehen. Mag er nachschauen und sehen, wie 25 Jahre, nachdem dieses Wort ausgesprochen wurde, die Hindernisse fallen.)

    Nun, es gibt islamische Wissenschaftler, {Muhaqqiqin: Gelehrte, welche die vier Quellen des Islam (kitap, sünnet, idjma-i ümmet, qiyas-i fukaha) kennen und erforschen. (A.d.Ü.)} welche Veröffentlichungen über die Beseitigung dieser achten Barriere herausgebracht haben.

    Ja, wenn nicht jetzt, so doch in 30, 40 Jahren werden Wissenschaft (fen) und wahre Erkenntnis (marifet) und die Werte der Kultur (medeniyet) diese drei Kräfte, nämlich das Interesse an der Wahrheit, die Einsicht und die Liebe zur Menschheit, mit dem notwendigen Rüstzeug versehen, zur Eroberung und Zerstörung dieser acht Barrieren an die acht Fronten der acht feindlichen Truppen geschickt haben; und sie beginnen schon diese in die Flucht zu jagen. Insha-a'llah werden sie sie in einem halben Jahrhundert völlig verwirrt haben.

    Ja, es ist bekannt, dass „eine Charaktereigenschaft (fadilet) immer dann als unumstößlich sicher angenommen werden darf, wenn diese Eigenschaft auch von den Feinden bezeugt und bestätigt wird.“

    ...

    Nachdem Bediuzzaman rezitiert hatte, mit welch lobenden Worten sich Carlayl und der Fürst von Bismarck über die Wahrheit des Islam geäußert hatten und diese so als ein Beispiel angeführt hatte, sagte er:

    "Wenn es also in Amerika und in Europa Felder gibt, wo derartige Intelligenzen zu Wissenschaftlern und Forschern heranreifen wie ein Carlayl oder ein Fürst von Bismarck, da kann ich nur aus meiner vollen Überzeugung sagen: Europa und Amerika haben den Islam in ihrem Schoße aufgenommen und werden eines Tages einen islamischen Staat zur Welt bringen, genauso wie die Osmanen Europa in sich aufgenommen und einen europäischen Staat zur Welt gebracht haben."

    Ey Cami-i Emevî’deki kardeşlerim ve yarım asır sonraki âlem-i İslâm camiindeki ihvanlarım! Acaba baştan buraya kadar olan mukaddimeler netice vermiyor mu ki istikbalin kıtalarında hakiki ve manevî hâkim olacak ve beşeri, dünyevî uhrevî saadete sevk edecek yalnız İslâmiyet’tir ve İslâmiyet’e inkılab etmiş ve hurafattan, tahrifattan sıyrılacak İsevîlerin hakiki dinidir ki Kur’an’a tabi olur, ittifak ederler.

    Zweiter Aspekt: Hier zeigen sich uns nun die Gründe für eine Entwicklung des Islam in wissenschaftlicher (= maddeten) Hinsicht und dass auch in der Praxis die Zukunft dem Islam gehören wird. Und wie wir unter dem ersten Aspekt seine ethisch-moralische Entwicklung (= manen) nachgewiesen haben, so zeigt auch dieser zweite Aspekt deutlich, dass er auch in seiner wissenschaftlich-praktischen (= maddeten) Entwicklung die Zukunft beherrschen wird. Denn im Herzen der islamischen Welt und in seinem Geiste haben miteinander vereinigt und verflochten fünf besonders starke, unzerstörbare Kräfte ihre Wurzeln geschlagen.

    Erstens: Das ist die Wahrheit des Islam, die Lehrerin jeglicher Vollkommenheit, die 370.000.000 Seelen zu vereinigen vermag, als wäre es nur eine einzige, deren Wesen der Träger einer wahren Kultur (medeniyet) und der positiven, wahren Wissenschaften {Durch die Vermittlung der wahren Wissenschaft im Sinne des Islam offenbart sich Gott in Seinen Namen. (A.d.Ü.)} ist, die durch keine Macht (quvvet) zerstört werden kann.

    Zweite Kraft: Ein gewaltiges Bedürfnis und eine bittere Armut (fakr), die uns den Rücken bricht. Sie ist die wahre Lehrerin der Kunst und der Kultur (= medeniyet) und führt dazu, die vorhandenen Mittel und Möglichkeiten und das bereits vorgegebene Wissen zu vervollkommnen und zu vervollständigen. Der Schrei einer solchen Armut (fakr) und Not (ihtiyadj) kann nicht zum Verstummen gebracht und die Kraft (quvvet), die aus ihr erwächst, kann nicht gebrochen werden.

    Dritte Kraft: Allein die Freiheit im Rahmen der Sheriah vermag den Menschen in der Form eines Wettstreits um große Dinge über hohe Ziele zu belehren, ihn auf den Weg führen, um auch danach zu streben, das Gefühl des Unterdrücktseins zu beseitigen, erhabene Empfindungen wach zu rufen, Besitzneid, Missgunst, Eifersucht, Konkurrenzneid zu steuern, (seine Seele) dem eigenen Erwachen entgegenzuführen, Eifer für den Wettbewerb, Begeisterung für eine Erneuerung und Interesse an der Annahme der Kultur hervorzurufen. Das bedeutet, den Wunsch und die Neigung zu jener höchsten Vollkommenheit in sich zu tragen und zu verspüren, welcher der Menschheit würdig ist.

    Vierte Kraft: Liebe (shefqat) gepaart mit dem Mut des Glaubens. Das heißt: sich nicht zu erniedrigen; im Unrecht und in der Unterdrückung seine Würde zu bewahren; die Unterdrückten nicht mit Verachtung zu behandeln. Das heißt: den Unterdrückern nicht zu schmeicheln; die Erniedrigten nicht zu unterdrücken und sie nicht zu beleidigen. Dies sind die Grundsätze der Freiheit auf der Grundlage der Sheriah.

    Fünfte Kraft: Die islamische Ehrenhaftigkeit (izzet), welche die erhabene Größe des Wortes Gottes allgemein bekannt macht. Und in heutiger Zeit ist die erhabene Größe des Wortes Gottes von der wissenschaftlich-praktischen (= maddeten) Entwicklung abhängig und wer wahre Kultur (medeniyet) angenommen hat, kann die erhabene Größe des Wortes Gottes aufzeigen. Der absolute Befehl dazu kommt aus der islamischen Ehrenhaftigkeit und dem Glauben. Und es besteht kein Zweifel daran, dass der Geist der islamischen Welt diesen absoluten Befehl in Zukunft vollständig zur Ausführung bringen wird.

    Und so wie nun in alter Zeit die Ausbreitung des Islam so vor sich ging, dass man die blinde Wut der Feinde zerschlug, ihren Trotz zerbrach, ihre Übergriffe mit der Waffe, mit dem Schwert zurückwies, so wird man in Zukunft an Stelle der Waffe, des Schwertes, die Kultur (medeniyet) der Wahrheit, die Verbreitung praktischer (maddi) Wissenschaft, das geistige (manevi) Schwert der Wahrheit und Gerechtigkeit gebrauchen, um die Feinde zu bekämpfen und zu besiegen.

    Ihr müsst wissen,

    dass wir uns um die Schönheit der Kultur (medeniyet) und die Güter bemühen, die der Menschheit Nutzen bringen und nicht um die Sünden der Zivilisation, nicht um die Schlechtigkeiten, jene Schlechtigkeiten, jene Ausschweifungen, die die Dummen für schön halten, sie nachahmen und dabei verderben, was uns zu eigen ist. Dafür haben sie ihren Glauben als Bestechungsgeld gegeben, doch damit die Welt nicht gewinnen können. Weil die Sündhaftigkeit (günahlar) über die Kultur (medeniyet), über das Gute gesiegt hat, die Schlechtigkeit über die Schönheit den Vorzug gewann, hat die Menschheit durch zwei Weltkriege zwei fürchterliche Ohrfeigen erhalten, dass diese sündige Zivilisation (günahkar medeniyet) ganz und gar zugrunde gerichtet wurde und sich derart erbrochen, dass das Antlitz der Erde mit Blut besudelt wurde.

    Inshaa'llah wird künftig die Schönheit der Kultur (medeniyet) durch die Kraft des Islam den Sieg erlangen, das Antlitz der Erde vom Schmutze reinigen und weltweit den Frieden sichern.

    Ja, weil die Zivilisation (medeniyet) Europas nicht ausgestattet war mit Charakterfestigkeit (fadilet) und rechter Führung (huda), sondern auf Lust und Laune, auf Rivalität und Neid und auf die Herrschaft der Gewalt aufgebaut war, und weil bis zum heutigen Tage die Schlechtigkeiten der Zivilisation (medeniyet) den Sieg über die Schönheit der Kultur (medeniyet) davon getragen haben, bekam sie durch die Revolutionskommiteen das Aussehen eines von Würmern zerfressenen Baumes. Darin vermag man einen zuverlässigen Ausgangspunkt, einen Beweis für den Sieg der Kultur (medeniyet) Asiens zu erblicken. Und siegen wird sie in kurzer Zeit.

    Und was wollt Ihr Euch etwa noch in Trübsinn und Verzweiflung fallen lassen, wo es doch für Leute des Glaubens und für den Islam in Richtung auf die Zukunft ein Fahrzeug gibt, einen festen, unerschütterlichen Grund zu solch einer Verbreitung von Wissenschaft und Moral, und einem Schienenstrang gleich der Weg zu einer glücklichen Zukunft bereits eröffnet wurde? Und wie könnt Ihr die geistige Verfassung der islamischen Welt zerbrechen? Und Ihr denkt in Eurer Verzweiflung und in Eurer Hoffnungslosigkeit, dass die Welt für alle und für die Fremden eine Welt des Fortschritts sei. Wenn Ihr aber nun sagt, sie sei nur für die bedauernswerten Muslime eine Welt des Rückschritts geworden, dann verfallt Ihr einem völlig unsinnigen Fehler.

    Nun aber ist das Streben nach Vollkommenheit im Kosmos wie in der menschlichen Natur (fitrat) gleichermaßen natürlicher Weise (fitraten) eingepflanzt. Wenn aber trotz der Ungerechtigkeit und der Fehlerhaftigkeit der Menschen die Welt nicht so plötzlich untergehen sollte, so werden sich doch in der Zukunft Wahrheit und Gerechtigkeit für die islamische Welt zeigen, und zwar auch in Form einer irdischen Glückseligkeit als Wiedergutmachung für die früheren Fehler des Menschengeschlechtes. Insha-a'llah...

    In der Tat seht ihr, dass die Zeit nicht auf einer geraden Linie verläuft, sodass der Anfang und das Ende sich von einander entfernen würden. Vielmehr bewegt sie sich der Erde gleich auf einer Kreisbahn und zeigt manchmal in ihrem Fortschreiten den Frühling und den Sommer, manchmal rückschreitend Herbststürme und Winterszeit.

    So wie nach jedem Winter ein Frühling und nach jeder Nacht wieder ein Morgen wird, so wird auch der Menschengattung ein Morgen und ein Frühling werden, insha-a'llah. Ihr könnt durch Gottes Erbarmen (rahmet-i Ilahiye) erwarten, unter der Sonne der Wahrheit des Islam die wahre Kultur (medeniyet) im Rahmen eines allgemeinen Friedens zu schauen...

    ...

    Zweites Wort:

    Während meines bisherigen Lebens wurde in meinen Erfahrungen folgender Gedanke geboren:

    Die Verzweiflung ist die furchtbarste Krankheit, die das Herz der islamischen Welt befallen hat. Es ist diese Hoffnungslosigkeit (yeis), die uns gleichsam getötet, und bewirkt hat, dass ein kleines Land im Westen - vielleicht 40.000.000 Einwohner – 400.000.000 Muslime im Osten sich dienstbar und deren Heimat zu einer Kolonie gemacht hat.

    Und es ist auch diese Hoffnungslosigkeit, die unsere hohe Moral (akhlaq) getötet hat, sodass wir unseren Blick vom allgemein Wohl ab und dem persönlichen Wohlergehen zugewandt haben.

    Und es ist auch diese Verzweiflung, die unsere geistige Verfassung gebrochen hat. Und obwohl wir mit einer nur geringen Kraft durch unsere innere Haltung, die uns aus dem Glauben erwuchs, den Osten und Westen erobert haben, gelingt es den fremden Tyrannen seit nunmehr 400 Jahren 300.000.000 Muslime zu versklaven, weil unsere wunderbare geistige Verfassung infolge der Hoffnungslosigkeit zerbrochen ist.

    Ja, man gebraucht sogar diese Hoffnungslosigkeit als Entschuldigungsgrund für eigene Faulheit, wenn irgend ein anderer in seiner Gleichgültigkeit und Verdrossenheit sagt: "Was geht's mich an?" Er gibt seinen Glaubensmut (shehamet) auf und erfüllt seine islamischen Pflichten nicht mehr und sagt: "Die anderen sind genauso schlecht wie ich".

    Weil uns aber diese Krankheit nun schon so sehr gequält hat und uns noch umbringen wird, werden nun wir an dieser mörderischen Krankheit Rache nehmen und sie töten.

    لاَ تَقْنَطُوا مِنْ رَحْمَةِ اللّٰهِ {"Lasst nicht ab von der Barmherzigkeit Gottes!" (Sure 39, 53)} sei uns das Schwert, mit dem wir der Verzweiflung das Haupt spalten werden.

    مَا لاَ يُدْرَكُ كُلُّهُ لاَ يُتْرَكُ كُلُّهُ {"Wenn du das Ganze nicht verstehen kannst, gib das Ganze dennoch nicht auf!"} In der Wahrheit dieser Hadith werden wir insha-a'llah ihr das Kreuz brechen.

    Hoffnungslosigkeit kann geradezu als ein Krebsgeschwür bezeichnet werden und ist eine der fürchterlichsten Krankheiten einer Gemeinschaft, ja ganzer Völker. Sie ist ein Hindernis auf dem Wege zur Vollkommenheit und widerspricht der Wahrheit des اَنَا عِنْدَ حُسْنِ ظَنِّ عَبْدِى بِى {"Ich werde meinem Diener und Verehrer seiner guten Meinung entsprechend sein. (Hadith qudsi)"} Sie ist eine Eigenschaft der Furchtsamen, der Niedrigen, der Hilflosen, ihre Ausrede, aber keine Eigenschaft islamischer Tapferkeit (shehamet). Und sie kann vor allen Dingen keine Eigenschaft eines Volkes sein, das wie die Araber die Quelle des Stolzes für das Menschengeschlecht, ein Volk ist, das durch seinen hohen Charakter hervorragt! Die Völker der islamischen Welt sind bei den Arabern in die Schule der Standhaftigkeit (metanet) gegangen. Insha-a'llah werden die Araber die Hoffnungslosigkeit überwinden und aufs Neue Hand in Hand mit den Türken im gleichen Geiste und in einer wahrhaften Einheit als ein islamisches Heer von Helden die Fahne des Qur'an in alle Welt tragen.

    Drittes Wort:

    Ich habe in meinem Leben vieles studieren und kennen lernen können und bin im sozialen Leben hin und her geworfen worden. Dadurch habe ich über Kern und Wesen folgende absolute Sicherheit gewonnen: Geradheit (sidq) ist das Grundprinzip des Islam, der Leitfaden aller erhabenen Charaktereigenschaften, eine Einstellung, die den Gefühlen ihre Erhabenheit verleiht. Wenn dies nun so ist, dann müssen wir in uns die Geradheit (sidq), die Aufrichtigkeit (doğruluğu) verlebendigen, welche die Grundlage unseres sozialen Lebens ist, und durch sie unsere seelischen Krankheiten heilen.

    Und tatsächlich ist die Geradheit und die Aufrichtigkeit (sidq ve doğruluk) im Islam der Zentralnerv des sozialen Lebens. Heuchelei (riyakar) ist eine Art Lüge der Tat. Schmeichelei und Verstellung (tasannu = Künstelei) sind gemeine Lüge. Zwietracht und Ohrenbläserei (nifaq ve munafiqlik) ist zerstörende Lüge. Die Lüge aber ist eine Verleugnung der Allmacht des Erhabenen Meisters (Sani-i Dhul'djelal).

    Kufr in jeder beliebigen Form ist Lüge. Glaube ist Geradheit und Aufrichtigkeit. Nach dem inneren Verständnis (= sirr) liegen die Lüge und Geradheit unendlich weit voneinander entfernt. Man muss sie so weit wie Ost und West voneinander entfernt halten. Sie dürfen nicht wie Feuer und Licht miteinander verbunden sein. Aber eine heimtückische Politik und eine grausame Propaganda haben sie miteinander vermischt und den Menschen aus der Vollkommenheit geworfen.(*[29])

    ...

    Oh meine Brüder in dieser Omayyaden-Moschee! und Ihr meine Brüder, die Ihr in 40-50 Jahren die 300.000.000 Gläubigen in der großen Moschee der islamischen Welt sein werdet! Rettung (nedjat) liegt nur in der Geradheit und Rechtschaffenheit (sidq ve doğruluk). Unser sicherer Haltegriff („Urvet-ul vuthqa“), das ist die Geradheit (sidq). D.h. die stärkste Kette, die uns verbindet, ist die Aufrichtigkeit (doğruluk). Und selbst Notlügen hat die Zeit abgeschafft.

    ...

    Viertes Wort:

    Was ich in meinem ganzen Leben über das soziale Leben der Menschen mit Sicherheit erfahren habe und was ich aufgrund meiner Studien als Ergebnis erhalten habe ist folgendes:

    Was einer Freundschaft (muhabbet) würdig ist, das ist Freundschaft (muhabbet) und was Feindschaft gegenüber erforderlich ist, ist Feindschaft. Das heißt: Liebe und Freundschaft (muhabbet ve sevmek) sind Fähigkeiten (sifat), die das menschliche Gemeinschaftsleben sichern und zum Glück führen, im höchsten Maße würdig, geliebt und geschätzt zu werden. Hass (adavet) und Feindschaft aber, die das menschliche Gemeinschaftsleben vollständig zerstören, verdienen über alles Maß gehasst, bekämpft und gemieden zu werden, sind scheußliche und zerstörerische Mächte.

    ...

    Fünftes Wort:

    Die Lektion, die ich über die gegenseitige Beratung nach dem Gesetz des Islam erhalten habe, ist folgende: In dieser Zeit bleibt eines Mannes Sünde nicht allein. Manchmal wächst sie, wirkt geradezu ansteckend und verhundertfacht sich. Eine einzelne Wohltat bleibt oft nicht allein, ja manchmal treibt sie sogar tausend Blüten. Das Geheimnis dieser Weisheit ist folgendes:

    Die Freiheit im Rahmen der Sheriah und die gegenseitige Beratung nach dem Gesetz des Islam haben die Souveränität unserer wahren Nation erwiesen. Grundlage unserer wahren Nation und ihre Seele ist der Islam. In Anbetracht dessen, dass das Kalifat der Osmanen und das türkische Heer der Bannerträger dieser Nation sind, sind sie auch die Muschelschale und die Burgfeste dieser Islamiyet. Araber und Türken sind zwei wahre Brüder und die Wächter dieser heiligen Feste.

    So also wird in dieser heiligen Verbundenheit der Nation die ganze islamische Gemeinschaft zu einem einzigen Stamm. Gleich den einzelnen Mitgliedern eines Stammes werden auch alle Völker zu einer einzigen Bruderschaft im Islam verbunden und vereinigt. Sie helfen einander auf ideelle (manen) und - wenn es notwendig sein sollte - auch auf materielle (maddeten) Weise. Es ist, als wären alle islamischen Völker durch eine Kette aus Licht miteinander verbunden.

    Hätte also umgekehrt das einzelne Mitglied eines Stammes ein Verbrechen begangen, so werden alle Mitglieder dieses Stammes in den Augen eines anderen Stammes zu Feinden dieses Stammes und alle Mitglieder werden mitbeschuldigt. So wird dieses eine einzige Verbrechen zu Tausenden von Verbrechen. Wenn aber ein Mitglied dieses Stammes etwas Gutes tut, etwas, das den ganzen Stamm in seinem Wesen berührt und ihm zur Quelle des Stolzes wird, dann sind alle Mitglieder dieses Stammes darauf stolz. Es ist, als wäre jeder einzelne Mensch dieses Stammes stolz darauf, das Gute getan zu haben.

    So bleibt also in heutiger Zeit aufgrund dieser bemerkenswerten Tatsache, besonders nach 40, 50 Jahren, eine Sünde, eine Bosheit nicht nur auf den Täter beschränkt, sondern wird als ein Rechtsbruch den Millionen islamischer Seelen angelastet. Derartige Beispiele wird man 40, 50 Jahre später erleben.

    Oh meine Brüder in der Omayyaden-Moschee und Ihr meine islamischen Brüder in der Moschee der islamischen Welt 40, 50 Jahren danach, die Ihr jetzt meine Worte hört! Haltet Euch nicht für entschuldigt, indem Ihr sagt: "Wir tun ja nichts Böses. Aber wir sind auch nicht in der Lage etwas Gutes zu tun. Und deshalb haben wir eine Entschuldigung." Diese Eure Entschuldigung ist unannehmbar. Eure Faulheit, Eure Art: "Was geht mich das an?" zu sagen und nichts zu tun und Euch nicht um die Einheit des Islam (ittihad-i islam) und die wahre Islamiyet zu bemühen, ist für Euch ein außerordentlich großer Schaden und eine Ungerechtigkeit.

    So wie sich also ein solches Übel in die Tausende auswächst, so kann in heutiger Zeit etwas Gutes, nämlich was die Heiligkeit des Islam berührt, nicht auf den Wohltäter beschränkt bleiben. Vielmehr vermag diese Wohltat Millionen Männern des Glaubens geistigen Nutzen zu bringen. Und sie stärkt die Verbundenheit des ethisch-moralischen (= manevi) Lebens mit dem wissenschaftlich-praktischen (maddi). Deshalb ist hier nicht die Zeit, "Mich geht's nichts an!" zu sagen und sich auf die faule Haut zu legen.

    Oh meine Brüder in dieser Moschee und Ihr meine Brüder 40, 50 Jahre später in der großen Moschee der Welt des Islam! Denkt nicht, dass ich dieses Predigeramt angetreten habe, um Euch einen Rat zu erteilen. Im Gegenteil, ich stehe hier vor Euch, um unser Recht von Euch zu fordern. Denn die Interessen sowie das dies- und jenseitige Glück der kleinen Völker ist an das eines großen Volkes wie des Euren, an die herrschenden Lehrmeister gewaltiger Völker wie der Türken und Araber gebunden. Eure Faulheit und Eure Verdrossenheit lässt unsere islamischen Völker, Eure armseligen kleinen Brüder, zu Schaden kommen.

    Besonders aber Ihr, die großen und gewaltigen Araber, die Ihr Eure Notlage schon zur Gänze erkannt habt oder doch noch erkennen werdet! Als erstes richte ich an Euch meine Worte. Denn Ihr seid uns und allen islamischen Völkern die Lehrer, die Imame und die Vorkämpfer für den Islam gewesen. Danach hat die gewaltige türkische Nation Euch in dieser heiligen Aufgabe exakte Hilfe geleistet. Deswegen ist mit eurer Trägheit auch Eure Sünde groß, wie auch Eure Wohltaten groß sind und Eure Güte hoch und erhaben. Insbesondere erwarten wir mit Bestimmtheit, dass nach 40, 50 Jahren die Völker Arabiens gleich den Vereinigten Staaten von Amerika ihre edelste Gestalt angenommen haben werden und die Herrschaft des Islam, die jetzt noch in Knechtschaft gehalten wird, wieder wie in alter Zeit mit Gottes Gnade über den halben Erdkreis errichtet, ja vielleicht über seinem größeren Teil zu Erfolg gelangen wird. Und sollte nicht inzwischen schnell die Welt untergehen, wird dies die künftige Generation - insha-a'llah - noch erleben.

    Hütet Euch, Brüder, vor der irrigen Vorstellung, der Einbildung, ich wolle Euch mit diesen meinen Worten dazu anstiften, Euch für die Politik zu interessieren und Euch mit ihr zu beschäftigen! Da sei Gott vor! Die Wahrheit des Islam ist über alle Politik erhaben. Jedwede Politik könnte ihr dienen. Es steht keinem Politiker zu, den Islam für seine Politik zu instrumentalisieren.

    In meinem mangelhaften Verständnis stelle ich mir die soziale Gemeinschaft im Islam wie eine Fabrik vor, in der sich viele Zahn- und Schaufelräder finden. Wenn sich in dieser Fabrik ein Rad verlangsamt oder ein anderes Rad, das sein Kollege ist, beschädigt, gerät das Getriebe der Maschine in Mitleidenschaft. Deshalb beginnt die Zeit zur Einigung des Islam sich einzustellen, und zwar genau in diesem Augenblick. Deshalb sollte man gegenseitig in der Berücksichtigung der persönlichen Fehler Nachsicht üben.

    Zudem erkläre ich Euch mit dem Ausdruck meines tiefsten Bedauerns: So wie ein Teil der Fremden unsere wertvollen Güter und unsere Heimat von uns genommen hat und uns zu ihrem Ersatz ein verdorbenes Gut gegeben hat,

    so haben sie in ähnlicher Weise auch unsere hohe Moral gegenseitige Beratung (akhlaq) und einen Teil unserer Charaktereigenschaften von uns genommen, die aus unserer hohen Moral erwachsen sind und sich auf unser soziales Leben beziehen, und zur Quelle ihres Forschritts gemacht. Der Preis, den sie uns dafür gegeben haben, sind ihre üblen, ausschweifenden (sefihane) Sitten und ihr missratener Charakter (akhlaq-i seyyie).

    So sagt zum Beispiel einer ihrer Leute mit dem Ausdruck jenes Nationalstolzes, den sie sich von uns angenommen haben: "Gleich wenn ich auch stürbe, so möge doch meine Nation fortleben. Denn in meiner Nation habe ich ein Leben, das ewig währt." So haben sie sich dieses Wort von uns angenommen. Dies ist der unerschütterliche und feste Grund in ihrer Entwicklung. Sie haben ihn von uns gestohlen. Denn dieses Wort kann nur in der wahren Religion und aus der Wahrheit und Wirklichkeit des Glaubens erwachsen. Es ist unser, der Gläubigen, Besitz.

    Denn einer unserer ichsüchtigen Leute sagt aus seinem schmutzigen und üblen Charakter heraus, der von den Fremden zu uns herübergekommen ist: "Sollte ich verdursten, soll nie wieder Regen über diese Welt kommen. Kann ich selbst das Glück nicht erlangen, möge doch die Welt zugrunde gehen, wie sie will." Dergleichen törichte Äußerungen (ahmakane kelime) kommen aus der Glaubenslosigkeit, entstehen aus der Unwissenheit über das Jenseits, dringen in uns ein und vergiften uns.

    Zudem erhält ein einziger unter den Fremden durch ihre Idee von einer Nation, die sie von uns übernommen haben, den Wert der ganzen Nation. Denn der Wert eines Menschen hängt von seiner Begeisterung ab. Wer sich für die nationale Idee zu begeistern vermag, der ist schon für sich selber eine kleine Nation.

    Weil manche von uns sorglos geworden sind und von den Fremden deren üble Eigenschaften übernommen haben, sodass ein jeder trotz unserer starken und heiligen islamischen Nation nur noch "Ich, Ich" ruft und nicht an das Wohl der Nation denkt, sondern nur noch an das eigene Wohl, darum sind 1000 Mann wie in sich zusammengefallen und einem einzigen Manne gleich geworden.

    مَنْ كَانَ هِمَّتُهُ نَفْسَهُ فَلَيْسَ مِنَ الْاِنْسَانِ لِاَنَّهُ مَدَنِىٌّ بِالطَّبْعِ

    "Wer sich nunmehr nur für sich selbst zu begeistern vermag, ist kein Mensch mehr. Denn der Mensch ist auf ein kultiviertes Gemeinschaftsleben hin geschaffen." Er muss seine Mitmenschen miteinbeziehen. Nur im sozialen Leben kann er sein Privatleben fortsetzen. Wie viele Hände sind zum Beispiel erforderlich, bevor man ein Brot essen kann! Und wie viele Hände müsste man in seinem Geiste dafür küssen! Oder man bedenke, wie viele Fabriken durch die Kleidung, die er trägt, mit ihm in Verbindung stehen. Weil der Mensch nicht wie ein Tier mit einem Fell zu leben vermag, sondern von Natur (fitraten) aus mit seinen Mitmenschen verbunden und ihnen in seinem Inneren tributpflichtig ist, darum ist er auch von Natur (fitraten) aus ein Verehrer kultivierten Gemeinschaftslebens (medeniyetperverdir). Wer seinen Blickwinkel auf das persönliche Wohlergehen einengt, hat seine Menschlichkeit aufgegeben und ist zu einem Tier geworden, das nicht ohne eigene Schuld ein Verbrecher ist. Sind die Dinge aber nicht in seiner Hand gelegen, dann gilt dies als Ausnahme, sodass er in der Tat eine Entschuldigung hat.

    Sechstes Wort:

    Für das islamische Gemeinschaftsleben der Muslime liegt der Schlüssel zum Glück in der gegenseitigen Beratung nach dem Gesetz. وَ اَمْرُهُمْ شُورٰى بَيْنَهُمْ {"In Euren Angelegenheiten sollt ihr euch untereinander beraten! (Sure 42, 38)"} Diese ehrwürdige Ayah befiehlt grundlegend die Beratung. Ja, so wie das Menschengeschlecht seit Jahrhunderten und Epochen der Geschichte unter der gegenseitigen Beratung den Gedankenaustausch verstanden hat und diese die Grundlage des Fortschritts und der Wissenschaft des ganzen Menschengeschlechtes war, so liegt auch der Grund dafür, dass Asien als der größte der Kontinente dermaßen unterentwickelt geblieben ist, darin, dass man in der Tat diese gegenseitige Beratung nicht mehr durchgeführt hat.

    Der Wegbereiter des asiatischen Kontinentes und seiner Zukunft und der Schlüssel zu ihr ist die Beratung. Das heißt: so wie sich die einzelnen Personen gegenseitig beraten, so müssen auch die Völker und Kontinente sich miteinander austauschen. Denn was die Ketten und Fesseln der verschiedenen Arten von Unterdrückung, durch welche die Füße von dreihundert, ja sogar vierhundert Millionen Muslime gebunden sind, zu lösen und zu sprengen vermag, ist die Beratung nach dem Gesetz und die Freiheit unter dem Gesetz, die aus Glaubensmut und gläubiger Liebe (shehamet ve shefqat-i imaniye) hervorgeht. Diese Freiheit unter dem Gesetz, geschmückt mit islamischen Sitten (adab) wird die Sünden der Ausschweifungen der westlichen Zivilisation abwerfen. Die Freiheit unter dem Gesetz, die aus dem Glauben hervorgeht, begründet zwei Grundsätze:

    اَن۟ لَا يُذَلِّلَ وَ لَا يَتَذَلَّلَ مَن۟ كَانَ عَب۟دًا لِلّٰهِ لَا يَكُونُ عَب۟دًا لِل۟عِبَادِ وَلَا يَتَّخِذَ بَع۟ضُنَا بَع۟ضًا اَر۟بَابًا مِن۟ دُونِ اللّٰهِ ۝ نَعَم۟ اَل۟حُرِّيَّةُ الشَّر۟عِيَّةُ عَطِيَّةُ الرَّح۟مٰنِ

    D.h.: Was der Glaube erfordert ist, dass man nicht durch Unterdrückung und Gewalt den anderen erniedrigt und entwürdigt und nicht seinen Nacken beugt vor den Tyrannen... Wer ein wahrer Diener und Anbeter vor Gott ist, kann eines anderen Diener und Verehrer nicht sein!... Nehmt keinen zum Herren über Euch an außer Gott!... Denn wer Gott nicht kennt, bildet sich ein, er sei das Maß aller Dinge und der Herr aller Menschen und schafft sich so seine eigenen Probleme. Damit ist die Freiheit unter dem Gesetz eine Gnadengabe (ihsan) Gottes des Gerechten als Zeichen Seines Erbarmens (Rahman) und Seiner Barmherzigkeit (Rahiem) und seine besondere Eigenschaft des Glaubens.

    فَل۟يَح۟يَى الصِّد۟قُ وَلَا عَاشَ ال۟يَا۟سُ فَل۟تَدُمِ ال۟مَحَبَّةُ وَل۟تَق۟وَى الشُّورٰى اَل۟مَلَامُ عَلٰى مَنِ اتَّبَعَ ال۟هَوٰى وَالسَّلَامُ عَلٰى مَنِ اتَّبَعَ ال۟هُدٰى

    Es lebe die Geradheit (sidq)! Tod der Verzweiflung! Ewig bleibe die Freundschaft (muhabbet)! Es erstarke die Schu'ra (gegenseitige Beratung)! Schimpf und Schande und die ganze Verachtung allen, die von ihren Launen und Gelüsten abhängig sind! Frieden und Eintracht mit allen, die rechter Leitung folgen! Amen...

    * * *

    Religiöse oder nationale Begeisterung Er blieb nicht lange in Damaskus, sondern begab sich nach Istanbul, weil er sich darum bemühen wollte, in Ost-Anatolien ein Haus der Wissenschaften zu begründen, das er bereits unter dem Namen "Medressetu-z'Zehra" geplant hatte. Als Vertreter der Ost-Provinzen begleitete er den Sultan Reschad auf dessen Reise nach Rumeli (= in die römischen Provinzen). Auf der Bahnreise dorthin entwickelte sich zwischen ihm und zwei Studienräten eine Diskussion. Eine kurze Zusammenfassung dieser Diskussion in der Bahn wurde der "Hutbe-i Shamiye (= Freitagspredigt von Damaskus)" angefügt. Daraus entnehmen wir hier einige Sätze:

    Am Anfang der Freiheit (= Abschaffung des Absolutismus) begleitete ich als Vertreter der Ost-Provinzen den Sultan Reschad auf seiner Reise nach Rumeli. In unserem Zuge entwickelte sich eine Diskussion mit zwei Studienräten, Reisegefährten von umfassender Bildung.

    Sie stellten mir folgende Frage: Ist die religiöse Begeisterung stärker als die nationale Begeisterung? Und ist der Eifer für den Glauben notwendiger als der Eifer für die nationale Sache?

    Ich habe gesagt:Unter uns Muslimen bilden Religion und Nation zwei Seiten einer Medaille. Ihr Unterschied ist rein theoretisch, äußerlich, zweitrangig. Ja, der Glaube ist sogar Seele und Geist der Nation. Sondert man sie beide und betrachtet sie getrennt, so findet man, dass die Hinneigung zum Glauben (hamiyet-i diniye) im einfachen Volke gleich wie auch in der Oberschicht der Gebildeten zu Hause ist... Die nationale Begeisterung bleibt auf einen von hundert beschränkt, nämlich auf den, der seinen persönlichen Vorteil für das Volk opfert. Deshalb muss die religiöse Begeisterung für das allgemeine Recht die Grundlage, die nationale Begeisterung aber deren Diener, ihre Stärke und ihre Burg sein.

    Besonders wir Orientalen sind den Abendländern nicht gleich.Der Maßstab unseres Inneren, in unserem Herzen, ist der Sinn für den Glauben. Der Urewige-Allmächtige (Qader-i Ezeli) hat die meisten Seiner Propheten im Orient ausgesandt, was ein Zeichen dafür ist, dass allein der Sinn für den Glauben den Orient erwecken und zur Entwicklung führen kann. Dafür ist das "Glückliche Zeitalter" und die Zeit der Tabiin (= Schüler der Sahabin) ein absolut sicherer Beweis.

    Oh Ihr meine Mitschüler in dieser "Eisenbahn" genannten fahrenden Medresse, die Ihr mit uns zusammen im Zuge der Jetztzeit in die Zukunft fahrt! Und all Ihr Besucher einer solchen Schule! Ihr habt mich gefragt, ob man auf die religiöse oder die nationale Begeisterung größeres Gewicht legen sollte. Ich aber sage Euch:

    "Die religiöse Begeisterung und die Islamiyet ist bei Türken und Arabern vollständig miteinander verschmolzen und haben einen Zustand angenommen, in dem sie nicht mehr voneinander getrennt werden können. Die Begeisterung für den Islam ist eine leuchtende Kette, die vom Himmel herabgekommen ist, äußerst fest und stark. Sie ist ein unzerbrechlicher und unzerreißbar-fester Halt („urvet-ul vuthqa“), eine unzerstörbare und uneinnehmbare heilige Burg". Als ich dies gesagt hatte, fragten mich diese beiden hochgebildeten Studienräte: „Wie können Sie das beweisen? In einer so wichtigen Angelegenheit bedarf es auch eines ebenso gewichtigen Zeugnisses und eines starken Beweises. Wo ist Ihr Beweis?“

    Der Zug fuhr aus einem Tunnel heraus. Auch wir steckten unsere Köpfe heraus, guckten aus dem Fenster, sahen ein kaum sechs Jahre altes Kind knapp neben dem Schienenstrang stehen. Da sagte ich zu diesen beiden Studienräten, die mit mir reisten:

    Sehen Sie: Dieses Kind bringt durch seine Haltung (lisan-i hal) genau die Antwort auf unsere Frage zum Ausdruck. An meiner Statt soll dieses unschuldige Kind in dieser unserer fahrenden Medresse unser Lehrer sein. Durch seine Haltung bringt es folgende Tatsache zum Ausdruck:

    Sehen Sie, in dem Augenblick, da dieser Dabbetu'l-ard {Der Zug wird hier mit einem endzeitlichen, feuerspeienden Ungeheuer verglichen, das aus der Erde hervorkommt. (A.d.Ü.)} Furcht erregend aus dem Tunnelloch herausstürmte und mit Donnern und Fauchen zum Angriff überging, blieb dieses Kind einen Meter neben dem Weg, den er nehmen würde, stehen. Dieser feuerspeiende Drache stürmt mit fürchterlicher Gewalt vor, brüllt, erschreckt. Er sagt. "Weh dem, der mir in den Weg tritt!" Aber das unschuldige Kind bleibt auf dem Wege stehen. In völliger Freiheit, mit wunderbarer Kühnheit und Tapferkeit misst es diesen Drohungen keine Fünf-Para Wert bei. Es achtet den Angriff des Ungeheuers gering und sagt mutig: "He, du Zug da! Du kannst mich mit deinem Donnern und Tosen nicht erschrecken."

    Es ist so, als drückte es durch seine feste und standhafte Haltung aus: "Oh du Zug! Du bist eingefangen in deinem System (nizam). Dein Zaum und Zügel liegen in der Hand dessen, der dich ausführt. Es liegt nicht in deiner Macht, mich anzugreifen. Mach, dass du fort kommst und geh deiner Wege unter der Führung deines Befehlshabers."

    Nun also, Ihr meine Reisegefährten und Ihr meine Brüder, die Ihr Euch in einer Zeit 50 Jahre danach um die Wissenschaft bemüht! Stellt Euch einmal vor, der Perser Rüstem oder der Grieche Herkules in ihrem erstaunlichen Heldentum könnten die Zeiten überspringen, und versetzt sie an die Stelle dieses unschuldigen Kindes. Da es in ihrer Zeit noch keinen Zug gab, wären sie sicher wenig davon überzeugt, dass er sich ganz bestimmt einem System (intizam = auch Ordnung) entsprechend bewegen werde. Schießt er doch plötzlich aus dem Tunnelloch heraus, Feuer auf dem Kopf, sein Atem dem Donner gleich, elektrische Blitze in seinen Augen! Wie würden Rüstem und Herkules vor diesem Furcht und Schrecken einjagenden Ansturm davonlaufen; diese beiden Helden - wie würden sie sich fürchten, wie würden sie fliehen mit ihrem erstaunlichen Heldenmut - mehr als tausend Meter würden sie davon fliehen! Seht, wie dieses Ungeheuer in seinem Ansturm ihre Freiheit und ihren Mut zerstört. Sie finden keinen anderen Ausweg außer der Flucht. Denn weil sie nicht von dessen Lenkung und Leitung (kumandanina ve intizam) überzeugt sind, denken sie nicht, dass es ein williges Zugtier sei, sondern stellen sich vor, es handle sich um eine Art Löwen, der zwanzig Löwen - furchtbar, schrecklich und reißend, jeder so groß wie ein Eisenbahnwagen - hinter sich her zieht.

    Oh meine Brüder und Ihr, die Ihr in 50 Jahren meine Worte hört! Seht, was diesem kaum sechs Jahre alten Kinde eine Haltung der Sicherheit und Furchtlosigkeit verleiht und einen Grad der Tapferkeit und Freiheit weit über diesen beiden Helden, ist seine Überzeugung, seine Herzensruhe und sein Glaube, die den Herrn der Wahrheit im Herzen dieses unschuldigen Kindes bilden, die Überzeugung, dass dieser Zug einer Ordnung (intizam) untersteht, seine Zügel in der Hand eines Befehlshabers (kumandan) liegen und er in seinem Lauf einer Ordnung gehorcht und jemand ihn unter seiner Verantwortung führt. Und was diese beiden Helden in einen solchen Schrecken versetzt und ihr Gespür in einer Einbildung (vidjdanlar vehme) gefangen nimmt, ist ihre Unwissenheit, ihre Unkenntnis eines Befehlshabers und ihr Unglaube gegenüber dem Ordnungssystem (intizam) des Zuges.

    ...

    Wie aus diesen beiden oben angeführten Beispielen ersichtlich wird, liegt der Grund für die so seltsame Angst, Aufregung und Sorge dieser beiden seltsamen Helden in ihrem Unglauben, ihrer Unwissenheit und ihrem Irrtum. Dies ist eine Wahrheit, die in der Risale-i Nur mit Hunderten von Belegen bewiesen wird. Wir haben in der Einleitung zu dieser Risalah ein, zwei Beispiele davon erzählt. Es handelt sich um folgendes:

    Unglaube und Irrtum erweisen sich denen, die sich im Irrtum befinden, überall in der ganzen Welt als Tausende von fürchterlichen, einander feindlich gesinnten Lebewesen, Lebensprozessen und -ketten. Unglaube und Irrtum zeigen sich als Tausende von Feinden, die - angefangen beim Sonnensystem bis hin zu den Tuberkelbazillen - mit den Händen des unberechenbaren Zufalls einer blinden Macht und einer tauben Natur nach den Herzen bedauernswerter Menschen greifen. Sie stellen sich den grenzenlosen Bedürfnissen und zahllosen Wünschen aus der Gesamtheit des menschlichen Wesens mit all seinen Anlagen und Fähigkeiten entgegen, flößen ihm beständig Furcht, Sorge, Angst und Aufregung ein und erwiesen sich als eine Frucht der Hölle. Und in diese Hölle werfen sie ihn noch in dieser Welt. Somit wird offensichtlich, dass außerhalb von Glaube und Religion Tausende von Wissenschaften und menschlicher Fortschritt so wenig Wert sind wie das Heldentum von Rüstem und Herkules. Unglaube und Irrtum versetzen dem Menschen durch Trunkenheit und Zerstreuungen (sefehat = Ausschweifung) vorübergehend lediglich eine Betäubungsspritze, damit er seinen Schmerz und seine Angst nicht mehr fühlt.

    Wägt man also Glaube und Unglaube gegeneinander ab, dann erkennt man, dass ihnen im Jenseits Himmel und Hölle als Frucht und Ergebnis entsprechen. Mit den Augen des Glaubens betrachtet erscheint diese Welt wie ein Paradies und verwandelt sich der Tod in einen Entlassungsschein. Mit den Augen des Unglaubens dagegen betrachtet wird diese Welt zu einer Hölle. Das wahre Glück der Menschheit wird zerstört. Der Tod erscheint in der Gestalt einer Hinrichtung, nach der es kein Zurück mehr gibt. Wir wollen hier abbrechen und nur noch auf Hunderte von Zeugnissen in der Risale-i Nur verweisen, die sich auf Schlussfolgerung, Beobachtung und Wahrnehmung stützen.

    Möchten Sie nun die Wahrheit hinter diesem Gleichnis erschauen, erheben Sie Ihre Häupter und betrachten Sie das Weltall... Sehen Sie, wie viele Ballons, Autos, Flugzeuge und Schiffe auf kleiner und großer Fahrt gleich unserem Zug, (in dem wir hier miteinander sitzen) zu Lande, zur See und in der Luft es gibt! Eine ewige Macht (qudret-i ezeliye) erschuf nach Ihrer Ordnung (nizam, auch System) und Weisheit (hikmet) die Sterne und all die anderen Himmelskörper im Weltall und bestimmte alle ihre Bewegungen in ihrem Werden und Vergehen!

    Desgleichen wird jeder bestätigen, der Einsicht und Verstand hat, dass die Ewige Macht (qudret-i ezeliye) in der Welt der Geister und in der Welt der Ursachen auch noch andere ähnlich wunderbare Erscheinungen erschaffen hat.

    Die Ungläubigen aber werden in ihrem Irrtum von all diesen materiellen und geistigen Geschehnissen angegriffen, verängstigt und bedroht und ihre inneren Kräfte (quvve-i manevi) vollständig von ihnen zugrunde gerichtet. Den Gläubigen aber bedeuten sie nicht Furcht und Schrecken, sondern Freude, Glück, Vertrautheit, Hoffnung und Stärke. Denn die Gläubigen sehen im Glauben, dass der allweise Meister (Sani-i Hakiem) die zahlreichen Geschehnisse, diese Eisenbahnzüge im wörtlichen wie im übertragenen Sinne und die Universen in ihrer Bewegung, eine jede von ihnen in vollkommener Weisheit und Ordnung (mukemmel intizam ve hikmet) ihrer Aufgabe zuführt und sie darin anleitet. Sie irren von der Erfüllung ihrer Aufgaben nicht um Haaresbreite ab und behindern sich nicht gegenseitig. Der Glaube sieht, wie sie im All künstlerische Vollkommenheit erlangen, gibt ihnen (den Gläubigen) völlige Verfügungsgewalt über ihre geistigen Kräfte und zeigt ihnen ein Abbild Ewiger Glückseligkeit.

    Aber die auf Irrwegen gehen, haben gegen ihre furchtbaren Sorgen und Ängste, die aus ihrer Glaubenslosigkeit herrühren, kein Ding, keine Wissenschaft, keinen menschlichen Fortschritt, der sie trösten kann oder einen inneren Halt zu geben vermöchte. Sie haben ihren Mut ganz und gar verloren. Doch eine vorübergehende Sorglosigkeit (ghaflah) bedeckt sie wie mit einem Schleier. So werden sie getäuscht.

    Die Gläubigen aber brauchen sich im Lichte ihres Glaubens nicht zu fürchten, ihre Kraft bleibt ungebrochen; ja wie das unschuldige Kind in unserem Beispiel verweilen sie in der Kraft einer außergewöhnlich starken inneren Haltung (quvve-i manevi) und in der Wahrheit, die ihnen aus dem Glauben kommt. Sie beobachten die Umsicht und Geschicklichkeit (tedbir ve idare) des allweisen Meisters (Sani-i Hakiem), der im Verborgenen wirkt und sind von Furcht und Täuschung befreit. Sie sagen: "Ohne den Befehl und ohne die Erlaubnis des allweisen Meisters können diese Universen in ihrem Werden und Vergehen ihre Tätigkeit nicht entfalten und keine Störungen verursachen."

    In diesem Verständnis erlangen sie mit vollkommener Sicherheit ihrer Stufe entsprechend das Glück in diesem irdischen Leben. In wessen Herzen sich dieser Same der Wahrheit nicht findet, der aus dem Glauben und aus der wahren Religion gewonnen wird, und wer sich nicht darauf stützen kann, der wird offensichtlich seinen Mut verlieren und seine Tapferkeit einbüßen wie Rüstem und Herkules in unserem Beispiel; sein Mut und seine innere Kraft wird erlahmen und seine Einsichtsfähigkeit (vidjdan) geht verloren, hilflos den Naturgewalten ausgeliefert. Er sinkt auf die Stufe eines Bettlers herab, der sich vor allem und jedem fürchtet.

    Die Risale-i Nur hat diese fürchterlichen Qualen schon hier in dieser Welt mit hundert absolut sicheren Zeugnissen als einen Irrtum herausgestellt und das Geheimnis der Wahrheit des Glaubens aufgezeigt. Wir können deshalb hier die ausführliche Darlegung dieser Wahrheit beenden.

    Wenn der Mensch, der doch in unserem Jahrhundert so sehr die Notwendigkeit eines Haltes (quvve-i manevi), der Wiederaufrichtung, der Festigkeit (metanet) von innen heraus verspürt, in dieser Zeit den Islam, der ihn dieses inneren Haltes, der Wiederaufrichtung und der Glückseligkeit versichert, und die Wahrheit des Glaubens, jenes Glaubens, der ihm ein Stützpunkt (nokta-i istinad) ist, aufgibt, und sich - statt seinen Nutzen aus der Islamiyet zu gewinnen - auf den Irrtum, auf Zerstreuungen (sefehat) und auf eine verlogene Politik unter dem Titel der Verwestlichung stützt, die all seinen Halt, seine Festigkeit von innen heraus aushöhlt und ihm alle Hoffnung nimmt, dann wird der Mensch - der Muslim zuerst - sehr bald erwachen und bestimmt verspüren, wie weit er sich von dem entfernt hat, was der Menschheit und ihrem Heile dient. Und so lange die Welt besteht, wird er an der Wahrheit festhalten, die der Qur'an ist!...

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    Üstad Bediüzzaman Hazretleri Birinci Cihan Harbi’nin akabinde, İstanbul’da biraderzadesi Abdurrahman ile birlikte

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    Damals wurde in Kosova der Bau eines großen Hauses der islamischen Wissenschaften (Daru'l-funun) geplant. Bediuzzaman sagte dort zu den Vertretern der Einheitspartei und besonders zu Sultan Reschad: "Der Osten, der auch das Zentrum der islamischen Welt ist, benötigt noch dringender ein solches Haus der Wissenschaften." Daraufhin versprachen sie ihm, auch im Osten ein solches Haus der Wissenschaften zu begründen. Da aber brach der Balkankrieg aus und Kosova, die Stadt, in der die Medresse gebaut werden sollte, wurde besetzt. Daraufhin stellte er den Antrag, dass die 19.000 Goldlira, die für das "Daru'l-funun" bereitgestellt worden waren, für ein "Daru'l-funun" im Osten bewilligt werden sollten. Diesem Antrag wurde stattgegeben.

    Bediuzzaman begab sich also wieder nach Van. Am Ufer des Van-Sees in Edremit legte er den Grundstein zum "Daru'l-funun". Doch leider konnte auch dieser Plan infolge des Weltkrieges nicht durchgeführt werden. Molla Said hatte bereits im Winter seinen Schülern angekündigt. "Haltet euch bereit! Ein großes Unglück, eine Katastrophe kommt auf uns zu."

    * * *

    Bediuzzamans selbstloser Dienst für Volk und Vaterland als Kommandant eines Freiwilligencorps

    Bediuzzaman wurde an der Kaukasusfront von Enver Pasha und dem Divisionskommandeur begeistert begrüßt. Als aber nach Beendigung seines Kampfeinsatzes die russischen Streitkräfte weiter vorrückten, zog er sich nach Van zurück. Als Van bereits geräumt wurde und die Russen schon mit dem Angriff begannen, war er dennoch fest entschlossen mit einem Teil seiner Schüler die Festung Van zu halten oder selbst zu fallen. Als sich aber auch Djevdet Bey, der Gouverneur von Van, zurückzog, zog auch er sich auf dessen dringende Bitte nach Vastan zurück. Während sich Gouverneur, Bürgermeister und Volk mit den Soldaten bereits nach Bitlis zurückzogen, rüstete ein Kosaken Regiment zum Sturmangriff auf Vastan. Molla Said, der nicht wollte, dass die aus Van fliehende Bevölkerung mit Sack und Pack, mit Kind und Kegel dem Feind in die Hände falle, warf er sich mit 30, 40 Soldaten, die noch nicht geflohen waren, und einem Teil seiner Schüler den Kosaken entgegen und erlangte die Befreiung aller. Ja, er stieg sogar des Nachts auf einen hohen Berg über ihnen und trug von dort aus einen Scheinangriff gegen sie vor, um dadurch die angreifenden Kosaken zu erschrecken. Diese glaubten nun, ein großes Entsatzheer sei eingetroffen. So gelang es ihm, die Kosaken hinzuhalten und ihren weiteren Vormarsch zu behindern. Dies war der Grund für die Rettung von Vastan vor der russischen Besetzung.

    Während dieser kriegerischen Zeiten kehrte er immer wieder in den Unterstand zurück, um zusammen mit Molla Habib, einem seiner bedeutendsten Schüler den Kommentar "Isharatu'l-i'djaz (= Der Qur’an - Ein Zeichen des Wunders)" zu verfassen. Er selbst diktierte teils in der Schützenlinie teils auf dem Pferderücken, teils im Unterstand und Molla Habib schrieb es auf. Ein großer Teil der "Isharatu'l-i'djaz" wurde auf diese Weise verfasst.(*[30])Wir fügen hier nun das Vorwort, das am Anfang dieses wunderbaren Kommentars steht im Wortlaut an, um ein wenig Kenntnis von diesem Kommentar zu vermitteln.

    Vorwort

    Der Ehrwürdige Qur'an ist sowohl eine umfassende göttliche Ansprache, gehalten vom höchsten Throne Gottes herab, eine allgemein gültige Rede des Herrn, gerichtet an alle Schichten aller Zeiten, Völker wie Einzelpersonen des Menschengeschlechtes in ihrem Kommen und Gehen, als auch eine Zusammenfassung sehr vieler Geistes- und Naturwissenschaften, besonders in ihrem Bezug zur Technik unserer Zeit, deren Kenntnis über die Fähigkeiten eines Einzelnen oder einer kleinen Gemeinschaft hinausreicht.

    Aus diesem Grunde kann ein Kommentar, der aus dem Verständnis und Auffassungsvermögen eines Einzelnen erwächst, dessen Horizont raum-zeitlich und fachwissenschaftlich sehr begrenzt ist, berechtigter Weise kein idealer Kommentar des Ehrwürdigen Qur'an sein.

    Denn ein einzelner Mensch kann weder mit der Mentalität der Menschen und Völker, an die sich der Qur'an wendet, genügend vertraut sein, noch das nötige Fachwissen in den technischen, den Geistes- Naturwissenschaften, die er umfasst, besitzen, sodass er einen diesem entsprechenden Kommentar verfassen könnte.

    Außerdem kann ein einzelner Mensch infolge seiner Prinzipien und seiner Geistesart nicht unvoreingenommen sein, sodass er die im Qur'an enthaltenen Wahrheiten und Gegebenheiten erkennen und unparteiisch erklären könnte.

    Zudem stellt eine Lehre, die aus dem Verständnis eines Einzelnen entspringt, lediglich seine private Meinung dar; man kann von keinem anderen fordern, sie anzunehmen. Es sei denn, dass eine Art allgemeiner Consensus zustande gekommen sei.

    Es ist notwendig, die tiefere Bedeutung des Qur'an, seine Schönheiten, wie sie sich in den Kommentaren verstreut finden, die aus der Zeit gewonnenen Erfahrungen und Tatsachen, die sich aus der wissenschaftlichen Forschung ergeben haben, festzustellen und durch eine Hohe Kommission von Gelehrten und Quellenforschern, deren jeder einzelne ein Fachmann in einigen Wissenschaften ist, durch Nachforschung und Verifikation einen Kommentar zu verfassen.Da nun einmal ein Einzelner nicht nach eigenem Gutdünken Gesetze beschließen, erlassen und durchführen kann, ist es notwendig, dass sie von einer Hohen Kommission begutachtet und beurteilt werden, um ihnen die öffentliche Autorisation zu verleihen, sodass sich die Staatsbürger darauf verlassen können, dass die Islamiyet eine stillschweigende Sicherung gegeben und die allgemeine Übereinstimmung (idjma-i ümmet) bekundet hat.

    Nun, wer den Ehrwürdigen Qur'an auslegt, muss eine kluge Persönlichkeit sein, mit einem klaren Blick und selbstständigem Urteilsvermögen, die eine vollkommene Reife erlangt hat (velayet-i kamile). Diese Eigenschaften können sich, besonders in dieser Zeit, unter diesen Umständen nur in einer idealen geistigen Körperschaft finden, welche mit der Unterstützung einer umfassend qualifizierten Kommission daraus hervorgeht, dass Menschen (ruh) in dieser Kommission einander helfen und ihre Meinungen im Teamgeist vollkommen aufrichtig (ikhlas) austauschen, wobei sie ihre Gedanken frei, offen und ohne jeglichen Fanatismus äußern. Und nur eine solche geistige Körperschaft kann den Qur'an kommentieren (tefsir). Denn aufgrund des Prinzips: "Was im Individuum nicht zu finden ist, das findet sich in einem Kollektiv." finden sich dergleichen Bedingungen, wie sie sich nicht in einem Einzelnen finden, in einer Kommission beisammen. Ich hatte schon lange darauf gewartet, dass sich eine solche Kommission konstituieren würde. Während dessen kam es mir wie eine Vorahnung in den Sinn, dass wir uns am Vorabend eines großen Bebens befinden, das das ganze Land in Schutt und Asche legen werde.(*[31])

    Aufgrund des Prinzips: "Wenn es nicht möglich ist, etwas ganz und gar zu erhalten, ist es auch nicht richtig, es ganz und gar fallen zu lassen." habe ich trotz meiner Fehler und Schwächen damit begonnen, manche Wahrheiten des Qur'an und manche Wunderzeichen seiner Poesie (nazm) nur für mich selbst aufzuzeichnen. Aber nachdem der Erste Weltkrieg ausgebrochen war, verschlug es uns alle nach Erzurum, über die Berge und Täler von Passinler. Während rings um uns die Welt unterging, schrieb ich, unter diesen fürchterlichen, ständig wechselnden Umständen, auf den Bergen und auf den Hügeln, immer dann, wenn sich dazu eine Gelegenheit fand, bruchstückweise auf, was immer mir in den Sinn kam. Weil es in diesen Zeiten nicht möglich war, an diesen Orten die Kommentare und Bücher zu finden, in denen man hätte nachschlagen können, entstand, was ich geschrieben habe, nur aus den Eingebungen (ilham) meines Herzens. Soweit diese Eingebungen mit den Kommentaren übereinstimmen, sind sie Licht über Licht; insoweit sie von ihnen abweichen, sind sie meiner Fehlerhaftigkeit zuzuschreiben.

    Ja, es gibt in der Tat korrekturbedürftige Stellen, jedoch konnte ich nicht zulassen und war mein Herz auch nicht dazu bereit, diese zerrissenen Ausdrücke zu ändern, die ich an der Front zwischen den Gefallenen mit großer Aufrichtigkeit aufgeschrieben und zurecht geschneidert hatte (so wie man Blut und Kleidung der Märtyrer unverändert belässt) und bin ich auch jetzt noch nicht dazu bereit; denn die innere Reinheit und Wahrhaftigkeit, die ich damals besaß, konnte ich heute nicht mehr wieder finden; denn ich habe (diese Ausdrücke) in Wahrheit und Aufrichtigkeit betrachtet und keine Stelle zur Berichtigung mehr gefunden, d.h., weil sie mir auf diese Weise durch den Qur'an eingegeben worden sind, hat ein Wunder des Qur'an sie auch vor Fehlern bewahrt.

    Außerdem war ursprünglich mit meinem "Isharatu-l' Idjaz" (= Der Qur’an - Ein Zeichen des Wunders) betitelten Werk, so wie ich es der Feder anvertraut habe, nicht die Absicht verbunden, einen Kommentar (tefsir) zu verfassen. Sollte es aber die Wertschätzung der Kritiker unter den islamischen Gelehrten gewinnen, so biete ich es ihnen als ein Merkblatt an, damit es den Menschen in einer fernen Zukunft als ein Beispiel und als authentische Quelle für einen in jener Zeit noch zu verfassenden ausführlichen Kommentar dienen könne.

    * * *

    In diesem Kampfe war es auch, dass Molla Habib, unter den damaligen bis zu 20 Schülern einer der bedeutendsten und der Schreiber des "Isharatu'l-i'djaz" (Der Qur’an - Ein Zeichen des Wunders) nach Erfüllung eines entscheidenden Kampfauftrages an der iranischen Front zusammen mit Halil Pasha, seinem Kommandanten, in Vastan gefallen (shehid) ist.

    Während dieser Kämpfe verschonten armenische Freischärler manchmal selbst die Kinder nicht. Deshalb wurden manchmal auch die Kinder der Armenier getötet. In dem Bezirk, in dem sich Bediuzzaman befand, hatte man Tausende armenischer Kinder gefangen genommen. Da erteilte Molla Said den Soldaten den Befehl: "Fasst sie nicht an!" Dann ließ er alle armenischen Kinder samt und sonders frei. Sie kehrten zu ihren Familien in Russisch-Armenien zurück. Dieses Verhalten erteilte den Armeniern eine wichtige Lehre und zugleich eine Mahnung. Sie waren über diese Gesinnung der Muslime erstaunt. Als nun die russischen Truppen unser Land eroberten, unterließen es die Vorsitzenden der Freischärler-Kommiteen aufgrund dieses Ereignisses von ihrer Gewohnheit ab, alle Muslime mit Kind und Kegel abzuschlachten, sondern sagten und versprachen ihnen: "Da nun einmal Molla Said all unsere Kinder samt und sonders verschont und sie uns unversehrt zurückgesandt hat, wollen auch wir absofort die Kinder der Muslime verschonen." Auf diese Weise erreichte Molla Said in dieser Gegend die Rettung tausender unschuldiger vor dem Untergang.

    Als die Russen eine Weile später die Gegend von Van und Mush eroberten und bereits in drei Divisionen zur Einnahme von Bitlis aufbrachen, sagten der Gouverneur von Bitlis Memduh Bey und Kel Ali zu Bediuzzaman:

    "Uns stehen nur ein Bataillion Soldaten und 2000 Freiwillige zur Verfügung. Wir müssen uns zurückziehen."

    Bediuzzaman antwortete ihnen:

    "Die Flüchtlinge, die aus der Umgebung zu uns gekommen sind, sowie die Bewohner von Bitlis mit all ihren Kindern und ihrem gesamten Besitz werden samt und sonders in die Hände des Feindes fallen. Deshalb müssen wir 4 bis 5 Tage lang bis zum Äußersten Widerstand leisten."Daraufhin entgegneten sie:

    "Nachdem Mush gefallen ist, bemühen sich die Soldaten jetzt mit 30 Kanonen auf unsere Seite zu entkommen. Wenn du diese 30 Kanonen mit deinen Freiwilligen in die Hand bekommen kannst, können wir mit diesen Kanonen für paar Tage Widerstand leisten und die Bewohner retten."

    Bediuzzaman sagte daraufhin:

    "Wenn das so ist, werde ich entweder sterben oder die Kanonen herbeischaffen." und brach an der Spitze von 300 Freiwilligen auf. Er marschierte während der Nacht Richtung Nurshin in die Gegend aus der die Kanonen gebracht werden sollten. Kundschafter eines russischen Kosakenregimentes, die den Kanonen nachgefolgt waren, meldeten: "Der Kommandant von Bitlis mit 3000 Freiwilligen und der berühmte Musa Bey, der auf dem Berg gewesen ist, kommen mit 1000 Mann, um ihre Kanonen zu retten." Mit dieser Nachricht hatten sie zwar gewaltig übertrieben, doch der Kosaken-Hetman erschrak gleichermaßen und blies zum Rückzug. So stieß Bediuzzaman mit seinen 300 Freiwilligen auf die Kanonen und transportierte sie mit jeweils 1, 2 Mann Begleitung nach nach Bitlis. Er selbst marschiert weiter und brachte die Kanonen eine nach der anderen in Sicherheit, bis er auch die letzte Kanone mit 3 Kameraden in seine Hand bekommen hatte. Auf diese Weise gelang es ihm, die 30 Kanonen sicher nach Bitlis zu bringen. Mit diesen Kanonen leisteten die Soldaten und die Freiwilligen dem Feinde 3, 4 Tage Widerstand und retteten so sämtliche Einwohner, die Geräte und all ihren Besitz.

    Bediuzzaman war während dieses Kampfes nicht in den Unterstand gegangen, sondern hatte sich, um seinen Freiwilligen Mut zu machen, immer in vorderster Front bewegt. Während er so auf dem Kampfplatz sein Pferd an vorderster Front hin und her reiten ließ, stieg in ihm plötzlich der Gedanke auf und es kam ihm in den Sinn: "Sollte ich in diesem Augenblick und in dieser Situation fallen, nämlich hier und jetzt, wo ich in vorderster Front aller Augen auf mich lenke, könnte das dann nicht etwa meiner Aufrichtigkeit, die doch eine Voraussetzung zur Erlangung des Ranges eines Märtyrers ist, einen Schaden zufügen? Würde es nicht vielleicht die Bedeutung bloßer Selbstsucht annehmen?" Da wendete er plötzlich sein Pferd und kehrte zu seinen Kameraden zurück.(*[32])

    Während er an der Kampflinie auf und ab ritt, wurde er vier Mal von einer Kugel getroffen. Aber um seine Freiwilligen nicht zu entmutigen, zog er sich dennoch nicht zurück, ja begab sich noch nicht einmal in den Unterstand. Sogar als Memduh Bey, der Gouverneur, und Kel Ali, der Kommandant, davon hörten und ihm eine Meldung schickten "Ziehen Sie sich sofort zurück!", antwortete er ihnen nur:

    "Die Kugeln dieser Ungläubigen werden mich nicht töten..."

    Und obwohl er in der Tat von drei Kugeln getroffen wurde, die ihn ohne Weiteres hätten töten können, durchschlug die eine nur seinen Dolch und eine andere seine Tabakdose, ohne ihn selbst zu verletzen.

    In der Nacht, in der der Gouverneur und Kel Ali, der Kommandant, sich mit den Einwohnern in Sicherheit brachten und sich auch seine Freiwilligen und die übrigen Soldaten zurück zogen, blieb er selbst mit einem Teil seiner Schüler in Bitlis zurück, in dem Gedanken, sich noch für einige Hilflose zu opfern. So flohen sie also nicht. Am Morgen kam es zum Kampf mit einem feindlichen Bataillon und viele seiner Kameraden fielen. Nachdem sogar Ubaid, sein Neffe und hoch gesinnter Schüler an seiner Statt gefallen war, schlug er sich durch drei Reihen feindlicher Soldaten hindurch und rettete sich auf wunderbare Weise mit drei noch überlebenden Schülern in den Schutz einer Deckung, die über das Wasser hinausragte. Er war verwundet worden und hatte sich überdies auch noch einen Fuß gebrochen. In diesem Zustande hielt er es 33 Stunden in schlammigem Wasser aus. Mitten in dieser gefährlichen Situation, ihre Gewehre in den Händen, während sich gleichzeitig die feindlichen Soldaten und Offiziere in einem Zimmer in dem Stockwerk über ihnen befanden, spendete er den Kameraden, die sich bei ihm befanden, in der vollkommenen Ruhe seines Herzens und in der Freude über die Rettung der Bewohner Trost und sagte ihnen:

    „Erst wenn die Übermacht der feindlichen Soldaten uns angreifen sollte, erst dann werden wir von unseren Waffen Gebrauch machen. Wir werden unser Leben so teuer wie möglich verkaufen. Aber für nur ein, zwei Feinde verschwenden wir keine Kugel."

    Es war Gottes unergründliche Gnade (latif bir inayet-i Ilahiye), dass sie die russischen Soldaten 33 Stunden lang beobachten konnten, während die Russen sie gleichzeitig suchten, ohne sie zu finden. Währenddessen richtete Bediuzzaman an die todesmutigen Freiwilligen - seine Schüler - den Befehl:

    "Kameraden! Wartet hier nicht länger! Ich sage euch los (helal)! Lasst mich hier zurück und versucht nur, euch selbst zu retten!"Aber seine tapferen Schüler erklärten sich zu jedem Opfer bereit und sagten:

    "Wir können Sie nicht in diesem Zustand zurück lassen und gehen. Wenn wir fallen, dann nur in Ihrem Dienst." So blieben sie und wurden sodann von den Russen gefangen genommen.

    Sie wurden über Van, Djelfa, Tiflis und Kilogrif nach Kostroma überführt.

    Die Armenier sind berühmt für ihren Opfermut. Ja man erzählt sich sogar folgendes: "Selbst wenn man die Gesichter der Freischärler über glühende Kohlen hielte, bis ihnen die Augen platzten, würden sie trotzdem ein Geheimnis nicht preisgeben." Aber damals sagten die Russen: "Die Freiwilligen Bediuzzamans sind sogar noch den armenischen Freischärlern überlegen! Deshalb konnten sie auch unser Kosakenregiment dermaßen vernichtend schlagen."

    Sie brachten Bediuzzaman in ein Gefangenenlager. Dort ereignete sich dann der folgende, inzwischen berühmt gewordene bemerkenswerte Vorfall:

    Eines Tages kommt der russische Oberkommandierende, um das Gefangenenlager zu inspizieren. Während dieser Besichtigung grüßte (selam) Bediuzzaman den Kommandanten nicht und stand auch nicht von seinem Platz auf. Der Kommandant wurde zornig. "Vielleicht kennt er mich gar nicht," sagte er sich und ging noch einmal an ihm vorbei. Als dieser wieder nicht aufstand, ließ ihm der Kommandant über einen Dolmetscher fragen:

    "Hat er mich etwa nicht erkannt?“

    Bediuzzaman:

    "Ich kenne Sie. Sie sind Nikolaj Nikolajewitsch."

    Der Kommandant:

    "In diesem Fall hat er die russische Armee beleidigt und damit den Zaren von Russland."

    Bediuzzaman:

    "Ich habe ihn nicht beleidigt. Ich bin ein islamischer Gelehrter. Ein Gläubiger steht über einem Mann, der Gott den Gerechten nicht kennt. Aus diesem Grunde werde ich nicht vor Ihnen aufstehen."

    Daraufhin stellte man Bediuzzaman vor das Kriegsgericht. Einige der Offiziere unter seinen Kameraden baten ihn, sich darum zu bemühen, die fürchterlichen Folgen abzuwenden und sich zu entschuldigen.

    Aber Bediuzzaman antwortete:

    "Ihr Todesurteil ist für mich gleich einem Pass für die Reise in die Ewigkeit." Mit vollkommener Würde (kemal-i izzet) und Tapferkeit maß er ihm keinen Wert bei.

    Schließlich wurde er zum Tode verurteilt. Vor seiner Hinrichtung bat er um die Erlaubnis, vorher noch das Gebet (namaz) verrichten zu dürfen. Er sagte, dass er seine Brust den Kugeln zum Erschießen bieten werde, nachdem er seine religiöse Pflicht erfüllt habe. Genau zur gleichen Zeit, während er noch das Gebet verrichtete, kam der russische Kommandant, entschuldigte sich bei Bediuzzaman und sagte:

    "Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass diese Ihre Haltung aus Ihrer Verbundenheit erwachsen ist mit dem, was Ihnen heilig ist. Ich bitte Sie, mir zur verzeihen." sagte er und nahm das Todesurteil zurück.

    * * *

    Bediuzzaman blieb zweieinhalb Jahre in sibirischer Gefangenschaft. Der, welcher sein ganzes Leben um Gottes willen dem Qur'an, dem Islam und der Wiederbelebung der Tradition des Propheten geweiht und gewidmet hatte, blieb auch hier als Mitstreiter für den Islam nicht völlig untätig. In der Gegend, in der er sich befand, arbeitete er für die Unterweisung und rechte Beratung (tenvir ve irshad). In dieser Zeit erteilte er auch den Offizieren, die sich wie er selbst mit ihm in Gefangenschaft befanden, Unterricht.

    Eines Tages, als er gerade 90 Kameraden aus dem Offizierscorps Unterricht gab, kam einer der russischen Kommandanten und sagte: "Der erteilt politischen Unterricht" und verbot den Unterricht. Danach aber erfuhr er, dass es sich bei seinen Aktivitäten um Religion, Wissenschaft und Gemeinschaftskunde handelte. Und so erlaubte er den Unterricht wieder.

    Schließlich rettete er sich durch die Flucht aus der Gefangenschaft und es gelang ihm auf dem Weg über St. Petersburg nach Warschau durchzukommen. Von da aus nahm er seinen Weg über Wien und reiste weiter zurück nach Istanbul. (etwa 1916).

    Bediüzzaman’ın, Rusya esaretinden firar edip Almanya yolu ile Sofya’ya geldiği zaman, Sofya Ateşemiliterliği tarafından verilen pasaportudur.

    Bediüzzaman’ın 1918 tarihinde Rusya esaretinden avdet edip Almanya’ya uğradığı zaman Almanlar tarafından alınmış fotoğrafı

    Bediuzzaman Said Nursi, der im ersten Weltkrieg Kommandant eines Freiwilligencorps gewesen war, berichtet in einem seiner Werke über sein Leben in der Gefangenschaft Folgendes:(*[33])

    Ein Abschnitt aus der "Neunten Hoffnung" des "Sechsundzwanzigsten Blitzes"

    Während des Ersten Weltkrieges befand ich mich weit weg im nordöstlichen Russland in der Stadt Kostroma in Gefangenschaft. Es befand sich da am Ufer des bekannten Wolgastromes eine kleine Moschee der Tataren. Ich langweilte mich unter den Offizieren, die dort als meine Kameraden mit mir gefangen waren. Es verlangte in mir nach Einsamkeit. Draußen konnte ich nicht ohne Erlaubnis spazieren gehen. Die Tataren leisteten für mich eine Bürgschaft und nahmen mich in diese kleine Moschee am Ufer der Wolga mit. Ich schlief allein in der Moschee. Der Frühling war nahe. In diesen langen und tiefen Nächten im Norden des weiten Landes lag ich sehr lange wach. In diesen dunklen Nächten, in dieser düsteren Fremde, bei dem melancholischen Rauschen der Wolga, in dem klagenden Rinnen des Regens, in dem sehnsuchtsvollen Wehen des Windes wurde ich zumindest vorübergehend aus meinem tiefen, sorglosen Schlaf aufgeweckt.

    Ich wusste mich überhaupt noch nicht alt. Aber wer den Weltkrieg gesehen hat, der ist alt. Es war, als sei mir das Geheimnis von يَوْمًا يَجْعَلُ الْوِلْدَانَ شِيبًا {"Der Tag, an dem sich Kinder als Greise wiederfinden." (Sure 73, 17)} offenbar geworden. In solchen Tagen, da Kinder zu Greisen werden, war ich 40 Jahre alt; aber ich befand mich in einem solchen Zustand, als sei ich schon 80 Jahre alt.

    Während dieser dunklen langen Nacht, in dieser betrüblichen Fremde, in diesem betrüblichen Zustand überkam mich eine Art Verzweiflung am Leben. Ich betrachtete meine Schwäche, meine Einsamkeit, gab meine Hoffnung auf. Während ich mich noch in diesem Zustand befand, kam mir die Hilfe aus dem Weisen Qur'an. Mein Mund sprach: حَسْبُنَا اللّٰهُ وَ نِعْمَ الْوَكِيلُ {"Gott ist mein Genügen und Er ist der vortrefflichste Anwalt." (Sure 3, 173)} Und auch mein Herz (qalb) sagte weinend:

    غَرٖيبَم۟ بٖى كَسَم۟ ضَعٖيفَم۟ نَاتُوَانَم۟ اَل۟اَمَان۟ گُويَم۟ عَفُو۟ جُويَم۟ مَدَد۟ خٰواهَم۟ زِدَر۟گَاهَت۟ اِلٰهٖى "Ich bin in der Fremde, ohne Verwandte, schwach, kraftlos. Ich flehe um Schutz. Ich bitte um Verzeihung. Ich rufe um Hilfe an Deiner Schwelle, oh Allah!"

    Mein Geist (ruh) dachte auch an die alten Freunde in der Heimat und stellte sich meinen Tod in der Fremde vor und wie Niyazi Misri sagte ich:

    "Ich habe die Sorge um weltliche Dinge aufgegeben und

    meine Flügel im Nichts gebreitet und

    Begeisterung mit jedem Atemzug! -

    fliege ich und rufe aus: Freund! Freund!"

    So sagte ich und suchte Freunde. Wie dem auch sei, in dieser langen Nacht in der Fremde, die so voll der Sehnsucht, von Traurigkeit und Klage erfüllt das Herz rührte, wurde meine Hilflosigkeit und Schwäche an der Schwelle des Hauses Gottes zu einem so großen Fürsprecher und Mittler, dass ich noch jetzt darüber erstaunt bin. Denn einige Tage später brach ich völlig unerwarteter Weise und - obwohl ich kein russisch konnte - ganz allein zu einer Flucht über eine Entfernung von einem Jahr Fußmarsch auf. Meine Schwäche und Hilflosigkeit rief die Gnade Gottes (inayet-i Ilahiye) herbei und so habe ich mich auf wunderbare Weise gerettet. Auf dem Wege über Warschau gelangte ich nach Österreich, kam in Istanbul an. Es ist ein großes Wunder, auf was für eine leichte Art ich mich zu retten vermochte. Obwohl auch die klügsten und tapfersten Männer, selbst wenn sie russisch konnten, nicht ans Ziel gelangten, habe ich doch auf eine ganz leichte und einfache Weise diese meine Reise auf der Flucht zu Ende geführt.

    Aber der Charakter jener oben erwähnten Nacht in der Moschee am Ufer der Wolga hat in mir den folgenden Entschluss reifen lassen: "Ich werde den Rest meines Lebens in Höhlen verbringen! Ich habe mich um das soziale Leben der Menschen gekümmert und jetzt ist es genug. Da ich nun einmal am Ende einsam ins Grab steigen werde, will ich die Einsamkeit wählen, mich ab heute an die Einsamkeit gewöhnen." Aber in Istanbul ließen mich meine vielen bedeutenden und wichtigen Freunde und das glanzvolle irdische Leben dort in Istanbul und besonders so nutzlose Dinge wie Ruhm und Ehre, die man mir im Übermaß erwies, diesen meinen Vorsatz vorübergehend vergessen. Als ob diese Nacht in der Fremde das lichtempfindliche Schwarz im Auge meines Lebens gewesen wäre und der weiße, glanzvolle Tag von Istanbul das lichtunempfindliche Weiß im Auge meines Lebens, sodass ich nicht nach vorne schauen konnte, und wieder einschlief, bis dass mir zwei Jahre später Abdulqadir Geylanis Buch "Futuhu'l-Ghayb" (Durchbruch durch das Unsichtbare) erneut die Augen öffnete.

    * * *

    Seine Rückkehr nach Istanbul machte die Wissenschaftler und die Bevölkerung überaus glücklich und froh. Das "Meschihat" (Amt für religiöse Angelegenheiten) hatte ihn, ohne dass er etwas davon wusste, zum Mitglied der "Darul'Hikmetu-l'Islamia" (Haus der Weisheit des Islam: Oberste Religionsbehörde im Osmanischen Reiches) ernannt. Das Daru-l'Hikmet hatte damals den Charakter einer islamischen Akademie, zu deren Lehrkörper Wissenschaftler wie Mehmet Akif, Izmirli Ismail Hakki und Elmalili Hamdi gehörten.

    Abdurrahman (Rahmetullahi Aleyh = er ruhe in Frieden), sein Adoptivsohn und Neffe, ein hoch intelligenter, mutiger und begeisterter Gelehrter erzählt folgendes:

    Im Jahre 1334 (etwa 1918) wurde mein Onkel nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft gegen seinen Willen zum Mitglied des Daru'l-Hikmetu'l-Islamiya ernannt. Weil aber die Gefangenschaft ihn stark in Mitleidenschaft gezogen hatte, wurde er für eine Zeitlang vom Dienst freigestellt. Mehrmals hat er seinen Rücktritt eingereicht, aber seine Freunde wollten ihn nicht entlassen. Darum nahm er schließlich seine Tätigkeit am Daru'l-Hikmet auf. Ich habe sein Verhalten beobachtet (und bemerkt), dass er für seine Bedürfnisse nicht mehr ausgab, als er wirklich benötigte. Wurde er gefragt, warum er mit seinem Lebensunterhalt derart sparsam umgehe, antwortete er:

    "Ich möchte einem großen Teil der Menschheit gleich sein. Ein großer Teil der Menschheit aber kann sich nicht mehr leisten. Ich möchte jedoch nicht zur Minderheit der Verschwender gehören."

    Nachdem er sich von dem Gehalt, das er von der Daru'l-Hikmet empfangen hatte, einen Teil für seinen Lebensunterhalt genommen hatte, gab er mir den Rest und sagte: "Bewahre das auf!" Ich aber habe das Geld, das mir mein Onkel in seiner Liebe (shefqat) während mehr als einem Jahr anvertraut hatte, ohne sein Wissen vollständig ausgegeben, weil er auf Besitz keinen Wert legte. Später sagte er mir dann:

    "Dieses Geld war für uns nicht erlaubt (helal), weil es dem Volke gehörte. Warum hast du es ausgegeben? Wenn das so ist, werde ich dich als meinen Verwalter ab- und mich selbst statt deiner einsetzen!"

    Einige Zeit war vergangen... Da kam es ihm in den Sinn, zwölf seiner Abhandlungen über die Wahrheit (haqaiq) in Druck zu geben. So gab er, was er von seinem Gehalt erspart hatte, für die Drucklegung aus. Von den Büchern behielt er nun ein, zwei kleine Restposten zurück. Die übrigen verteilte er umsonst. Als ich ihn fragte, warum er sie denn nicht verkaufen lasse, antwortete er:

    "Mein Gehalt ist für meinen Lebensunterhalt bestimmt. Was darüber hinaus ist, gehört dem Volk. Ihm gebe ich es auf diese Weise zurück..."

    Sein Dienst an der Daru'l-Hikmet war immer von solchen individuellen Unternehmungen begleitet. Denn dort erkannte er einige Hindernisse hinsichtlich der gemeinsamen Arbeit. Wer ihn kennt, weiß, dass der Bediuzzaman schon sein Totenkleid angelegt und den Tod bereits ins Auge gefasst hat. Darum war sein Standpunkt an der Daru'l-Hikmetu'l-Islamiya eisern und fest. Die ausländischen Mächte konnten die Daru'l-Hikmet nicht für ihre Zwecke missbrauchen. Gegen eine irrige Auslegung (fetva) der Sheriah kämpfte er ohne Furcht. Entstand eine dem Islam schädliche Strömung, verfasste er ein Buch, um diese Strömung aufzuhalten.

    * * *

    Auszug aus dem, was er über das Leben, das er nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft in Istanbul führt, der Feder anvertraut hat:

    ("Zehnte Hoffnung" aus dem "Sechsundzwanzigsten Blitz")

    Einmal aus der Gefangenschaft zurückgekehrt, übermannte mich in Istanbul für ein, zwei Jahre wieder die Sorglosigkeit (ghaflet). Das politische Klima hatte mir den Blick von mir selbst hinweg gehoben und in alle Winde zerstreut. So saß ich eines Tages in Istanbul an hoher Stelle im Eyyub Sultan Friedhof und blickte hinunter in den Bach. Ich ließ meine Blicke über Istanbul hinweg bis zum Horizont schweifen. Plötzlich sah ich, wie mir meine persönliche Welt starb. Es kam mir eine Phantasievorstellung, so als zöge sich gewissermaßen mein Geist hinweg. Ich sagte mir: "Bringen mir etwa die Inschriften auf den Grabsteinen dieses Friedhofes solche Phantasievorstellungen?" Ich zog meinen Blick wieder zurück, ließ ihn nicht in die Ferne schweifen, sondern richtete ihn auf den Friedhof. Mein Herz wurde gemahnt: "In diesem Friedhof um dich herum ist hundertmal Istanbul. Denn hundertmal wurde Istanbul hierher entleert. Du kannst dich nicht vor dem Urteil des Allmächtigen Königs (Hâkim-i Qadîr) retten, der die Einwohner von ganz Istanbul hierher entleert hat, und eine Ausnahme bilden. Auch du wirst gehen!"

    Ich verließ den Friedhof und trat in dieser fürchterlichen Vorstellung in ein kleines Zimmer der Eyyub Sultan Moschee ein, wie ich das schon oft getan hatte. Ich dachte mir, dass ich in dreifacher Hinsicht ein Gast bin: So wie ich in diesem Zimmer hier ein Gast bin, so bin ich ein Gast auch in Istanbul, ein Gast auch in dieser Welt. Ein Gast muss auf den Weg achten. Wie ich aus diesem Zimmer weggehen werde, so werde ich eines Tages auch aus Istanbul weggehen, eines Tages auch aus der Welt weggehen.

    In diesem Zustand beschlich Schmerz, Kummer und Sorge mir Herz und Verstand, ein Gefühl des Mitleidens in der Stunde der Trennung. Denn ich verliere nicht nur ein, zwei Freunde, nein, so wie ich mich von Tausenden mir liebgewordenen Freunden in Istanbul trennen muss, so werde ich auch mein so geliebtes Istanbul verlassen müssen. So wie ich mich in dieser Welt von Hunderttausenden Freuden trennen muss, so muss ich auch diese schöne Welt verlassen, die ich so liebe und der ich verhaftet bin. So dachte ich und begab mich wieder an jenen hohen Platz auf dem Friedhof. Ich ging damals gelegentlich ins Kino, weil mich diese neue Technik interessierte. In diesem Augenblick kamen mir die Menschen wie Schatten vor, die im Kino von der Vergangenheit in die Gegenwart hineinprojiziert werden, wobei man längst Verstorbene wieder umherwandeln sieht. In gleicher Weise erschienen mir die Menschen, die ich in diesem Augenblick sah, wie wandelnde Leichname. Mein Phantasiebild sprach zu mir: Da man nun einmal einen Teil derer, die hier auf dem Friedhof liegen, im Kino umherwandeln sehen kann, betrachte auch diejenigen, welche ganz bestimmt einmal auf diesen Friedhof getragen werden, so, als habe man sie bereits hierher gebracht.

    Auch sie sind wandelnde Leichname... Plötzlich wandelte sich im Lichte des Weisen Qur'an und unter der Rechtleitung von Gauth-u 'Adham Scheich Geylani (Allah heilige seine Geheimnisse) Hazretleri diese betrübliche Verfassung in einen fröhlichen und glücklichen Zustand um. Und zwar so:

    In dieser trübseligen Verfassung gemahnte mich das Licht, das aus dem Qur'an hervorgeht: Du hattest im Nordosten, in Kostroma, in der Fremde, ein, zwei mitgefangene Offiziere zu Freunden. Du wusstest, dass diese Freunde auf jeden Fall nach Istanbul zurückkehren würden. Hätte jemand zu dir gesagt: "Willst du nach Istanbul zurückkehren oder hier bleiben?" und hättest du auch nur einen Funken Verstand gehabt, wärest du damit einverstanden gewesen, froh und heiter nach Istanbul zurückzukehren. Denn von tausend und einem Freund sind 999 in Istanbul. Ein oder zwei sind hier geblieben. Auch sie werden dorthin zurückkehren. Nach Istanbul zu reisen bedeutet für dich keine bedauerliche Trennung, keinen schmerzlichen Abschied. Und nun, da du angekommen bist, bist du etwa nicht zufrieden? Du hast dich vor den so düsteren, langen Nächten und den so kalten stürmischen Wintern in diesem feindlichen Land gerettet. Du bist in dieses schöne Istanbul gekommen, das in dieser schönen Welt wie ein Paradies ist.

    In gleicher Weise gilt: "Von deinen Lieben sind seit deiner Kindheit bis zum heutigen Tage 99 von 100 in dieses dir Furcht einflößende Gräberfeld umgesiedelt worden. Du hast noch ein oder zwei Freunde, die in dieser Welt zurückgeblieben sind. Auch sie werden dorthin umgesiedelt werden. Dein Tod in dieser Welt ist keine Trennung, sondern eine Begegnung. Du wirst deine Freunde wiedersehen. Sie, das heißt die ewigen Geister (ervah-i baqiye), verlassen ihr alt gewordenes Nest unter der Erde, ein Teil wandelt zwischen den Sternen, ein Teil wandert über die Stufen der Schattenwelt (alem-i berzah)." So wurde ich ermahnt.

    Ja, Qur'an und Glaube haben diese Wahrheit in einem solchen Grade und mit so absoluter Sicherheit bewiesen, dass, wer nicht ganz und gar ohne Herz und Verstand ist, oder wessen Herz nicht auf einem Irrweg versunken ist, sie im Glauben annehmen muss, als sähe er sie vor Augen. Denn der freigiebige und barmherzige Meister (Sani-i Kerim ve Rahîm), der diese Welt mit so zahllosen Arten Seiner Huld und Güte (lutuf ve ihsan) geschmückt hat und über ihr Seine Herrschaft mit solcher Gast- und Menschenfreundlichkeit (mukrimane ve shefiqane rububiyet) walten lässt, der auch so winzige und bedeutungslose Dinge wie ein Samenkorn schützt, wird sicherlich und gewiss den Menschen, dieses vollkommenste und vielseitigste, dieses bedeutendste und geliebteste unter all Seinen Geschöpfen, nicht so ganz ohne Sinn und Erbarmen (merhametsiz) verurteilen, zerstören, vernichten, wie es nach außen hin den Anschein hat. Nein, der Barmherzige Schöpfer (Khaliq-i Rahîm) begräbt Seine geliebten Geschöpfe (sevgi masnu) für eine Zeitlang unter der Erde, damit sie ihnen ein Tor zur Barmherzigkeit (rahmet) werde, so wie ein Bauer den Samen in die Erde streut, damit er in einem neuen Leben erblühe.(*[34])

    So also erschien mir dieses Gräberfeld lieblicher als Istanbul, nachdem ich einmal diese Ermahnung aus dem Qur'an empfangen hatte. Das Leben wie ein Eremit in der Einsamkeit wurde mir willkommener als gesellschaftlichen Umgang zu pflegen. So fand ich denn auch in Sariyer ein abgelegenes Haus für mich nahe am Bosporus. So wie mir der Ghauthu'l-A'dham (Allah heilige seine Geheimnisse) durch sein "Futuhu'l-Ghayb" zum Meister, Arzt und Lehrer geworden war, so wurde mir nun Imam Rabbani (Allah möge mit ihm zufrieden sein) mit seinem "Mektubat" (Briefe) zu einem Freund, Vater und Lehrer. Um diese Zeit begann ich schon älter zu werden und von den Genüssen des Stadtlebens Abstand zu nehmen und mich vom gesellschaftlichen Leben abzusondern. Dadurch bin ich sehr froh geworden. Dank sei Allah...

    * * *

    Elfte Hoffnung

    Nachdem ich aus der Gefangenschaft nach Istanbul zurückgekehrt war, wohnte ich mit meinem verstorbenen Neffen Abdurrahman (Rahmetullahi Aleyh = er ruhe in Frieden) zusammen in einer Villa auf dem Berg Tjamlidja. Dieses mein Leben konnte man vom Standpunkte des irdischen Lebens aus betrachtet für Menschen meines Standes als das glücklichste Leben bezeichnen. Denn ich hatte mich aus der Gefangenschaft gerettet. An der "Daru'l-Hikmet" hatte ich in meinem Beruf als Wissenschaftler entsprechend in höchstem Maße Erfolg mit meinen wissenschaftlichen Publikationen. Ich genoss ein hohes Ansehen und man hatte mich mit Ehren überhäuft. Verglichen mit anderen Wohnvierteln Istanbuls wohnte ich hier in Tjamlidja in der schönsten Gegend. Alle meine Angelegenheiten waren aufs Beste geordnet und es fehlte mir an nichts. Mein verstorbener Neffe Abdurrahman, ein hochintelligenter, idealgesinnter Schüler, wohnte bei mir und war zugleich mein Diener und Sekretär und mein Adoptivkind. Ich wusste, dass ich in dieser Welt mehr als andere glücklich war. Da schaute ich in den Spiegel: Ich erblickte weiße Haare auf meinem Kopf und in meinem Bart. Da wurde plötzlich mein Geist wieder so wach wie während meiner Gefangenschaft in der Moschee von Kostroma. Infolgedessen begann ich die Umstände und Ursachen kritisch zu betrachten, mit denen ich in meinem Herzen verbunden war, und die ich für den Angelpunkt meines irdischen Glückes hielt. Welche ich auch immer untersuchte, ich sah, dass sie faul, nicht des Interesses wert, und trügerisch waren. In der gleichen Zeit beobachtete ich bei einem Kollegen, den ich für absolut loyal (sadaqatli) gehalten hatte, eine Unkollegialität (sadaqatsizlik) und unvorstellbare Unzuverlässigkeit. Ein Widerwille gegenüber dem irdischen Leben überkam mich.

    Ich sagte mir in meinem Herzen: Habe ich mich denn so völlig geirrt? Ich sehe, dass uns sehr viele Menschen in unserer Situation beneiden, wo wir doch in Wirklichkeit zu bedauern wären... Sind alle diese Menschen verrückt geworden? Oder werde ich jetzt selbst verrückt, sodass ich die Menschen, welche diese Welt anbeten, für verrückt halte? Wie dem auch sei...

    erst jetzt erkannte ich mit dem Scharfsinn, den das Alter verleiht, die Vergänglichkeit der vergänglichen Dinge, für die ich mich interessiert hatte.Ich betrachtete mich selbst, erkannte schließlich meine Schwäche. Zu gleicher Zeit sagte mir mein Geist, der nach Ewigkeit verlangte und dem Vergänglichen verhaftet war, das er für beständig erachtete, mit aller Kraft: Da nun einmal mein Körper vergänglich ist, was soll mir da noch aus dem Vergänglichen an Gutem zuteil werden? Da ich nun einmal hilflos bin, was habe ich da noch von diesen Hilflosen zu erwarten? In meinem Kummer sagte ich mir: Es muss einen Unvergänglich-Unsterblichen (Baqi-i Sermedi), einen Allmächtig-Ewigen (Qadîr-i Ezeli) geben, der einen Ausweg findet. So begann ich Ihn zu suchen.

    Zu dieser Zeit begann ich vor allem bei der Wissenschaft, die ich seit langem studiert hatte, Tröstung und Hoffnung zu suchen. Leider hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt die philosophische und die islamische Wissenschaft zusammen in mich hinein gefüllt und irrtümlicher Weise angenommen, dass die philosophischen Wissenschaften ein Mittel zur Vervollkommnung und eine Quelle der Erleuchtung seien, während doch alle diese philosophischen Fragestellungen meinen Geist über alle Maßen besudelt und mein inneres Wachstum behindert haben.

    Da kam mir plötzlich die heilige Weisheit Gottes des Gerechten in Seiner Barmherzigkeit (rahmet) und in Seiner Freigiebigkeit (kerem) aus dem Weisen Qur'an zu Hilfe. Wie in vielen Abhandlungen erklärt wurde, hat sie alle Befleckung durch diese philosophischen Fragestellungen von mir abgewaschen und mich gereinigt.

    Mit einem Satz gesagt: Die Finsternis des Geistes, die die Weisheit der Philosophen ist, erstickte meinen Geist von allen Ecken des Alls. In welche Richtung ich auch immer schaute, nach Licht suchte, in ihren Fragestellungen konnte ich kein Licht finden, keinen Atem schöpfen. Da zerstreute die Lehre von der Einheit (Tauhid), die mit dem Satz: لاٰۤ اِلٰهَ اِلَّا هُوَ "La ilaha illa Hu (Es gibt keine Gottheit außer Ihm)" von dem Weisen Qur'an unterrichtet wird, alle diese Finsternisse durch ein überaus strahlendes Licht. Beruhigt atmete ich auf. Aber mein Ego und der Satan stützten sich auf den Unterricht, den sie von den Leuten des Irrweges und von den Leuten der Philosophie erhalten hatten, und griffen Herz und Verstand an. Der Angriff auf meine Seele und die Debatte mit ihr endete - Allah sei Dank! - mit einem Sieg des Herzens.

    Diese Debatten wurden in sehr vielen Abhandlungen teilweise aufgeschrieben. Ich begnüge mich damit, hier nur einen von tausend Siegen des Herzens darzustellen, nur ein einziges Zeugnis unter Tausenden Zeugnissen vorzulegen, um den Geist eines Teiles der alten Leute, die von Jugend an mit dem, was man die Weisheit der Fremden und die Wissenschaften ihrer Zivilisation nennt, und zum einen Teil ein Irrtum, zum anderen Teil sinnlose Problemsuche ist, ihren Geist befleckt, ihr Herz krank gemacht und ihr Ego aufgebläht hat, zu reinigen. Mögen sie vom Übel des Satans und vom Egoismus befreit werden und zur Wahrheit von der Einheit (tauhid) gelangen! Es geschah dies wie folgt:

    In Vertretung der philosophischen Wissenschaften sprach meine Seele zu mir: "Alle Dinge im Universum stehen natürlicher Weise in einer Wechselbeziehung zueinander. Jedes Ding hat seine Ursache. Früchte darf man von einem Baum, Getreide vom Feld erwarten. Warum soll man auch das unbedeutendste, kleinste Ding von Allah erwarten, von Allah erflehen?"

    In dieser Zeit enthüllte sich mir das Geheimnis der Einheit (sirr-i tauhid) im Lichte des Qur'an auf folgende Weise. Mein Herz sprach zu dieser meiner Philosophenseele:

    Das unbedeutendste und kleinste Ding wie auch das größte Ding kommt unmittelbar aus der Macht des Schöpfers (Khaliqinin qudretin) der Universen, geht aus Seiner Schatzkammer hervor. Auf andere Weise kann es nicht geschehen! Die Ursachen sind jedoch nur ein Schleier. Denn die Geschöpfe, die wir für die unbedeutendsten und kleinsten halten, werden manchmal - wenn man sie erst einmal so betrachtet, wie sie erschaffen und künstlerisch gestaltet wurden - noch größer als die größten unter ihnen. Wenn eine Mücke vom künstlerischen Standpunkt aus betrachtet ein Huhn zwar nicht zu übertreffen vermag, so steht sie doch auch nicht hinter ihm zurück. Und wenn dem so ist, gibt es auch keinen Unterschied zwischen groß und klein. Und entweder ist das ganze auf verschiedene materielle Ursachen zurückzuführen, oder alle Dinge gemeinsam sind einer einzigen Persönlichkeit zuzuschreiben. Wie aber der erste Fall unvorstellbar ist, so ist der zweite Fall notwendig und zwingend.

    Denn wenn alles einer einzigen Person, nämlich einem Allmächtig-Urewigen (Qadîr-i Ezeli) zuzuschreiben ist; da sich nun einmal aus der Weisheit (hikmet) und Ordnung (intizam) alles Seienden mit absoluter Sicherheit ergibt, dass Er ein Wissen (ilm) besitzt, das alle Dinge umfasst... und da nun einmal in Seinem Wissen (ilm) der Maßstab (miqdar) aller Dinge bestimmt ist... und da nun einmal - wie wir mit eigenen Augen sehen können - ständig aus dem Nichts mit unendlicher Leichtigkeit unendlich kunstvolle Werke entstehen... und da nun einmal dieser Allmächtig-Allwissende (Qadîr-i Alîm), was auch immer Er will durch Seinen Befehl: كُنْ فَيَكُونُ {"Sei und es ist!" (Sure 2, 117)} so wie man ein Streichholz entzündet - ins Dasein zu rufen (= idjad) vermag, so besitzt Er auch, wie wir anhand von zahllosen starken Beweisen erklärt haben, und zwar besonders im "Zwanzigsten Brief" und auch am Ende des "Dreiundzwanzigsten Blitzes" bewiesen haben - eine grenzenlose Macht (qudret)... Sicherlich beruht diese offensichtliche wunderbare spielerische Leichtigkeit auf diesem umfassenden Wissen und Seiner gewaltigen Macht.

    Zum Beispiel: Wenn man in einem Buch, das mit einer dem Auge unsichtbaren Tinte geschrieben wurde, ein Mittel aufträgt, das dafür bestimmt ist, diese Schrift sichtbar zu machen, so erweist dieses riesige Buch plötzlich für jedermanns Auge seine Existenz und macht sich selbst lesbar. Im allumfassenden Wissen des Allmächtig-Urewigen (Qadîr-i Ezeli) sind alle Dinge in ihrer eigenen Form und in ihrem vorgegebenen Maß (miqdar-i muayyen) entsprechend festgelegt. Diese unbeschränkte Allmacht, trägt mit Ihrem Befehl:كُنْ فَيَكُونُ{"Sei und es ist!" (Sure 2, 117)} mit dieser grenzenlosen Macht und einem alles durchdringenden Willen (irade), mit spielerischer Leichtigkeit Ihre Kraft (quvvet), die eine Manifestation ihrer Macht (qudret) ist, auf das Wesen des Wissens (mahiyet-i ilm) auf, so wie man ein Mittel auf diese Schrift aufträgt, um jedem Ding einen nach außen hin wahrnehmbaren Körper zu verleihen, ihn für das Auge sichtbar zu machen, um die Weisheit der Ornamente lesbar werden zu lassen.

    Wenn man nicht alle Dinge gemeinsam diesem Allmächtig-Urewigen zuschreibt, Ihm, der aller Dinge Wissen hat (= Qadîr-i Ezeli'ye ve Alîm-i Kulli Shey), dann ist es notwendig, den Körper auch des kleinsten Dinges, wie einer Mücke, aus den meisten Elementen der Welt in einem nur ihr eigentümlichen Maßstab (mizan) entsprechend zusammenzustellen. Zudem ist dies nur dann möglich, wenn die Zellen, die im Körper dieser winzigen Mücke arbeiten, das Geheimnis ihrer Erschaffung und ihre künstlerische Vollendung in allen Einzelheiten kennen. Denn auf Grund von Ursachen, die in der belebten oder unbelebten Natur liegen, kann offensichtlich und in Übereinstimmung mit allen Leuten von Verstand nichts aus dem Nichts entstehen. Also müssen sie in jedem Fall zu ihrer Hervorbringung zunächst erst einmal die Bestandteile zueinander bringen. Um welches Lebewesen es sich nun aber auch immer handeln mag, es enthält in sich von den meisten Elementen ein Exemplar und verkörpert in sich Muster der meisten Arten. Es ist so, als sei es eine Zusammenfassung des Weltalls gleich einem Samenkorn. Sicherlich ist es notwendig in diesem Fall mit den empfindlichsten Messinstrumenten die Bausteine eines Baumes festzustellen, um aus ihnen ein Samenkorn zu konstruieren, und die Bauelemente des Erdkreises zu ermitteln, um mit ihrer Hilfe ein Lebewesen zusammensetzen zu können.

    Es sind aber nun einmal die Ursachen, die in der unbelebten Natur liegen, unwissend und leblos und verfügen über kein Wissen, sodass sie einen Plan, eine Liste, einen Entwurf, ein Programm aufstellen könnten, um danach eine unsichtbare Gussform zu schaffen, damit die einzelnen Zellen nicht zerfallen, sodass die Funktionsfähigkeit des Zellverbandes gestört würde. Weil aber Bildung und Gestaltung eines Baumes oder einer Fliege auf zahllose Arten möglich ist, wird sie auf eine einzige Form und Größe innerhalb einer unübersehbar großen Anzahl von Möglichkeiten festgelegt. Dabei lösen sich die Zellen nicht aus ihrem Verband, obwohl ihre Atome sich gleich einem Sturzbach ständig erneuern. Vielmehr erfolgt der Austausch der Zellen geordnet, in einem nie abreißenden Strom, ohne Verwendung einer Gussform, unter Beibehaltung des Zellgefüges innerhalb eines geschlossenen Ganzen und allem, was lebt, wird seine vorgegebene Gestalt verliehen. Es ist offensichtlich, in welchem Grade dies unmöglich, unwahrscheinlich und weit davon entfernt ist, vernünftig zu sein. Sicherlich vermag dies jeder, der nicht blind ist in seinem Herzen, zu erkennen.

    Ja entsprechend der Wahrheit: اِنَّ الَّذِينَ تَدْعُونَ مِنْ دُونِ اللّٰهِ لَنْ يَخْلُقُوا ذُبَابًا وَ لَوِ اجْتَمَعُوا لَهُ (*[35]) und nach dem Mysterium der großen Ayah könnten - selbst wenn alle die Ursachen, die in der unbelebten Natur liegen, sich zusammensetzten und einen freien Willen (ihtiyar) besäßen - diese auch nicht den Körper einer einzigen Fliege mit den dazu passenden Organen zusammensetzen. Und könnten sie ihn zusammensetzen, sie können dennoch nicht die in diesem Körper wirkende Ordnung aufrechterhalten. Und könnten sie sie aufrechterhalten, sie könnten dennoch nicht die Atome, die ständig ausgetauscht werden und in diesem Körper ihre Funktion beginnen, zu rechter Wirksamkeit veranlassen. Wenn also dies so ist, können die Ursachen zur Erschaffung von Baum und Fliege nicht diesen selbst zur Verfügung stehen. Das heißt also, dass deren tatsächliche Verfügung in Händen eines Anderen liegt.

    Ja es gibt tatsächlich Einen, der über sie verfügt. Entsprechend dem Mysterium (sirr) des Qur'anverses: مَا خَلْقُكُمْ وَ لاَ بَعْثُكُمْ اِلاَّ كَنَفْسٍ وَاحِدَةٍ {"Eure Erschaffung und Wiederauferstehung ist nicht anders als die einer einzigen Seele." (Sure 3, 27)} erschafft (ihya) Er alle Lebewesen auf dem Erdkreis mit der gleichen Leichtigkeit wie eine einzelne Mücke. Er erschafft (idjad) den Frühling mit gleicher Leichtigkeit wie eine einzelne Blume. Denn für Ihn ist es nicht notwendig erst vorher die Bestandteile beisammen zu haben. Von Ihm geht der Befehl aus: كُنْ فَيَكُونُ {"Sei und es ist!" (Sure 2, 117)} und Er ruft in jedem Frühling außer den Grundbausteinen zu unzähligen, gerade für den Frühling so typischen Pflanzen und Tieren, auch deren unzählige Formen, Farben, Gestalten und Bedingungen aus dem Nichts hervor. In Seinem Wissen sind die Pläne und Entwürfe, die Tabellen und Programme aller Dinge vorgegeben. Alle Atome bewegen sich Seiner Anweisung folgend in Seinem Wissen und Seiner Macht. Mit der spielerischen Leichtigkeit, wie man ein Streichholz entzündet, erschafft Er ein jedes Ding. Kein Ding weicht auch nur um Haaresbreite von Seiner Bahn ab. So wie die Gestirne Sein gehorsames Heer bilden, so sind auch die Atome einem wohlgeordneten Heere gleich.

    Da sie sich nun einmal in ihrer Bewegung auf die urewige Macht stützen (qudret-i ezeliyeye istinad) und nach den Grundsätzen des urewigen Wissens (ilm-i ezeli) tätig werden, gelangen Seine Werke mit Sicherheit Seiner Macht entsprechend ins Dasein. Sieht man hingegen diese Individuen als unbedeutend und klein an, werden Seine Werke dadurch nicht geringer. Mit Seiner Kraft (quvvet) und Macht (qudret) verbunden, lässt eine Mücke einen Nimrod elend zu Grunde gehen, zerstört eine Ameise den Palast des Pharao, trägt ein Tannensamen - klein wie ein Stäubchen - einen Tannenbaum - groß wie ein Berg - auf seinen Schultern.

    Wie wir diese Tatsache in vielen Abhandlungen bewiesen haben, vermag ein Soldat, versehen mit einem Soldbuch, betrachtet man seine Zugehörigkeit zum Kaiser, dergleichen Taten zu vollbringen, wie einen König gefangen zu nehmen, der hunderttausendmal mächtiger ist als er. So also vermag jedes Ding - verbunden mit der urewigen Macht - wundervolle Kunstwerke zu Stande zu bringen, die hunderttausendfach über die Naturgesetze hinausgehen.

    Kurzum, die Entstehung eines jeden Dinges, das in höchstem Grade kunstvoll ist und doch mit einer derartigen Leichtigkeit erschaffen wurde, zeigt, dass es ein Werk des Allmächtig-Urewigen (Qadîr-i Ezeli) ist, welcher ein allumfassendes Wissen (muhit bir ilim) besitzt. Anderenfalls wird es auf Grund hunderttausender Unmöglichkeiten nicht ins Dasein treten, im Gegenteil, es wird aus dem Bereich des Möglichen, der vorhandenen Umstände, austreten und in den Bereich des Unmöglichen, der nicht vorhandenen Umstände, eintreten, ja sogar aus der Betrachtung der notwendigen Voraussetzungen ausscheiden und sich in die nicht in Betracht kommenden einreihen, weil von Anfang an Grundvoraussetzungen fehlen.

    So schwieg denn meine Seele auf Grund dieser ins Einzelne gehenden, so starken und so tiefschürfenden und so offensichtlichen Beweisführung, nachdem sie vorübergehend ein Schüler des Satans und ein Anwalt der Leute des Irrweges und der Philosophie gewesen war. لِلّٰهِ الْحَمْدْ "Li'llahi'l-hamd! (Dank sei Allah)" Ich bin nun völlig zum Glauben gelangt. Und ich sprach:

    "Ja ich brauche einen solchen Schöpfer und Herrn (Khalinq ve Rabb), der auch die unscheinbarsten Dinge kennt, die mir am Herzen liegen, auch mein leisestes Flehen, so wie Er das geheimste Bedürfnis meines Herzens erfüllt und diese riesige Welt (dunya) in das Jenseits (akhiret) umwandelt, der diese Welt auflösen und statt ihrer das Jenseits errichten wird, um mir eine ewige Glückseligkeit zu verleihen. So wie Er in der Lage ist, sowohl eine Mücke zu erfinden (khalqettiği), als auch den Himmel zu erschaffen (idjad), so muss Er auch die Sonne gleich einem Auge am Firmament befestigen und auch die Macht haben, jede Zelle in meinem Auge zu gestalten. Kann Er aber eine Mücke nicht erschaffen, dann kann Er auch nicht tun, was mir am Herzen liegt, dem Flehen meines Geistes nicht lauschen. Kann Er die Himmel nicht erschaffen, dann kann Er mir auch die ewige Glückseligkeit nicht verleihen. So also ist mein Herr der, welcher in der Lage ist, sowohl das, was mir am Herzen liegt, zu veredeln, als auch den Wetterhimmel in einer Stunde mit Wolken zu erfüllen oder von ihnen zu entleeren, das Diesseits ins Jenseits zu verwandeln, das Paradies aufzubauen, mir dessen Türe zu öffnen, und zu sagen: "Los, komm herein!"
    

    Nun also ihr meine alten Brüder, die ihr so wie ich unglücklicher Weise einen Teil eures Lebens mit lichtloser Philosophie und fremdländischer Wissenschaft verbracht habt! Versteht ihr jetzt den heiligen Erlass, den der Qur'an unablässig verkündet: لاٰۤ اِلٰهَ اِلَّا هُوَ "La ilahe illa Hu (Es gibt keine Gottheit außer Ihm!)" Wie stark und voll Wahrheit Er doch ist! Er ist auf keine Weise zu erschüttern, zu verletzen oder zu verändern. Versteht, wie dieser Glaubenssatz alle innerliche Finsternis auflöst und alle innerlichen Wunden heilt.

    * * *

    Bediüzzaman Hazretleri Rusya esaretinden avdet edip Almanya’ya uğradığı zaman Almanlar tarafından 1918 tarihinde alınmış fotoğrafı

    Ein ganz besonders bemerkenswertes geistiges Erlebnis (vakia-i ruhaniye), das er geschaut hat, als er in Istanbul am Haus der Weisheit (Dar-ul hikmet) tätig war und als eine Eingebung in der nun folgenden Abhandlung (Sünuhat Risalah) beschrieben hat.

    Eine Rede, gehalten im Traum

    Im September des Jahres 1335 (etwa 1916) war ich durch die - infolge der Ereignisse der damaligen Zeit - entstandene Hoffnungslosigkeit sehr niedergeschlagen. In dieser tiefen Finsternis suchte ich nach einem Licht (Nur). Während meines Wachzustandes, der mit den Augen des Geistes betrachtet ein Traumzustand ist, konnte ich es nicht finden. Aber in einem Traumgesicht, das in Wahrheit und Wirklichkeit einem Wachzustand glich, schaute ich nun dieses Licht (Ziya). Ich übergehe hier die Einzelheiten und schreibe nur diejenigen Punkte auf, die mir eingegeben worden sind. Es waren die folgenden:

    In einer Freitagsnacht betrat ich im Traum in die Welt der Bilder.{Wir unterscheiden zwischen der wirklich erlebten Welt, in der wir Zeugnis ablegen für Gott, also die bezeugte Welt und der nur geträumten Welt, der Traumwelt, also der Welt der Bilder, die ausdeutbar sind. (A.d.Ü.)}Da kam jemand zu mir und sagte: "Eine erlauchte Versammlung, die einberufen wurde, um über die Geschicke des Islam zu beraten, wünscht dich zu sprechen."

    Da ging ich. Und ich sah: Es war da eine Versammlung von Erleuchteten, wie ich dergleichen in dieser Welt noch nie gesehen hatte: die Selef-i Salihin {Die ersten drei Generationen von Gläubigen (A.d.Ü.)} und die Abgeordneten eines jeden Jahrhunderts (a'sarin meb'uthlar), eine Versammlung von Abgeordneten für jedes Jahrhundert. Ich blieb verlegen an der Türe stehen.

    Eine dieser Persönlichkeiten sagte zu mir: "Oh du Mann eines Jahrhunderts der Katastrophen und der Verwüstungen! Auch du hast eine Stimme. Äußere deine Meinung."

    Ich blieb stehen und antwortete: "Fragen Sie mich... Ich werde Ihnen Antwort geben."

    Jemand sagte: "Was wird die Folge dieser Niederlage (= der verlorene Krieg) sein? Was wäre geschehen, hätten wir gesiegt?..."

    Ich antwortete: „Weil ein Übel nicht nur für sich allein schlecht ist, manchmal im Glück schon das Unglück enthalten ist, erwächst Glück auch aus Unglück. Das Unglück dieses islamischen Staates, der sich als Bannerträger des Kalifates betrachtet, und dazu ausersehen, sich für die Welt des Islam, die wie ein einziger Leib ist, als ein Opfer darzubringen, und der die allgemeine Verpflichtung zum Djihad auf sich genommen hat, um von Alters her das Wort Gottes hochzuhalten und den Islam für immer unabhängig zu machen, wird durch das zukünftige Glück der islamischen Welt wieder ausgeglichen. Denn dieses Unglück hat das Aufkeimen und den Beginn eines Aufschwungs islamischer Brüderlichkeit, welche die Hefe unseres Lebens und das Wasser unseres Lebens ist, auf wunderbare Weise beschleunigt. Wenn man uns kränkt, weint die islamische Welt. Kränkt Europa uns noch mehr, wird sie schreien. Sollten wir sterben müssen, werden 20 von uns sterben, aber 300 wieder auferstehen. Wir leben in einem Jahrhundert der Wunder (harikalar). Zwei, drei Jahre nach dem Tode werden die Auferstandenen vor aller Augen erscheinen. Wir haben durch unsere Niederlage ein vorübergehend aufgehobenes Glück ( سَعَادَتِ عَاجِلَهْ saadet-i âdjile-i) verloren; aber auf uns wartet ein aufgeschobenes beständiges Glück (سَعَادَتِ آجِلَهْ saadet-i edjile-i). Wer völlig unwichtige, ständig wechselnde, eng begrenzte Umstände gegen eine weite Zukunft eintauscht, der gewinnt.“

    - Sogleich forderte man mich von Seiten der Versammlung auf: "Erkläre dies!"

    Da sprach ich: "Der Kampf zwischen den Staaten, zwischen den Völkern räumt den Platz einem Kampf zwischen den gesellschaftlichen Schichten. Denn so wie die Gesellschaft nicht versklavt werden will, so will sie auch nicht zu einem Lohnempfänger werden. Hätten wir gesiegt, hätten wir uns vielleicht in noch stärkerem Maße dazu verleiten lassen. Hätten wir gesiegt, wären wir auf die anarchistischen Tendenzen, wie sie von unseren Gegnern, unseren Feinden ausgehen, in noch stärkerem Maße hereingefallen. Doch diese Bewegung ist sowohl anarchistisch, als auch der Natur der islamischen Welt (tabiat-i alem-i Islam) entgegengesetzt. Sie widerspricht den Interessen der überwältigenden Mehrheit der Gläubigen und wird nur von kurzer Dauer sein. Sie ist schon im Begriff, sich zu zerspalten. Hätten wir uns dieser Strömung angeschlossen, hätten wir uns auf einen Weg gebracht, welcher der Beschaffenheit, der Natur der islamischen Welt (alem-i Islami fitrat, tabiat) entgegenläuft (mukhalif). Von dieser bösartigen Zivilisation haben wir nichts als Schaden gehabt. Wir würden die Vertretung einer Zivilisation in Asien auf uns nehmen, die in der Betrachtung der Sheriah verworfen ist, weil ihre Vorteile nicht ihre Nachteile überwiegen. Sie ist im Urteil des allgemeinen Wohls der Menschheit abgeschafft worden. Das Erwachen der Menschheit hat sie zum Scheitern verurteilt. Sie ist missraten, unbelehrbar, selbstsüchtig und innerlich unkultiviert."

    Jemand aus der Versammlung fragte: "Warum lehnt die Sheriah diese Zivilisation ab?"(*[36])

    Ich antwortete: "Sie ist auf fünf falschen Grundsätzen errichtet. Die Stütze dieser Zivilisation ist die Macht (= Nokta-i istinadi quvvettir). Daraus resultiert jedoch ihr aggressives Verhalten. Ihr Ziel (qasd) ist der Nutzen, der Gewinn (menfaat). Daraus resultiert jedoch die gegenseitige Ausbeutung. Ihr Prinzip im Leben ist der Kampf. Daraus resultiert jedoch der Konflikt. Die zwischenmenschlichen Beziehungen sind auf der Grundlage des Rassismus, und auf der Grundlage des Nationalsozialismus, der sich nur durch Einverleibung anderer Völker ernährt, aufgebaut. Daraus resultieren jedoch die furchtbaren Kollisionen. Verlockende Dienstleistungen steigern Gelüste und Neigungen, befriedigen, was Lust und Laune sich wünscht und erleichtern den Konsum. Diese Gelüste haben jedoch zur Folge, dass die Menschheit von der Stufe eines Engels auf die Stufe eines Hundes herabsinkt. Sie verursachen die innere Entwertung des Menschen. Viele zivilisierte Menschen müsste man sich in der Haut eines Wolfes oder Bären, einer Schlange, eines Schweins oder Affen vorstellen, würde ihr Inneres nach außen gekehrt.

    So hat die heutige Zivilisation 80/100 der Menschheit dazu gebracht, immer noch mehr zu arbeiten und sich darüber zu beklagen. 10/100 leben in einem imaginären (hayali) Glück. Die restlichen 10/100 verbleiben zwischen diesen beiden. Aber das Glück ist entweder das Glück aller oder doch wenigstens der Mehrheit. Ist aber nur eine Minderheit in einer Minderheit davon begünstigt, so kann hingegen der Qur'an, der ein Erbarmen (rahmet) ist für das Menschengeschlecht, nur eine solche Kultur (medeniyet) anerkennen, die das Glück aller, oder doch wenigstens der Mehrheit mit einschließt.

    Zudem ist unter der Herrschaft unbeherrschter Wünsche aus einem Bedürfnis nach Entbehrlichem ein Bedürfnis nach Unentbehrlichem geworden. Während in nomadischer Zeit ein Mann vier Dinge bedurfte, hat die Zivilisation sein Bedürfnis auf hundert gesteigert und ihn arm gemacht. Weil aber der Einsatz nicht die Ausgaben deckt, führte dies dazu, zu betrügen und Verbotenes (haram) zu tun; und an diesem Punkt begann die Sittenverderbnis an der Wurzel zu nagen. Im Unterschied zu dem Reichtum und Luxus, den sie der Gesellschaft und den Völkern brachte, hat sie den Einzelnen arm und ohne Moral (akhlaqsiz) gemacht."

    "Was alles es an Grausamkeiten im Altertum gegeben hat, spie diese Zivilisation auf einmal aus!"

    "Es verdient besondere Beachtung, dass die islamische Welt dieser Zivilisation gegenüber so zurückhaltend ist und ihr gleichsam die kalte Schulter zeigt und darunter leidet, wo sie sie annimmt. Denn die göttliche Rechtleitung (hidayet) durch die Sheriah, die als ihre besonderen Vorzüge Selbstgenügsamkeit und Selbstständigkeit verleiht, lässt sich mit der Wesensart römischer Philosophie weder okkulieren noch harmonisieren und kann sie weder absorbieren noch okkupieren! Die alten Römer und Griechen - wie Zwillinge der selben Wurzel entsprossen - haben ihren beiden verschiedenen Wesensarten gleich dem Wasser und dem Öl über Jahre und Jahrhunderte hinweg trotz aller Bemühungen von Christen und Humanisten die Selbständigkeit bewahrt und beide Geistesrichtungen leben auch heute noch, als hätten sie gleichsam eine Metamorphose durchgemacht, in anderer Gestalt fort. Diese beiden, obwohl sie Zwillinge sind und den Umständen nach miteinander harmonieren müssten, harmonieren dennoch nicht miteinander. Das Licht der Rechtleitung (hidayet), das der Geist der Sheriah ist, kann mit römischer Wesensart, die die Basis dieser finsteren und schmutzigen Zivilisation ist, zu gar keiner Zeit harmonieren oder sie in sich aufnehmen!"

    Sie fragten: "Welcher Art ist die Kultur (medeniyet) unter der Sheriaht-i Gharra?"

    Ich antwortete: "Die Kultur (medeniyet), welche die Sheriaht-i Ahmediye (= isl. Lebensweise) mit einschließt und sie anordnet, ist diejenige welche sich nach dem Zusammenbruch der heutigen Zivilisation entwickeln wird. Sie wird an Stelle der falschen Grundsätze die rechten Grundsätze durchsetzen. So also ist ihre Stütze (nokta-i istinad) nicht die Macht (quvvet) sondern das Recht (haq). Auf ihr fußt die ausgleichende Gerechtigkeit (adalet ve tevazun). Ihr Ziel ist also nicht der Verdienste im materiellen, sondern das Verdienst im ideellen Sinne (fadilet). Aus ihr entstehen die gegenseitige Zuneigung (muhabbet) und Verantwortlichkeit. Aus dem Blickwinkel der Einheit (vahdet) betrachtet tritt an die Stelle von Rassismus und Nationalismus die Verbundenheit im Glauben, die Liebe zur Heimat und die Kollegialität im Beruf. Aus ihr erwachsen wahrhafte Brüderlichkeit und Eintracht und die Verteidigung einzig für den Fall eines Angriffs von außen. Ihr Prinzip im Leben ist die gegenseitige Hilfeleistung. Ihre Folge ist Einheit (ittihad) und Solidarität. Das Lustprinzip wird durch Rechtleitung ersetzt; so entwickelt sich wahre Menschlichkeit und geistige Vollkommenheit. Das Lustprinzip wird unter Kontrolle gebracht. Statt die Erfüllung primitiver egoistischer Bedürfnisse zu erleichtern, bringt sie die Zufriedenheit einer erhabenen Geisteshaltung.

    Das heißt, wir schwimmen in der zweiten Strömung {die erste Strömung ist die anarchistische (A.d.Ü.)} mit, einer Strömung wie sie den Armen und Unterdrückten entspricht. Wer ärmer ist als 80/100 der Bevölkerung, ist auch vom Islam {Wer darunter leidet, arm und unterdrückt zu sein, leidet auch noch besonders dann, wenn er den Trost der Religion nicht finden kann. (A.d.Ü.)} zu 90/100, ja vielleicht 95/100 ausgeschlossen. Solange die islamische Welt dieser zweiten Strömung gegenüber gleichgültig bleibt, oder sich ihr widersetzt, wird sie sowohl ihrer Stütze beraubt werden (istinadsiz), als auch sinnlose Opfer bringen müssen, als auch - falls sie von ihr überflutet wird - dazu gezwungen sein, sich umzustellen und sich selber zu verwandeln, wenn sie nicht klug vorgehen und dieser Strömung eine islamische Form geben und sie so für sich nutzbar machen will. Denn der Feind des Feindes ist ein Freund solange er dessen Feind bleibt; desgleichen ist der Freund des Feindes ein Feind, solange er dessen Freund bleibt. Weil diese beiden Strömungen einander entgegenlaufen, ihre Ziele einander entgegengesetzt sind, ihre Interessen einander zuwiderlaufen, sagt die eine: "Stirb!", während die andere "Steh auf und lebe!" sagt. Während die eine zu ihrem Vorteil den Schaden, den Streit, den Verfall, die Schwäche und unseren Schlaf benötigt, braucht die andere hingegen zu ihrem Vorteil unsere Stärke (quvvet) und Einheit (ittihad).

    Die Feindschaft gegenüber dem Osten {Mit "Osten" ist hier der Islam, mit "Westen" ist die europäische sekularisierte Denkweise gemeint. (A.d.Ü.)} hat die Ausbreitung des Islam erstickt. Sie ist begraben worden und muss begraben werden... Die Feindschaft gegen den Westen war der wichtigste Grund für die islamische Einigung (ittihad) und die Entfaltung der Brüderlichkeit.

    Sie muss beibehalten werden...Die Versammlung gab spontan ihre Zeichen der Zustimmung. Sie sagten: "Ja, Sie sollten Hoffnung schöpfen! Die lauteste Stimme innerhalb einer zukünftigen Wandlung wird die Stimme des Islam sein!"

    Wiederum fragt jemand: Katastrophen sind die Folge kapitaler Verbrechen und der Beginn einer Belohnung. {Gott schenkt dem, der seine Strafe verbüßt hat, eine Belohnung. (A.d.Ü.)} Aufgrund welcher Handlungen hat das Schicksal {Schicksal: Qader, (ein Glaubensartikel) das, was Gott für die Menschen bestimmt hatte. (A.d.Ü.)} über die Menschen ein solches Urteil gefällt, sie zur Strafe einer solchen Katastrophe verurteilt? Eine allgemeine Katastrophe entsteht aus den Fehlern der Mehrheit. Was ist derzeit ihre Belohnung?

    Ich antwortete: "Das beginnt mit der Vernachlässigung der drei wichtigsten Säulen des Islam: Gebet, Fasten, Almosen. Nur eine von vierundzwanzig Stunden will der erhabene Schöpfer (Khaliq Teala) von uns für die fünf Gebete täglich. Wir waren nachlässig. Da ließ er uns fünf Jahre lang vierundzwanzig Stunden täglich exerzieren, strapazieren, marschieren. Dies sollte unser Gebet sein. So erwartete Er jährlich nur einen Monat zu fasten von uns. Wir haben uns selbst bedauert. Zur Buße (keffaret) ließ Er uns fünf Jahre fasten. Von den Gütern, die Seine Güte (ihsan) uns geschenkt hat, erwartete Er eines von zehn, ja nur eines von vierzig als Zekat. Wir waren geizig und ungerecht. Da hat Er von uns die aufgelaufenen Zekatsschulden eingesammelt.

    اَلْجَزَآءُ مِنْ جِنْسِ اَلْمَلِ {"Die Strafe richtet sich nach der Art des Verhaltens"}

    Unsere derzeitige Belohnung aber ist die, dass er ein Fünftel, das heißt 4.000.000 unseres sündigen (günahkar), frevelhaften (fasiq) Volkes in den Rang von Heiligen (velayet) erhob, sei es, dass sie als Ghazi (Kämpfer) heimkehrten, oder als Schehit (Zeugen) auf den Schlachtfeldern liegen blieben. Das gemeinsame Unglück, das aus den gemeinsamen Fehlern entstanden ist, löschte die Sünde der Vergangenheit aus.

    Wieder sagte jemand: "Wenn aber ein Befehlshaber (âmir) durch seine Schuld das Unglück heraufbeschworen hätte?"

    Ich antwortete: "Wer von der Katastrophe heimgesucht wurde, erwartet seinen Lohn. Ihm werden entweder die Verdienste des schuldigen Befehlshabers gutgeschrieben, was so gut wie nichts wäre, oder er erhält seinen Lohn aus dem unsichtbaren Schatz. Was aber diesen unsichtbaren Schatz betrifft, so ist er der Lohn für dergleichen Dinge und erhebt in den Rang eines Märtyrers oder Kämpfers (deredje-i shehadet ve ghazi).

    Ich merkte, dass die Versammlung dies gutgeheißen hatte. Ich befand mich in einer erhabenen Stimmung. Ich erwachte erregt und schwitzend und fand mich selbst, sitzend in meinem Bett, meine Hände gefaltet; und so verbrachte ich die Nacht.

    * * *

    Bei Bediuzzaman fanden sich keine anderen Bücher (als der Qur'an).

    Fragte man ihn: "Warum schlägst du nicht in anderen Büchern nach?", antwortete er:

    "Ich möchte alle Dinge aus dem Qur'an selbst entnehmen und meine eigene Meinung darüber zurückhalten."

    Zitierte er aus seinen Werken, entnahm er Textstellen, die er für erforderlich hielt, ohne sie zu ändern.

    Fragte man ihn: "Warum wiederholst du derart wörtlich?", so antwortete er:

    "Die Wahrheit verdrießt nicht. Ich möchte das Kleid nicht verändern."

    Es wurde oben bereits kurz erwähnt, dass Bediuzzaman zwölf Traktate über die Wahrheit(*[37])im Qur'an hatte drucken lassen. Von ihnen waren drei, vier in türkischer, die übrigen in arabischer Sprache verfasst. Bis zu dieser Zeit gab es kein einziges Buch, das die Wahrheit in solch einer beispiellosen Art erklärt und beweist.

    Zu der Zeit, die er an der Daru'l-Hikmet verbrachte, vollzog sich in ihm eine geistige Wandlung, über die er in einem seiner später veröffentlichten Werke Folgendes berichtet:

    "Auf den Kopf des Alten Said in seiner Sorglosigkeit (ghafil) hagelte es fürchterliche Schläge herab. Er dachte an seinen Urteilsspruch اَلْمَوْتُ حَقٌ ('Der Tod ist wahr').Er sah sich selbst in Schlamm und Schmutz, erwartete Hilfe, suchte einen Weg, hielt Ausschau nach einem Retter, sah, wie verschieden die Wege waren, zögerte unentschlossen. Da wandte er sich an Scheich Geylani, der ein Gauth-ul A'dham ist, griff zu seinem Futuh-ul ghayb, schlug das Buch auf und der Satz sprang ihm die Augen:

    اَنْتَ فِي دَارِ الْحِكْمَةِ فَطْلُبْ طَبِيبًا يُدَاوِى قَلْبَكَ {'Du bist im Hause der Weisheit (Daru-l-Hikmet). Suche einen Arzt, der dein Herz heilen kann!'}

    Das war merkwürdig! Denn ich war damals Mitglied der Daru-l Hikmet-il'Islamiye. Es war, als sei ich ein Arzt, der sich darum bemüht, die Wunden der Muslime zu heilen. Aber die schwerste Krankheit hatte ich selbst. Ein Kranker muss sich zuerst um sich selbst kümmern, bevor er andere Kranke besuchen kann.

    So also sagte mir Hazret-i Scheich: "Du selbst bist krank. Suche einen Arzt für dich!" Ich antwortete: "Sei du mein Arzt!" Es war mir, als spräche er selbst zu mir; ich las das Buch so, als redete es mit mir. Aber sein Buch war fürchterlich. Und schrecklich war es, wie es meinen Stolz (gurur) zerbrach. Es vollzog in meiner Seele eine fürchterliche Wundoperation. Ich konnte dem nicht länger standhalten. Ich las es bis zur Hälfte und machte es zu meinem Gesprächspartener, jedoch hatte ich keine Ausdauer mehr, es zu Ende zu lesen. Ich legte das Buch in den Schrank. Aber danach vergingen die Schmerzen, die diese heilbringende Operation verursacht hatte. Ich bekam Geschmack an diesem Buche meines ersten Lehrers (Ustadh), las es jetzt ganz durch und zog einen großen Nutzen daraus. Ich lauschte seinen Hymnen und Gebeten und empfing viel Segen und Gewinn.

    Danach habe ich die 'Mektubat' vom Imam Rabbani gesehen. Ich nahm sie in meine Hand, bat in reiner Absicht um ein Zeichen und schlug sie auf. Seltsamer Weise gibt es in den ganzen Mektubat nur zwei Stellen, wo von einem 'Bediuzzaman' die Rede ist. Unerwartet öffneten sich mir diese beiden Briefe ('Mektub'). Meines Vaters Name war Mirza und ich sah, dass als Titel auf dem ersten dieser Briefe 'Brief an Mirza Bediuzzaman' geschrieben stand. 'Lobpreis und Dank sei Gott!' sagte ich: diese Rede gilt mir. Ein Beiname des Alten Said war damals 'Bediuzzaman'. Denn außer Bediuzzaman-i Hemedani, der im dritten Jahrhundert nach der Hidjra unter diesem Beinamen berühmt geworden war, kannte ich keine Persönlichkeiten mit diesem Titel. Das heißt, es hatte zu Imams Zeiten noch einen Mann gegeben, dem diese beiden Briefe geschrieben worden waren.

    Der Zustand dieses Mannes ähnelte meinem eigenen Zustand so, dass ich in diesen beiden Briefen ein Heilmittel für meinen Kummer fand. Der Imam empfiehlt in diesen beiden Briefen das, was er auch in vielen anderen Briefen empfohlen hat, nämlich: 'Tauhid sei deine Kible! (Tauhid-i kible)" das heißt: "Nimm dir nur einen einzigen Meister, folge ihm nach und kümmere dich um keinen anderen!' Dieser sein wichtigster Rat entsprach meiner Begabung und meinem Geisteszustand nicht. Ich dachte lange nach... sollte ich diesem folgen? oder sollte ich einem anderen folgen? Ich blieb unschlüssig. Jeder von ihnen hatte seine besonderen Eigenarten, von denen ich mich angezogen fühlte. Nur einer von ihnen genügte mir nicht. Während ich noch unschlüssig war, gab Gott der Gerechte meinem Herzen ein: Der Anfang dieser verschiedenen Wege (tariqat), die Sonne inmitten der Planeten und die Quelle, aus der die Bewässerungskanäle gespeist werden, ist der Weise Qur'an, die wahrhaftige Tauhid-i Kible findet sich in ihm. Wenn dem so ist, dann ist er auch der erhabenste Lehrer (murshid) und der heiligste Meister (Ustadh), an dem ich mich festhalte..."(*[38])

    * * *

    Hier eine Antwort für diejenigen, welche sagen: "Wir sehen, dass Sie wegen des verlorenen Weltkrieges so überaus traurig sind."

    "Ich habe mein eigenes Leid ertragen. Aber die Schmerzen wegen der Leiden der Muslime haben mich erdrückt. Doch spüre ich, wie die Schläge, die man der islamischen Welt versetzt, zuerst mein eigenes Herz treffen. Darum bin ich so sehr bedrückt. Doch ich sehe ein Licht, dass diese meine Schmerzen vergessen machen wird", sagte er und lächelte dabei.

    In Istanbul war sein Werk "Khutuvat-i Sitte (Sechs Schritte)" der größte, bedeutendste und wirkungsvollste Dienst an Volk und Vaterland. Damals tobte der Kampf um die Dardanellen. Man zeigte dem englischen Oberkommandierenden nach der Eroberung und Besetzung Istanbuls dieses Werk und informierte ihn darüber, dass Bediuzzaman ihm mit ganzer Kraft Widerstand leiste. Dieser Kommandant, der vor Gewaltanwendung nicht zurückschreckte, hatte zunächst die Absicht, ihn zum Tode zu verurteilen und ihn auf diese Weise aus dem Wege räumen zu lassen. Als man ihm jedoch Mitteilung machte, dies würde in Ost-Anatolien unter den Stämmen dort einen Aufstand um jeden Preis auslösen und ewige Feindschaft gegenüber den Engländern zur Folge haben, sah er sich gezwungen, davon Abstand zu nehmen.

    Während sich die Engländer darum bemühten, in Istanbul durch ihre Intrigen den Scheichu'l-Islam und einige der übrigen Gelehrten auf ihre Seite zu ziehen, machte Bediuzzaman im Gegensatz dazu überall die Kolonialpolitik der Engländer, ihre Intrigen, ihre historische Feindseligkeit gegenüber der islamischen Welt und den Türken bekannt.Dadurch unterstützte er die nationale Befreiungsbewegung in Anatolien und wurde für sie einer ihrer bedeutendsten Eckpfeiler.

    Bu hizmetine dair kendi ifadesinden bir parça:

    Bir zaman İngiliz Devleti, İstanbul Boğazı’nın toplarını tahrip ve İstanbul’u istila ettiği hengâmda; o devletin en büyük daire-i diniyesi olan Anglikan Kilisesinin Başpapazı tarafından Meşihat-ı İslâmiyeden dinî altı sual soruldu. Ben de o zaman Dârülhikmeti’l-İslâmiyenin azası idim. Bana dediler: “Bir cevap ver. Onlar altı suallerine, altı yüz kelime ile cevap istiyorlar.” Ben dedim: “Altı yüz kelime ile değil, altı kelime ile değil, hattâ bir kelime ile değil; belki bir tükürük ile cevap veriyorum! Çünkü o devlet, işte görüyorsunuz ayağını boğazımıza bastığı dakikada, onun papazı mağrurane üstümüzde sual sormasına karşı, yüzüne tükürmek lâzım geliyor. Tükürün o ehl-i zulmün o merhametsiz yüzüne!..” demiştim.

    * * *

    Die Regierung in Ankara, die beobachtet hatte, wie durch diese seine so bedeutsamen und erfolgreichen Dienste in Istanbul für das türkische Volk ein so außerordentlich großer Nutzen gewonnen werden konnte, maß Bediuzzaman so viel Wert und Wichtigkeit bei, dass sie ihn nach Ankara einlud. Aber obwohl Mustafa Kemal Pasha ihn durch verschlüsselte Botschaften eingeladen hatte, schrieb er ihm zur Antwort:

    "Ich will kämpfen, wo es für mich gefährlich ist. Es wäre mir unangenehm, aus sicherer Deckung heraus kämpfen zu müssen. Ich meine, dass es hier noch gefährlicher ist, als in Anatolien."

    Dreimal schickte man ihm verschlüsselt eine Einladung. Endlich - durch die Vermittlung des alten Gouverneurs von Van, seines Freundes und Abgeordneten Tahsin Bey, eingeladen - entschließt er sich, nach Ankara zu gehen. In Ankara wird er mit großer Begeisterung empfangen. Aber er fand nicht die Atmosphäre, die er erhofft hatte. Er nahm seinen Aufenthalt in der Gegend von Hadji Bayram. Er traf im Parlament eine Gleichgültigkeit gegenüber dem Glauben an und erkannte, dass die Verwestlichung zu einer Gleichgültigkeit gegenüber all den Dingen geführt hatte, die Kennzeichen des Islam (sheair-i Islamiye) sind und auf die das türkische Volk in seiner heiligen Geschichte so stolz ist. So verfasste er für die Abgeordneten eine Erklärung über die Notwendigkeit und die Bedeutung der Grundpfeiler des Islam (= ibadet) und besonders die beständige Verrichtung des täglichen Gebetes (namaz) und verteilte sie im Parlament.

    يَا اَيُّهَا ال۟مَب۟عُوثُونَ اِنَّكُم۟ لَمَب۟عُوثُونَ لِيَو۟مٍ عَظٖيمٍ

    Ey mücahidîn-i İslâm ve ey ehl-i hall ü akd!..

    Bu fakirin, bir meselede on sözünü, birkaç nasihatini dinlemenizi rica ediyorum.

    1- Şu muzafferiyetteki hârikulâde nimet-i İlahiye bir şükür ister ki devam etsin, ziyade olsun. Yoksa nimet böyle şükür görmezse gider. Mademki Kur’an’ı, Allah’ın tevfikiyle düşmanın hücumundan kurtardınız. Kur’an’ın en sarîh ve en kat’î emri olan salât gibi feraizi imtisal etmeniz lâzımdır. Tâ onun feyzi, böyle hârika suretinde üstünüzde tevali ve devam etsin.

    2- Âlem-i İslâm’ı mesrur ettiniz, muhabbet ve teveccühünü kazandınız. Lâkin o teveccüh ve muhabbetin idamesi, şeair-i İslâmiyeyi iltizam ile olur. Zira Müslümanlar, İslâmiyet hasebiyle sizi severler.

    3- Bu âlemde, evliyaullah hükmünde olan gazi ve şühedalara kumandanlık ettiniz. Kur’an’ın evamir-i kat’îsine imtisal etmekle, öteki âlemde de o nurani güruha refik olmaya çalışmak, âlîhimmetlilerin şe’nidir. Yoksa burada kumandan iken orada bir neferden istimdad-ı nur etmeye muztar kalacaksınız. Bu dünya-yı deniyye, şan ve şerefiyle öyle bir meta değil ki aklı başındaki insanları işbâ etsin, tatmin etsin ve maksud-u bizzat olsun.

    4- Bu millet-i İslâm’ın cemaatleri, her ne kadar bir cemaat namazsız kalsa hattâ fâsık da olsa yine başlarındakini mütedeyyin görmek ister. Hattâ umum Kürdistan’da, umum memurlara dair en evvel sordukları sual bu imiş: Acaba namaz kılıyorlar mı? derler, namaz kılarsa mutlak emniyet ederler; kılmazsa ne kadar muktedir olsa nazarlarında müttehemdir.

    Bir zaman Beytüşşebab aşâirinde isyan vardı. Ben gittim sordum: “Sebep nedir?”

    Dediler ki: “Kaymakamımız namaz kılmıyordu, öyle dinsizlere nasıl itaat edeceğiz?” Halbuki bu sözü söyleyenler de namazsız hem de eşkıya idiler.

    5- Enbiyanın ekseri Şark’ta ve hükemanın ağlebi Garp’ta gelmesi, kader-i ezelînin bir remzidir ki Şark’ı ayağa kaldıracak din ve kalptir; akıl ve felsefe değildir. Madem Şark’ı intibaha getirdiniz, fıtratına muvafık bir cereyan veriniz. Yoksa sa’yiniz ya hebaen mensura gider veya sathî kalır.

    6- Hasmınız ve İslâmiyet düşmanı İngiliz, dindeki kayıtsızlığınızdan pek fazla istifade ettiler ve ediyorlar. Hattâ diyebilirim ki Yunan kadar İslâm’a zarar veren, dinde ihmalinizden istifade eden insanlardır. Maslahat-ı İslâmiye ve selâmet-i millet namına bu ihmali, a’male tebdil etmeniz gerektir.

    Görülüyor ki İttihatçıların o kadar azim ve sebat ve fedakârlıklarıyla; hattâ İslâm’ın şu intibahına da sebep oldukları halde, bir kısmı dinde lâübalilik tavrını gösterdikleri için dâhildeki milletten nefret ve tezyif gördüler. Hariçteki İslâmlar, dindeki ihmallerini görmedikleri için onlara takdir ve hürmet verdiler ve veriyorlar.

    7- Âlem-i küfür; bütün vesaitiyle ve medeniyetiyle, felsefesiyle, fünunuyla, misyonerleriyle âlem-i İslâm’a hücum ve maddeten uzun zamandan beri galebe ettikleri halde âlem-i İslâm’a dinen galebe edemedi. Ve dâhilî bütün fırak-ı dâlle-i İslâmiye, birer kemiye-i kalile-i muzırra suretinde mahkûm kaldığı ve İslâmiyet, metanetini ve salabetini sünnet ve cemaatle muhafaza eylediği bir zamanda, laubaliyane, Avrupa medeniyet-i habîsesinden süzülen bir cereyan-ı bid’akârane sinesinde yer tutamaz. Demek, âlem-i İslâm içinde mühim ve inkılabvari bir iş görmek; İslâmiyet’in desatirine inkıyad ile olabilir, başka olamaz. Hem olmamış, olmuş ise çabuk ölüp sönmüş.

    8- Zaaf-ı dine sebep olan Avrupa medeniyet-i sefihanesi yırtılmaya yüz tuttuğu bir zamanda ve medeniyet-i Kur’an’ın zaman-ı zuhuru geldiği bir anda, lâkaydane ve ihmalkârane müsbet bir iş görülmez. Menfîce, tahripkârane iş ise bu kadar rahnelere maruz kalan İslâm, zaten muhtaç değildir.

    9- Sizin muzafferiyetinizi ve hizmetinizi takdir eden ve sizi seven, cumhur-u mü’minîndir ve bilhassa tabaka-i avamdır ki sağlam Müslümanlardır. Sizi ciddi sever ve tutar ve size minnettardır ve fedakârlığınızı takdir ederler ve intibaha gelmiş en cesîm ve müthiş bir kuvveti size takdim ederler. Siz dahi evamir-i Kur’aniyeyi imtisal ile onlara ittisal ve istinad etmeniz, maslahat-ı İslâm namına zarurîdir. Yoksa İslâmiyet’ten tecerrüd eden bedbaht, milliyetsiz, Avrupa meftunu, Frenk mukallidlerini avam-ı müslimîne tercih etmek, maslahat-ı İslâm’a münafî olduğundan âlem-i İslâm, nazarını başka tarafa çevirecek ve başkasından istimdad edecektir.

    10- Bir yolda dokuz ihtimal-i helâket, tek bir ihtimal-i necat varsa hayatından vazgeçmiş mecnun bir cesur lâzım ki o yola sülûk etsin. Şimdi yirmi dört saatten bir saati işgal eden namaz gibi zaruriyat-ı diniyenin imtisalinde, yüzde doksan dokuz ihtimal-i necat var; yalnız gaflet, tembellik haysiyetiyle, bir ihtimal zarar-ı dünyevî olabilir. Halbuki feraizin terkinde, doksan dokuz ihtimal-i zarar var. Yalnız gaflete, dalalete istinad eden tek bir ihtimal-i necat olabilir.

    Acaba dine ve dünyaya zarar olan ihmal ve feraizin terkine ne bahane bulunabilir? Hamiyet nasıl müsaade eder? Bâhusus bu mücahidîn kumandanlar ve büyük meclis taklit edilir. Kusurlarını, millet ya taklit veya tenkit edecek. İkisi de zarardır. Demek onlarda hukukullah, hukuk-u ibadı da tazammun ediyor. Sırr-ı tevatür ve icmaı tazammun eden hadsiz ihbaratı ve delaili dinlemeyen ve safsata-i nefis ve vesvese-i şeytandan gelen bir vehmi kabul eden adamlarla, hakiki ve ciddi iş görülmez. Şu inkılab-ı azîmin temel taşları sağlam gerek…

    Şu meclisin şahsiyet-i maneviyesi, sahip olduğu kuvvet cihetiyle, mana-yı saltanatı deruhte etmiştir. Eğer şeair-i İslâmiyeyi bizzat imtisal etmek ve ettirmekle mana-yı hilafeti dahi vekâleten deruhte etmezse; hayat için dört şeye muhtaç fakat an’ane-i müstemirre ile günde lâekall beş defa dine muhtaç olan şu fıtratı bozulmayan ve lehviyat-ı medeniye ile ihtiyacat-ı ruhiyesini unutmayan milletin hâcat-ı diniyesini Meclis tatmin etmezse; bilmecburiye mana-yı hilafeti tamamen kabul ettiğiniz isme ve resme ve lafza verecek ve o manayı idame etmek için kuvveti dahi verecek. Halbuki Meclis elinde bulunmayan ve Meclis tarîkiyle olmayan öyle bir kuvvet, inşikak-ı asâya sebebiyet verecektir. İnşikak-ı asâ ise وَ اع۟تَصِمُوا بِحَب۟لِ اللّٰهِ جَمٖيعًا âyetine zıttır.

    Zaman, cemaat zamanıdır. Cemaatin ruhu olan şahs-ı manevî daha metindir ve tenfiz-i ahkâm-ı şer’iyeye daha ziyade muktedirdir. Halife-i şahsî ancak ona istinad ile vezaifini deruhte edebilir. Cemaatin ruhu olan şahs-ı manevî eğer müstakim olsa ziyade parlak ve kâmil olur. Eğer fena olsa pek çok fena olur. Ferdin iyiliği de fenalığı da mahduddur. Cemaatin gayr-ı mahduddur. Harice karşı kazandığınız iyiliği, dâhildeki fenalıkla bozmayınız.

    Bilirsiniz ki ebedî düşmanlarınız ve zıtlarınız ve hasımlarınız, İslâm’ın şeairini tahrip ediyorlar. Öyle ise zarurî vazifeniz, şeairi ihya ve muhafaza etmektir. Yoksa şuursuz olarak şuurlu düşmana yardımdır. Şeairde tehavün, zaaf-ı milliyeti gösterir. Zaaf ise düşmanı tevkif etmez, teşci eder.

    حَس۟بُنَا اللّٰهُ وَ نِع۟مَ ال۟وَكٖيلُ

    * * *

    Bu mebusana hitap, namaz kılanlara altmış mebus daha ilâve eder. Namazgâh olan küçücük odayı, büyük bir odaya tebdil ettirir.

    Bu parça, mebuslara ve umum kumandanlara ve ulemalara okutturulmakla, reisle şiddetli bir münakaşaya sebebiyet verir. Bir gün divan-ı riyasette, elli altmış mebus içinde, karşılıklı fikir teatisinde M. Kemal Paşa:

    —Sizin gibi kahraman bir hoca bize lâzımdır; sizi, yüksek fikirlerinizden istifade etmek için buraya çağırdık. Geldiniz, en evvel namaza dair şeyleri yazdınız, aramıza ihtilaf verdiniz, der.

    Bu söz üzerine Bediüzzaman, birkaç makul cevabı verdikten sonra, şiddetle ve hiddetle iki parmağını ileri uzatarak:

    —Paşa! Paşa! İslâmiyet’te imandan sonra en yüksek hakikat namazdır. Namaz kılmayan haindir, hainin hükmü merduddur, der. Fakat Paşa tarziye verir, ilişemez.

    Bediüzzaman Ankara’da bulunduğu müddetçe, en birinci maksadı olan Şark Dârülfünununun tesisi için uğraşmaktan kat’iyen geri durmadı. Bir gün mebuslar heyetine der:

    —Bütün hayatımda bu dârülfünunu takip ediyorum. Sultan Reşad ve İttihatçılar, yirmi bin altın lira verdiler. Siz de o kadar ilâve ediniz.

    O zaman yüz elli bin banknot vermeye karar verdiler. Bunun üzerine “Bunu mebuslar imza etmelidirler.” der.

    Bazı mebuslar diyorlar ki: Yalnız sen medrese usûlüyle, sırf İslâmiyet noktasında gidiyorsun halbuki şimdi Garplılara benzemek lâzım.

    Bediüzzaman: O Vilayat-ı Şarkiye, âlem-i İslâm’ın bir nevi merkezi hükmündedir; fünun-u cedide yanında, ulûm-u diniye de lâzım ve elzemdir. Çünkü ekser enbiyanın Şark’ta, ekser hükemanın Garp’ta gelmesi gösteriyor ki Şark’ın terakkiyatı dinle kaimdir. Başka vilayetlerde sırf fünun-u cedide okuttursanız da Şark’ta herhalde millet, vatan maslahatı namına, ulûm-u diniye esas olmalıdır. Yoksa Türk olmayan Müslümanlar, Türk’e hakiki kardeşliğini hissedemeyecek. Şimdi bu kadar düşmanlara karşı, teavün ve tesanüde muhtacız. Hattâ bu hususta size bir hakikatli misal vereyim:

    Eskiden, Türk olmayan bir talebem vardı. Eski medresemde, hamiyetli ve gayet zeki o talebem, ulûm-u diniyeden aldığı hamiyet dersi ile her vakit derdi: “Salih bir Türk, elbette fâsık kardeşimden ve babamdan bana daha ziyade kardeştir ve akrabadır.” Sonra aynı talebe, tâli’sizliğinden, sırf maddî fünun-u cedide okumuş. Sonra ben –dört sene sonra– esaretten gelince onunla konuştum. Hamiyet-i milliye bahsi oldu. O dedi ki: “Ben şimdi, Râfızî bir Kürt’ü, salih bir Türk hocasına tercih ederim.”

    Ben de: Eyvah! dedim, ne kadar bozulmuşsun? Bir hafta çalıştım, onu kurtardım; eski hakikatli hamiyete çevirdim.

    İşte ey mebuslar! O talebenin evvelki hali, Türk milletine ne kadar lüzumu var. İkinci hali, ne kadar vatan menfaatine uygun olmadığını fikrinize havale ediyorum. Demek –farz-ı muhal olarak– siz başka yerde dünyayı dine tercih edip siyasetçe dine ehemmiyet vermeseniz de herhalde Şark Vilayetlerinde din tedrisatına a’zamî ehemmiyet vermeniz lâzım.

    Bu hakikatli maruzat üzerine, muhalifler dışarı çıkıp 163 mebus o kararı imza ederler.

    * * *

    Bediüzzaman küçük yaşında iken tasavvur ettiği ve hayatını o yolda feda etmeye azmettiği ve hayatının bir gayesi ve neticesi olarak kabul ettiği “âlem-i İslâm’da büyük bir intibah ve inkişaf” emeliyle Ankara’ya gelmişti. Daha meşrutiyetin ilanından evvel, İstanbul’a gelmeden Şarkî Anadolu’da yüzlerce ehl-i ilim ve erbab-ı fazilet kimselerle mübahaseleri ve İstanbul’da birdenbire meydana çıkarak, ulemayı hayrete sevk etmesi ve ehl-i siyaseti telaşa düşürmesi; ruhunda büyük bir İslâmî inkılabın müessisi halinin mevcud olduğunu gösteriyordu. Ve kendisi, daha eskiden ruhunda bu vazifenin mes’uliyetini hem şevk ve sürurunu hissetmişti.

    Hürriyet’in ilanını müteakip; gazetelerde meşrutiyeti şeriata hâdim yapmakla, Anadolu ve âlem-i İslâm kıtasında büyük bir saadetin zuhuruna vesile olunacak ümidiyle neşrettiği makaleler ve muhtelif içtimalardaki nutukları, hep bu mezkûr niyet ve tasavvurunun neticesi idi. “El-Hutbetü’ş-Şâmiye”, “Sünuhat” ve “Lemaat” gibi bazı eserlerinde de görüldüğü gibi “Şu istikbal zulümatı ve inkılabları içerisinde en gür ve en muhteşem sadâ, Kur’an’ın sadâsı olacaktır!” diye beyanatı vardı.

    Abbasîleri müteakiben, âlem-i İslâm içinde İslâmî idareyi ele alan Türklerin bin senelik muazzam idaresinden ve hilafet sürmelerinden sonra, bütün dünyayı dehşete veren bir harb-i umumî meydana gelmiş, Osmanlı Devleti inkıraz bulmuş; İslâm’ın ebedî düşmanları, merkez-i hükûmeti istila ederek, Müslümanlığın mahvolduğu kanaatine varmışlardı.

    İşte Bediüzzaman, İlahî kudretin tecellisiyle ve ihsanıyla, böyle en elzem bir vakitte, dine revaç verebilecek bir teşekkülün zuhuru dolayısıyla ve kendisi de beraber çalışmak ümidiyle Ankara’ya gelmişti. Avn-i İlahî ve mu’cize-i Peygamberî ile düşman taarruzlarını def’eden ve milletin idaresinin başına geçen yeni hükûmet-i cumhuriyede, doğrudan doğruya Kur’an’a istinad eden ve âlem-i İslâm’ın vahdetini nokta-i istinad yapacak ve İslâmiyet’in hakikatinde mevcud kuvve-i ulviye ile maddî ve manevî medeniyeti meydana getirecek bir niyet ve gayeyi bulundurmak ve aşılamak üzere mecliste çalışıyordu. Fakat pek kuvvetli maniler karşısına çıktı.

    Er hatte bereits sehr wohl verstanden, dass es sich hier um jene Zeit handelte, vor der, was die Welt des Islam betrifft, die Umma seit dreizehn Jahrhunderten als vor einer fürchterlichen Gefahr zu Gott ihre Zuflucht genommen hatte. Und er wusste auch, wer diejenigen waren, die das Feuer der Zwietracht (fitna) schüren.

    Eines Tages konferierte er zwei Stunden lang mit Mustafa Kemal Pasha im Präsidiumssaal. Er gemahnte ihn daran, dass es für Volk und Vaterland und die islamische Welt großen Schaden bringen werde, wenn man die Kennzeichen des Islam (sheair-i Islamiye) abschaffen wolle, in der Hoffnung, sich unter den Feinden des Islam und der Türken einen Namen zu machen. Wenn es nun schon einmal notwendig sei, eine Revolution hervorzubringen, so müsse diese unmittelbar den Standpunkten der Islamiyet entsprechend ausgerichtet sein und auf dem heiligen Grundgesetz des Qur'an beruhen. Dazu gab er ihm das folgende Beispiel:

    "Zum Beispiel: Zu einer Zeit, da gesegnete und ehrenwerte Leute, Menschen von Tugend und Vollkommenheit (ehl-i fadl u kemal) die Ayasofya füllten und sich in den Gängen und an den Türen einige nichtsnutzige Kinder und ein paar ungesittete (akhlaqsiz) Schelme herumtrieben und vor den Fenstern und in deren Nähe ein paar neugierige Ausländer, Urlauber und Touristen zuguckten, die sich amüsieren wollten, betrat ein Mann diese Moschee, schloss sich der Gemeinde (der Gläubigen) an und begann mit einer wohllautenden Stimme und auf schöne und angenehme Weise einen Abschnitt aus dem Qur'an vorzutragen, worauf Tausende Kenner der Wahrheit auf ihn aufmerksam wurden und sich ihm voll Hochachtung und Bewunderung zuwandten. So empfing er durch sie und ihr stummes Gebet seinen (himmlischen) Lohn und nur ein paar nichtsnutzigen Kindern und gottlosen Schelmen und den wenigen Ausländern wird (seine Rezitation) nicht gefallen.

    Ginge der Mann aber in diese ehrwürdige Moschee, zu dieser gewaltigen Gemeinde und begönne nun lauthals gemeine, sittenlose, unzüchtige Liedchen zu grölen und dazu zu hopsen und zu tanzen, so würden diese nichtsnutzigen Kinder lachen und den sittenlosen Schelmen würde es gefallen, weil es sie zur Unzucht ermuntert, und er würde den Ausländern ein süffisantes Lächeln entlocken, wenn sie die Fehler im Islam entdeckte und sich darüber freuten. Aber er wird auch von jedem einzelnen dieser ganzen, großen, gesegneten Gemeinde Blicke des Abscheus und der Missbilligung auf sich lenken. Er wird in ihren Augen auf die Stufe der Niedrigsten aller Niedrigen (Esfel-i safilin) gefallen sein.

    Genau wie in diesem Beispiel ist auch Asien und die islamische Welt eine gewaltige große Moschee. Und in ihr sind die Leute des Glaubens und der Wahrheit die ehrenwerte Gemeinde dieser Moschee (in unserem Beispiel). Was die nichtsnutzigen Kinder betrifft, so sind es die Speichellecker mit dem Verstand eines Kindes. Die sittenlosen Schelmen sind alle diese fränkisch (d.h. westlich) gesinnten Strolche, die ihr (türkisches) Vaterland und ihren (islamischen) Glauben nicht mehr kennen. Was die Touristen aus dem Ausland betrifft, so handelt es sich hier um Journalisten, die fremdländische Ideen verbreiten. Jeder Muslim aber, besonders wenn er einer von den tugendhaften und vollendeten (ehl-i fadl u kemal) ist, hat seinen Platz in der Moschee entsprechend seinem Grad und Rang, der allen sichtbar ist, sodass er die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Wenn die Taten und Handlungen (dieses Muslims) aus den heiligen Wahrheiten und den Gesetzen heraus entstehen, die der Weise Qur'an lehrt, und sie der Wahrhaftigkeit und dem Wohlwollen Gottes (ikhlas ve riza-yi Ilahi) entsprechen, die das grundlegende Geheimnis des Islam sind, so liest (er in dieser Weise gewissermaßen) innerlich und ohne Worte (lisan-i hal manen) die qur'anischen Ayat, dann schließt er sich damit innerlich (manen) auch in das immerwährende Gebet (vird-i zebani) eines jeden in der islamischen Welt mit ein اَللّٰهُمَّ اغْفِرْ لِلْمُؤْمِنِينَ وَالْمُؤْمِنَاتِ {"Oh Gott vergib allen gläubigen Männern und Frauen!" (Du'a)} und erhält seinen Anteil an ihm und wird so mit der ganzen Gemeinde (umma) brüderlich verbunden. Nur für die Augen einiger törichter Leute, die in die Irre gehen und von denen einige wilde Tieren, andere bärtigen Kindern gleichen, ist ein solcher Wert nicht erkennbar.

    Wenn einer von ihnen sich von seinen Vorvätern lossagt, dem Urgrund, aus dem seine Ehre und seine Geschichte erwächst, auf die er stolz ist, und in seinem Geist die leuchtende Straße seiner rechtschaffenen Vorgänger (= selef-i salihinin djadde-i nurani) verlässt, den sie doch für ihren Stützpunkt (nokta-i istinad) gehalten hatten, und dann Dinge tut, durch die er seiner eigenen Lust und Laune (hevest, heva) folgt und wie ein Heuchler (riyakar) nach Ruhm (shöhret) sucht und nach Neuerungen (bid'a) strebt, so wird er in den Augen der Leute der Wahrheit und des Glauben auf die allerunterste Stufe herabsinken.

    Nach dem Geheimnis اِتَّقُوا فِرَاسَةَ الْمُؤْمِنِ فَاِنَّهُ يَنْظُرُ بِنُورِ اللّٰهِ {"Achte die Einsicht (Scharfsicht, Blick) eines Gläubigen, denn er schaut im Lichte Gottes!" (Hadith)} schaut das Herz selbst noch eines einfachen und unwissenden Gläubigen, auch wenn sein Verstand es nicht bewusst wahrnimmt, mit Kälte und Abscheu, auf solche eigensinnige und selbstsüchtige Menschen.

    Und so steigt denn der Mann, der doch eigentlich fortgetrieben wird, von seinem Willen aufzusteigen (hubb-u djah) und besessen ist von der Gier nach Ruhm (shöhret), jener zweite Mann, in den Augen einer zahllosen Gemeinde hinab zu den Niedrigsten der Niedrigen (esfel-i safilin). Und gewinnt in den Augen einiger bedeutungsloser, spöttelnder, zuchtloser Schelmen einen vorübergehenden, unansehnlichen Platz.

    In dem Geheimnis اَ لْاَخِلَّآءُ يَوْمَئِذٍ بَعْضُهُمْ لِبَعْضٍ عَدُوٌّ اِلاَّ الْمُتَّقِينَ {"Freunde werden an jenem Tag einer des anderen Feind sein, außer den Aufrechten." (Sure 43, 67)} wird er nur einige wenige falsche Freunde finden, die ihm in dieser Welt ein Schaden (darar), in der Zwischenwelt (berzah) eine Qual (adhab) und in jener Welt seine Feinde sein werden.

    Der Mensch in unserem ersten Bild (= der erste Mann) wird, auch wenn er dieses Bestreben etwas besseres zu sein (hubb-u djah), nicht aus dem Herzen zu reißen vermag, doch unter der Bedingung, dass er ehrlich und aufrichtig (ikhlas) nach Gottes Wohlgefallen sucht und sich dieses Bestreben, stets ein Aufsteiger zu sein (hubb-u djah), nicht zur Richtschnur macht, doch eine Art geistlichen Rang (maqam) erlangen, der ihn, getrieben von seinem Wunsch, mehr zu sein (= hubb-u djah), als nur ein Emporkömmling, voll und ganz zufrieden stellt. Dieser Mensch wird wenige Dinge, ja eigentlich nur sehr wenige Dinge, nur etwas Bedeutungsloses verlieren und an seiner Stelle viele Dinge, und in der Tat sehr viele Dinge, etwas wirklich Wertvolles gewinnen, das keine Gefahr für ihn birgt. Er wird vielleicht einige Schlangen von sich fort jagen und an ihrer Stelle viele gesegnete Geschöpfe zu Freunden gewinnen und Vertrautheit mit ihnen erlangen. Er wird die Hornissen vertreiben, die ihn ja doch nur stechen können, und dafür die gesegneten Honigbienen, diese Serviererinnen süßer Getränke der göttlichen Barmherzigkeit, zu sich hin ziehen. Er wird Honig aus ihrer Hand essen und solche Freunde finden, dass seinem Geist (ruh) durch ihre ständigen Gebete aus allen Teilen der Islamischen Welt Segnungen (feyz) wie Kauthar-Wasser (aus dem Brunnen im Paradies) zu trinken gereicht wird, die ihm im Buch seiner Taten gutgeschrieben werden." (aus dem 29. Brief, 6. Kapitel)

    Mustafa Kemal Pasha widersprach ihm, verriet ihm auch noch seine wahren Absichten, brachte dabei seine innere Einstellung (hâlet-i ruhiye) zum Ausdruck und versuchte dabei dennoch, ihn auf seine Seite zu ziehen und von dessen Einfluss zu profitieren. Er bot Bediuzzaman unter anderem einen Abgeordnetensitz, die Fortsetzung seiner früheren Tätigkeit an der Daru-l'Hikmet, die Stellung eines Vaiz-i Umumi (des obersten Geistlichen)" an Stelle des Scheichs Sünusi im Osten an, sowie eine eigene Villa und dergleichen Dinge mehr.

    Bediuzzaman sah, dass ein bedeutender Teil der Berichte, die über Persönlichkeiten der Endzeit überliefert worden waren, zutraf und dass diese fürchterlichen Persönlichkeiten, deren in Erscheinung treten er noch vor der "Hürriyet" in Istanbul durch freie Auslegung der Hadithe vorherverkündigt hatte, innerhalb und außerhalb der islamischen Welt auftraten. Da er jedoch nun einer Empfehlung, die aus einer Überlieferung entstanden ist und die sich an die Anhänger des Qur'an, die sich gegen diese richten und ihnen Widerstand leisten, wendet, indem sie sagt: "Wenn diese Zeit gekommen ist, kann man diese Persönlichkeiten nicht durch die Politik besiegen, sondern ihnen nur mit dem Schwerte des Geistes Widerstand leisten, welches die Lichter des Wunders sind, das der Qur'an ist.", folgte, war er in Ankara zu einer Zusammenarbeit nicht bereit und nahm solche Angebote wie einen Abgeordnetensitz, eine Mitgliedschaft im "Diyanet" (Amt für religiöse Angelegenheiten), gleich dem Daru'l-Hikmeti'l-Islamiye, oder die Stellung eines obersten Geistlichen, Vaiz-i Umumi, in den Ostprovinzen, nicht an.Während ihn ein Teil der Abgeordneten noch bis zum Bahnhof begleitete und sich dabei darum bemühte, ihn von seinem Plan, Ankara zu verlassen, abzubringen, erklärte er ihnen, dass er ihrem Wunsche nicht entsprechen könne und verließ Ankara. Er fuhr nach Van. Und dort, - am Fuße des Erek, fern vom gesellschaftlichen Leben - an der Quelle des Zernebad begann er in einer kleinen Höhle sein Leben fortzusetzen.

    * * *

    (Üstad Bediüzzaman Hazretleri Birinci Cihan Harbi’nin sonlarında)

    Ein Abschnitt aus der Risale-i Nur über sein Leben in Ankara

    (aus der "Abhandlung über die Natur", dem 23. Blitz)

    "...1338 (1920) bin ich nach Ankara gegangen. Ich sah, dass sich in die Überzeugung von Leuten des Glaubens, die sich des Sieges der islamischen Armee über die Griechen erfreuten, sehr schlimme atheistische Gedankengänge einzuschleichen begannen, die sie zerstören und vergiften könnten. 'Oh weh!', sagte ich, dieser Drache nagt ja an den Fundamenten unseres Glaubens. Weil diese Ayah ( قَالَتْ رُسُلُهُمْ اَفِى اللّٰهِ شَكٌّ فَاطِرِ السَّمٰوَاتِ وَالْاَرْضِ - s. entsprechende Abhandlung) ganz offensichtlich die Existenz und Einheit Gottes (vudjud ve vahdaniyet) verständlich macht, habe ich durch sie Hilfe erhalten (istimdad), aus dem weisen Qur'an ein starkes Zeugnis entnommen und eine arabische Abhandlung geschrieben, die geeignet ist, das Haupt des Atheismus zu spalten. Ich ließ sie in der Druckerei 'Yeni Gün' in Ankara drucken. Weil es aber nur wenige gab, die arabisch konnten und daher diesem Werk auch kaum eine Bedeutung beimaßen, zeigte dieses doch so kurz und treffend formulierte und starke Zeugnis leider keine Wirkung. Dieses atheistische Gedankengut aber entwickelte sich leider und gewann an Macht. ..."
    

    * * *

    (Bediüzzaman, kendisine tevdi edilen mebusluğu ve teklif edilen Diyanet’teki Müşavere Azalığını ve Şark Vilayetleri Umumî Vaizliğini kabul etmeyerek

    Ankara’dan Van’a giderken Eski Said’i Yeni Said’e götüren tren bileti)

    1. *{Dieses Ehrgefühl (izzet) des Molla Said schon in seinem frühen Alter kam nicht aus Selbstsucht (nefse muhabbet). Göttliches Vorherwissen (Qader-i Ilahi), hatte diesem Seinem Diener, dem künftig gnädig der Dienst an der Erhöhung des Wortes Gottes gegeben sein sollte, die Würde des Wissens geschenkt, ein notwendiges Element des Charakters, um diesen Dienst recht angemessen leisten zu können. Vielleicht kannte der Molla noch gar nicht das Wesen und die Weisheit dieser Würde. Aber die Zeit hat gezeigt, dass der Herr der Wahrheit (Djenab-i Haqq) diese Würde in die Seele des kleinen Saids schon wie einen kleinen Samen eingepflanzt hatte, eine Voraussetzung, um den großen und umfassenden Dienst am riesigen Baum der Risale-i Nur leisten zu können.}
    2. *{Der Grund dafür, dass er Zekat (Armensteuer), Sadaqa (Spenden) und Geschenke nicht ohne Gegenleistung annahm und die Weisheit, die darin liegt, werden im "Zweiten Brief" der Risale-i Nur und in anderen Abhandlungen dargelegt. Damit Molla Said in der Zukunft durch die Risale-i Nur und diesen Dienst am Glauben in vollkommener Aufrichtigkeit durchführen und diesen Dienst auch beständig leisten könne, war das folgende heilige Prinzip schon in seinem jugendlichen Alter durch die Gnade Gottes wie ein Leitmotiv in seinem Geiste eingeschrieben: "Für einen Dienst an der Ewigkeit soll man nichts verlangen."}
    3. *{In seiner Biographie ist dieses Erlebnis nicht geschildert worden. Wir haben später festgestellt, worum es in diesem Traum ging. Molla Said bat den Propheten (asm) um Unterweisung (ilm). Der Prophet (asm) verlangte von Molla Said, dass er sich vom Qur'an unterrichten lassen sollte, und dies ohne irgendwelche Fragen zu stellen. Es geschah wirklich so. Schon in der Kindheit wurde er berühmt als ein großer Gelehrter seiner Zeit. Er stellte niemandem Fragen. Er selbst aber beantwortete alle ihm gestellten Fragen.}
    4. *{Es wurde schon gezeigt, wie er mit dem Gesamtwerk der Risale-i Nur eine Erneuerung in der Theologie hervorbrachte. Die Risale-i Nur besteht aus 130 Teilen. Sie wurden in 23 Jahren vollendet. Er hatte ein solches Wissen erworben, wie man es sonst in 15 Jahren erwirbt. Dies ist ein unsichtbarer Hinweis: "Eines Tages wird eine Zeit kommen, da keine Schule die Glaubenserkenntnis in 15 Jahren, auch nicht in einem Jahr vermitteln wird. Nur ein erleuchtender Qur'ankommentar wird den Interessierten die Glaubenserkenntnis in 15 Wochen statt 15 Jahren vermitteln. Und Said wird seinen Dienst leisten." Es geschah genau so. Die Risale-i Nur verbreitet in hunderttausend Exemplaren überall den Unterricht der Wahrheit des Glaubens trotz der Angriffe der atheistischen Organisationen und der Korruptionsgesellschaften. Durch den Eifer tausender Schreibkräfte und ohne Verwendung der Drucktechnik wurden die neuen Lektionen aus dem Qur'an überall verbreitet. Dies stärkte den Glauben von Millionen. Diese Tat, der Glaubensdienst und die erhabenen, doch allgemein verständlichen Lektionen der Risale-i Nur in Anatolien zogen die Aufmerksamkeit der Menschen an. Infolge der Gerichtsprozesse und der polizeilichen Untersuchungen ließ Gott der Gerechte die Politiker und die Regierenden die Risale-i Nur studieren. Dadurch verbreitete sie sich unter den Studenten und den Schülern. Und dadurch vermehrte sich auch die Zahl der jungen Idealisten des Islams und des Glaubens. Dadurch wurden auch die Angriffe des absoluten Unglaubens und Irrglaubens zunichte gemacht. Die religiösen Strömungen im Lande entwickelten sich. Mit Gottes Erlaubnis erschien jetzt die wahre Morgendämmerung der islamischen Freude, die über die islamische Welt und die Menschheit heraufbricht. Elhamdu-li'llahi Rabbi-l'alemin (Gelobt sei der Herr der Welten).}
    5. *{Im Jahre 1935 wurde er in der Eskishehirer Großen Strafkammer über die Republik befragt. Er sagte: "Meine in Ihrer Hand liegende Biographie beweist, dass ich schon ein religiöser Republikaner gewesen bin, bevor auch nur einer unter Ihnen außer dem Vorsitzenden des Eskischehirer Gerichts geboren war." Dann erzählte er die obenerwähnte Geschichte der Ameisen und sagte: "Die ersten vier Groß-Kalifen waren sowohl Kalifen als auch Staatschefs. Der Siddiq-i Ekbar (der erste Kalif Abu Baqr RA) war ein Staatschef, der von der "Ashara-i Mubash-'shara fil-Djenne" (die zehn Menschen, die nach der Aussage des Propheten ASM dazu ausersehen sind, mit Sicherheit in das Paradies einzutreten. Sie sind: Abu Baqr, Omer, Othman, Ali, Abdurrahman bin Avf, Ubaid bin Djerrah, Said, Saad bin Abu Wakkas, Talha, Zubair bin Awwam) und den Sahabe-i Kiram (d.h. die Gefährten des Propheten ASM) anerkannt wurde. Die Kalifen waren nicht bedeutungslose Namen oder Bilder, sondern Staatschefs einer Republik im islamischen Sinne und im Sinne der Wirklichkeit, der Wahrheit, der Gerechtigkeit, und der Freiheit im Rahmen und innerhalb der Sheriah.}
    6. *{Einmal ist er gefragt worden: "Wie hast du die Handschellen so einfach weggefegt?" Er: "Ich weiß es auch nicht. Es kann nur ein Wunder (keramet) des Gebets gewesen sein."}
    7. *{Diese Kenntnis Bediuzzamans in seinem jungen Alter gewährleistete die Vorbereitung für den großartigen qur'anischen und islamischen Dienst der Zukunft. Er äußerte damals seine eigene Überzeugung. 30 oder 40 Jahre später hat Gott der Gerechte ihn mit der Verfassung der Risale-i Nur Werke, die in der islamischen Theologie eine Erneuerung hervorbrachten, zum Erfolg geführt. Elhamdulillah (Dank sei Gott!).}
    8. *{Er hat die gleichen Verhaltensweise während eines achtzigjährigen Lebens beibehalten!}
    9. Hâşiye: Maatteessüf o risale Van’da bir yangında yanmıştır.
    10. *{Als Said Nursi vor 65 Jahren in Van bei dem Gouverneur Tahir Pasha weilte, lasen sie in einer Zeitung, dass der englische Kolonialminister der Versammlung des englischen Abgeordnetenhauses den Qur'an in seiner Hand gezeigt und gesagt habe: "Solange sich dieser Qur'an noch in der Hand der Muslime befindet, können wir sie in der Tat nicht besiegen. Wir müssen ihnen entweder den Qur'an wegnehmen oder ihnen den Qur'an entfremden." Dieser Ausspruch hatte ihn in seinem Geiste aufgestachelt und eine grenzenlose Entschlossenheit in ihm entfacht. Er wünschte zu beweisen und in aller Welt zu verbreiten, dass der Qur'an ein Wunder ist und fasste den unwiderruflichen Entschluss, die Ungläubigen zum Schweigen zu bringen. Wie er in den 15 Jahren Zeitspanne, die er in Van verbrachte, mehr als 80 Bücher, die er schon auswendig gelernt hatte, auswendig wiederholte, erhielt er auch jede Art von erforderlichen Informationen über die Lage in der islamischen Welt der Gegenwart. Bediuzzaman war ein Wissenschaftler ohne gleichen. Noch in jugendlichem Alter hatte er außerordentlichen Scharfsinn und ein ungewöhnliches Verständnis der Wissenschaften zu erkennen gegeben. Mit gleich beispiellosem Eifer übte er sich selbst in der Weisheit des Qur'an. Er selbst besaß jene hohe Begabung und große Ausdauer, den heißen Wunsch und die glühende Opferbereitschaft, um aller Welt zu beweisen und jeden einzelnen davon zu überzeugen, dass der Qur'an den Bedürfnissen unseres Jahrhunderts entsprechend über alle zeitbedingte Wissenschaft und über jedweden sittlichen Standart hinaus ein Wunder ist.So wie aus einem Pinienkern - klein wie ein Weizenkorn - ein Baum so groß wie ein Berg emporwächst, so zeigte sich klar die göttliche Kraft. Bediuzzaman besaß keinerlei materielle Stütze. Im Gegenteil: Er war ein Mann in der Verfolgung, gleichsam gebunden an Händen und Füßen. Und dennoch wird er so wie dieses Samenkorn, als ein Beispiel regen pflichterfüllten Lebens Anatolien und die gesamte islamische Welt in der schwersten Epoche ihrer Geschichte sowohl im äußeren - weltlichen - Bereich beeinflussen und ihre Geisteshaltung verändern, als auch eine weltumspannende Bewegung hervorbringen. So zeigte sich die unbedingte Macht im Dienste Gottes und die Liebe zum Herrn mit Herz und Verstand. Tatsächlich schrieb er in einem seiner Werke als Danksagung für das im Dienst am Glauben erhaltene Geschenk der Gnade Gottes das Folgende: "Im vergangenen Weltkrieg oder noch davor erblickte ich mich inmitten einer wahrheitsgemäßen Erscheinung (vakia-i sadiqa) am Fuße des bekannten großen Berges Ararat. Plötzlich zerbarst der Berg mit gewaltigem Krachen und riesige Felsbrocken wurden überall umhergeschleudert. Inmitten dieses Entsetzens erblickte ich meine verstorbene Mutter an meiner Seite und sagte zu ihr: "Fürchte dich nicht, oh meine Mutter. Dies ist auf Befehl Gottes des Gerechten. Er ist sowohl barmherzig als auch weise." - Und während ich mich noch in diesem Zustande befand, schaute ich eine bedeutende Persönlichkeit, die mir gebot: "Erkläre den Qur'an! Groß ist er und wunderbar." Da erwachte ich und verstand: Es wird sich ein großer Umsturz ereignen. Und nach diesem Umsturz wird eine Erneuerungsbewegung einsetzen und die Mauern zerbrechen, die den Qur'an bisher umgeben haben. Und unmittelbar darauf wird der Qur'an sich selbst verteidigen. Man wird den Qur'an angreifen. Sein Wunder wird wie ein stählerner Panzer sein; und dieses Wunder wird sich in jener Zeit als über alles Maß hinaus erweisen und sich der Gestalt eines Mannes wie mich als Anwalt bedienen. Und ich verstand, dass ich dazu beauftragt bin."}
    11. *{Hierzu ist es notwendig, folgende Erklärung anzumerken: Said Nursi wurde in den letzten dreißig, vierzig Jahren seines Lebens die Risale-i Nur unter wunderbaren Segnungen und Gnadenerweisen zum Dienst an Islam und Qur'an zum Geschenk gemacht. Sie hat sich weltweit als ein geistiger Kampf um den Glauben gezeigt und ist als Dienst am Qur'an zu verstehen. Später hat er dann in seinen Erinnerungen selbst der Feder anvertraut, wie er in seinem Leben auf rechter Bahn geführt worden ist. Darum hat Gott der Gerechte in Said, um ihn im Dienst am Qur'an vorzubereiten, die Voraussetzungen geschaffen und ihm in Seiner überströmenden Gnade einen bewundernswerten Scharfsinn verliehen und ihn mit einem genialen Geist ausgestattet und betraut, bevor Er ihn zu einem wichtigen Dienst am Qur'an gelangen ließ. Darum sollte man, wie dies ja schon auch zu Beginn dieser Biographie angemerkt wurde, sein Leben und seine Situation von diesem Gesichtspunkt aus betrachten. Und er sagte sogar in der Zeit vor der Befreiung (Hürriyet, 1908-18 konstitutionelle Monarchie unter dem Sultan Abdulhamid - A.d.Ü.) zu seinen Schülern und Freunden: "Ich sehe ein Licht und schaue mit großen Hoffnungen in die Zukunft." Und er verkündete, dass ein bedeutender Dienst am Qur'an geleistet werden würde. Voraussehend vermochte er schon damals zu erkennen, dass der gegenwärtige Dienst am Qur'an und am Glauben durch die Risale-i Nur mitten in der Welt der Politik eine Rolle zu spielen haben werde. Deshalb war er in Istanbul mit allen seinen Kräften darum bemüht, die Politik in den Dienst des Glaubens zu stellen und sich für den Qur'an einzusetzen.}
    12. (*): Nitekim Bediüzzaman’ın dediği gibi; ihbaratın iki kutbu da tahakkuk etmiş, bir iki sene sonra Meşrutiyet devrinde şeair-i İslâmiyeye muhalif çok âdât-ı ecnebiyeyi ahzetmek ve gittikçe Türkiye’de yerleştirmek ve şimdi Avrupa’da Kur’an’a ve İslâmiyet’e karşı gösterilen hüsn-ü alâka ve bilhassa bahtiyar Alman milletinde fevc fevc İslâmiyet’i kabul etmek gibi hâdiseler, o ihbarı tamamıyla tasdik etmişlerdir.
    13. *{Nur die Abschnitte, die die Berufung (meshreb ve meslek) des Verfassers betreffen, sind aufgenommen worden. Für Ausführlichkeit ist das erwähnte Werk nachzuschlagen.}
    14. *{Eines Tages sagte ein vornehmer Herr zu Bediuzzaman, es sei notwendig, dass dieser eine seiner Bildung entsprechende Kleidung trage. Er antwortete ihm: "Sie wollen die Waren der Österreicher boykottieren, tragen aber gleichzeitig von ihnen eine Pelzmütze. Ich dagegen boykottiere alle Waren aus ganz Europa. Deshalb ziehe ich mir, wörtlich oder auch übertragen (maddi ve manevi) verstanden, nur den Schuh meines Landes an."}
    15. *{Die Zeit für die andere Hälfte kam fünfzehn Jahre später, als der Verfasser für 28 Jahre unter Kuratel gestellt wurde. Um den Grund dafür und die andere Hälfte des Verbrechens zu verstehen, schlagen Sie bitte in der Abhandlung am Ende der "Siradjun Nur" (Leuchte des Lichtes) nach.}
    16. *{Anmerkung: Also: "Dann soll die ganze Welt, Menschen und Dschinnen mein Zeuge sein, dass ich ein Feind des Fortschritts (murtedji' = Zurückkehrer, im Sinne von 'den Rücken abwenden') bin."}
    17. *{Diese Fragen waren der Grund zur Freilassung von vierzig, fünfzig unschuldigen Gefangenen.}
    18. *{Der Alte Said arbeitete mit Feuereifer für die Freiheit. Dabei instrumentalisierte er die Politik für den Islam, beseelt von einem vollkommenen Trost und einer starken Hoffnung, wie sie ihm aus der Eigentümlichkeit der "Risale-i Nur" erwuchsen. Dann aber kam ihm eine Ehrwürdige Hadith und er verstand aus einem Vorgefühl heraus, dass eine fürchterliche, total atheistische Diktatur kommen werde und verkündete sie bereits 50 Jahre im Voraus. Und er verspürte, dass diese totale Diktatur in der Tat 25 Jahre lang Saids trostspendende Ankündigungen Lügen strafen werde. Seit 30 Jahren sagt er: اَعُوذُ بِاللّٰهِ مِنَ الشَّيْطَانِ وَ السِّيَاسَةِ ("Ich nehme meine Zuflucht zu Gott vor dem Satan und seiner Politik."), gab die Politik auf und wurde ein Neuer Said.}
    19. *{Mache nicht mit! Pass auf! Diejenigen, welche eine hohe Begeisterung in sich trugen, schwiegen zu diesen Ereignissen. Bösartige Zeitungen haben die Stimme der wahren Freiheit zum Verstummen gebracht. Die Sache der Meshrutiyet verblieb in den Händen einiger weniger. Die Idealisten und Patrioten aber haben sich zerstreut.}
    20. *{Die Festung von Van wird der Grabstein der Medresse "Horhor" genannt. Hier entstand auch die Idee zu einem Modell der Medressetu-z'Zehra in Van, eine Idee, die dann aber wieder zu Grabe getragen werden musste.}
    21. *{Er verkündigte vorausschauend die noch ausstehende Herausgabe des Risale-i Nur Gesamtwerkes.}
    22. *{Vergleicht man die hohen kulturellen Leistungen der Vorfahren als Oberbegriff mit den gleich hohen kulturellen Leistungen der Nachfahren als Unterbegriff, dann erweist sich in der Schlussfolgerung, dass der erbärmliche Zustand der heutigen Kurden und Türken als Mittelbegriff nicht der Logik entspricht und verwirrend ist. (A.d.Ü.)}
    23. *{Hier wurde später noch der Ausdruck: "fanatische (= gemeint die europäisch gesinnten) Revolutionäre" eingefügt.}
    24. *{Diese Szene ist einer Video-Reportage vergleichbar.}
    25. *{Unsere Nation ist der Körper, sein Geist der Islam, Qur'an und Glaube sind seine Intelligenz.}
    26. *{Der Tod ist unser Nauroz-Tag(*)."(*) Das Frühlingsfest}
    27. *{Tatsächlich bestätigen Pakistan und die Länder der arabischen Welt diesen Ausspruch, den "der Alte Said" schon vor 45 Jahren in seinen Vorlesungen geprägt hatte, durch ihren Kampf um die Freiheit und die Erlangung ihrer Souveränität; und sie werden ihn auch noch weiterhin bestätigen...}
    28. *{Der Alte Said teilte vor 45 Jahren aufgrund eines inneren Gesichtes mit, dass die arabischen Staaten und die islamische Welt sich erst im Jahre 1371 (1951) aus der Gefangenschaft und der Unterdrückung durch die Nicht-Muslime befreien und eigene islamische Staaten gründen werden. Dabei hatte er die beiden Weltkriege und die dreißig Jahre eines fortwährenden Absolutismus nicht mit einkalkuliert. Er hatte die frohe Botschaft für das Jahr 1327 (1908) gegeben, die Ursache der Zeitverschiebung aber nicht mit in Betracht gezogen.}
    29. *{Oh meine Brüder! Worüber diese Lektion belehren wollte, die Said vor 45 Jahren erhalten hatte, ist Folgendes: Dieser Said beschäftigte sich ganz besonders mit der Politik und dem islamischen Gemeinschaftsleben. Man darf aber nun nicht annehmen, dass er nun einer Berufung folgend die Religion zu politischen Zwecken instrumentalisieren wollte. Gott bewahre! Immer hat er die Politk mit aller Kraft als Hebel für den Glauben eingesetzt. Und er sagte immer: "Ich bevorzuge irgendeine religiöse Wirklichkeit vor tausend politischen." Ja, damals vor 45 Jahren hatte er die Empfindung, dass er, im Gegensatz zu allen verlogenen Atheisten, die die Politik für ihre Ziele und Ideen zu instrumentalisieren versuchen, sich mit aller Kraft darum bemühte, die Politik als ein Instrument in den Dienst des Islam zu stellen. Aber zwanzig Jahre danach musste er einsehen, dass einige unter den gläubigen Politikern im Gegensatz zu diesen heimlich-verlogenen Atheisten, die die Politik unter dem Vorwand einer Europäisierung für ihre gottlosen Zwecke missbrauchen, sich darum bemühten, die Religion zu einer islamischen Politik instrumentalisieren wollten. Die Sonne des Islam darf kein Werkzeug irdischer Lichter und nicht von ihnen abhängig sein. Sie zu einem Werkzeug zu machen, hieße, den Wert des Islam herabzusetzen und wäre ein großes Verbrechen. Denn der Alte Said hatte eine derartige politische Parteilichkeit bemerkt, dass ein frommer Gelehrter begeistert einen Heuchler lobte, der zu seiner eigenen politischen Meinung passte, einen frommen Hodja aber, der seinen politischen Ansichten widersprach, kritisierte und ihn als Sünder hinstellte. Der Alte Said sagte zu ihm: "Wenn ein Teufel deine Ideen unterstützt, würdest du ihm gnädig sein, einen Engel aber, der deinen politischen Ansichten widerspricht, würdest du verfluchen (lanet ederdjeksin)." Darum sagte der Alte Said: اَعُوذُ بِاللّٰهِ مِنَ الشَّيْطَانِ وَ السِّيَاسَةِ ("Ich nehme meine Zuflucht zu Gott vor dem Teufel und seiner Politik.") die Politik hat er seit 30 (nunmehr 45) Jahren aufgegeben. (*) (*) Obwohl die 130 Bücher und Briefe unseres Meisters von drei Gerichten und ihren Regierungsbeamten genau untersucht wurden und obwohl er gegenüber den Unterdrückern, den Abtrünnigen, den Heuchlern, die gegen ihn arbeiteten, in Zugzwang geraten war, ja man insgeheim sogar schon das Todesurteil über ihn ausgesprochen hatte, konnte man dennoch nicht die geringste Spur dessen finden, dass er seine Religion instrumentalisiert hätte, was mit Sicherheit beweist, dass er die Religion nicht als Instrument gebraucht hat. Wir, Nur-Schüler, aber, die wir sein Leben aus der Nähe kennen, empfinden Begeisterung angesichts seiner überragenden Position und sehen das als Zeichen für seine aufrichtige Wahrhaftigkeit (ikhlas) im Zusammenhang mit der Risale-i Nur. (Nur-Schüler)}
    30. *{Zur Beachtung: Der Kommentar "Isharatu'l-i'djaz" wurde im ersten Jahre des Ersten Weltkrieges an der Front verfasst. Quellen- oder Nachschlagewerke gab es nicht. Aufgrund der kriegsbedingten Notsituationen und noch vier anderer Gründe ist er in seinem Stil besonders kurz und bündig. Besonders der Kommentar zur "Suratu'l-Fatiha" und die erste Hälfte des Werkes sind ein besonders kurz und bündig gefasstes Manuskript geblieben. Erstens: Die Zeit gestatte keine weitschweifigen Erläuterungen. Der "Alte Said" liebte es, eine besonders kurz und präzise abgefasste Art der Erklärung zu verwenden. Zweitens: Er hatte dabei lediglich die große Verständnisfähigkeit seiner eigenen Schüler und deren Auffassungsgabe im Blick. An das Begriffsvermögen der übrigen dachte er dabei nicht. Drittens: Der Kommentar ist deshalb in dieser Kürze und Prägnanz entstanden, weil der "Alte Said" das Wunder unerreichter Meisterschaft in der Poesie (nazm) des Qur'an in all seiner Feinsinnigkeit und Hintergründigkeit darlegen wollte. Aber jetzt habe ich ihn mit den Augen des "Neuen Said" noch einmal gelesen und gesehen, dass er in seiner wissenschaftlichen Betrachtungsweise - trotz all seiner Mangelhaftigkeit - wahrhaftig ein Meisterwerk ist. Weil der "Alte Said" ihn zur damaligen Zeit in der ständigen Bereitschaft verfasste, sein Leben hinzugeben, zudem in reiner Absicht geschrieben hatte und dabei die Gesetze der Rhetorik und die Prinzipien der Arabistik erfüllte, konnte ich nichts davon streichen. Vielleicht wird Gott der Gerechte dieses Werk für ihn zu einem Ausgleich für seine Sünden machen und auch die Menschen heranbilden, die diesen Kommentar völlig verstehen. Insha-a'llah! Hätte es nicht Hindernisse wie den ersten Weltkrieg gegeben, und hätten auch die übrigen Teile und die Briefe einen Kommentar der verschiedenen Aspekte der Wahrheit zum Inhalt, dann wäre das Gesamtwerk ein schöner, umfangreicher Kommentar geworden, so wie ja auch der erste Band den Aspekt des Wunders erklärt, der das Wunder der Poesie (nazm) ist. Vielleicht wird - insha-a'llah - dieser Teil des Kommentars eines Tages zusammen mit den 130 Teilen "Sözler (Worte), Lem'alar (Blitze), Mektubat (Briefe)" der Abhandlungen als eine authentische Quelle dienen. Möge in der Zukunft einem Ausschuss das Glück beschieden sein, einen solchen Kommentar zum Qur'an zu schreiben. Insha-a'llah. Said Nursi Darüber hinaus bekannte Fetva Emini (*) (ein im Dienst des Scheichu'l-Islam tätiger hoher geistlicher Würdenträger, der eine Fetwa ausstellt. (A.d.Ü.)) Ali Riza Efendi in Istanbul, der diesen Kommentar oft gelesen hatte, seinen Freunden, die ihn besuchten, immer wieder freimütig, ja schwor ihnen: "Diese Isharatu'l-i'djaz ist so mächtig und so wertvoll wie tausend Kommentare." Die Gelehrten des Ostens und die großen Wissenschaftler von Damaskus und Baghdad sagten lobend: "Die Ishratu'l-i'djaz ist ein wunderbarer und beispielloser Kommentar."}
    31. *{Tatsächlich hat er in Van, während einer Vorlesungsstunde (ders) auf dem Dach der Horhor-Medresse gesagt, es sei ein großes Beben im Kommen. Und so wie er das gesagt hatte, begann auch kurze Zeit danach der (Erste) Weltkrieg. Hamza, Mehmet Shefik, Mehmet Mihri}
    32. *{So also kann man sagen, dass wer im Augenblick eines heftigen Kampfes, zu einer Zeit, wo es um Leben und Tod geht "Widerspricht etwa meine Stellung, die nach außen hin heldenhaft zu sein scheint, nicht aufrichtiger Wahrhaftigkeit?" zu denken vermag, damit ein Beispiel vollkommenen Menschentums gibt. Mitten im Kampf lenkte er sein Pferd bald hierhin bald dorthin, in der Absicht, seinen Schülern auf dem Schlachtfelde im Angesichte des Feindes und inmitten des Kugelhagels Mut zu geben und ihnen ein Heldentum vor Augen zu führen, dessen sie am dringendsten bedurften. Damit entsprach er im höchsten Grade der Bedeutung eines Kommandanten in Hinsicht auf dessen Glaubensmut und seine islamische Tapferkeit, wobei er stets seine Aufmerksamkeit und seine Gedanken besonders darauf gerichtet hielt, das Geheimnis der Aufrichtigkeit nicht aus den Augen zu verlieren, welche dem Geiste und der Absicht nach die höchste und reinste Stufe der Vollkommenheit ist. Gleich seinem Dienst am Glauben, der offensichtlich aller Wertschätzung würdig ist, und seiner Bereitschaft zu Opfer und heiligem Bemühen (djihad) beweist dies vielleicht mehr noch die Vollkommenheit seines Geistes. Und wenn also auch Molla Said, dem Zeugnis seines ganzen Lebens entsprechend unter den Muslimen mit Titeln wie "Bediuzzaman" (der Einzigartige seiner Zeit), "Sahibu'z-zaman" (der Herr und Lehrmeister seiner Zeit), "Fakhru'd-deveran" (der Stolz seiner Epoche), "Fatinu'l-asr" (der geistige Leiter seines Jahrhunderts) belegt wurde, so geschieht dies doch zu keiner Zeit ohne jeden Anspruch auf Wahrheit und ist nicht nur ein bloßes Wort. Die geheiligte geistige Körperschaft einer nach Millionen zählenden selbstlosen und geachteten Schülerschaft, durch die Risale-i Nur in einem großartigen Dienst am Glauben und am Qur'an geformt und begeistert für die Religion ist dafür ein wahrhaftiger Zeuge und ein absolut sicherer Beweis...}
    33. *{Als nach seiner Gefangenschaft (in Russland!) schon eine lange Zeit verstrichen war, wurde der Meister (in der Türkei erneut) gefangen genommen und nach Barla überführt, wo er einen Teil der Abenteuer seines früheren Lebens in der "Dreizehnten Hoffnung" des "Sechsundzwanzigsten Blitzes" der Feder anvertraut. Interessenten mögen in dieser Risalah (Abhandlung) nachschlagen.}
    34. *{Diese Wahrheit wurde in anderen Abhandlungen so klar, wie zwei mal zwei vier ist, bewiesen, besonders im "Zehnten" und "Neunundzwanzigsten Wort".}
    35. *{"Setzten sich alle Dinge außer Allah, die ihr anruft und anbetet, zusammen, so könnten sie auch nicht einmal eine Fliege erschaffen." (Sure 22, 74)}
    36. *{Unser Bestreben ist die Schönheit in der Zivilisation und das Gute zum Nutzen der Menschheit, nicht aber die Sünden und Bosheiten der Zivilisation, jene Bosheiten und Ausschweifungen, welche die Törichten (ahmaklar) für schön halten und nachahmen und damit unser Erbe zerstören. Weil die Sünden der Zivilisation über ihre guten Seiten gesiegt haben und die Schlechtigkeiten vor den Schönheiten bevorzugt werden, hat die Menschheit in zwei Weltkriegen zwei fürchterliche Ohrfeigen (tokat) erhalten und diese sündige Zivilisation zugrunde gerichtet, sodass sie sich erbrach und die Erde mit ihrem Blute besudelte. Aber insha-a'llah wird die Schönheit der Zivilisation durch die Kraft der Islamiyet in der Zukunft den Sieg davon tragen, das Antlitz der Erde vom Schmutz reinigen und der allgemeine Friede gesichert werden.}
    37. *{Die Werke, die Üstad Bediuzzaman Said Nursi Hazretleri damals in Istanbul und danach zum Teil in Ankara drucken und veröffentlichen ließ, wurden vierzig Jahre später unter dem Titel "Arabische Mesnevi-i Nuriye" als Sammelband herausgegeben. In der Einführung zur Mesnevi-i Nuriye sagt er über dieses Werk: "Weil der 'Alte Said' vor 40, 50 Jahren sich sehr viel mit Philosophie und Geisteswissenschaften beschäftigte, suchte er um des Wesens der wahren Erkenntnis willen seine Berufung ähnlich den Ordensleuten (ehl-i tariqat) und Grundlagenforschern (ehl-i haqiqat). Aber es genügte ihm nicht, so wie die meisten Ordensleute, einzig den Eingebungen seines Herzens zu folgen. Denn sein Geist und Verstand waren bis zu einem gewissen Grade von der Weisheit der Philosophen her angekränkelt und Heilung tat not. Darum wollte er einigen Großen unter den Grundlagenforschern folgen, die sich auf der Suche nach der Wahrheit sowohl nach ihrem Herzen als auch nach ihrem Verstand richteten. Er schaute sich um und sah, dass jeder einzelne unter ihnen seine besonderen Eigenarten hatte, von denen er sich angezogen fühlte. So blieb er denn unschlüssig, welchem von ihnen er folgen solle. Da erhielt er durch Imam Rabbani den verborgenen Wink: "Tauhid sei deine Kible! (Tauhid-i Kible)", das heißt: "Folge nur einem einzigen Meister!" Da kam es dem alten Said in das weitwunde Herz: Der wahre Meister ist der Qur'an. Tauhid-i Kible geschieht durch diesen Meister. So begann er unter der Rechtleitung (irshad) nur dieses heiligen Meisters sowohl mit dem Herzen als auch mit dem Verstand auf eine recht bemerkenswerte Weise den "Weg" (suluk) zu gehen. Ein rastlos-ruheloser Geist (nefs-i emmare) zwang ihn dazu, sich innerlich wie wissenschaftlich durch Ungewissheit und Zweifel hindurchzukämpfen. Nicht mit geschlossenen Augen, sondern wie Imam Ghasali, Maulana Djelaleddin und Imam Rabbani die Augen des Herzens, Sinn und Verstand geöffnet, wandelte er dort, wo die Ekstatiker die Augen des Verstandes geschlossen haben, offenen Auges auf diesen Stufen. Gott der Gerechte sei unendlich gelobt, dass er durch die Belehrung und Rechtleitung (irshad) des Qur'an den Weg der Wahrheit gefunden hat. Denn der alte Said zeigte durch die Risale-i Nur des neuen, dass er zur Wahrheit des Wortes: وَ فِى كُلِّ شَيْءٍ لَهُ اٰيَةٌ تَدُلُّ عَلٰۤى اَنَّهُ وَاحِدٌ ("Jedes Ding trägt ein Zeichen, das die Einheit Gott beweist.") gelangt war. Hatte er wie Maulana Djelaleddin, Imam Rabbani und Imam Ghasali versucht, Herz und Verstand miteinander in Einklang zu bringen, so versuchte er nun, vor allen Dingen Geist und Gemüt von den Wunden zu heilen und seiner Seele vor Irrtum und Einbildung Rettung zu verschaffen. Gott sei Lob, Preis und Dank (felillahilhamd), dass Er so den Alten Said in den Neuen Said verwandelt hat. Wie die Mesnevi, dessen Original persisch verfasst und später ins Türkische übersetzt wurde, so verfasste auch er gleich einer Art Mesnevi Abhandlungen "Qatre (Tropfen)", "Hubab (Schaum)", "Habbe (Korn)", "Zuhre (Morgenstern)", "Zerre (Stäubchen)", "Schemme (Spur)", „Shu'le (Flamme)“, „Lem'alar (Blitze)“, „Reshalar (Tropfen)“, „Lasiyyemalar (Besonderheiten)“, in arabischer sowie "Nokta (Punkt)", und "Lemaat (Blitze)" in türkischer Sprache, jede ganz kurz zusammengefasst. Fand er eine Möglichkeit dazu, ließ er sie auch drucken. Es war fast ein halbes Jahrhundert vergangen, seit seine Berufung in der Risale-i Nur ihren Niederschlag gefunden hatte. Aber statt nur innerlich einen Kampf gegen sich selbst und den Teufel zu führen, wurde ihm die Risale-i Nur zu umfangreichen und allgemeinen Arten von Mesnevi, nach außen gerichtet gegen die Philosophen, die auf Irrwegen gehen und zum Wohle für diejenigen, welche ihrer bedürfen und noch unschlüssig sind. Diese Mesnevi wurde zu einem Pflanzenbeet, das wie die Turuk-u hafiye (= stilles Gottesgedenken) ins Innere der eigenen Seele (enfusi) hineinwirkt. Ihr gelang es, im Inneren von Geist und Gemüt einen Weg aufzutun.Aus der Mesnevi wurde die Risale-i Nur, aus dem Pflanzenbeet ein Garten, mit dem Blick sowohl ins Reich der Seele, als auch, wie bei den meisten Richtungen der Turuk-u Djehriye (= lautes Gottesgedenken), zum Horizont (afaki) eines äußeren Kreises und öffnete überall einen breiten Weg zur Erkenntnis Allahs. Gleich Mosis, mit dem Friede sei, mit seinem Stabe schlug diese Mesnevi überall Wasser aus dem Felsen. Der Geist, den diese Risale-i Nur atmet, folgt nicht der Methode der Weisen und Gelehrten, sondern öffnet durch ein verborgenes Wunder des Qur'an in allen Dingen ein Fenster zur Erkenntnis. Er hat das Geheimnis, welches dem Qur'an zu eigen ist, so erfasst, dass er die Arbeit eines Jahres in einer Stunde bewältigen könnte. Deshalb wurde er auch in dieser fürchterlichen Zeit in zahllosen Angriffen der Unbelehrbaren niemals besiegt, sondern er hat gesiegt!}
    38. *{Am Ende dieser Schrift sagt er: "Meine mangelhafte, nicht gesammelte Veranlagung kann sicherlich nicht den Nutzen, den Segen, dem Wasser des Lebens gleich, von diesem wahrhaften Lehrer so aufsaugen wie es sich gebührt. Wir können diesen Segen aber dem Grade der Leute des Herzens (der Sufis) und der Besitzer des Zustandes (der Ekstatiker) entsprechend, dieses Wasser des Lebens, wiederum mit seinem Segen sichtbar machen. Das heißt: diese 'Sözler (Worte)' und 'Nurlar (Lichter)', die aus dem Qur'an entstanden, sind nicht nur wissenschaftliche Fragestellungen, sondern Fragestellungen des Herzens, des Geistes, des (ekstatischen) Zustandes nach dem Glauben und gelten als eine sehr hohe und wertvolle Gotteserkenntnis."}