Zwanzigster Blitz

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    Über die Wahrhaftigkeit (ikhlas)

    Obwohl dies eigentlich der "Erste" von "Fünf Punkten" ist, der das "Zweite" von "Sieben Problemstellungen" der "Siebzehnten Notiz" des "Siebzehnten Blitzes" bildet, ist er nun auf Grund seiner besonderen Bedeutung zum "Zwanzigsten Blitz" geworden, und dies.

    بِسْمِ اللّٰهِ الرَّحْمٰنِ الرَّحِيمِ Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen;

    اِنَّآ اَنْزَلْنَآ اِلَيْكَ الْكِتَابَ بِالْحَقِّ فَاعْبُدِ اللّٰهَ مُخْلِصًا لَهُ الدِّينُ * اَلاَ لِلّٰهِ الدِّينُ الْخَالِصُ {" Wir haben dir das Buch in Wahrheit herabgesandt. So bete nun Gott in Wahrhaftigkeit an. Denn Gottes ist die Wahrhaftigkeit im Glauben." (Sure 39, 1-2)} Diese Ayah und die Ehrenwerte Hadith هَلَكَ النَّاسُ اِلاَّ الْعَالِمُونَ وَهَلَكَ الْعَالِمُونَ اِلاَّ الْعَامِلوُنَ وَهَلَكَ الْعَامِلُونَ اِلاَّ الْمُخْلِصُونَ وَالْمُخْلِصُونَ عَلٰى خَطَرٍ عَظِيمٍ {"Alle Menschen werden untergehen, außer den Wissenden. Und alle Wissenden werden untergehen, außer denen, die danach handeln. Und alle, die handeln, werden untergehen, außer den Wahrhaftigen. Und selbst noch die Wahrhaftigen sind in großer Gefahr." (oder so ähnlich)} weisen beide darauf hin, welch wichtiger Grundsatz die Wahrhaftigkeit (ikhlas) für die islamische Gemeinschaft ist. Unter den zahllos vielen Punkten, die sich mit der Frage der Wahrhaftigkeit beschäftigen, wollen wir hier nun "Fünf Punkte" näher erläutern.

    Tenbih: Bu mübarek Isparta’nın medar-ı şükran bir hüsn-ü tâli’idir ki ondaki ehl-i takva ve ehl-i tarîkat ve ehl-i ilmin –sair yerlere nisbeten– rekabetkârane ihtilafları görünmüyor. Gerçi lâzım olan hakiki muhabbet ve ittifak yoksa da zararlı muhalefet ve rekabet de başka yerlere nisbeten yoktur.

    Erster Punkt

    Eine bedeutende, jedoch peinliche Frage: Wie kommt es, dass die Leute des Glaubens und der Wissenschaft {Es gehört zu den günstigen Zeichen, welche angeben, dass Isparta besonders gesegnet ist und welche daher eine Quelle unseres besonderen Dankes sind, dass es in dieser Stadt, verglichen mit anderen Orten, keine deutlich sichtbaren Streitigkeiten und Machtkämpfe zwischen den Frommen, den Angehörigen der Orden und den Leuten der Wissenschaft gibt. Und auch wenn die erforderliche Liebe und Einheit (muhabbet ve ittifaq) nicht spürbar sind, so gibt es doch hier, verglichen mit anderen Städten, keine ernst zu nehmenden Streitigkeiten und Konflikte.} und die Angehörigen der Orden, obwohl sie doch die Leute der Wahrheit und der Eintracht sind, sich in Rivalität zerstreiten, während doch die Leute dieser Welt und die Gottvergessenen, ja sogar die Leute des Irrweges und die Heuchler miteinander zusammenarbeiten ohne dabei zu konkurrieren? Einheit (ittifaq) gehört doch nun wirklich zu den Leuten der Eintracht und die Disputationen (khilaf) den Heuchlern. Wie kommt es denn nur, dass das Recht dort hinüber gegangen und das Unrecht hierher gekommen ist?

    Antwort: Wir wollen hier für die so vielen schmerzlichen, fürchterlichen, schrecklichen Ereignisse, wie sie Leute, die sich die Dinge zu Herzen genommen haben, zum Weinen bringen, "Sieben Gründe" näher erläutern.

    Erster Grund:

    Geradeso, wie eine Diskussion (ikhtilaf) unter den Leuten der Wahrheit nicht aus einem Mangel an Wahrheit entsteht, so entsteht auch die Einheit (ittifaq) unter den Leuten der Gottvergessenheit nicht etwa dadurch, dass sie die Wahrheit besäßen.

    Es ist vielmehr so, dass eine spezielle Aufgabe, eine besondere Funktion, diesen Klassen der Gesellschaft zugeschrieben wurde, wie den Weltleuten, denen, die sich in der Politik engagiert haben und denen, die eine weltliche Erziehung genossen haben, und so wurden die Funktionen verschiedener Gruppen, Gesellschaften und Gemeinschaften definiert und unterscheiden sich nun voneinander. In ähnlicher Weise wurde auch der materielle Gegenwert, den sie ihrer Funktion entsprechend zu empfangen haben, um sich so ihren Lebensunterhalt sichern zu können, wie auch der moralische Wert (hubb-u djah), welcher in der Gunst besteht, die ihnen die Leute entsprechend ihrem Stolz und ihrem Einsatz entgegenbringen, festgesetzt und genau verteilt.(*[1])Es gibt also grundsätzlich nichts, was genügend Konfliktstoff, Uneinigkeit oder gar Streit produzieren könnte. Wie groß also auch immer der Weg des Übels (muzahme) sein mag, dem sie folgen, so können sie sich dennoch untereinander einigen (ittifaq).

    Was aber nun die Leute des Glaubens (ehl-i din), der Wissenschaft und die Gefährten der Orden betrifft, so beziehen sich ihre Aufgaben auf die gesamte Menschheit, ihr weltlicher Lohn ist weder festgelegt noch irgendwie unterteilt, und ihr Anteil (maqam) an sozialem Ansehen, sowie ihre Stellung in der Öffentlichkeit, sind nicht von vornherein festgelegt. Es können viele für den selben Posten (maqam) kandidieren. Es strecken sich viele Hände nach dem gleichen geistigen und materiellen Gewinn aus, der ihnen angeboten wird. Von daher also kommt es, dass Konflikte und Streitigkeiten untereinander entstehen. So verkehrt sich Einigkeit (vifaq) in Uneinigkeit (nifaq) und Einheit (ittifaq) verwandelt sich in Streit (ikhtilaf).

    So ist denn Wahrhaftigkeit (ikhlas) gegen diese fürchterliche Krankheit die Salbe und Arznei.

    Das heißt, (Wahrhaftigkeit kann dadurch erreicht werden), dass man die Wahrheitsliebe der Eigenliebe vorzieht und seinen Egoismus und den Gefallen an sich selbst (nefs ve enaniyet) durch den Gefallen an der Wahrheit (haqq) überwindet und so die Bedeutung der Ayah اِنْ اَجْرِىَ اِلاَّ عَلَى اللّٰهِ(*[2])und die Bedeutung der Ayah وَمَا عَلَى الرَّسُولِ اِلاَّ الْبَلاَغُ {"Und nichts obliegt dem Propheten außer seiner Verkündigung." (Sure 5, 99)} zum Ausdruck bringt. Wer weiß, dass solche Angelegenheiten, wie wohl angesehen zu sein, einen guten Eindruck zu machen und bei den Menschen in Gunst zu stehen, eine Angelegenheit Gottes des Gerechten und in Seiner Huld (ihsan) sind und nichts mit der Verkündigung (tebligh) der Botschaft zu tun haben, die seine eigene Aufgabe (vazife) ist, dabei auch gar nicht notwendig sind, weil er auch gar nicht (mit dergleichen Angelegenheiten) betraut ist, (wer dies weiß) wird (in der Erlangung) der Wahrhaftigkeit (ikhlas) erfolgreich sein. Andernfalls wird seine Wahrhaftigkeit ihm entfliehen.

    Zweiter Grund:

    Die Einheit (ittifaq) unter den Leuten des Irrweges entspringt aus ihrer Erniedrigung (dhillet) und die Disputationen (ikhtilaf) unter den Leuten der Rechtleitung erwächst aus ihrer Würde (izzet).

    Das heißt, dass Weltleute (ehl-i dunya) und Leute des Irrweges (ehl-i dalalet), welche gottvergessene Leute (ehl-i ghaflet) sind, elend und schwach sind, da sie sich nicht auf Recht und Wahrheit stützen (haq ve haqiqat istinad). Weil sie aber so schwach sind, brauchen sie Kraft. Aus dieser Not heraus ist ihnen Einheit (ittifaq) und Hilfe von Herzen willkommen. Wenn auch ihr Weg auf einem Irrtum beruht, so wahren sie doch wiederum ihre Einheit. Es ist, als wollten sie aus ihrer Ungerechtigkeit (haqsizlik) eine Liebe zur Wahrheit (haqperestlik) machen, ihren Irrweg (dalalet) in Wahrhaftigkeit (ikhlas) umwandeln, ihre Gottlosigkeit (dinsizlik) in eine Solidarität aller Gottlosen umschmieden, ihre Heuchelei (nifaq) eine Übereinstimmung (vifaq) sein lassen, um auf diese Weise zum Erfolg zu gelangen. Denn eine Wahrhaftigkeit, die aus dem Herzen kommt, kann nicht ohne eine Wirkung bleiben, selbst, wenn sie auf das Böse gerichtet ist. In der Tat wird Gott, dem, der sich etwas wahrhaftig wünscht, es auch geben.(*[3])

    Was jedoch die Leute der Rechtleitung und des Glaubens betrifft, die Leute des Wissens und die Angehörigen der Orden, so empfangen sie, weil sie sich auf Wahrheit und Gerechtigkeit stützen (haq ve haqiqat istinad) und auf diesem Weg der Wahrheit einzig an ihren Herrn denken und in ihrem Erfolg auf Ihn vertrauen, innerlich eine gewisse Würde (izzet). So sie sich schwach fühlen, so wenden sie sich nicht an die Menschen, sondern an ihren Herrn und erbitten von ihm Hilfe. Weil aber ihre Gesichtspunkte unterschiedlich sind, verspüren sie kein echtes Bedürfnis nach Hilfe von Seiten derer, deren Standpunkt ihrem eigenen entgegengesetzt ist und sehen darin keine Notwendigkeit für eine Einheit (ittifaq). Dort wo sich Selbstsucht und Egoismus finden, halten sie sich selbst für gerecht und glauben, dass sich ihr Gegner im Unrecht befände und so treten an Stelle von Einheit und Liebe (ittifaq ve muhabbet) Uneinigkeit und Streit unter Rivalen (ikhtilaf ve rekabet). So geht ihre Wahrhaftigkeit (ikhlas) verloren und ihre Aufgabe (vazife) gerät durcheinander.

    So liegt denn nun das einzige Heilmittel, um solch fürchterlichen Folgen gefährlicher Ursachen begegnen zu können, in den folgenden "Neun Anweisungen":

    1. Sich positiv verhalten, das heißt, sein Verhalten in der Liebe zum eigenen Weg (mesleğinin muhabbet) ausrichten, Feindschaft (adavet) gegenüber anderen Wegen, ihren Fehlern und Mängeln nicht nähren, ihr Wissen und Denken (fikr ve ilim) nicht kritisieren und sich mit dergleichen Dingen nicht beschäftigen.

    2. Vielmehr sollte man innerhalb des Islamischen Kreises, unabhängig von der jeweiligen Sichtweise (meshreb) über die einigenden Bande (rabita-i vahdet), die zu Liebe (muhabbet), Brüderlichkeit und Einheit (ittifaq) hinführen, nachdenken und so zu dieser Einheit gelangen.

    3. Was aber das Recht (haq) eines jeden betrifft, der den rechten Weg geht, so sollte man einen anderen auf seinem Weg nicht belästigen, sondern vielmehr sagen: "Ich befinde mich auf dem rechten Weg (= mesleğim haqtir)." oder "Mein Weg ist schön (güzeldir)." Man sollte auch nicht andeuten, dass der Weg eines anderen unrichtig (haqsiz) oder unschön sei, oder sagen: "Richtig ist einzig mein eigener Weg." oder "Gut ist einzig meine eigene Sichtweise." und sich so eine vernunftgemäße (Sichtweise) zum Wegweiser machen.

    4. In Betracht ziehen, dass die Einheit mit den Leuten der Wahrheit eine Bedingung des von Gott kommenden Erfolges und der Ankergrund der Ehre im religiösen Leben ist.

    5. Und ferner sollte man sich vor Augen führen, dass auch der stärkste Widerstand eines Einzelnen gegen die Angriffe eines kollektiven Genius der Leute des Irrweges und der Ungerechtigkeit, der ihnen aus ihrer Solidarität erwächst, durch die Einheit unter den Leuten der Wahrheit besiegt werden kann, wenn auch sie ihrerseits eine solche gemeinschaftliche Kraft formen, um Recht und Gerechtigkeit angesichts dieser furchtbaren gemeinschaftlichen Kraft der Leute des Irrweges zu bewahren.

    6. Um die Wahrheit vor den Stürmen der Irrlehre (batil) zu retten bewahren.

    7. Selbstsucht (nefs) und Egoismus (enaniyet)

    8. und ein falsches Denken über "Ehre (izzet)"

    9. durch die Aufgabe (terk) irgendwelcher bedeutungsloser Gefühle von Rivalität (rekabetkârane) zur Wahrhaftigkeit (ikhlas) zurückzufinden und seiner Aufgabe (vazife) gerecht zu werden...(*[4])

    Dritter Grund:

    Die Uneinigkeit (ikhtilaf) unter den Leuten der Wahrheit erwächst nicht aus ihrer mangelnden Einsatzbereitschaft (himmetsizlik) oder etwa ihrer niedrigen Gesinnung, noch erklärt sich die Einigkeit (ittifaq) unter den Leuten des Irrglaubens und des Irrweges aus ihrer hohen und edlen Gesinnung (uluvv-u himmet) und ihrer Begeisterung.

    Vielmehr entstammt die Uneinigkeit aus dem Missbrauch ihrer hohen und edlen Gesinnung (uluvv-u himmet) und die Einigkeit unter den Leuten des Irrglaubens aus der Schwäche und Unfähigkeit (da'f ve adjz), die aus ihrer mangelnden Einsatzbereitschaft (himmetsizlik) entspringen. Was die Leute der Rechtleitung zu einem Missbrauch ihrer hohen Gesinnung (uluvv-u himmet) treibt und weiter in die Uneinigkeit (ikhtilaf) und zu Streitigkeiten (rekabet) treibt, ist vielmehr ihr Verlangen nach einer himmlischen Belohnung (hirs-i sevab), was im Hinblick auf das Jenseits als eine gute Eigenschaft gepriesen wird, und eine außergewöhnliche Begierde (kanaatsizlik) hinsichtlich ihrer jenseitigen Verpflichtungen (vazife-i ukhreviye). So denken sie: "Lass mich diese Belohnung gewinnen! Lass mich diese Leute führen! Auf mich sollen sie hören!" Er spielt sich als Rivalen gegenüber seinem wahrhaftigen Bruder auf, dessen Liebe, Hilfe, Brüderlichkeit und Unterstützung er ernsthaft bedarf und versucht gegen ihn zu konkurrieren (rekabetkârane). Indem er sich selbst sagt: "Warum gehen meine Schüler zu ihm? Warum habe nicht ich so viele Schüler wie er?" wird er eine Beute seiner Ichsucht (enaniyet), neigt jenem Geltungsdrang (hubb-u djah) zu, der schon eine verwerfliche Eigenschaft ist, und verliert somit seine Wahrhaftigkeit (ikhlas) und öffnet der Heuchelei (riya) das Tor.

    Heilung für diesen Irrtum, diese Wunde, diese fürchterliche Krankheit des Geistes besteht in dem Grundsatz, dass Gottes Wohlgefallen (razi) nur durch Wahrhaftigkeit (ikhlas) allein gewonnen werden kann und nicht durch eine große Anzahl von Anhängern und großartige Erfolge. Denn diese Dinge gehören zum Aufgabenbereich Gottes (vazife-i Ilahiye). Man kann sie nicht erbitten, vielmehr werden sie manchmal gewährt. Manchmal wird in der Tat ein einziges Wort zur Ursache für ihre Erlösung und zu einer Quelle ihres Wohlgefallens (bei Gott). Eine Masse sollte nie Grund für allzu viel Aufmerksamkeit sein. Denn manchmal erlangt, wer auch nur einen einzigen Menschen auf den rechten Weg leitet (irshad), ebensoviel Wohlgefallen bei Gott, wie einer, der tausend Menschen rechtleitet.

    Ferner erfordert die Aufrichtigkeit (ikhlas) und die Liebe zur Wahrheit (haqperest), dass jemand wünschen sollte, allen Muslimen, wer auch immer es sei und wo auch immer er sei, von Nutzen zu sein. Andernfalls ist der Gedanke: "Mögen sie bei mir Unterricht nehmen und mich so den Lohn Gottes gewinnen lassen" eine List der Ichsucht und des Egoismus (nefs ve enaniyet).

    Oh Mensch, der du gierig (hirs) nach Gottes Lohn (sevab) und unersättlich (kanaatsiz) nach guten Taten für das Jenseits bist! Es sind zuweilen Propheten aufgetreten, die, obwohl es nur Wenige gab, die ihnen nachfolgten, doch den unendlichen Lohn für die geheiligten Aufgaben ihres Prophetentums erhalten haben. Das heißt, der wahre Erfolg liegt nicht in der Größe seiner Gefolgschaft, sondern darin, Gottes Wohlgefallen zu erlangen. Wer bist du eigentlich, dass du in deiner Gier sagst: "Alle sollen mich hören!" und dabei deine eigene Aufgabe vergisst und dich stattdessen in die Aufgaben Gottes einmischst? Dir Anerkennung (etraf) zu verschaffen und das Volk um dich zu versammeln ist Gottes Werk. So tu denn deine Pflicht und mische dich nicht in die Aufgaben Gottes.

    Zudem sind es nicht nur die Menschen, durch die der, der die Wahrheit hört und Recht spricht, Gottes Lohn (sevab) erlangt. Vielmehr sind es Gottes des Gerechten bewusstseinstragende Geschöpfe, Geistwesen und Engel, die den Kosmos erfüllen und allüberall beleben. Wenn du also nun schon so viel Lohn (sevab) empfangen möchtest, mache dir die Wahrhaftigkeit zu deinem Grundsatz (ikhlas esas) und denke dabei einzig an Gottes Wohlgefallen (riza-yi Ilahi). Dann werden die gesegneten Worte, die deinen Mund verlassen, entsprechend deiner Wahrhaftigkeit und lauteren Absicht (niyet-i sadiqa) belebt und verlebendigt werden und sich durch die Luft schwingend in jedes einzelne Ohr all der unendlich vielen, bewusstseinstragende Wesen eingehen, es erleuchten und so auch dir deinen Verdienst (sevab) bringen. Wenn du also z.B. sagst: "Elhamdulillah (Dank sei Gott)", so wird dieses Wort mit Gottes Erlaubnis (izn-i Ilahi) in Form von Millionen großer und kleiner "Elhamdulillah"-Worte in die Luft geschrieben. Da aber der Allweise Gestalter (Nakkash-i Hakîm) nichts Sinnloses oder Überflüssiges tut, so hat er entsprechend den vielen gesegneten Worten, die da gehört werden sollen, (bereits zuvor) entsprechend viele Ohren erschaffen.

    Wenn diese Worte mit Wahrhaftigkeit und reiner Absicht (niyet-i sadiqa) in der Luft zum Leben gebracht werden, so dringen sie wie wohlschmeckende Früchte in die Ohren der Geistwesen ein.

    Wenn aber das Wohlgefallen Gottes und die Wahrhaftigkeit diesen Worten in der Luft kein Leben schenkt, so werden sie auch nicht gehört. Dann bleibt auch der Lohn auf das Wort im Mund beschränkt. Mögen nun also die Ohren der Qur'anrezitatoren (Hafizlar) klingen, von denen man sagt, dass ihre Stimmen nicht mehr schön klingen und die nun traurig sind, nur noch wenige Zuhörer zu haben!

    Vierter Grund:

    Und in genau der gleichen Weise, wie Rivalitätsdenken und Uneinigkeit (rekabetkârane ikhtilafi) unter den Leuten der Rechtleitung nicht aus der Unfähigkeit erwachsen, deren Konsequenzen zu erkennen, oder vielleicht aus einer gewissen Kurzsichtigkeit, so folgt die innige Eintracht (samimane ittifaq) der Leute des Irrweges nicht aus einer gewissen Weitsichtigkeit oder weiser Voraussicht.

    Vielmehr lassen sich die Leute der Rechtleitung unter dem Einfluss von Recht und Wahrheit (haq ve haqiqat) nicht von den blinden Gefühlen ihrer Seele (nefs) verführen und folgen stattdessen den Neigungen ihres Herzens und ihrem weit vorausschauenden Verstand. Da sie aber dabei ihre Rechtschaffenheit (istikamet) und Wahrhaftigkeit (ikhlas) nicht bewahren konnten, konnten sie auch ihre hohe Stellung (maqam) nicht länger beibehalten und gerieten deshalb miteinander in Streit.

    Was aber die Leute des Irrweges betrifft, so unterliegen sie dem Einfluss ihrer Lust und Laune (nefs ve heva) und kommen unter der Vorherrschaft ihrer Sinne, die allen Konsequenzen gegenüber blind sind und stets ein Dirhem (= 3 g) gegenwärtigen Genusses einem Batman (= 8 kg) künftigen Genusses vorziehen, in einer geradezu herzlichen Übereinstimmung (shiddetli ittifaq) für einen unmittelbaren Vorteil und ein augenblickliches Vergnügen zusammen. Diese niedrig gesinnten und herzlosen Anbeter ihrer Seelen (nefs) vereinigen und verbinden sich in der Tat aus reinem inneren Antrieb heraus und nur um ihrer irdischen, unmittelbaren Vergnügungen und Vorteile willen.

    Es stimmt schon, dass die Leute der Rechtleitung ihr Antlitz ihren Belohnungen im Jenseits und ihrer eigenen Vervollkommnung zugewandt haben, und dies in Übereinstimmung mit den erhabenen Anweisungen ihres Herzens und ihrer Vernunft, doch obwohl ein nüchterner Sinn für die Richtung, völlige Wahrhaftigkeit, Hingabe für Eintracht und Gemeinschaft möglich sind, ist es ihnen dennoch nicht gelungen, sich von ihrem Egoismus (enaniyet) zu befreien. So haben sie denn entweder durch ihre Übertreibungen (ifrat) oder durch ihre Unterlassungen (tefrit) ihre Einheit verloren, diese erhabene Quelle aller Macht, und sind so ihrer Wahrhaftigkeit verlustig gegangen. So haben sie auch ihre Aufgaben vernachlässigt und ihre Pflichten für das Jenseits verletzt. Man kann nicht so leicht das Wohlgefallen Gottes erringen!

    Die Salbe und das Heilmittel für diese schwere Krankheit besteht darin, stolz darauf zu sein, die auf dem Weg der Wahrheit wandeln nach den Grundsätzen der Liebe um Gottes willen (= اَلْحُبُّ فِي اللّٰهِ) zu begleiten - oder vielmehr ihnen zu folgen und ihnen die Ehre zu überlassen, die Führerschaft (Imam) zu übernehmen - seine Ichsucht aufzugeben, verbunden mit der Möglichkeit, dass, wer auch immer auf dem Pfade der Wahrheit wandeln möge, besser sein könne, als man selbst, und auf diese Weise zur Wahrhaftigkeit zu gelangen. Errettung von dieser Krankheit kann auch gefunden werden, wenn man weiß, dass ein Dirhem Handlung in Wahrhaftigkeit einem Batman weiser Taten ohne jede Wahrhaftigkeit vorzuziehen ist und die Stellung dessen, der zu folgen gelernt hat (tabiiye), vor dem zu bevorzugen, dem man folgen muss, mit all den Gefahren und der Verantwortlichkeit, die das mit sich bringt. So erlangt man Wahrhaftigkeit und kann seine Aufgaben für das Jenseits recht erfüllen.

    Fünfter Grund:

    Sowie Uneinigkeit (adem-i ittifaq) und Disputationen (ikhtilaf) unter den Leuten der Rechtleitung nicht ein Ergebnis der Schwäche sind und die machtvolle Einheit der Leute des Irrweges kein Ergebnis von Stärke sind,

    so kommt auch die Uneinigkeit unter den Leuten der Rechtleitung nicht aus jener Kraft, die das Ergebnis der Unterstützung (nokta-i istinad) ist, die aus einem vollkommenen Glauben erwächst, und die Einheit unter den Leuten der Gottvergessenheit und des Irrweges aus der Schwäche und Unfähigkeit, die sie als ein Ergebnis eines Fehlens an irgendeinem inneren Halt (nokta-i istinad) in ihrem Herzen verspüren.

    Denn weil die Schwachen eine Einheit brauchen, gründen sie schlagkräftige Gemeinschaften.(*[5])Weil aber die Starken kein vergleichbares Bedürfnis verspüren, sind ihre Vereinigungen nur schwach. Löwen brauchen keine Gemeinschaft wie die Füchse und leben deshalb für sich allein. Wilde Ziegen leben in Herden, um sich so vor den Wölfen zu schützen. Das heißt, die Gemeinschaft der Schwachen ist stark, wohingegen das Kollektiv der Starken schwach ist. Es ist ein schöner Hinweis auf dieses Geheimnis und eine subtile Anmerkung des Qur'an, wenn er sagt

    وَقَالَ نِسْوَةٌ فِى الْمَدِينَةِ {"Und die Frauen in der Stadt sagten." (Sure 12, 30)} wobei er für die weibliche Gemeinschaft das männliche Verbum قَالَ {"er sagte"} gebraucht, obwohl es doch eigentlich in doppelter Hinsicht weiblich sein müsste. Im Gegensatz dazu ist in dem Ausdruck قَالَتِ الْاَعْرَابُ {"die Beduinen sagten" (Sure 49, 14)} das Verbum قَالَتِ {"sie sagte" } in diesem Fall in der weiblichen Form, obwohl doch das dazu gehörige Subjekt eine Gemeinschaft von Männern darstellt.

    Darin findet sich also der Hinweis, dass eine Gemeinschaft von schwachen, sanftmütigen und milden (halîm) Frauen an Stärke, ja Härte und Strenge gewinnt und sogar eine Art Männlichkeit erreicht. Der Gebrauch des Verbums in seiner maskulinen Form ist deshalb وَقَالَ نِسْوَةٌ {"Und die Frauen sagten" (Sure 12, 30)} zuhöchst angemessen. Starke Männer und ganz besonders die arabischen Beduinen vertrauen im Gegensatz dazu auf ihre eigene Stärke. Darum sind ihre Gemeinschaften schwach, denn sie zeigen eine Haltung der Vorsicht und der Sanftmut und Weise in dieser Art weibliche Züge auf, wofür dann der Gebrauch des Verbums in seiner femininen Form قَالَتِ الْاَعْرَابُ {"die Beduinen sagten" (Sure 49, 14)} am angemessensten erscheint.

    In der Tat ist der Glaube an Gott (iman-i billah) eine ganz besonders starke Stütze (kuvvetli bir nokta-i istinad) für die Leute der Wahrheit und aus ihm erwächst ihnen das Vertrauen (tevekkul) und die Hingabe (teslim) an Ihn. Deshalb brauchen sie anderen ihre Bedürfnisse nicht zu unterbreiten und verlangen von ihnen keine Unterstützung oder Hilfeleistung. Und selbst wenn sie danach verlangen, so geben sie sich dabei keine ernsthafte Mühe.

    Die Weltleute aber leugnen in ihren weltlichen Angelegenheiten die wahre Quelle aller Hilfe (haqiqi nokta-i istinad). So fallen sie denn in Schwäche und Unfähigkeit (da'f ve adjz). Und wenn sie eine akute Notlage erleben und Hilfe benötigen, so kommen sie zusammen und opfern sich von ganzem Herzen auf.

    So stürzen denn die Leute der Wahrheit, weil sie die aus der Einheit erwachsende wahre Stärke nicht wahrnehmen und sie auch nicht suchen, der Zwietracht, ein Ergebnis, das zur Ungerechtigkeit (haqsiz) und zum Schaden führt.

    Im Gegensatz dazu erringen die ungerechten (haqsiz) Leute des Irrweges, da sie aus ihrer Schwäche heraus die Kraft, die aus der Einheit erwächst, verspüren, Einigkeit, die ein außerordentlich wichtiges und zweckmäßiges Fahrzeug ist.

    So liegt denn das Heilmittel und die Salbe gegen diese Krankheit einer ins Unrecht führenden Uneinigkeit (haqsiz ikhtilaf) unter den Leuten der Wahrheit darin, das nachdrückliche Verbot in der Ayah وَلاَ تَنَازَعوُا فَتَفْشَلُوا وَتَذْهَبَ رِيحُكُمْ {"Streitet euch nicht miteinander, damit ihr nicht den Mut verliert und der Sieg euch nicht entgleitet." (Sure 8, 46)} und das außerordentlich weise göttliche Gebot für das gesellschaftliche Leben in der Ayah وَتَعَاوَنُوا عَلَى الْبِرِّ وَالتَّقْوى {"Und helft euch einander im Guten und in der Gottesfurcht." (Sure 5, 3)} zum Leitsatz eures Handelns zu machen und dabei zu bedenken, in welchem Grade die Uneinigkeit (ikhtilaf) der Sache des Islam schadet und in welchem Grade sie den Sieg der Leute des Irrweges über die Leute der Wahrheit erleichtert. Darum sollte man sich von ganzem Herzen und mit ganzer Hingabe und (dem Gefühl) der völligen Schwäche und der eigenen Ohnmacht der Karawane der Leute der Wahrheit anschließen. Und schließlich sollte man darüber seine eigene Wenigkeit vergessen, sich vor Verstellung und Heuchelei (riya) retten und so zur Wahrhaftigkeit gelangen.

    Sechster Grund:

    Uneinigkeit (ikhtilaf) unter den Leuten der Wahrheit erwächst nicht aus Niedertracht, Mangel an Begeisterung und fehlender Unterstützung, ebenso wenig wie die innere Einheit gottvergessener Weltleute und der Leute des Irrweges in den Dingen des irdischen Lebens aus Edelmut, Begeisterung und Wohlwollen entsteht.

    Es ist vielmehr so, dass die Leute der Wahrheit meistens an die Dinge denken, die ihnen im Jenseits von Nutzen sein können und deshalb ihren Edelmut, ihre Begeisterung und ihr Wohlwollen für derartige wichtige und zahlreiche Dinge einsetzen. Weil sie also ihre Zeit, die ihr wahres Kapital ist, nicht für eine bestimmte Sache aufwenden, kann ihre Einheit mit ihren Bundesgenossen niemals an Kraft gewinnen. Denn es gibt viele Dinge und ihr Wirkungsfeld ist umfangreich.

    Was aber diese gottvergessenen Weltleute betrifft, so denken sie nur an dieses irdische Leben und klammern sich mit all ihren Sinnen, mit Herz und Verstand (ruh) an diesem irdischen Leben fest und kleben förmlich an jedem, der ihnen in solchen Angelegenheiten helfen könnte. Gleich einem irre gewordenen Diamantenhändler zahlen sie fünf Lira für ein Stückchen Glas, das keine 5 Para wert ist, und widmen ihre Zeit, die vergleichsweise 500 Lira Wert ist, Dingen, die in Wirklichkeit und in den Augen der Leute der Wahrheit keine 5 Para wert sind. Einen so hohen Preis zu zahlen und sich für eine Sache mit einer solchen Hingabe und mit allen Sinnen einzusetzen, wird sicherlich in dieser wahren Wahrhaftigkeit auch für den zum Ziel führen, der auf dem falschen Weg ist. So sind sie den Leuten der Wahrheit gegenüber die Sieger. Diesem Sieg zufolge verfallen die Leute der Wahrheit dem Elend, der Erniedrigung, der Heuchelei (riya) und der Verstellung und verlieren so ihre Wahrhaftigkeit. Auf diese Weise werden sie dazu gezwungen, vor einem Teil dieser niederträchtigen, missgünstigen und ehrlosen Weltleute zu kriechen und ihnen zu schmeicheln.

    Oh ihr Leute der Wahrheit, ihr wahrheitsliebenden Leute des Gesetzes (Schariah), ihr Leute des Rechts und ihr Angehörigen der Orden! Seht einander angesichts dieser fürchterlichen Krankheit der Uneinigkeit (ikhtilaf) eure Fehler nach! Schließt eure Augen vor dem, was unter euch unzureichend und mangelhaft ist!

    Verhaltet euch so, wie es die gute Sitte (edeb-i furqan) entsprechend der Ayah وَاِذَا مَرُّوا بِاللَّغْوِ مَرُّوا كِرَامًا {"Und wenn sie leerem Geschwätz begegnen, gehen sie in edler Gesittung vorüber." (Sure 25, 72)} von euch verlangt! Betrachtet es als eure erste und wichtigste Aufgabe, interne Streitigkeiten zu vermeiden, während ihr gleichzeitig von einem äußeren Feind angegriffen werdet! Sucht dabei, die Leute der Wahrheit vor Demütigung und Erniedrigung zu bewahren! Bemüht euch um Brüderlichkeit, Liebe (muhabbet) und Zusammenarbeit, wie es in hunderten Ayat und Hadithen des Propheten so nachdrücklich empfohlen wird. Strebt mit ganzer Hingabe danach, mit euren Bundesgenossen und mit euren Brüdern im Glauben eine Einheit herzustellen, die stärker ist als die der Weltleute! Also verliert euch nicht in irgendwelchen Auseinandersetzungen.

    Und schwächt nicht eure Eintracht indem ihr euch zurückzieht und sagt: "Anstatt meine kostbare Zeit mit sinnlosen Kleinigkeiten zu vertrödeln, möchte ich doch lieber meine so wertvolle Zeit für so kostbare Dinge, wie Nachsinnen und Gottesgedenken (fikr ve dhikr) aufwenden." Denn in diesem geistigen Kampf kann das, was ihr für eine Kleinigkeit haltet von großer Bedeutung sein. So wie die Wache eines Soldaten unter besonders schwerwiegenden Umständen manchmal die Bedeutung von einem Jahr Gottesdienst erhält, so kann einer eurer wertvollen Tage, der zur Zeit der Niederlage der Leute der Wahrheit in Angelegenheiten des geistigen Kampfes für eine Kleinigkeit aufgewandt wird, wie die Stunde jenes Soldaten tausendfachen Wert annehmen. Ein Tag kann tausend Tagen gleich sein.

    Was auch immer man um Gottes willen unternimmt, kann man nicht als große oder kleine Dinge betrachten, in wertvolle und wertlose Angelegenheiten unterscheiden. Ein Stäubchen in Wahrhaftigkeit und um Gottes willen gegeben, wird so zu einem Stern. Was zählt ist nicht die Art der aufgewandten Mittel, sondern das Ergebnis. Solange das Ergebnis das Wohlgefallen Gottes (riza-yi Ilahi) ist und das Ferment die Wahrhaftigkeit (ikhlas), ist es nicht klein sondern groß.

    Siebenter Grund:

    Uneinigkeit (ikhtilaf) und Streit (rekabet) zwischen den Leuten der Wahrheit und des Rechts erwachsen nicht aus Eifersucht und Gier (hirs) nach den irdischen Dingen, während andererseits die Einigkeit unter den Leuten der Welt und der Gottvergessenheit nicht aus ihrem Edelmut und ihrer Großherzigkeit entsteht.

    Vielmehr sind die Leute der Wahrheit nicht dazu in der Lage, die edle Großherzigkeit und den vortrefflichen Edelmut, wie sie doch eigentlich von der Wahrheit ausgehen sollten, und den lobenswerten Wetteifer (himmet) auf dem Weg der Wahrheit in der rechten Weise zu pflegen. Da durch die Beteiligung und Mitwirkung von Unberufenen in gewissem Grade Missbrauch getrieben wurde, verfielen sie der Uneinigkeit (ikhtilaf) und dem Streit (rekabet) und haben dadurch sowohl sich selbst als auch der islamischen Gemeinschaft beträchtlichen Schaden zugefügt.

    Was aber die Leute der Gottvergessenheit und des Irrweges betrifft, so vereinigen sie sich, um nicht die Vorteile zu verlieren, von denen sie so berauscht sind, und ihre Anführer und Genossen, die um dieses Nutzens willen bei ihnen in Ansehen stehen, nicht zu verärgern, in ihrer Erniedrigung, Ehrlosigkeit und Niedertracht bedingungslos mit all ihren Genossen, wie schändlich, verräterisch und boshaft sie auch sein mögen. Sie vereinigen sich um eines Vorteils willen und in welcher Form auch immer mit ihren Teilhabern. Als Ergebnis dieser herzlichen Übereinkunft (samimane ittifaq) erlangen sie in der Tat die Vorteile, die sie sich erhofft hatten.

    Oh ihr Leute der Wahrheit und Gefährten der Gerechtigkeit, die ihr vom Unglück verfolgt und in Streitigkeiten verstrickt seid! Da ihr in dieser unglückseligen Zeit eurer Wahrhaftigkeit verlustig gegangen seid und das Wohlgefallen Gottes nicht zum alleinigen Ziel eurer Bemühungen gemacht habt, so habt ihr diese Schande und die Niederlage der Leute der Wahrheit selbst verursacht.

    In den Dingen des Glaubens und dort, wo es um das Jenseits geht, sollte es Rivalitätskämpfe (rekabet), Neid (hased) und Eifersucht nicht geben, und vom Standpunkt der Wahrheit aus sollte es das nicht geben, denn der Grund für Neid (hased) und Eifersucht ist folgender: wenn sich viele Hände nach einer einzigen Sache ausstrecken, wenn viele Augen auf einen einzigen Posten ausgerichtet sind, wenn so viele Mägen nach einem einzigen Laib Brot hungern, so entsteht durch Konurrenzkämpfe und Rivalitätsstreitigkeiten zunächst Eifersucht und am Ende der Neid. Denn da in dieser Welt viele Menschen dieselbe Sache beanspruchen, und da die Welt, so eng und so vergänglich wie sie nun einmal ist, die grenzenlosen Wünsche der Menschheit nicht befriedigen kann, werden sie einander zu Rivalen.

    Doch im Jenseits werden jedem einzelnen Menschen ein Stückchen Paradies zum Geschenk (ihsan) erhalten, das zu durchwandern er 500 Jahre benötigen würde.(*[6])Dazu werden ihnen noch 70.000 Schlösser und Huris gegeben werden. Und einem jeden der Leute des Paradieses wird nach seinem eigenen Empfinden gegeben werden, womit er vollkommen zufrieden (kemal-i riza) sein kann, was zeigt, dass es im Jenseits nichts gibt, was einen Grund zu Konkurrenzstreitigkeiten (medar-i rekabet) geben könnte und dass also Rivalitäten (rekabet) dort nicht möglich sind. Wenn das aber so ist, dann kann es auch keine Konkurrenz hinsichtlich der guten Werke geben, für die sie sich im Jenseits eine Belohnung erhoffen. Hier ist auch kein Platz für Neid.

    Wer aber neidisch ist, der ist entweder ein Heuchler (riyakâr), sodass er mit frommen Werken (amel-i salih) nach irdischen Zielen strebt, oder aber er ist ein wahrer Narr (sadiq djahil), der den Sinn einer guten Tat nicht kennt und nicht versteht, dass die Wahrhaftigkeit (ikhlas) Leben (ruh) und Basis (esas) aller guten Werke ist. Tritt er in Konkurrenz zu den Freunden Gottes (auliya-ullah), so hegt er auf diese Weise eine Art Feindschaft ihnen gegenüber und zieht zugleich die Größe und Weite der göttlichen Barmherzigkeit in Zweifel. Hierzu ein Vorfall, der diese Wahrheit bestätigt:

    Einer meiner früheren Gefährten hegte gegenüber jemandem eine Feindschaft (adavet). In seiner Gegenwart wurde sein Feind einmal wegen seiner Werke der Frömmigkeit (amel-i salih) erwähnt, ja sogar als ein Heiliger (velayet) beschrieben. Der Mann wurde zunächst nicht eifersüchtig oder verlegen.

    Als dann aber jemand zu ihm sagte: "Dieser dein Feind ist mutig und stark." Da sahen wir, wie in dem Mann der Neid und eine heftige Eifersucht erwachten.

    Wir sagten zu ihm: "Heiligkeit und Frömmigkeit sind eine Stärke und Größe, dem Brillanten des unendlichen, ewigen Lebens gleich. In dieser Hinsicht warst du ihm gegenüber nicht eifersüchtig. Obwohl sich aber nun irdische Kraft auch bei einem Ochsen und Mut auch bei einem Raubtier finden, so sind sie doch im Vergleich mit Heiligkeit und Frömmigkeit wie Glasstückchen im Vergleich mit einem Diamanten."

    Da antwortete der Mann: "Auf Rang und Name haben wir beide in dieser Welt in gleicher Weise unsere Augen gerichtet. Die Stufenleiter, die wir dazu erklimmen müssen, heißt Mut und Kraft. Darum also bin ich eifersüchtig geworden. Die Rangstufen im Jenseits sind grenzenlos. Während er hier mein Gegner ist, kann er deshalb dort dennoch mein herzlich geliebter Bruder sein."

    Oh ihr Leute der Wahrheit und Angehörige der Orden! Der Dienst an der Wahrheit gleicht einem großen und schweren Schatz, den es zu tragen und zu bewahren gilt. Diejenigen, welche diesen Schatz auf ihren Schultern tragen, werden sich um so mehr froh und zufrieden sein, je mehr starke Hände zu ihrer Hilfe eilen. Weit davon entfernt, neidisch zu sein, sollte man lieber diejenigen zu ihrer großen Stärke, ihrer effektiven Leistung und ihrer besonderen Befähigung beglückwünschen, die in aufrichtiger Liebe (samimi bir muhabbet) gekommen sind und ihre Hilfe angeboten haben. Warum also sollte man seine getreuen Brüder und hingabefreudigen (fedakâr) Helfer als eine Art Konkurrenz (rekabetkâr) betrachten und so seiner Wahrhaftigkeit verlustig gehen? Ihr werdet fürchterlichen Anklagen ausgesetzt sein in den Augen der Leute des Irrweges, wie z.B. (dem Vorwurf), mit eurer Religion irdische Interessen zu verfolgen, was noch hundertmal mehr unter eurer Würde und Berufung liegt, wenn ihr euren Lebensunterhalt mit eurem Wissen um die Wahrheit verdient und in eurer Gier (hirs) und Habsucht (tama') noch miteinander konkurriert (rekabet).

    Das einzige Mittel gegen diese Krankheit ist, stets die Schuld bei sich selbst zu suchen und stets nicht für sich selbst und die eigene Sache, sondern für seinen Weggefährten einzutreten. Es gibt einen Leitsatz für die Liebe zu Wahrheit und Gerechtigkeit unter den Moraltheologen und den Rhetorikern, der lautet: "Wer immer bei einer Debatte über welchen Gegenstand auch immer sich wünscht, er möge recht behalten, wer immer froh darüber ist, dass er recht bekommen hat, während sein Gegner im Unrecht bleibt und es sich herausstellt, dass er sich geirrt hat: ein solcher Mensch ist ungerecht (insafsiz = einsichtslos)." Es ist nicht nur so, dass ein solcher Mensch verloren hat. Denn wer aus einer solchen Debatte als Sieger hervorgeht, der hat dabei nichts gelernt, was er nicht schon zuvor gewusst hätte und sein möglicher Stolz (gurur) verursacht ihm einen Verlust. Wenn es sich aber herausstellt, dass sein Gegner recht hatte, so wird er von ihm etwas gelernt haben, was er zuvor noch nicht wusste. Er wird etwas dabei gewonnen haben, ohne etwas zu verlieren, und dabei zugleich vor seinem Stolz bewahrt bleiben.

    Mit anderen Worten: Wer gerecht ist und die Wahrheit liebt, bricht um der Liebe zur Wahrheit willen mit seiner Seele (nefs). Wenn er erkennt, dass sein Gegner recht hat, wird er das wiederum gutwillig akzeptieren, dessen Standpunkt verteidigen und darüber zufrieden sein.

    Wenn also nun die Leute des Glaubens und der Wahrheit, die Angehörigen der Orden und die Leute der Wissenschaft sich diese Grundsätze zur Richtschnur machen, so werden sie zur Wahrhaftigkeit gelangen. Und sie werden Erfolg haben bei der Erfüllung jener Aufgaben, deren Lohn für sie im Jenseits liegt. Durch die Barmherzigkeit Gottes werden sie vor einem tragischen Sturz (über einer solchen Auseinandersetzung) und dem gegenwärtigen Unglück gerettet werden.

    سُبْحَانَكَ لاَعِلْمَ لَنَاۤ اِلاَّ مَاعَلَّمْتَنَاۤ اِنَّكَ اَنْتَ الْعَلِيمُ الْحَكِيمُ {"Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen, außer dem, das Du uns gelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise." (Sure 2, 32)}



    Neunzehnter Blitz ⇐ | Blitze | ⇒ Einundzwanzigster Blitz

    1. *{Mahnung: Die Gunst der Menschen kann man nicht einfordern, sie wird vielmehr gegeben. Wo sie gegeben wird, sollte man sich nicht in ihr gefallen. Gefällt man sich aber in ihr, so ist die Wahrhaftigkeit (ikhlas) verloren und die Heuchelei (riya) tritt an ihre Stelle. Wo der Wunsch nach Ruhm und Ansehen die Aufmerksamkeit eines Menschen beflügelt, so ist sie nicht Lohn noch Belohnung, sondern ein Schlag (ins Gesicht) und eine Strafe für seinen Mangel an Wahrhaftigkeit (ikhlas). Wem Menschen eine derartige Aufmerksamkeit zuwenden, Ehre und Ansehen, dessen Wahrhaftigkeit (ikhlas) verletzen sie, die Quelle der Vitalität zu allen guten Taten. Und selbst wenn sie dabei noch eine vorübergehende winzige Freude bis an den Rand des Grabes erlangen, so nimmt diese doch auf der anderen Seite des Grabes eine recht unschöne Gestalt an. Deshalb sollte man sich von den Menschen keine solche Aufmerksamkeit wünschen, vielmehr vor ihr zurückschrecken. Ja man sollte vor ihr fliehen! Mögen denen, die öffentliches Ansehen suchen und solchem Ruhm und Ansehen hinterher laufen, die Ohren klingen!}
    2. *{"Fürwahr, mein Lohn ist einzig bei Gott." (Sure 11, 29)} zum Ausdruck bringt, die materielle und geistige Belohnung der Menschen zurückweist {Man sollte sich auch die "Tugend der Beschenkung" zu seinem Wegweiser (rehber) wählen, die der Qur'an an den Sahabis gelobt hat. Das heißt, sobald es gilt, ein Geschenk oder Almosen (Sadaqa) anzunehmen, sollte man sich selbst stets einen anderen vorziehen und statt sich für seinen Gottesdienst eine irdische Belohnung zu wünschen oder auch nur in seinem Herzen zu erwarten, wissend, dass dies einzig und allein eine Gnade (ihsan) Gottes ist, ohne dabei einem Menschen ein Gefühl der Verpflichtung aufzuladen oder eine Gegenleistung für seinen Gottesdienst anzunehmen. Denn man darf in dieser Welt für seinen Gottesdienst keine Gegenleistung erwarten, damit die Wahrhaftigkeit nicht entflieht. Zwar hat man ein Recht darauf, dass die Gemeinde einen mit allem Lebensnotwendigen versorgt, ja sogar ein Recht auf Almosen (zekat). Doch darf man dies nicht einfordern. Es wird einem gegeben. Wem etwas gegeben wurde, der darf nicht sagen: "Dies ist der Lohn für meine Dienstleistung." Soweit es möglich wäre, sollte man stets bescheiden anderen vor sich selbst den Vorzug geben, die bedürftiger sind. (Wer solcher Art) das Geheimnis der Ayah وَيُؤْثِرُونَ عَلٰۤى اَنْفُسِهِمْ وَلَوْ كَانَ بِهِمْ خَصَاصَةٌ ("Und sie geben ihnen den Vorzug vor sich selbst, auch wenn sie selbst bedürftig wären." (Sure 59, 9)) zum Ausdruck bringt, wird sich vor dieser schrecklichen Gefahr erretten und Wahrhaftigkeit gewinnen.}
    3. *{Anmerkung: مَنْ طَلَبَ وَ جَدَّ وَجَدَ ("Wer ernsthaft sucht, findet.") Dies ist in der Tat ein Leitsatz der Wahrheit. Seine Gültigkeit ist umfassend und kann in ihrer ganzen Breite auch unseren Weg (meslek) mit einschließen.}
    4. *{Nach einer echten Überlieferung (hadith-i sahih) wird sogar berichtet, dass die wahrhaft frommen Christen sich am Ende der Zeit mit den Leuten des Qur'an vereinigen und, so wie sie sich gegen ihren gemeinsamen Feind, den Atheismus, wenden werden, dann sich nicht nur die Gefolgsleute des Glaubens und des rechten Weges in wahrer Brüderlichkeit vereinigen werden, sondern auch die Christen mit einer echten Frömmigkeit und Spiritualität, dabei zunächst einmal alles, was eine Quelle von Streitigkeiten sein könnte, nicht zum Anlass für weitere Debatten und Disputationen zu machen, sondern stattdessen sich lieber ihrem gemeinsamen Gegner, dem kämpferischen Atheismus, gemeinsam entgegenstellen müssen.}
    5. *{Unter den Organisationen in der westlichen Welt ist eine der erfolgreichsten und überzeugendsten und in gewisser Hinsicht mächtigsten die der anmutigen, zärtlichen und schwachen Frauen, welche die Amerikanische Vereinigung für die Rechte und die Freiheit der Frauen bilden. Das gleiche gilt auch für das Komitee der Armenier, die unter den Völkern nur eine kleine und schwache Minderheit bilden. Beide Vereinigungen bestätigen unsere Behauptung, indem sie beide eine starke, opferbereite Haltung zeigen.}
    6. *{Eine bedeutende Frage, wie sie von einer bedeutenden Persönlichkeit gestellt wurde: Die Überlieferung sagt: Im Paradies wird der Mensch einen Garten empfangen, den zu durchmessen er 500 Jahre benötigen wird. Wie kann man diese Wahrheit mit dem Fassungsvermögen unserer irdischen Intelligenz begreifen? Antwort: In dieser Welt hat jeder seine eigene, begrenzte Welt, welche ebenso groß ist. Und sein Leben ist die tragende Säule dieser Welt. Mit seinen äußeren und inneren Sinnesorganen macht er von dieser Welt Gebrauch und sagt sich dabei: "Die Sonne ist meine Lampe und die Sterne sind meine Kerzen." Die Existenz anderer Daseinsformen und Lebewesen begrenzt dabei die Besitzansprüche dieses Mannes in keiner Weise. Im Gegenteil: sie erleuchten und schmücken ihm noch seine Welt. In gleicher Weise, wenn auch auf einer tausende Grade höheren (Ebene), gibt es das Paradies für einen jeden und dazu noch zusätzlich ein eigenes 500 Jahre großes Stückchen Paradies mit Tausenden von Schlössern und Huris. Aus diesem Paradies wird er seiner Entwicklungsstufe entsprechend mit seinen Sinnen und Empfindungen seinen Nutzen ziehen, entsprechend der Art, wie es der Ewigkeit angemessen ist. Die Tatsache, dass auch andere dieses allgemeine Paradies mit ihm teilen verletzt in gar keiner Weise seine Nutzungs- und Eigentumsrechte an ihm, sondern stärken sie vielmehr noch und schmücken ihm sein eigenes, weit ausgedehntes Paradies. Und so wie es in der Tat in dieser Welt einen Menschen gibt, der diesen Garten in einer Stunde, diesen Park in einem Tag, dieses Erholungsgebiet in einem Monat, dieses Reich in einem Jahr durchwandert und mit seinem Mund, seinen Ohren, seinen Augen, seiner Nase und mit allen seinen Sinnen genießt, so werden seine Sinne, die einen Garten in dieser vergänglichen Welt kaum eine Stunde nutzen konnten in dieser Ewigkeit, den gleichen Nutzen erfahren, wie von einem Garten im Umfang eines Jahres. Gesicht und Gehör, die hier kaum einen Ausflug von einem Jahr genießen konnten, werden dort einen Ausflug von 500 Jahren Länge in einer Art und Weise genießen können, die jenes prächtigen, mit so überwältigender Schönheit gesegneten Landes würdig ist. Jeder Gläubige wird dort entsprechend seinem geistigen Stand genießen und mit seinen Sinnen seine Freude und seinen Genuss finden, wie sie sich entsprechend der Belohnung, die er sich in dieser Welt verdient hat und den guten Taten, die er in ihr verrichtet hat, entwickeln und entfalten werden.}