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("'''Zweiter Punkt:''' Da das Leben (hayat), das Dasein (vudjud) und das Licht (Nur), mit den Augen Gottes betrachtet, genauso klar ist, wie mit unseren eigenen Augen gesehen, sind dafür keine Ursachen als undurchdringliche Schleier nötig. Und selbst wenn noch einige Mittel uns wie sehr feine, dünne Schleier (an die Ursachen) erinnern, bleibt trotzdem dahinter stets die Hand der Allmacht (des lebendigen) Gottes (dest-i qudret) sichtbar." içeriğiyle yeni sayfa oluşturdu) |
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232. satır: | 232. satır: | ||
Da das Leben (hayat), das Dasein (vudjud) und das Licht (Nur), mit den Augen Gottes betrachtet, genauso klar ist, wie mit unseren eigenen Augen gesehen, sind dafür keine Ursachen als undurchdringliche Schleier nötig. Und selbst wenn noch einige Mittel uns wie sehr feine, dünne Schleier (an die Ursachen) erinnern, bleibt trotzdem dahinter stets die Hand der Allmacht (des lebendigen) Gottes (dest-i qudret) sichtbar. | Da das Leben (hayat), das Dasein (vudjud) und das Licht (Nur), mit den Augen Gottes betrachtet, genauso klar ist, wie mit unseren eigenen Augen gesehen, sind dafür keine Ursachen als undurchdringliche Schleier nötig. Und selbst wenn noch einige Mittel uns wie sehr feine, dünne Schleier (an die Ursachen) erinnern, bleibt trotzdem dahinter stets die Hand der Allmacht (des lebendigen) Gottes (dest-i qudret) sichtbar. | ||
'''Dritter Punkt:''' | |||
''' | Die Macht des Urewigen (Qudret-i ezeliye) hat keine Schwierigkeit, wenn sie etwas bewirkt oder gestaltet. Dieser Allmacht Gottes (qudret) kann in der Tat überhaupt nichts schwer fallen, wenn sie aus einem Feigenkern einen riesigen Feigenbaum heraus zieht oder eine riesige Honigmelone an einen feinen Stiel anbindet und aus ihm heraus holt. Das Sein (vudjud) und die Offenbarung dessen, der jene Allmacht besitzt (qudret sahibi), die sich mit solchen Wunderwerken (mu'djizat) bekannt macht, ist sogar noch offensichtlicher als das Dasein (vudjud) und die Offenbarung der Schöpfung (kainat) selbst. Denn jedes Kunstwerk weist zwar in einiger Hinsicht direkt auf sich selbst hin. Zugleich verweisen jedoch viele verschiedene Aspekte sowohl direkt als auch in vernunftgemäßer (Überlegung) auf ihren Meister (Sani'). Falls jedoch von den Ursachen das Vorhanden-Sein (vudjud) irgendeines Kunstwerkes verlangt würde, könnten diese noch nicht einmal etwas Ähnliches wie ein solches Kunstwerk zustande bringen, auch wenn alle Ursachen zusammen kämen und einander dabei helfen. | ||
Wisse, mein lieber Bruder! | |||
''' | '''Der Platz des Verstandes und der Überlegungen (aqil ve fikir) des Menschen''' ist so groß und weit, dass es unmöglich ist, ihn ganz zu erfassen. Dennoch ist er so begrenzt, dass selbst eine Nadel in ihm keinen Platz findet. Manchmal kreist er in der Tat in einem Atom, schwimmt in einem Tropfen oder kreist eingeschlossen immer wieder um denselben Punkt. Manchmal aber nimmt er die Welt wie eine Wassermelone in die Hand, läd die Schöpfung (kainat) als Gast zu sich ein und nimmt sie als Gast in der Stube seines Verstandes auf. Manchmal überschreitet er sogar seine Grenzen derart, dass er empor steigt und sich darum bemüht, den zu sehen, der ja notweniger Weise da sein muss (Vadjib-ul Vudjud). Manchmal aber verkleinert er sich und erkennt sich selbst als ein Nichts (zerre = Atom). Ein Andermal wird er so groß wie die Himmel. Dann wiederum schrumpft er in sich zusammen und möchte sich am liebsten in einem kleinen Tröpfchen verkriechen. Dann wiederum nimmt er die ganze Natur (fitrat) und alles, was da erschaffen wurde in sich auf... | ||
Wisse, mein lieber Bruder! | |||
Die Gnadengaben (nimet), die Gott der Gerechte (Djenab-i Haqq) den Menschen schenkt, seien sie für seine rein äußerliche Existenz (afaki), seien sie für sein seelisch-geistiges Leben (enfusi) bestimmt, kommen nur unter bestimmten Bedingungen zu den Menschen und finden ihn so. Zum Beispiel: Der Mensch kann aus den Gnadengaben, wie Licht (ziya), Luft, Nahrung, Stimme und Klang nur dann seinen Nutzen ziehen, wenn er als Mittel dazu die Öffnung seiner Augen und seiner Ohren, Mund und Nase gebraucht. | |||
Diese Mittel aber erlangt er dadurch, dass Allah sie für ihn erschafft und ins Dasein ruft (khalq ve idjad). In den Händen des Menschen, seiner Schaffenskraft (kesb) und seiner Handlungsfreiheit (ihtiyar) liegt es dann, diese Mittel für sich zu öffnen. Daher soll er nicht denken, dass ihm diese Gnadengaben (nimet) herrenlos und absichtslos (hesab) gegeben würden, so als fände er sie auf der Straße. Sie kommen nur durch die Absicht des wahren Gebers (Mun'im-i Haqiqi qasdiyla) und der Mensch empfängt sie mit seinem Willen (ihtiyar). Danach verbreiten sie sich je nach Bedarf und ganz nach dem Willen (irade) dessen, der sie ihm schenkt (in'am) in seinem Körper. | |||
Wisse, mein lieber Bruder!So wie das abschließende Endstadium in der Entfaltung irgendeines belebten oder unbelebten Objekts (in der Natur) hinsichtlich seiner Wohlgeordnetheit (intizam) und Schönheit nicht unbedeutender als dessen Anfang ist, so ist auch seine Form und Gestalt in ihrer Kunstfertigkeit (san'at) und Zweckmäßigkeit (hikmet) nicht schöner als sein Innerer Aufbau. Wenn das aber so ist, denke nicht, dass sich der äußere und innere Aufbau in seiner Entfaltung ohne seinen Herrn (sahib) vollzöge und dem Zufall überlassen bliebe. Die Blüte und die Frucht, die aus der Blüte hervor geht, sind in ihrer Kunstfertigkeit (san'at) und Zweckmäßigkeit (hikmet) nicht unbedeutender als die künstlerische Form und Gestaltung eines Kernes und des Keimes, der aus diesem Kern hervor geht. | |||
Daher ist der Baumeister in Seiner Majestät (Sani-i Dhu'lDjelal) sowohl der Anfang (Auwal) als auch das Ende (Akhir), das Äußere (Dhahir) und das Innere (Batin). وَ هُوَ السَّمِيعُ الْعَلِيمُ {"Er ist es, der alles hört und kennt}. | |||
Wisse, mein lieber Bruder!'''Der Qur'an ist ein Wunder (i'djaz) und diesese Wunder ist ein Schutzwall vor seiner Verfälschung.''' Da aber nun der Qur'an in der Tat ein Wunder (mu'djize) ist, kann der Mensch keine Kopie (taqlid) von ihm zustande bringen. Es ist auch nicht möglich, seine Ayat durch andere Worte zu ersetzen und sie dadurch zu verfälschen oder irgendwie zu verändern. Denn ein Kommentator (mufessir), ein Verfasser (muellif), ein Übersetzer (muterdjim) kann nicht bewirken, dass das Kleid seines verfälschten Stils mit dem Kleid der Ayat verwechselt wird. Denn auf den Ayat ruht der Stempel ihres Wunders (i'djaz). Die Worte, auf denen nicht dieser Stempel ruht,können nicht als Ayat gelten. Deshalb also duldet der Charakter dieses Wunders keine Verfälschung und keine Veränderung. | |||
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Wisse, mein lieber Bruder! Wenn der Ehrwürdige Qur'an Gnadengaben (nimet), Wunderzeichen (ayat) und Beweise aufzählt, wiederholt er oftmals (dhikr) die majestätische (djelil) Ayah | |||
فَبِأَىِّ اٰلاۤءِ رَبِّكُمَا تُكَذِّبَانِ {"Welche der Wohltaten eures Herrn wollt ihr denn leugnen?" (Sure 55, 13)} Darin liegt ein derartiger Hinweis, | |||
dass dies eine derartige Situation ist, aus der all diese Auflehnung (isyan) der Dschinnen und Menschen und ihre ungezügelte Auflehnung (tughyan) entsteht, da sie in der Gnadengabe (nimet) nicht die Gabe (in'am, im Sinne des Gebens) zu erkennen vermögen. Da sie nicht erkennen können, wie ihnen die Gabe (in'am) übergeben wird, vergessen (ghaflet) sie darüber den wahren Geber (Mun'im-i Haqiqi). Da sie aber den wahren Geber (Mun'im) vergessen (ghaflet) haben, schreiben sie diese Gnadengaben (nimet) den Ursachen oder dem Zufall zu und leugnen, dass diese Gnadengaben (nimet) von Allah kommen. | |||
Daher soll der Gläubige (mu'min) bei jeder Gnadengabe (nimet), die er erhält: "im Namen Gottes (Bismillah)" sagen. In dem Bewusstsein, dass diese Gnadengabe (nimet) von Allah ist und er sie nur im Namen Allahs und um Allahs willen annimmt, soll er sie von Gott mit Lobpreis und Dank (minnet ve shukran) entgegen nehmen. | |||
Wisse, mein lieber Bruder! Während der Mensch im Herzen oder in Gedanken (qalben ve fikren) die göttlichen Wahrheiten (haqaiq-i Ilahiye) betrachtet und über sie nachdenkt, besonders aber im Gebet (namaz) und bei anderen Arten der Anbetung (ibadet), greifen sehr schlechte, schmutzige und hässliche Einflüsterungen (vesveseler) oder Erinnerungen, sei es durch den Teufel (sheytan), sei es aus sich selbst heraus (nefsi), wie Mücken sein Herz (qalb) und seinen Verstand (aql) an. Ein Mensch, der sich mit derartigen verseuchten, eingebildeten und hässlichen Dingen, wenn auch nur unwillkürlich beschäftigt, wird von solchen Einflüsterungen überwältigt. | |||
Die Lösung ist einzig und allein, sie zu überwinden, sie zu verscheuchen und schließlich, die Verteidigung gegen sie aufzugeben und sich nicht weiter mit ihnen zu beschäftigen. Je mehr man sich mit ihnen beschäftigt, desto mehr steigern sie in der Tat ihre Angriffe. Falls man sie hingegen in Frieden lässt, lassen auch sie den Menschen in Ruhe und ziehen davon. | |||
Darüber hinaus schaden derartige Einflüsterungen weder den göttlichen Wahrheiten noch dem (menschlichen) Herzen. Wenn jemand durch die verschmutzten Fenster seines Zimmers die Sonne, (den Mond) und die Sterne des Himmels, die Rosen und all die anderen Blumen des Paradieses betrachtet, besudeln diese verschmutzten Fenster in der Tat weder das, was er betrachtet, noch den Betrachtenden selbst. Sie können selbst keinen schlechten Einfluss ausüben.(*<ref>*{Jene schlechten Worte sind nicht die Worte deines Herzens (qalb). Denn dein Herz ist darüber betrübt und bedauert sie. Sie kommen vielmehr von einer Art Teufelspunkt (lümme-i sheytani) in der Nähe deines Herzens. Zum Beispiel: In einem Zustand, in dem du im Gebet (namaz) in der göttlichen Gegenwart (huzur-u Ilahi) vor der Kaaba über die Ayat nachdenkst, hält eine bestimmte Assoziation (tedai-i efkar) dich fest und führt dich in die entferntesten, gemeinsten Sinnlosigkeiten. Zum Beispiel: Das Spiegelbild einer Schlange in deinem Spiegel beißt nicht. Und das Spiegelbild des Feuers brennt nicht. Und die (bloße) Erscheinung einer Unreinheit beschmutzt den Spiegel nicht.}</ref>) | |||
Wisse, mein lieber Said (= meine Seele)! | |||
Was ist dieser Stolz (gurur) und was ist diese Unwissenheit (ghaflet)? Was ist diese Überheblichkeit? Was ist diese Eingebildetheit (hashmet)? Was ist diese falsche Unabhängigkeit (istighna)? Was ist dieser Größenwahn (azamet)? Die Entscheidungsfreiheit (ihtiyar) in deiner Hand ist nur haarfein und deine Handlungsfreiheit verfügt nur über die Bandbreite eines Atoms. Und dein Leben (hayat) ist erloschen wie eine Kerze und nur noch ein glimmender Docht davon übrig geblieben. | |||
Deine Lebensspanne (ömür) ist zu Ende gegangen, dein Bewusstsein (shu'ur) ist entschwunden, nur noch ein Funke ist noch geblieben. Dein Ruhm (shöhret) ist verblasst, nur noch ein Schimmer davon ist geblieben. | |||
Deine Zeit ist abgelaufen. Hast du etwa noch eine andere Wohnung als dein Grab? Du Ärmster! Gibt es eine Grenze für deine Schwäche und Armseligkeit? Deine Erwartungen sind endlos. Doch deine Stunde (edjel) ist nah. Was wird mit einem Menschen, der in all seiner Schwäche und Armseligkeit in der Tat ohne jedes Wollen (ihtiyar) und Können (iktidar) ist? In einer solchen Schwäche ist es notwendig, auf den Schöpfer, den Erbarmer, den Allbarmherzigen (Khaliq-i Rahman-ur Rahîm) zu vertrauen, der die Schatzkammer der Barmherzigkeit besitzt (Khasain-i rahmet sahibi). Er ist der Stützpfeiler (nokta-i istinad). Er ist es, dem sich ein jeder in seiner Schwäche zuwendet. | |||
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542. satır: | 518. satır: | ||
Wisse, mein lieber Bruder! | |||
Wisse, mein lieber Bruder!Während du die Zeugnisse und Argumente durchforschst, die erbracht werden, um die Wahrheiten des Glaubens (Haqaiq-i imaniye) zu beweisen, übe keine Kritik, indem du sagst, dass diese schwachen, kümmerlichen Beweise ein solch gewaltiges Ergebnis nicht erbringen können. Denn am rechten und linken (Rand) dieses Beweises, den du der Schwachheit beschuldigst, finden sich sehr viele unterstützende Heerscharen und Streitkräfte. | |||
Und jedes der Zeugnisse (shahid), Beweise (shehid), Hinweise und Belege, welche die Richtigkeit der Islamiyet aufzeigen, schützt in der Tat seine Kameraden auf dem Schlachtfeld, verteidigt sie, unterschreibt für die Richtigkeit seiner Berichterstattung und bestätigt, dass diese zuverlässig ist. So wird diese selbst zu einem Sachverständigen (ehl-i vukuf) in ihrem Wissen (ilim) und in ihrer Benachrichtigung. | |||
Denn in den Wahrheiten des Glaubens (haqaiq-i imaniye) ist das Ziel die Feststellung und nicht die Verneinung. Einer von denen, die auf ein feststehendes Objekt hindeuten, gilt wie 1000. Denn die Art des Zeigens derer, die auf ein feststehendes Objekt hindeuten, entsprechen sich und stimmen miteinander überein, und jeder bekräftigt und bestätigt dadurch die anderen. | |||
Bei der Verneinung kommt aber keine Übereinstimmung (tevafuq) in dem Zeugnis der Verneinenden vor. Sie führen unterschiedliche Gründe für ihre Verneinung an. Aus diesem Grund können ihre Zeugnisse einander nicht als Beweis für ihre Richtigkeit dienen. Denn bei ihnen liegt keine Übereinstimmung vor. | |||
Wisse, mein lieber Bruder!Manchmal ist eine heftige Leidenschaft (shiddetli muhabbet) für etwas ein Grund, es zu leugnen. Des Weiteren ist auch eine große Angst (shiddet-i khauf), eine überwältigende Größe (azamet) und das, was das Fassungsvermögen des Verstandes (aql) übersteigt, der Grund dafür, es zu leugnen. | |||
Wisse, mein lieber Bruder!Sowie einem Senfkorn bereits der dazu gehörende Baum gehört und in ihm wohnt, habe ich mit augenscheinlicher Gewissheit (shuhudi bir yaqin) beobachtet (mushahede), dass auch in dem Korn des Unglaubens (kufr) und des Irrwegs (dalalet) die Hölle eingehüllt ist. Des Weiteren konnte ich in gleicher Weise mit absolut sicherem Gespühr wahrnehmen, wie im Korn des Glaubens (iman) bereits das Paradies umschlossen liegt, gleich wie in einem Dattelkern bereits die spätere Dattelpalme verborgen liegt. | |||
Denn so wie uns die Verwandlung (inkilab) und das Heranwachsen dieser Kerne zu Bäumen keineswegs fremd ist, so ist es für uns auch keineswegs unvorstellbar, wie aus dem Geist (mana) des Unglaubens und des Irrwegs die Qual der Hölle, aus dem Glauben und der Rechtleitung (hidayet) jedoch das Paradies hervorgehen wird. | |||
Wisse, mein lieber Bruder! | |||
Wenn das Herz (qalb) eines Korns, aus dem einmal der neue Keim hervorsprießen soll, zerstört wird, so kann der Same mit Sicherheit nicht mehr wachsen und gedeihen. Er wird sterben und vergehen. Wenn in gleicher Weise das Herz der Ichsucht (enaniyet), das auch das Ich-selbst (ene) genannt wird, durch die Strahlen (shua) und die Wärme eines immer währenden Gottesgedenkens (Allah Allah dhikri) entzündet und verbrannt wird, kann es nicht mehr wachsen und in seiner Gottvergessenheit (ghaflet) zum Tyrannen (firavun) werden. Und so kann es sich nicht mehr gegen den Schöpfer der Himmel und der Erde erheben. Durch dieses Gottesgedenken (dhikr-i Ilahi) geht sodann das Ego (ene) zugrunde. | |||
So ist es den Sufis des Naqshibandi-Ordens durch das leise gesprochene Gedenken (dhikr-i hafi), wie es bei ihnen während der Dhikr-Feier gebräuchlich ist, gelungen, das Herz (qalb) zu öffnen und das Ich (ene) und die Mikroben der Ichsucht (enaniyet) zu töten und den Kopf der eigenwilligen Seele (nefs-i emmare), die vom Teufel ihre Befehle empfängt, zu zerschlagen. Genauso konnten die Sufis des Qadiri-Ordens mit ihrem laut rufenden Gedenken (dhikr-i djehri) die Rebellen, die einzig noch an die Natur glauben (tabiat taghutlar) auseinander jagen. | |||
Wisse, mein lieber Bruder!Gleich wie an jedem Objekt der Welt (alem) die Werke der Weisheit (hikmet) zu erkennen sind, so kann man auch noch anhand der weitesten, umfangreichsten und der kaum noch wahrnehmbaren Erscheinungsformen der Vielfätigsten (Ursachen) die Werke der Zweckdienlichkeit (hikmet) und Genauigkeit beobachten. | |||
So findet man auf der Blattseite des Gesichtes des Menschen, der bei aller Vielfalt und Verschiedenheit (der Ursachen) das letzte Glied und das Endergebnis darstellt, in seiner Haltung, auf seiner Haut und verteilt über seine Handflächen in der Tat sehr viele Striche, Linien, Ornamente und Male eingezeichnet. Denn es ist ja bekannt, dass diese Wörter, Buchstaben, Punkte, Vokale, die auf diesen Blattseiten des Menschen eingezeichnet sind, auf die Fähigkeiten (mana) und Geisteszustände (maneviyat) des menschlichen Verstandes (ruh) hinweisen, sowie auf die Briefe hindeuten, welche bei seiner Erschaffung (fitrat) von der göttlichen Fügung (qalem-i qader) geschrieben wurden. | |||
Oh Freund, die Anmerkungen (hashiye), welche die göttliche Fügung auf den oben erwähnten Blattseiten des Menschen niedergeschrieben hat, lassen keine Spalte mehr übrig, in die sich der Zufall und die Vereinigung der Ursachen einschleichen könnten. | |||
Wisse, mein lieber Bruder! | |||
Einige Menschen, die von der Leidenschaft (muhabbet) für dieses irdische Leben (dunya hayati) erfasst wurden, denken, dass Ziel und Zweck der Entstehung dieses Lebens (hayatin vudjuda) ausschließlich darin besteht, diesem Leben zu dienen und dieses Leben zu erhalten (beqa) und darüber hinaus keinen weiteren Nutzen (faide) hat; das heißt, dass alle erstaunlichen Geräte und die gesamte wunderbare Ausstattung, welche der allweise Schöpfer (Fatir-i Hakîm) in die Lebewesen und in das Wesen menschlichen Daseins (djevher-i insaniyet) als anvertrautes Gut hinein gelegt hat, nur um der Erhaltung und den Fortbestand dieses rasch vergänglichen Lebens willen, verliehen wurden. | |||
Falls dies tatsächlich die Schlussfolgerung wäre, dann müssten all die Zeugnisse für die unendliche Ordnung (nizamlar) im Kosmos, die man überall auf der Welt beobachten kann, alle Beweise und Zeugnisse für die Weisheit (hikmet), Güte (inayet) und Wohlordnung (intizam) und dafür, dass es Sinnlosigkeit gar nicht gibt (adem-i abesiyet), im Gegensatz dessen zu Beweisen und Zeugnissen für die Sinnlosigkeit (abesiyet), die Verschwendung (israf) und die Unordnung werden, und dafür, dass es Weisheit überhaupt nicht gibt. | |||
Meine lieben Mitgefährten! Der Mensch hat von diesem irdischen Leben einen sehr großen Nutzen (faide). Der Mensch und das Leben des Menschen ist in der Tat ein Acker für die Erscheinungen der Namen Gottes (esma-i Ilahiye). Es ist ein Spiegel für die Erscheinungen der Arten der göttlichen Barmherzigkeit (rahmet-i Ilahiye) im Paradies. Es ist ein Pflanzbeet oder ein Kern für die unendlich vielen wunderbaren Früchte im jenseitigen Leben. | |||
Das aber heißt, dass der Mensch (in seinem Leben) dem Kapitän auf einem Schiff gleicht. Und wie ein Kapitän bekommt jeder Mensch auch seinen Anteil an den Früchten eines jenseitigen Lebens, den er sich auf dem Schiff seines diesseitigen Lebens erworben hat. | |||
{Der Urewige König (Sultan-i Ezeli) in jenem Leben aber ist zugleich auch der Großadmiral der gesamten Flotte in diesem Leben.} | |||
Wisse, mein lieber Bruder! | |||
Die Genüsse, Freuden und aller Schmuck dieser Welt sind die Hölle, wenn wir den Schöpfer (Khaliq), den Eigentümer (Mâlik) und Herrn (Maula) nicht kennen, auch wären sie das Paradies auf Erden. So habe ich es in der Tat erkannt und so habe ich es auch erfahren. Ja, gibt es denn etwas, das selbst noch die Flamme einer Liebessehnsucht (shefqat) zu stillen vermöchte, wenn nicht die Erkenntnis Gottes (marifetullah)? Hat aber diese Gotteserkenntnis erst einmal ihren Platz eingenommen, wird es in der Tat nicht nur keinen Wunsch (ishtiha) nach irdischen Freuden mehr geben, sondern selbst noch die Sehnsucht (ishtiyak = starker Wunsch) nach dem Paradies wird hinter ihr zurück treten. | |||
Wisse, mein lieber Bruder! Alles, was in dieser Welt zustande kommt und wie es geschieht, hat zwei Aspekte. Der eine bezieht sich auf das Jenseits; dieser Aspekt ist seinem Wesen nach unauslöschlich und daher besonders bedeutungsvoll. Der zweite hingegen bezieht sich auf die irdischen Dinge und diese hinwiederum auf sich selbst und auf die Freude (heva), die sie uns bereiten. Dieser Aspekt hat einen solchen Grad der Bedeutungslosigkeit, der Oberflächlichkeit und des Verfalls, dass es keinen Wert hat, sich deswegen in seinem Herzen (qalb) besorgt, bekümmert oder gequält zu zeigen und sich noch weiter mit ihm zu beschäftigen. | |||
Wisse, mein lieber Bruder! Es gibt unter den Menschen Toren, die, wenn sie in einem glänzenden Stäubchen das Spiegelbild der Sonne erblicken, oder im Schein der Sonne die Farben einer Blume erkennen, sogleich von der Sonne neben ihrem Spiegelbild und ihrem Strahlenglanz auch noch alle übrigen Eigenschaften der wahren Sonne wünschen, ja geradezu fordern, sogar das Zentrum der Welt zu sein, um das ihre Planeten kreisen. | |||
Und wenn darüber hinaus das Spiegelbild oder die Erscheinung, die sie auf einem Stäubchen oder auf einer Blume sehen, aufgrund der sich ändernden Umstände {zum Beispiel weil die Blume verwelkt – A.d.Ü.} wieder verschwinden, bestreiten sie wegen ihrer Blindheit aufgrund ihres Unvermögens, die Dinge richtig zu sehen und zu erkennen (basar ve basiret) die Existenz der wahren Sonne. Darüber hinaus können diese Toren die Existenz eines Schattens (vudjudu zilli), der infolge dieser Erscheinung entsteht, nicht von der wahren und ursprünglichen Existenz (vudjud-u haqiqi) | |||
{des Objektes, das diesen Schatten wirft – A.d.Ü.} | |||
unterscheiden und verwechseln beide miteinander. Wenn sie also in einem Objekt das Spiegelbild und Abbild der Sonne erblicken, beginnen sie auch nach der Wärme der Sonne, ihrem Licht und all ihren anderen Eigenschaften zu verlangen. | |||
Während diese Toren des Weiteren Fliegen, (Spinnen), Käfer und dergleichen andere kleine, unbedeutende Dinge betrachten, entdecken sie bei ihnen eine sehr hohe Kunstfertigkeit und Weisheit (eser-i san'at ve hikmet) und sagen: "Der Schöpfer (Sani') hat ihnen eine viel zu große Bedeutung beigemessen. Welchen Wert kann schon eine Fliege haben, sodass jemand in sie derart viel investiert und sich um sie so viel Mühe macht?" | |||
Freund! Um derartige Toren zu überzeugen und ihre Schwierigkeiten zu beseitigen, muss man vier Dinge kennen: | |||
'''Erstens:''' | |||
''' | Jedes Ding, das zu der Vollkommenheit (kemal) der Herrschaft (rububiyet) Gottes des Gerechten (Djenab-i Haqq) in Beziehung steht, beschreibt ihn. Und da dieses Ding Seiner Herrschaft als Spiegel dient, so ist es auch ein Erscheinungsort Seiner Vollkommenheit. Diese Vollkommenheit gehört ihm jedoch nicht als seine Eigenschaft (muttasif).{Sie spiegelt sich vielmehr nur in ihm. - A.d.Ü.} | ||
'''Zweitens:'''Durch jedes Ding öffnet sich eine Tür zum Lichte (Nur) Gottes des Gerechten. Die Schließung einer dieser Türen verlangt jedoch nicht, dass auch die unendlich vielen anderen Türen geschlossen sein müssen. Es ist sogar möglich, dass man sie alle mit einem einzigen Schlüssel öffnen kann. | |||
''' | |||
'''Drittens:'''Das Vorherwissen Gottes (qader), welches sein allumfassendes Wissen (Ilm-i muhit) wiederspiegelt, hat in jedes Ding Seinen Anteil der lichtvollen Namen Gottes (esma-i nuriye) eingezeichnet. | |||
''' | |||
'''Viertens:''' | |||
''' | |||
اِنَّمَاۤ اَمْرُهُ اِذَآ اَرَادَ شَيْئًا اَنْ يَقُولَ لَهُ كُنْ فَيَكُونُ * مَا خَلْقُكُمْ وَلاَ بَعْثُكُمْ اِلاَّ كَنَفْسٍ وَاحِدَةٍ | |||
{"Wahrlich! Dies ist Sein Befehl (emr): Wann immer Er etwas will (irade), sagt Er nur: 'Sei!' und es ist." (Sure 36, 82) "Euer aller Erschaffung und eure Wiederversammlung ist (für Gott ebenso wenig mühsam) wie die einer einzigen Seele." (Sure 31, 28)} | |||
Der klaren und eindeutigen Aussage dieser Ayat entsprechend ist die Existenz aller Dinge von dem Befehl: كُنْ (= sei!) abhängig. Genauso sind die Erschaffung aller Dinge und ihre spätere Wiederbelebung der Erschaffung und Wiederbelebung einer einzigen Seele gleich. Das aber heißt, wenn die Erschaffung auf Gott den Gerechten (Djenab-i Haqq) zurückgeführt wird, wird sie ganz leicht und einfach. Wenn aber sie auf Ursachen oder die Dinge selbst zurückgeführt wird, so müssen alle Vernünftigen und alle Toren die Unmöglichkeiten akzeptieren, welche die Folge ihrer Denkweise (hukum) sind. | |||
Wisse, mein lieber Bruder!Der Qur'an, der in seiner Verkündigung ein Wunder ist, erklärt die Wahrheiten (haqiqat) in Bildern und Gleichnissen (durub-u emsal). Denn die abstrakten Wahrheiten (haqaiq-i mudjerrede), die dem Bereich der Gottheit (daire-i uluhiyete) zugehörig sind, können hier in dieser Welt der Möglichkeiten (daire-i mumkinat) nur durch Beispiele sichtbar und klar gemacht werden. Auch der Mensch, der (in dieser Welt lebt, in der alles) möglich ist und der dennoch arm (miskin) ist, betrachtet die Gleichnisse aus dem Bereich der Möglichkeiten (daire-i imkan) und denkt über die Taten (Gottes, Seine Werke) und (all die vielen verschiedenen) Umstände im Bereich der Notwendigkeiten (daire-i vudjub) nach, die über seine Vorstellungskraft hinaus gehen. | |||
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674. satır: | 598. satır: | ||
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Wisse, mein lieber Bruder! | |||
Meine Ohnmacht (adjz) ist Ursprung meines Hilferufs (nida). Meine Not (ihtiyadj) ist die Quelle meines Gebetes (dua). | |||
Oh mein Versorger (feya Rabbi)! Oh mein Schöpfer (ya Khaliqi)! Oh mein Herrscher (ya Mâliki)! Meine Not ist ein Zeichen von Dir, Dich anzurufen. Meine Vorbereitung für die Gebete (dua), mit denen ich mich zu Dir wende, ist meine Armut. Was mich zu Dir kommen lässt, ist meine Armseligkeit (fakr) und dass ich dabei keine Hintergedanken habe. Was ich in meiner Schatzkammer vorweisen kann, ist nur meine Bedürftigkeit (adjz). Mein einziger Schatz sind nur meine Hoffnungen. Mein Fürsprecher ist Dein Geliebter, mit dem Friede uns Segen sei, den Du uns in Deiner Barmherzigkeit gesandt hast. Verzeih mir (Afveyle)! Vergib mir (maghfiret eyle)! Erbarme dich meiner (merhamet eyla)! Oh Gott (Ya Allah)! Oh Erbarmer (Ya Rahman)! Oh Barmherziger (Ya Rahîm)! Amin! | |||
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<center> [[Katrenin Zeyli]] ⇐ | [[Mesnevi-i Nuriye]] | ⇒ [[Zeylû'l-Hubâb]] </center> | <center> [[Katrenin Zeyli/de|Anhang zu Tropfen (katre)]] ⇐ | [[Mesnevi-i Nuriye/de|Harmonie des Lichts]] | ⇒ [[Zeylû'l-Hubâb/de|Ein Anhang zu den "Wellen" (Zeyl-ul Hubab)]] </center> | ||
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